Abstract [en]: How has life changed on the Laichinger Alb during the Covid-19 pandemic? This question was the focus of the explorative study, which was carried out in cooperation between the Laichinger Alb Foundation and the IfS. Beyond describing the study structure and objectives, the focus of this research report is to summarise the interviews. In addition, we formulate recommendations for action and reference further sociological research on the consequences of Covid-19.

Abstract [de]: Wie veränderte sich das Leben während der Corona-Pandemie auf der Laichinger Alb? Dieser Frage ging die explorative Studie nach, die in Kooperation zwischen der Bürgerstiftung Laichinger Alb und dem IfS durchgeführt wurde. Neben der Beschreibung der Studien-Anlage und -Ziele steht insbesondere die Zusammenfassung der Interviews im Vordergrund dieses Forschungsberichts. Zudem werden Handlungsempfehlungen formuliert sowie Hinweise auf weitere soziologische Forschungen zu Corona-Folgen gegeben.


Januar 2022

Corona-Folgen auf der Laichinger Alb

Ergebnisse der explorativen Studie vom Oktober 2021

Inhaltsverzeichnis

1    Einleitung: Forschungsanliegen und Ziele der Studie

2    Vorgehen: Interviewfragen und interviewte Personen

3    Ergebnisse

3.1    Ergebnisse der Leitfragen

3.1.1 Wie haben Sie die Corona-Pandemie erlebt?

3.1.2 Welche Beeinträchtigungen standen im Vordergrund?

3.1.3 Gab es auch besondere Chancen aus der Corona-Zeit?

3.1.4 Welchen Wunsch haben Sie für die Zeit nach der Pandemie?

3.1.5 Welche Aufgabe ist für die Laichinger Alb am dringendsten?

3.2    Herausforderungen nach Lebensbereichen

3.2.1 Bereich I: Bildung und Erziehung

3.2.2 Bereich II: Soziales und Kultur

3.2.3 Bereich III: Wirtschaft

3.2.4 Bereich IV: Gesundheit

4    Handlungsempfehlungen

4.1    Bürgerstiftung Laichinger Alb

4.2    Kommunalpolitik

4.3    Bürgerstiftung, Kommunalpolitik und weitere Akteure

5    Zusammenfassung

6    (Weiterführende) Literatur

1 Einleitung: Forschungsanliegen und Ziele der Studie

Seit März 2020 verändert die Corona-Pandemie unser aller Leben. Mit den Varianten des Virus sind immer wieder stärkere Maßnahmenphasen vonnöten – trotz der Verfügbarkeit von Impfstoffen. Der Sommer 2021 ist im Nachhinein als eine Zeit zu beschreiben, in der ein geringerer Umfang von Corona-Maßnahmen nötig war. Dies veranlasste zu der Frage, vor welchen gewaltigen Folgewirkungen der Pandemie die verschiedensten Bereiche, wie z.B. Erziehung und Bildung, Gastronomie und Tourismus, Kunst und Kultur sowie Wirtschaft und Verwaltung, stehen. Ein zentrales Ziel der Studie liegt darin, über Spekulationen hinaus einen regional fokussierten Eindruck über die verschiedenen Einschätzungen zu Corona-Folgen zu erhalten.

Dazu kooperierten aufgrund der lokalen Verbundenheit die Bürgerstiftung Laichinger Alb und das Institut für Sozialstrategie. Die Bürgerstiftung Laichinger Alb bietet dabei nicht nur finanzielle Unterstützung und Begleitung der Studie, sondern konnte aufgrund ihrer regionalen Vernetzung Interviewpartnerinnen und Interviewpartner akquirieren. Das Institut für Sozialstrategie konnte damit die eingebrachte Konzeptidee umsetzen. Diese beinhaltet zwei zentrale Forschungsziele:

Erstens das bereits angesprochene Ziel, einen spezifischen, d.h. regionalen Eindruck darüber zu bekommen, welche Folgen durch und nach der Corona-Pandemie in den verschiedenen Lebensbereichen erwartet werden.

Zweitens ermöglicht die Studie aus dieser Deskription eine Ableitung von passgenauen Maßnahmen zur Bearbeitung von Pandemiefolgen. Passgenau, da eben mit Personen aus der Region über die Region gesprochen wird. Die Kenntnisse über die lokalen bzw. regionalen Besonderheiten und daher konkreten Einschätzungen der dortigen Folgen sind einmal für die Bürgerstiftung Laichinger Alb über die Studie hinausgehend von Interesse, um eigene Initiativen anzustoßen bzw. netzwerkbildend zu fungieren. Zudem wird die Kommunalpolitik als weiterer entscheidender Akteur zur Bewältigung von Corona-Folgen adressiert.

Deutlich wird mit diesen Zielen: Diese Studie erhebt keinen repräsentativen Anspruch, sondern ist explorativ angelegt. D.h., es geht darum, einen ersten Eindruck zu bekommen und erste Informationen über die vorhandenen und erwarteten Corona-Folgen zu erhalten. Zudem ist die regionale Eingrenzung auf die Raumschaft Laichinger Alb nochmals zu betonen. Diese befindet sich im Alb-Donau-Kreis und ist damit Teil der Schwäbischen Alb. Neben Laichingen sind ebenfalls Heroldstatt, Westerheim, Merklingen und Nellingen Gemeinden der Laichinger Alb.

2 Vorgehen: Interviewfragen und interviewte Personen

Zur Erreichung der beiden Ziele und insbesondere angesichts der explorativen Anlage der Studie wählten wir Interviews als Methode. Gegenüber standardisierten Umfragebögen bieten Interviews die Möglichkeit, auf Gesagtes zu reagieren, ggf. Nachfragen zu stellen und dass die interviewte Person zumindest teilweise frei erzählen kann. Damit können von den Fragen nicht abgedeckte Bereiche eröffnet werden und kann der Blick auf vorher Unberücksichtigtes fallen. Zudem sind Interviews über Telefon und Videokonferenz kontaktlos möglich und erlauben damit ein ortsunabhängiges und zeitlich flexibles Gespräch auch unter Corona-Bedingungen. 

Aufgrund der personellen und zeitlichen Ressourcen sind zwangsläufig nicht alle Bürgerinnen und Bürger der Laichinger Alb als potentielle Interviewpartnerinnen und Interviewpartner kontaktiert worden. Mithilfe der Orts- und Personenkenntnisse der Bürgerstiftung Laichinger Alb wurden rund 40 Personen aus verschiedenen Bereichen per postalischem Anschreiben auf die explorative Studie hingewiesen und ihre Bereitschaft zur Teilnahme angefragt.

Damit geht eine erste Eingrenzung dieser explorativen Studie einher. Denn mit den angeschriebenen Schul- und Kitaleitungen, den Geschäftsführenden oder Vorstandsmitgliedern der Bürgerstiftung, den Bürgermeistern sowie anderen Personen in leitenden Positionen werden zunächst einmal andere Stimmen und Einschätzungen ausgeblendet. 

Die spezifische Auswahl an potentiellen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern in vorwiegend verantwortungsvollen beruflichen Positionen wertet diese anderen, vielfältig eingeschätzten Stimmen keineswegs ab. Begründet wird sie allerdings durch das Anliegen, einen ersten Eindruck über Corona-Folgen zu erhalten.

