Wer als Politiker oder Sachverständiger für Stillhalten oder für bestimmte Maßnahmen eintritt, hat gewisse Vorstellungen von tatsächlichen Zusammenhängen, die andere Leute oftmals völlig anders deuten. Das bringt die unfassbare Komplexität einer Volkswirtschaft mit sich, die mit Millionen Menschen staatlich eingebunden ist und als Nationalökonomie bezeichnet wird. Nur Laien und einfache Leute glauben mit Blick darauf sicher sagen zu können, was allein richtig und völlig falsch ist. Die Klugen müssen sich über ihre systemhaften Modellvorstellungen verständigen, um – vielleicht (!) – zu Übereinstimmungen ihrer Modelle und der davon abgeleiteten Empfehlungen zu gelangen.
Vielerlei „Fakten“ sind bloße „Illusionen“. Die größte Illusion wurde der Fachwelt – weithin unbemerkt – bereits 1896 genommen: Eine immer und überall empirisch gültige Einheitsökonomik gibt es nicht. Man kennt Listen unterschiedlicher Antworten auf eine ganz bestimmte volkswirtschaftliche Frage. Zudem sind die Antworten allesamt ungenau, weil der lange propagierte „naturwissenschaftliche Denkstil“ nicht taugt. Die Begründung ist einfach: Eine Nationalökonomie entspricht keiner festgefügten „Maschine“, die man ökonometrisch-statistisch mit Vergangenheitsdaten ausforschen könnte. Moderne Nationalökonomien unterliegen turbulentem Wandel durch Innovationen und Verhaltensänderungen wechselnder Menschen. Erst die Arbeitsrichtung „Evolutorische Ökonomik“ konnte dies unumstößlich belegen.
Beim Blick auf „Nationalökonomien“ oder staatlich eingebundene Volkswirtschaften mitsamt der zugehörigen Wissenschaft der Nationalökonomik ist zweierlei getrennt zu halten: (1.) Theoretische Nationalökonomik oder Meta-Ökonomik der Lehrbücher, die in Hochschulen gelehrt wird, jedoch nichts unmittelbar Praxistaugliches bietet, sondern nur Anregungen für Vorgehensweise bei speziellen Analysen vermittelt. Diesen Standpunkt kennt bereits man von namhaften Nationalökonomen, wie Alfred Marshall (1842-1924), Paul Mombert (1876-1938) oder John M. Keynes (1882-1946). (2.) Angewandte Nationalökonomik mit speziellen Analysen für bestimmte Gebiete und Zeiten, deren Ergebnisse als – unterschiedliche – „Quasi-Theorien“, perspektivische Wahrheiten oder „Vernacular Economics“ gewertet werden. Unvermeidlich sind zwei Probleme: a) Unterschiedlichkeit dynamischer Modelle für den Untersuchungsraum, b) Zukunftsgültigkeit der Befunde für Voraussagen trotz des turbulenten Strukturwandels. Bekannte ökonometrische Beispiele sind QUEST-Modell der EU-Kommission und MEMMOD-Modell der Deutschen Bundesbank.
Auf 80 Seiten werden insgesamt 14 Arten fachspezifischer Illusionen vorgestellt. Danach werden Aspekte für eine „Demokratietaugliche Nationalökonomik“ erörtert. Ein Anhang „Wozu Nationalökonomik?“ ist als eine Replik auf das Büchlein von Walter Eucken (1891-1950) aus dem Jahre 1947 zu verstehen.