In den letztlich ca. 20-30 minütig angesetzten Interviews wurde die leitende Forschungsfrage „Wie veränderte sich das Leben in der Raumschaft Laichinger Alb durch und nach Corona?“ in fünf Leitfragen differenziert:

  1. Wie haben Sie die Corona-Pandemie erlebt?
  2. Welche Beeinträchtigungen standen im Vordergrund?
  3. Gab es auch besondere Chancen aus der Corona-Zeit?
  4. Welchen Wunsch haben Sie für die Zeit nach der Pandemie?
  5. Welche Aufgabe ist für die Laichinger Alb am dringendsten?

Von den 40 angefragten Personen führte das Team, bestehend aus Ulrich Hemel, Anne Häseker und Stefan Betz, Interviews mit insgesamt 21 Personen durch. Die zumeist über Telefon geführten Gespräche überschritten die angesetzten 20-30 Minuten Gesprächszeit selten. An dieser Stelle danken wir ausdrücklich Stefan Betz für seine Unterstützung und seine Mitarbeit an dieser Corona-Folgen-Studie! 

Es folgt eine Übersicht über die demographischen Charakteristika der Interviewpartnerinnen und Interviewpartner nach Gemeindezugehörigkeit, Geschlecht, Alter sowie Lebensbereich.

Corona-Folgen

Mit einer Anzahl von 13 Personen kommen die meisten interviewten Personen aus Laichingen. Dies ergibt sich auch daraus, dass Laichingen die größte Gemeinde auf der Laichinger Alb ist. Jeweils zwei Personen gehören den Gemeinden Heroldstatt, Nellingen bzw. Westerhiem an. Jeweils eine Person ist aus Blaubeuren bzw. Merklingen.

Die Gemeindezugehörigkeit ist dabei allein eine demographische Zuordnung. Die Personen berichteten oftmals über ihre Gemeindezugehörigkeit hinaus und bezogen das nahe Umfeld wie Ulm und Stuttgart mit ein.

Corona-Folgen

Die Einordnung nach Geschlecht bezieht sich auf die Anrede Frau/Herr im Anschreiben der Bürgerstiftung Laichinger Alb und wurde beim Gespräch nicht ‚abgefragt‘. Eine Differenzierung nach m/w/d böte sich bei einer schriftlichen Befragung an.

Mit der Befragung von 12 männlichen und 9 weiblichen Personen ist keine geschlechtliche Parität erreicht worden. Dies kann damit erklärt werden, dass 2019 nur knapp jede dritte Führungskraft (29,4%) weiblich war und damit Männer in Führungspositionen nachwievor dominieren (vgl. Destatis 2022, https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-1/frauen-fuehrungspositionen.html [aufgerufen am 05.01.22]).

Corona-Folgen

Auch bei der Altersverteilung spiegelt sich das Anschreiben von spezifischen Personen wider. So sind keine Personen unter 30 Jahre interviewt worden. Dies wird als weitere, hier bewusst in Kauf genommene  Einschränkung dieser explorativen Studie gewertet. Die hohe Anzahl von 30-60 Jährigen widerum entspricht den Erwartungen, da gerade diese Personengruppe erwerbstätig ist.

So liegt hier auch bundesweit die Erwerbstätigenquote konstant über 80 Prozent, ab 60 Jahren fällt die Quote auf 60,8 Prozent (Destatis 2022, https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetigkeit/Tabellen/erwerbstaetige-erwerbstaetigenquote.html [abgerufen am 05.01.22]).

Corona-Folgen
Die interviewten Personen sind zumeist den Bereichen Erziehung und BildungBürgerstiftung und Privat sowie Wirtschaft zuzuordnen. Bei den ersten beiden Bereichen wurde mit jeweils sechs Personen gesprochen. Dem Wirtschaftsbereich sind fünf Personen zuzuordnen. Dabei ergibt sich die Kategorie Bürgerstiftung und Privat daraus, dass der Bürgerstiftung eine Gruppe von engagierten, regional aktiven Personen nahesteht. Neben dem Privaten wurde hier oftmals von Vereinsarbeit und vormaligen Beschäftigungserfahrungen berichtet. Unter dieser Kategorie versammeln sich demnach Personen, die bei der Bürgerstiftung selbst aktiv sind und darüber hinaus bereichsübergreifend über Corona-Folgen berichten.

Jeweils zwei Personen sind den Bereichen Öffentliche Verwaltung und Kultur zuzuordnen. Aus den Bereichen Gesundheit sowie Soziales wurde mit jeweils einer Person gesprochen.

Die Mehrfachnennungen ergeben sich einmal aus den bereits angesprochenen bereichsübergreifenden Berichten und Einschätzungen. Die Kategorie Privat ist zumeist angeschnitten worden, hier aber nicht explizit als Mehrfachnennung aufgegriffen worden. Zudem sind teilweise einzige Zuordnungen nicht möglich, da z.B. in einem Fall sowohl eine Zugehörigkeit zum Bereich Wirtschaft sowie zum Bereich Kultur besteht.

Insgesamt ist angesichts der 21 befragten Personen die Verteilung über die Lebensbereiche als relativ zufriedenstellend einzuschätzen. Die stärker vertretenen Bereiche Bildung und Erziehung sowie Wirtschaft können auf eine hohe Belastung dieser Bereiche und entsprechender Auskunftsbereitschaft zurückgeführt werden. Gleichzeitig ist der Verweis auf eine ebenfalls hohe Belastung im Bereich Gesundheit und Soziales ein Grund für Absagen und erklärt die im Vergleich geringere Studienteilnahme.

3 Ergebnisse

Mit der übergeordneten Frage “Wo drückt der Schuh?” geht es nun um die Vorstellung der Ergebnisse der Interviews. Die fünf Leitfragen wurden dabei in einem zweischrittigen Verfahren ausgewertet, wobei Gesprächsprotokolle als Grundlage dienten. Zunächst erfolgte eine individuelle Auswertung der Interviews hinsichtlich der einzelnen Fragen. Was wurde über die einzelnen Interviews hinweg zu den Fragen eins bis fünf geantwortet? Untergliedert war diese Auswertungsfrage z.B. mit der Frage, welche Besonderheiten auffallen. D.h.: Was wird vergleichsweise häufig genannt? Was sticht als einzelner Punkt heraus? Welche bereits bereichsspezifischen Besonderheiten sind festzuhalten? Im Anschluss an diese Einzelauswertung erfolgte ein Vergleich dieser ersten Ergebnisse im Team. Dadurch ergänzten sich die einzelnen Auswertungen: Neben einem Abgleich der Auswertungsergebnisse wurden ähnliche Einordnungen zusammengefasst und nach übergeordneten Kategorien gesucht. Zugleich stand hier neben dem Was? die Frage nach dem Wie? im Vordergrund. Neben den Inhalten thematisierten wir daher auch, wie gesprochen wurde – z.B. unterschieden wir, ob eher nüchtern/distanziert oder emotional/betroffen berichtet wurde. Diese Frage nach dem Wie erschien bei der Auswertung relevant, um Folgen hinsichtlich ihrer Tragweite einschätzen zu können und hierarchisch einzuordnen. Erfahrbar war, dass insbesondere hier subjektive Voreinstellungen die Auswertung prägen.

Die jeweiligen Ergebnisse werden im Folgenden zunächst pro Leitfrage vorgestellt (3.1), um anschließend bereichsspezifische Herausforderungen nach Lebensbereichen zu thematisieren (3.2).

3.1 Ergebnisse der Leitfragen

Zur Erinnerung: Die erste Leitfrage interessiert sich in einem ganz allgemeinen Sinne dafür, wie die Corona-Pandemie erlebt wurde. Frage 2 richtet den Fokus auf Beeinträchtigungen, die im Vordergrund standen und als besonders relevant wahrgenommen wurden. Die dritte Frage steht ein wenig im Kontrast zur zweiten Frage und fragt nach Chancen, die aus der Corona-Zeit entstünden. Die vierte Leitfrage beinhaltet einen Zukunftsbezug, indem nach einem Wunsch für die Zeit nach der Pandemie gefragt wird. Zuletzt – Frage 5 – steht die Frage nach anstehenden, dringendsten Aufgaben für die Laichinger Alb.

3.1.1 Wie haben Sie die Corona-Pandemie erlebt?

Die Corona-Pandemie wurde verschiedentlich bildhaft umschrieben. So wurde die Zeit insgesamt bezeichnet als „Zeit der Hochs und Tiefs“ und als „Achterbahnfahrt“. 

Insbesondere der erste Lockdown ist vielfach als einschneidend erlebt worden und wurde sogar als „Vollbremsung“ umschrieben. Auch die Beschreibung als genereller „Bruch und Einschnitt“ verdeutlicht die Tragweite, die der Pandemie zugeschrieben wird.

Neben der Uneinschätzbarkeit der Pandemie hinsichtlich Infektionsgefahr und Ausbreitung wurde besonders die Dauer als besonders schwer empfunden. So ist über die Zeit von März 2020 bis Erhebungszeitpunkt Oktober 2021 die anhaltende ‚epidemische Notlage von nationaler Tragweite‘ als „zermürbend und ermüdend“ bezeichnet worden. Das nicht explizierbare zeitliche Ende der Pandemie ist damit ein wesentlicher Punkt, der mit der empfundenen Schwere der Zeit verbunden wird.

Zudem werden die wechselnden und damit als unübersichtlich eingeschätzten Maßnahmen als überforderndes Element benannt. Neben einer Kritik am Föderalismus wurde eine intransparente und schwer verständliche politische Kommunikation der Maßnahmen als belastend formuliert. Durchaus damit in Verbindung ging es auch um wirtschaftliche Ungewissheiten angesichts von Lockdowns und damit verknüpften wirtschafliche Einschränkungen. Die Frage nach wirtschafltichen Hilfen und ihrer Reichweite belastete einige existenziell.

Interviewübergreifend wurde der fehlende Kontakt im persönlichen Familien- und Freundeskreis als besonders einschneidend und belastend genannt. Zusammen mit der Uneinschätzbarkeit von Dauer sind zwar psychische Erkrankungen nicht explizit genannt worden, dennoch wurden Gefühle der Isolation, Vereinsamung und innerlicher Unruhe geäußert. Die Sorge weniger um sich selbst, sondern um den nahen und erweiterten Familien- und Freundeskreis nimmt hier eine hervorzuhebende Stellung ein.

Dies leitet über zu den positiven und überraschenden Erlebnissen der Pandemie. Denn hier wurden vor allem die neuen Möglichkeiten der Kontaktaufrechterhaltung als Gewinn wahrgenommen. Der Digitalisierungsschub ist übergreifend zuerst als positive Entwicklung zu bezeichnen: Genannt wurden z.B. die allgemeine Kontaktaufrechterhaltung durch Videotelefonie und -konferenzen sowohl im Privaten als auch im Beruflichen, mehr Flexibilität im Homeoffice,  neue digitale Tools für Unterricht, Lehre, Verwaltung etc.

Zugleich stellte die Pandemie für viele einen Zeitgewinn für sich selbst dar. Mit dem Wegfall beruflicher (Orts-)Termine und privater Veranstaltungen konnten viele Personen neuen oder bereits bestehenden Hobbys und Interessen nachgehen oder auch Fortbildungen besuchen. 

Eng verbunden ist damit eine ‚Besinnung auf Wesentliches‘. Für viele stellten sich ganz persönliche Einstellungsfragen danach, „was wirklich wichtig ist“. Der (erzwungene) enge Familienkontakt führte zu Beziehungsarbeit, aber auch dazu, die eigene Region als wertvoll und bereichernd wahrzunehmen.

Zusammenfassend ist die Corona-Pandemie zweischneidig erlebt worden. Auf der einen Seite überwiegt die Einschätzung als belastende, einschneidene Zeit. Damit sind Ängste, Unsicherheit und Verunsicherung, Nervosität und Angespanntheit verbunden. Auf der anderen Seite ist eine optimistische Haltung formuliert, die dem Motto „Das Beste draus machen“ folgt. Hier überwiegt die Wahrnehmung des Zuhause-Sein-Müssens als qualitativ wertvolle Zeit, die mit Entspanntheit und Entschleunigung verbunden wird.

Dementsprechend sind unterschiedlichste, sich gegenüberstehende Einschätzungen festzuhalten: Der individuell-persönlichen Zeitnutzung steht ein dynamisch-situatives Reagieren-müssen gegenüber. Der optimistischen Anpassung und dem flexiblen Sich-Arrangieren mit Maßnahmen stehen angesichts des schnellen Wechsels unterschiedlicher Vorgaben Gefühle der Ohnmacht und Unsicherheit gegenüber. Und der weitreichendem Einschätzung als Zeit der Entschleunigung steht die Einschätzung als Zeit der Anstrengung und Belastung gegenüber (vgl. Abb. 1).

Corona-Folgen
Abb. 1: Dichotome Einschätzungen der Pandemie-Zeit

3.1.2 Welche Beeinträchtigungen standen im Vordergrund?

Die Frage nach den wahrgenommenen Beeinträchtigungen der Corona-Zeit schließt an die Beschreibung des allgemeinens Erlebens an. Daher sind einige in 3.1.1 ausgeführte Punkte hier wiederzufinden.

Identifiziert wurden vier Dimensionen der als besonders schwerwiegend empfundenen Einschränkungen: Die Dimensionen 1) des Zwischenmenschlichen, 2) der Gesundheit, 3) des Berufslebens sowie 4) der Zeit, des Orts und des Sektors. 

Beim Zwischenmenschlichen wird der als positiv bezeichnete Digitalisierungsschub ein wenig gedämpft. Denn: Telefon, Videokonferenzen und andere digitale Alternativen ersetzen keine persönlichen Treffen. Das Physische erhält hier einen besonderen Stellenwert: Neben fehlenden Umarmungen und freundlichen Berührungen werden insbesondere die fehlende Mimik und Gestik durch das Tragen von Masken als Mangel beschrieben. Und gerade das sei es doch, „was uns als Menschen ausmacht“. In diesem Kontext wird auch das Anders-Sein von Traditionen und Ritualen genannt, da Lebensabschnittsübergänge wie „Feiern und Trauern“ ausfallen oder in neuer Form begangen werden (müssen).

Bei der Dimension Gesundheit fallen erneut die Beschreibungen von psychischen Belastungen auf, die vor allem auf die Dauer sowie den Leidensdruck aufgrund von Verantwortung und wirtschaftlichen Unsicherheiten zurückgeführt werden. Die bereits angesprochene Sorge um andere, gerade über Anvertraute jeglicher Art (Mitarbeitende, Kollegium, Schülerschaft), ist hier ein wesentlicher Punkt der Berichte. 

Insgesamt wurde hier häufig über die eigene Position hinaus abstrahiert und vulnerable Gruppen als besonders Betroffene in die Überlegungen mit einbezogen. Angesichts solcher Vergleiche wird die eigene Situation und Position manchmal als ‚privilegiert‘ bezeichnet. Andererseits wurden fehlende soziale Kontakte durch Wegfall von Vereins- und Schulsport, auch daraus resultierender Bewegungsmangel und fehlende Gemeinschaft und Geselligkeit z.B. für Kinder und Jugendliche als besonders schwerwiegend eingeschätzt.

Die Dimension ‚Beruf‘ spiegelt hinsichtlich der Frage nach Einschränkungen einen Gesamteindruck der Angespanntheit wider. Positiv angemerkt wird zwar eine bessere Selbstorganisastion aufgrund z.B. flexiblere Arbeitszeiten und ein neues Kennenlernen von Mitarbeitenden und Kolleginnen bzw. Kollegen hinsichtlich Belastbarkeit, Über- bzw. Weitsicht sowie Verantwortungsbewusstsein. 

Demgegenüber überwiegt allerdings die berufliche Belastung: die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt sich aufgrund des (teilweisen) Zuhause-Arbeitens übergreifend neu und erfordert partnerschaftliches Aushandeln. Zudem stellen sich grundlegende Fragen, wie es unternehmerisch-beruflich weitergeht bzw. überhaupt weitergehen kann. Der ‚Stillstand‘ durch die Lockdowns sind ‚Verdammnisse zur Untätigkeit‘ und die Frage, „Was kann man machen?“ ist für individuelles, vor allem unternehmerisches, Handeln fast ausgebremst. Zu personellen Ausfällen aufgrund von Erkrankungen, Quarantäne-Anweisungen und Kurzarbeit oder bereits bestehendem Personalmangel gesellt sich zum Erhebungszeitpunkt das Problem der Materialengpässe. Letzteres wird als erstmal anhaltendes Problem eingeschätzt.

Die letzte Dimension umfasst unterschiedliche Aspekte der als besonders einschneidend empfundenen Einschränkungen. Die bereits angesprochene Uneinschätzbarkeit der Dauer wird mit Bekanntgabe von Impfstoffen mit Hoffnung verbunden. Impfungen werden als „Lichtblick“ und „Ausweg“ bezeichnet und zum Erhebenungszeitpunkt im Oktober 2021 mit der Hoffnung auf ein Ende der Pandemie verbunden. 

Neben dem Faktor Zeit ist besonders der Ort als spezifisch herausgehoben worden. Wiederum im Vergleich wurde die Laichinger Alb vorteilhaft gegenüber Städten und dichter besiedelten Räumen gesehen. Vorteilhaft ist der ländliche Raum aufgrund seiner Naturnähe, größeren Wohnflächen und mehr spontaneren Nachbarschaftshilfen. Ein weiterer Faktor stellt der Sektor bzw. der Lebensbereich dar. Hier wurden Einschränkungen eher wahrgenommen, wenn eine Ungleichheit bzw. Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Bereichen empfunden wurde. Vergleichsebenen bzw. -faktoren sind dabei z.B. die (öffentliche) Aufmerksamkeit und Berücksichtigung spezifischer Perspektiven sowie einhergehend die Thematisierung von Problemlagen oder auch die Relevanz der Problembearbeitung.

So benötigt z.B. auch der soziale Bereich Stärkung und Unterstützung im Kontext Digitalisierung. Ein Vergleich wurde hier oftmals mit dem nach den erhobenen Wahrnehmungen stärker beachteten wirtschaftlichen Bereich gezogen.

Über diese Dimensionen hinweg sind die umfassenden Kontakteinschränkungen als die belastendste Maßnahme genannt worden. Fast ausnahmslos thematisierten die Interviewten den Bereich Schule und Kita bzw. Kinder und Jugendlich als davon besonders betroffene Gruppe. Die mit den Schulschließungen einhergehenden Folgen werden insbesondere in einem gestörten Sozialgefüge gesehen. Es stellen sich Fragen danach, wie Vertrauen zu sich selbst und zu anderen, die Beschäftigung mit nicht-gewohnter Umwelt und Neugier auf Unbekanntes (wieder-)erreicht werden können. Die Unterbrechung von komplexen Lehr- und Lernprozessen basieren, so vereinzelte Stimmen, damit sowohl auf fehlender Infrastruktur (Stichworte: langsames Internet, fehlende Hardware) wie auch auf bisweilen mangelnder seelischer Begleitung und Unterstützung.

3.1.3 Gab es auch besondere Chancen aus der Corona-Zeit?

Gegenüber der Frage 3.1.2 richtet sich hier die Frage auf die als positiv eingeschätzten Aspekte der Corona-Pandemie. Folgende Chancen (Abb. 2) werden gesehen:

Die als Chance wahrgenommene Digitalisierung wird verbunden mit neuen oder neu entdeckten Kommunikationsmöglichkeiten im Privaten und Beruflichen. Grundlage ist häufig die berichtete schnelle und innovative App-Entwicklung für den eigenen Bereich. 

Damit einher geht eine veränderte, altersunabhängige Mediennutzung: Wie Videokonferenzen funktionieren und wie sich dort zu verhalten ist, ist nunmehr altersübergreifend bekannt. Gerade im Beruflichen wird hier eine effizientere Zeitnutzung, z.B. bei Meetings, betont. Der Umgang mit Hard- und Software ist als Zuwachs an digitaler Souveränität zu bezeichnen und spiegelt sich auch in erhöhter Mediennutzung wider. Informationen, so wurde erzählt, wurden über mehrere Kanäle gesucht und zeitlich häufiger und länger konsumiert.

Die Zunahme von Flexibilität beschreiben vor allem berufstätige Personen. Gerade neue Arbeitszeitmodelle ermöglichten demnach eine andere, nach persönlichen Bedarfen gelegte Arbeitszeiten. Dies ist häufig verknüpft mit der Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Zugleich änderte sich die (Team-)Arbeit. 

Mit der Konfrontation neuer Situationen war flexibleres Handeln nötig, welches von üblichen Vorgehensweisen abweicht. So ist ein Ad-hoc-Handeln beschrieben, bei „auf das Bauchgefühl gehört wird“ und schnelle Entscheidungen getroffen werden (müssen). Die dennoch im Team getragenen und gemeinsamen Entscheidungen führt oftmals dazu, dass das Team ‚zusammenwächst‘ und gegenseitiges Vertrauen zunimmt. Weiterhin angemerkt wurde durchaus punktuelle Entbürokratisierung, z.B. bei Vergabefahren. Diese wurden demnach schneller bearbeitet.

Ein vermehrtes Engagement als ‚sich-kümmern-um‘ richtet sich vor allem auf den sogenannten ‚Nahbereich‘. Neben einem Zusammenrücken der (Kern-)Familie, da diese notgedrungen mehr Zeit miteinander verbringt, wird ebenfalls die (Wieder-) Aufnahme von Bekanntschaften, aber auch der regelmäßige telefonische Kontakt zu Freundinnen und Freunden genannt.

Die Sorge umeinander wird hier grundsätzlich als positiv und bereichernd – weniger als belastend oder gar bedrohlich – empfunden und spiegelt sich z.B. im Anbieten und Annehmen von vermehrter Nachbarschaftshilfe. Darüberhinaus wurde auch von vermehrten Engagement im beruflichen Kontext und  über hohe Einsatzbereitschaft berichtet. Die Corona-Zeit als spezifisch belastende Zeit förderte demnach die Zusammenarbeit und die Kommunikation. Engagement zeigte sich so über verstärkten Einsatz innerhalb des Teams, wobei ebenfalls neue Kompetenzen von Mitarbeitenden hervorstachen.

Unter dem Punkt der Besinnung bzw. Achtsamkeit steht besonders im Vordergrund eine erhöhte Selbstreflexion mit der leitenden Frage, „Was ist mir wichtig?“. Viele Interviewte setzten sich nicht nur mit der eigenen Gesundheit und Vorsorge auseinander, sondern auch mit grundsätzlicheren Existenzfragen. 

Mit der Wahrnehmung als entschleunigender Zeit ist dann das Zuhause-Sein als wertvolles Gut verbunden – ebenso wie die mit den (Enkel-)Kindern verbrachte Zeit.

Ein vereinzelt genannter Punkt betrifft die Einschätzung der Corona-Pandamie als „Gleichmacher“. Bestehende gesellschaftliche, ökonomische und soziale Ungleichheiten interessiert das Virus nicht – es „betrifft alle“. Selbiges wird auch auf die Maßnahmen bezogen, bei denen eben nicht zwischen sozio-ökonomischen Unterschieden differenziert wird.

Eine weitere angeführte Chance wird hinsichtlich Umwelt und Natur gesehen. Mit den Berichten zeichnet sich ein stärkeres Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Regionalität ab. Positiv betont werden sofortige und anhaltende Umwelteffekte durch weniger Präsenz-Meetings, weniger (Inlands-)Flüge, weniger Autofahrten. Auch wurde angesichts der Materialengpässe von ressourcensparenden Veränderungen in Betriebsabläufen und Produkten berichtet.

3.1.4 Welchen Wunsch haben Sie für die Zeit nach der Pandemie?

Bei dieser Frage fiel es vielen Interwieten schwer, einen konkreten Wunsch zu formulieren. Als übergeordneter Wunsch kann dennoch ein vielfach angedeutetes gewünschtes „Zurück zur Normalität“ festgehalten werden. Dass diese Normalität allerdings keineswegs mit der Vor-Corona-Zeit übereinstimmen muss und angesichts offener Entwicklungen als kontingent angesehen wird, zeichnet sich interviewübergreifend ab. Welche (neue) Normalität – das hänge zudem nicht nur von politischen Entscheidungen ab. Die individuelle Verantwortung und das eigene Handeln wird hier oftmals herausgehoben. 

Wenn doch ein konkreter Wunsch formuliert wurde, dann bezog es sich häufig erneut auf den Bereich von Erziehung und Bildung: Kitas, Schulen, Vereine sollten als besondere Orte der Begegnung und des Lernens für alle Kinder und Jugendliche offen sein. 

Weiterhin wurden sich – auch hinsichtlich der Tragweite der Kita- und Schulschließungen – weitere Studien gewünscht. Neben gesundheitlicher Prävention und Etablierung bzw. Ausbau von Strukturen in Zeiten der Notlage wurde zudem eine inländische Produktion von relevanten Versorgungsgütern häufig genannt. 

Hinsichtlich der Maßnahmen wünschten sich Interviewte eine verständliche, mitnehmende Kommunikation, da ihnen die vielen Verordnungen überwältigend und nicht nachvollziehbar erschienen. Durchaus damit zusammenhängend wurde  dennoch ein gemäßigter Ton innerhalb von Debatten um Maßnahmen gewünscht. So wurde der Wunsch, auf Verstand statt auf Emotionen zu setzen und nicht vorschnell lediglich Meinungen zu reproduzieren, geäußert. 

Hervorgehoben wird dabei zugleich, dass Menschen eben soziale Wesen sind – der Wunsch, sich einfach wieder anlächeln zu können, einander die Hand zu geben und sich zu umarmen wurde vielfach benannt. Der Wunsch, dass Einsamkeit und Isolation wieder verschwinden und die Welt nach Corona ein bisschen weniger egomanisch ist – das wurde ebenfalls gewünscht. Damit geht auch einher, das eigene (umweltbelastende) Verhalten zu hinterfragen: Die Frage „Muss ich jetzt mit dem Auto dahin fahren?“ passt in diesem Zusammenhang.

3.1.5 Welche Aufgabe ist für die Laichinger Alb am dringendsten?

Die Antworten auf die Frage, was vordingendst auf der Laichinger Alb getan werden muss, sind wiederum in fünf Aufgabenbereiche zu bündeln:

„Wo drückt der Schuh?“ – Auf diese die Leitfragen umrahmende Frage ist nun zusammenfassend zu sagen, dass die umfassenden Kontakteinschränkungen als der entscheidende Punkt angesehen werden. Von diesen ausgehend wird allerdings durchaus unterschiedlich über das Erlebte berichtet, wie mit Abbildung 1 verdeutlicht wird. Die verschiedenen Einschätzungen der Corona-Zeit als eher entschleunigend-wertvolle oder belastend-anstrengende ist ein wesentliches Ergebnis von Leitfrage 1.

Damit eng verbunden war die Frage nach im Vordergrund stehende Beeinträchtigungen (Leitfrage 2). Hier treffen wirtschaftliche Unsicherheiten als belastender Faktor zusätzlich auf die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die sich angesichts Kita- und Schulschließungen sowie Homeoffice neu stellte. 

Bei der dritten Leitfrage nach Chancen der Corona-Pandemie ist ein breites Spektrum angesprochen worden. Neben übergreifenden Aspekten wie der Digitalisierung, bei der die Notwendigkeit von Einführung und Begleitung betont wird, kamen auch gesellschaftspolitisch-soziale Entwicklungen zur Sprache. 

Die Fragen, wie wir zusammen leben wollen und welche Rolle dabei sowohl das Individuum als auch soziale Gefüge wie z.B. Vereine spielen, ziehen sich durch die Interviews durch. 

Dementsprechend sind auch die formulierten Wünsche (Leitfrage 4) vielseitig. „Zurück zur Normalität“ als leitender Wunsch gestaltet sich dabei hinsichtlich der verschiedenen Lebensbereichen unterschiedlich aus und setzt Schwerpunkte auf Bildung und Erziehung, Soziales und Kultur, Wirtschaft und Gesundheit. Dass sich diese vier Sektoren immer wieder durch die Leitfragen ziehen, wird auch angesichts der anstehenden Aufgaben deutlich (Leitfrage 5). Daher greifen wir sie nun nochmals gesondert auf.

3.2 Herausforderungen nach Lebensbereichen

3.2.1 Bereich I: Bildung und Erziehung

Kinder und Jugendliche sind interviewübergreifend als besonders betroffene Gruppe der Corona-Pandemie genannt. Die aus diesem Bereich Interviewten betonten allerings nochmal spezifische Vulnerable – wie z.B. Kinder und Jugendliche mit sogenanntem Migrationshintergrund oder mit Fluchtgeschichte. 

Auch jene aus ‚bildungsfernen Familien‘ seien spezifisch zu nennen. Hervorgehoben wird hier eben nicht nur das Entstehen von Lerndefiziten aufgrund von Homeschooling und neuen digitalen didaktischen Notwendigkeiten. Vielmehr wird der Schwerpunkt auf den fehlenden sozialen Raum, den Kita und Schule neben ihrer Funktion als Lern- und Bildungsorte darstellen, gesehen. 

Über Differenzierungen nach Alter, Geschlecht, sozio-ökonomischen Hintergrund und anderen Kategorisierungen hinweg wird von psychischen Auffälligkeiten und Erkrankungen berichtet. Erhöhte Familienzeit ist nicht für alle eine Zeit der Geborgenheit und Sicherheit. 

Auch das Kollegium und andere pädagogisch-erzieherische Teams stehen demnach vor neuen, unbekannten Aufgaben und unter erweiterten Druck. Lehren und Lernen sei nicht abgekoppelt von sozio-emotionaler und psychischer Gesundheit.

Eine zentrale Herausforderung liegt demnach darin, Kitas und Schulen einschließlich ihrem Personal als gesellschaftsrelevanten und -prägenden Bereich zu verstehen, der nicht nur „mitläuft“ und politisch-verwalterische Verordnungen umsetzt. Betont wird hier die Bereitschaft von Verantwortlichen, als Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner mit spezifischer Expertise zu Beratung und Perspektiveneinbringung bereitzustehen. Dafür müssen sie allerdings als solche wahrgenommen und angesprochen werden.

3.2.2 Bereich II: Soziales und Kultur

Betont wird in diesem Bereich die Relevanz von Sport-, Musik- und Kulturvereinen. Diese bieten einmal die Möglichkeit, verschiedensten Hobbies nachzugehen und zu pflegen. Hervorgehoben wird aber die zweite Bedeutung dieser Vereine: Der gemeinschaftlich-gesellige Faktor. Die „gemeinschaftlich-identitätsstiftende Bedeutung“ der Vereine ist demnach kaum zu unterschätzen und bietet für viele den Raum des Zusammenseins und des Austausches. Es sind dabei nicht nur „die großen Themen“, sondern der kurze Plausch und ungezwungene Schnack, der für viele entscheidend sei.

Da viele dieser Vereine auch zum Zeitpunkt der Erhebung Einschränkungen und Maßnahmenauflagen zu erfüllen hatten, sehen viele Interviewte die ‚Gefahr‘ vieler passiver und sich zurückziehender Mitglieder. Altersübergreifend wrd eine Zurückhaltung und Vorsicht beschrieben, obwohl „doch schon einiges wieder möglich sei“. Eine Herausforderung besteht demnah darin, Vereinsmitglieder zu aktivieren und „aus der Lethargie zu holen“. 

So wird von verschiedenen neuen kreativen Draußen-Veranstaltungen berichtet, die zeigten, dass trotz Corona-Vorgaben „etwas zusammen möglich ist“. Solche neuen Veranstaltungsformate (finanziell) zu unterstützen und die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, wird als anstehende Aufgabe formuliert. Diese stehe im Kontext der Herausforderung, das soziale Leben zu (re-)aktivieren.

3.2.3 Bereich III: Wirtschaft

In diesem Sektor sind Gefühle der Unsicherheit und Ungewissheit am deutlichsten formuliert worden. Mit dem wirtschaftlichen Druck angesichts des Lockdowns und welchselnder Maßnahmen stellten sich viele die Fragen: „Wie geht es mit meinem Betrieb weiter?“ oder „Was können wir machen?“. Angesichts der gestellten Wirtschaftshilfen kam auch die Frage auf „Wann kommt denn das Geld?“. 

Das unternehmerische Ausgebremst-Werden durch Auftragsstornierungen und Geschäftsschließungen wurde verstärkt durch Personalmangel aufgrund von Erkrankungen und Quarantäne. 

Kurzarbeit war dabei für viele die entscheidende Möglichkeit, um „den Laden am Laufen zu halten“. Mit der Kurzarbeit und durch die Hilfen allerdings war die Bedrohung durch Insolvenz bzw. die Abwägung der Geschäftsaufgabe dann abschätzbarer und häufig auch abwendbar. 

Zugleich aber war der Druck bei Einigen dauerhaft hoch, sodass durchaus Versuche bestanden, „Lücken bei Hilfen auszunutzen“. Diese vereinzelten Berichte verweisen auf die hohe Bedeutung der Wirtschaft in unserer Gesellschaft und betonen die Sichtweise des Instituts für Sozialstrategie, auch Betriebe und Unternehmen als verantwortliche Akteure der Zivilgesellschaft zu begreifen.

Die Herausforderung besteht für viele darin, einmal durch Investitionen und Digitalisierung diesen Sektor zu erhalten und zu stärken – gerade für die Laichinger Alb mit der Nähe zu Ulm und Stuttgart sei dies von Bedeutung. In den Preisexplosionen bei Grund und Boden, ferner im zusätzlichen Personalmangel werden dabei zwei anhaltende Probleme gesehen.

Eine andere Stoßrichtung deutet sich allerings auch an: Wie ist eine andere, reduzierte(re) Wirtschaft denkbar? In den Interviews wurde ein „Fokus auf Wirtschaft“ gegenüber anderen gesellschaftlichen Bereichen als auszugleichender Punkt thematisiert. 

Globalisierungskritik schließt hier den Verweis auf die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen und anderen, nachhaltigeren Produktionsweisen sowie verändertem (Konsum-)Verhalten ein.

3.2.4 Bereich IV: Gesundheit

Im Gesundheitswesen bestehen eklatante Herausforderungen, so ein interviewübergreifender Ton. Mangelnde Strukturen, die erst etabliert werden mussten und anhaltend gesichert sein müssen, verweisen auf einen fehlenden, landesweiten Leitfaden. Dies betrifft alle Ebenen des Gesundheitswesen und schließt demnach Personen, Organisationen und Ämter sowie Regelungen und Prozesse ein. Die ad-hoc-Ein- und Umstellung des gesamten Bereichs auf die Notsituation sei eine anhaltende Herausforderung und keineswegs ein beendeter Prozess. Ein wichtiger Punkt ist demnach, diese jetzt bestehenden Strukturen und Erfahrungen zu bündeln und festzuhalten. ‚Aus der Pandemie lernen‘ heißt daher u.a., gesundheitsrelevante Materialien in Deutschland und/oder in der EU herzustellen, zu lagern und kontinuierlich Bestandsaufnahmen durchzuführen. 

Auch die Digitalisierung der Gesundheitsämter ist eine Daueraufgabe und sollte prioritär behandelt werden. Zudem bieten Evaluationen jetzt etablierter Strukturen, wie z.B. die Kommunikation an/über das RKI, die Möglichkeit, diese zu verbessern und zu beschleunigen.

Neben der Kritik an einzelnen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wird zum Erhebungszeitpunkt eine transparente Kommunikation und verständliche Information als Schlüssel zur Pandemie-Bekämpfung gesehen. 

Eine Herausforderung besteht darin, über die überwiegend als „Ausweg“ wahrgenommenen Imfpungen rational aufzuklären, aber zugleich hinsichtich z.B. Impfpatentfreigabe zu diskutieren. Der „unpopuläre, d.h. radikale“ Schutz vulnerabler Gruppen vor Infektionen wird hinsichtlich zukünftiger neuen Pandemien ebenso angemahnt wie eine inividuelle Gesundheitsverantwortung. 

Die Beschaffung von Informationen über Gesundheitsrichtlinien und dementsprechender Gesundheitsprävention und -versorgung liegt für viele Interviewte bei der Einzelnen und dem Einzelnen. Zugleich aber verweisen sie auf strukturell-gesellschaftliche Voraussetzungen – und deren Gestaltung liegt eben in der Verantwortung von Politk.

4 Handlungsempfehlungen

Die im Folgenden aus den oben nachgezeichneten und gebündelten Antworten auf die Interviewleitfragen abgeleiteten Handlungsempfehlungen dienen der Bearbeitung der Corona-Folgen. Dabei gehen wir zunächst auf mögliche Aktivitäten der Bürgerstiftung Laichinger Alb ein und skizzieren hier die ‚intergenerationelle Aktivierung‘ und den ‚Ausbau von Netzwerkarbeit‘. 

Als zweiter zentraler Akteur zur Bearbeitung der Corona-Folgen auf der Laichinger Alb wird die Kommunalpolitik fokussiert. Neben dem ‚Infrastrukturausbau‘ und der ‚Stärkung kommunaler Zusammenarbeit‘ steht das ‚unkonventionelle Handeln und moderne Kommune‘ im Fokus. 

Zuletzt werden akteursübergreifende Handlungsempfehlungen formuliert. Die Aspekte ‚Kommunikation und Diskussion‘, ‚weitere Bedarfsermittlung‘ sowie ‚Wahrnehmung von (Klein-)Unternehmen als entscheidende Player‘ richten sich an Bürgerstiftung, Kommunalpolitik und weitere Akteure.

4.1 Bürgerstiftung Laichinger Alb

Abgeleitet insbesondere aus der Betonung des gemeinschaftsstärkenden Charakters von Vereinen und ähnlichen Zusammenschlüssen sehen wir eine Aufgabe für die Bürgerstiftung Laichinger Alb in der intergenerationellen Aktivierung. Darunter verstehen wir Maßnahmen zur Bewältigung folgender Corona-Folgen: Rückzug aus dem sozialen Leben, der in Vereinsamung und Isolierung münden kann sowie eine Verlagerung von Kontaktaufrechterhaltung und -findung ins Digitale. 

Demgegenüber sehen wir in dem Aspekt der Intergenerationalität die Möglichkeit, die notwendige Distanz zwischen den Generationen aufgrund des Schutzes Älterer während der Corona-Pandemie aufzuweichen und ein gegenseitiges Profitieren von Jung und Alt im Dialog und in der Aktivität zu erreichen. 

Der zweite Aspekt der Aktivierung ist daher zentral: Es geht einerseits natürlich um das konkrete gemeinsame Tun im Sinne einer Aktivität vor Ort. Andererseits setzt dies eine Aktivierung voraus, so im Sinne eines Anstoßes Gebens, eines Impulses zu setzen und eines Ermutigens zu neuen Teilnahmeoptionen zu ermutigen. 

Hier kann u.E. die Bürgerstiftung ansetzen, indem sie die Vereine als vorhandene Ansprechpartner nutzt und gemeinsam Initiativen zu eben solchen aktivierenden Aktivitäten ergreift.

Neue Veranstaltungsformen sind immer auch Möglichkeiten des Ausprobierens und können Kreativität freisetzen. Daneben ist ein ‚Zurück zum Status quo‘ ebenfalls wichtig: Welche bereits vor Corona stattgefundenen Veranstaltungen können – ggf. angepasst an Vorgaben – wieder aufgenommen werden? Wie erreicht dies möglichst viele Bürgerinnen und Bürger? Die Bürgerstiftung könnte dazu ihr bestehenden Netzwerk nutzen und ebenfalls Kontakte (wieder-)aufnehmen.

Damit ist die zweite Handlungsempfehlung für die Bürgerstiftung bereits angesprochen: Der Ausbau ihrer Netzwerkarbeit. Ein konkreter Vorschlag besteht angesichts der Hinweise aus den Interviews auf die vielfältige Trägerlandschaft von verschiedensten Einrichtungen, diese bei ihrer Verständigung zu unterstützen – und zwar unabhängig von der Corona-Pandemie. 

Damit kann die Bürgerstiftung als Vermittlungsglied und Knotenpunkt der Vernetzung fungieren.

4.2 Kommunalpolitik

Nicht nur als Aufgabe für die Kommunalpolitik der Laichinger Alb, sondern deutschlandweit ist der nötige schnelle und flächendeckende Infrastrukturausbau evident. Digitalisierung geht nicht ohne schnelles, zuverlässiges und preiswertes Internet sowie lückenlosen Mobilfunkempfang.

Zudem ist aus den Interviews heraus der Wunsch nach kommunalpoltisch enger Zusammenarbeit formuliert worden. Die spezifische Zusammensetzung der Raumschaft Laichinger Alb aus mehreren kleineren Gemeinden wird hier sowohl als identitätsfördernd und -bereichernd angesehen. 

Die Aufnahme des Vorschlags eines gemeinsamen ‚runden Tisches‘, der über die einzelnen Gemeinderäte hinausgeht, ist hier eine weitere Handlungsempfehlung. Mit diesen können die jeweiligen Stärken der Gemeinden zusammengeführt werden und anstelle von konkurrenzbehafteten Abgrenzungen gemeinsame Entwicklung der Laichinger Alb vorangetrieben werden. 

Dazu wird ein ebenfalls über Gemeinderatsmitglieder erweiterter Personenkreis vorgeschlagen. Kulturschaffende Personen sowie Personen aus dem Bildungs- und Sozialbereich und auch Unternehmerinnen und Unternehmen können nicht nur in Zeiten von Krisen das gemeinsame Leben vor Ort gestalten.

Dazu bedarf es auch einer Öffnung der Kommunalpolitik hinsichtlich etablierter, potentiell festgefahrener Strukturen und Abläufe. Mit der Handlungsempfehlung von mutigem, ‚unkonventionellem Handeln‘ kann eine moderne Kommune entstehen, die neben coronabedingten Bürokratieabbau und Verschlankung von Vergabeverfahren ebenfalls flexible Offnungszeiten, digitale Terminvereinbarungen und -abhandlung für ihre Bürgerinnen und Bürger beibehält. Der Blick nach innen ist dabei ebenfalls relevant und beinhaltet z.B. die Aufgabe der Gleichstellung innerhalb Verwaltungsorganisationen angesichts neuer Herausforderungen wie der Parallelität von Homeoffice und Kinderbetreuung.

4.3 Bürgerstiftung, Kommunalpolitik und weitere Akteure

Die Handlungsempfehlungen über spezifische Akteure hinaus betreffen zunächst die Kommunikation und Diskussionskultur. Aus der Corona-Pandemie folgt auch die Erkenntnis einer kontingenten (Informations-)Welt, die nicht nur global, sondern auch digital für Einzelpersonen nicht überschaubar ist. 

Der Zugang zu fundiert aufbereiteten Informationen wird als gewichtigter Punkt zur Bearbeitung der Corona-Folgen erachtet. Was kann ich tun? Was kann meine Nächste und/oder mein Nächster tun? Was können wir gemeinsam tun? All dies sind Fragen, die uns beschäftigen und einiges von uns abverlangen. Daher sind leichte Sprache, breite Übersetzungen ins Nicht-Deutsche mit Zielgruppenorientierung und -ansprache entscheidend. 

Daneben besteht Handlungsbedarf hinsichtlich der Diskussions- und Fehlerkultur. Angebote zu diesen und der Ausbau dieser Angeboten empfehlen wir als weiteren Handlungsaspekt. Konkret ist hier z.B. die Gewaltfreie Kommunikation als spezifische Methode zu nennen.

Rückgebunden an die eingangs angesprochenen Limitierungen dieser explorativen Studie und auch an Hinweise der Interviewten empfehlen wir weitere, regionale Studien zum Ist-Zustand. 

Die vielen nicht differenziert erreichten Personengruppen sind mit zu adressieren und zu berücksichtigen. Neben ihren Einschätzungen, Erfahrungen und Hinweisen sind auch ihre Bedarfe hinsichtlich der Corona-Folgen-Bekämpfung von hoher Relevanz. Die hier doch sehr spezifische Gruppe von Interviewten über das Netzwerk der Bürgerstiftung Laichinger Alb gilt es folglich, hinsichtlich Alter, Beschäftigungsverhältnis und Lebenslagen zu erweitern.

Zuletzt weisen wir darauf hin, dass Wirtschaft ebenso wie Bildung und Erziehung, Soziales und Kultur sowie Gesundheit nicht von gesellschaftlich-sozialen Rahmungen getrennt zu betrachten ist – ‚Wirtschaft‘ stellt keine ‚feindliche‘ Enklave dar, die gegenüber anderen Bereichen besonders hofiert oder ignoriert werden kann.

Mit diesem Hinweis möchten wir der manchmal in den Interviews durchschimmernde Kritik, dass „Wirtschaft vor alles ging“ begegnen. Demgegenüber verstehen wir Unternehmerinnen und Unternehmer und ihre mehr oder weniger großen Betriebe als mitentscheidende Player, um Corona-Folgen zu bearbeiten. Sie sind Akteure der lokalen Zivilgesellschaft und haben entscheidenen Einfluss auf die Gestaltung von (neuen) Arbeits(zeit)modellen und Produktionsmöglichkeiten. Sie  beeinflussen damit maßgeblich die ‚neue Normalität‘ mit.

5 Zusammenfassung

Zusammenfassend ist die enorme Anpassungsfähigkeit von Menschen auch in einer Krise zu betonen. Neben den bekannten Belastungen insbesondere für Familien mit Kindern und für Alleinerziehende hoben die insgesamt 21 GesprächspartnerInnen der Interviews auch positive Aspekte wie etwa Entschleunigung und die Rückbesinnung auf das Wesentliche hervor.

Auch die Notwendigkeit weiterer Forschung möchten wir hier unterstreichen und daher exemplarisch auf folgende Publikationen und Forschungsprojekte hinweisen:

Ähnlich unseren Vorgehens interviewte Emina Labeau im Spätsommer 2021 Personen in Bolivien, Peru und Deutschland und fragte nach deren Alltagsveränderungen, die härtesten Einschnitte, nach Wünschen, wie der Staat anders handeln könnte sowie nach Einschätzungen der Verschärfung sozialer Ungleichheiten. Ein Zusammenschnitt der Interviews ist, mit deutschen Untertiteln, bei YouTube abrufbar.

Der hier regional sehr limitierte Blick weitet sich durch die 102 geführten Interviews des Forschungsteams von Gabriele Rosenthal. Mit der Frage, wie sich die Situation der Menschen in Westafrika, Westeuropa, dem Mittleren Osten und Südamerika veränderte, konnten Unterschiede hinsichtlich zweier Punkte herausgearbeitet werden: „how they have dealt with changes in their situation, and especially to what extent their power of agency has been affected by the pandemic“. Diese Fragen hängen sowohl mit dem Grad ihrer Eingebundenheit in sozialen Netzwerken und Gemeinschaften („their degree of integration in social networks or we-groups“) sowie ihrem „legal status“ im jeweiligen Land zusammen.

Wie wiederum spezifisch im deutschsprachigen Raum genau die Corona-Pandemie Wissenschaft, Politik und Gesellschaft beeinflusst, soll der Schweizerische Nationalfonds herausfinden: „Das Nationale Forschungsprogramm „Covid-19 in der Gesellschaft“ (NFP 80) soll helfen, aktuelle und künftige Pandemien zu bewältigen, indem gesellschaftliche Prozesse während der Pandemie aus sozialwissenschaftlicher Perspektive analysiert werden.“ (https://www.snf.ch/de/nFJwkWN3NieVzmGo/news/210429-news-neues-nfp-lanciert-covid-19-in-der-gesellschaft [aufgerufen am 14.01.21]). Dabei gibt es bereits Studien, die sich mit der Situation von Jugendlichen beschäftigen. Die Bertelsmann-Stiftung gab 2021 Fragt uns 2.0(https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/fragt-uns-20) heraus, bei denen jugendliche Expertinnen und Experten sich um Leben von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie äußerten. Auch zum Thema der Auswirkungen der Corona-Krise auf das Familien- und Erwerbsleben (Bonin et al. 2021) ist eine Kurzexpertise für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erstellt worden.

Die soziologische Perspektive auf Corona-Folgen gewinnt demnach an Bedeutung. Der französische Sammelband „Covid-19: Le regard des sciences sociales“, herausgegeben von Fiorenza Gamba, Marco Nardone, Toni Ricciardi und Sandro Cattacin, bündelt Perspektiven von 27 Forscherinnen und Forschern zu den sozialen, politischen und ökonomischen Corona-Folgen. Die deutsche Übersetzung ist unter dem Titel „Covid-19. Eine sozialwissenschaftliche Perspektive“ erhältlich.

Zuletzt möchten wir noch etwas zum Hören empfehlen. Organisiert von Jutta Allmendinger und Armin Nassehi findet wöchentlich ein digitales Kolloquium statt, welches sich soziologisch auf die Corona-Pandemie gibt. Die Mitschnitte sind als Podcast unter dem Titel „Soziologische Perspektiven auf die Corona-Pandemie“ nach- und mithörbar. Das aktuelle Programm ist unter folgendem Link zu finden: https://coronasoziologie.blog.wzb.eu/programm/.

Mit diesen Hinweisen unterstreichen wir die Bedeutung unserer zwar begrenzten, aber dennoch Einblicke gebende Corona-Folgen-Studie. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Corona-Pandemie kollektive Erfahrungen ermöglicht, die über regionale Besonderheiten hinausreichen. Dies scheint zunächst rudimentär, ist aber hinsichtlich ihrer Reichweite und ihrer Folgen für unser soziales und wirtschaftliches Lebens nicht zu unterschätzen. Neben der Bedeutung weiterer Forschungen zeigen die abgeleiteten Maßnahmen zugleich, dass wir keineswegs ohnmächtig vor den Folgen stehen, sondern gemeinsam an ihrer Abschwächung arbeiten können – durch Gesprächs- und Zuhörbereitschaft sowie demokratische Einigungsprozesse.

6 (Weiterführende) Literatur

Bahl, E. & Rosenthal, G. (Eds.) (2021). Navigating Through Increasing Social Inequalities in Times of Covid-19. A Research Report on Interviews with Migrants in the Middle East and Europe and Migrants and Indigenous People in South America. Global Migration Studies, No. 4. Göttingen: Centre for Global Migration Studies. DOI: 10.3249/2702-7872-gms-4

Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.) (2021). Fragt uns 2.0. Corona-Edition – Anmerkungen von jugendlichen Expert:innen zum Leben von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie [Broschüre]. DOI 10.11586/2021001 

Bonin, H., Eichhorst, W., Krause-Pilatus, A. & Rinne, U. (2021). Auswirkungen der Corona-Krise auf das Familien- und Erwerbsleben. Kurzexpertise. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Forschungsbericht 574. https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-574-auswirkungen-der-corona-krise-auf-familien-und-erwerbsleben.pdf?__blob=publicationFile&v=1(aufgerufen am 24.01.22).

Destatis (2022). Frauen in Führungspositionen. https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-1/frauen-fuehrungspositionen.html (aufgerufen am 05.01.22).

Destatis (2022). Erwerbsbeteiligung. https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetigkeit/Tabellen/erwerbstaetige-erwerbstaetigenquote.html (abgerufen am 05.01.22).

Gamba, F., Nardone, M., Ricciardi, T. & Cattacin, S. (Eds.) (2020). Covid-19: Le recard des sciences sociales. Seismo.

Labeau, E. (2021). Globale Perspektiven in der Pandemie / Perspectivas globales en la pandemia. https://www.youtube.com/watch?v=qReA1VWzO5o (aufgerufen am 14.01.22).

Nationale Forschungsprogramm „Covid-19 in der Gesellschaft“: Einfluss der Pandemie auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft (NFP 80) https://www.snf.ch/de/nFJwkWN3NieVzmGo/news/210429-news-neues-nfp-lanciert-covid-19-in-der-gesellschaft (aufgerufen am 14.01.22).


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Posted by Anne Häseker und Ulrich Hemel