Der friedlose Südkaukasus: Ursache, Anlass und Folgen des armenisch-aserbaidschanischen militärischen Konflikts

[ENG] Just four years after the military conflict in 2016, war broke out again in September 2020 between the secessionist region of Nagorno-Karabakh on one side and the state of Azerbaijan on the other. Armenia assisted Nagorno-Karabakh and Turkey Azerbaijan. In the end, Azerbaijan forces occupied Nagorno-Karabakh in 2023. The Armenian population either fled or were driven out. This conflict in the South Caucasus and its consequences seemingly did not fetch much attention in German politics or in German media. Although catastrophic, in the public interest it has fallen into oblivion.   

Yet we can be quite sure that the effects of the conflict will ripple through the region for quite some future time. The old balance in the South Caucasus has shifted: Russia lost influence, while Turkey established herself as an influential regional power. The Azerbaijan autocracy has won domestic legitimacy, while democratic Armenia is facing enormous challenges.    Although historic comparisons are mostly incorrect the conflict in Georgia in 2008 and the one in Nagorno-Karabakh in 2020 have a common denominator: namely the tension ratio between a sovereign country’s territorial claim and a people’s right to self-determination. Both are narrowly connected with a minority’s right to protection and the international law’s command to keep the international peace. Furthermore, the stringency of German foreign and security policies in similar crises scenarios are put into question.

Foto von Evgeny Matveev

Im September 2020 flammte der jahrzehntelange Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die abtrünnige, mehrheitlich von Armeniern bewohnte aserbaidschanische Region Bergkarabach wieder auf. Seit dem Waffenstillstand 1994 handelte es sich um die größte aserbaidschanische Militäroffensive gegen Bergkarabach. Die Kampfhandlungen dauerten 44 Tage und endeten mit dem Sieg Aserbaidschans, das von der Türkei unterstützt worden war. 2023 startete Aserbaidschan eine neue, eintägige Offensive in den restlichen von Aserbaidschan noch nicht besetzten Territorien Bergkarabachs, ohne dass die dort stationierten russischen Friedenstruppen eingriffen. In der Folge wurde die gesamte armenische Bevölkerung aus der Region vertrieben. Sie fand in Armenien Zuflucht. Diese militärischen Konflikte und ihre Folgen scheinen weder in der deutschen Politik noch in den Medien eine größere Rolle gespielt zu haben [1]. Die Katastrophe scheint schlicht in Vergessenheit geraten zu sein.

Die Auswirkungen des Konflikts werden in der Region noch lange zu spüren sein. Denn die alten Gleichgewichte sind verschoben: Russland hat an Einfluss verloren, die Türkei sich demgegenüber als einflussreiche regionale Macht etabliert. Die aserbaidschanische Autokratie gewann zudem innenpolitisch an Legitimation, während das demokratische Armenien vor große Herausforderungen in Zukunft gestellt ist. Obwohl historische Vergleiche meist unzutreffend sind, haben die Geschehnisse der Jahre 2008 mit dem Georgien-Konflikt und des Jahres 2020 mit dem Bergkarabach-Konflikt einen gemeinsamen Nenner: nämlich das Spannungsverhältnis zwischen dem territorialen Anspruch eines souveränen Staates und dem Selbstbestimmungsrecht eines Volkes. Beide sind eng mit dem Minderheitenschutz und auch mit dem Gebot der völkerrechtlichen Friedenspflicht verbunden. Nicht zuletzt wird die Frage nach der Stringenz deutscher Außen- und Sicherheitspolitik in ähnlich gelagerten Krisenfällen aufgeworfen.

Bergkarabach 2020: Ein „eingefrorener“ Konflikt wird zu einem „heißen“ Krieg

a) Historie des Konflikts Die Region Bergkarabach wurde im Jahr 1921 aufgrund einer Entscheidung Stalins der Sozialistischen Unionsrepublik Aserbaidschan als territorialer Bestandteil zugeschlagen – und nicht der Unionsrepublik Armenien, obwohl Bergkarabach zu diesem Zeitpunkt zu über 90% von Armeniern bewohnt wurde. 1923 erhielt die Region den Status eines „Autonomen Gebietes“ innerhalb der Aserbaidschanischen Sowjetrepublik [2] . Zwischen Aserbaidschan und dem von Armenien unterstützten autonomen Gebiet Bergkarabach brach 1992 ein Krieg aus, der nach unterschiedlichen Schätzungen auf beiden Seiten über 25.000 Tote bis zum Waffenstillstand im Jahr 1994 forderte. 350.000 Armenier und 800.000 Aserbaidschaner verließen ihre angestammte Heimat und suchten Zuflucht in ihren jeweiligen Ethnien. Trotz eines 1994 etablierten Mechanismus zur Beilegung des Konflikts – Mediation durch die „Minsk-Gruppe“ – gelang es nicht, eine von beiden Seiten akzeptierte Friedensformel zu finden [3].

b) September 2020: aserbaidschanischer Angriff auf Bergkarabach. Am 27. September erklärte die aserbaidschanische Regierung, dass man den Konflikt mit militärischen Mitteln lösen werde und begann mit Unterstützung der Türkei eine Großoffensive. Der von Aserbaidschan behauptete armenische Angriff auf aserbaidschanische Dörfer und die daraufhin ergriffenen Maßnahmen zur Selbstverteidigung hätten nach Art. 51 S. 2 VN-Charta dem VN-Sicherheitsrat angezeigt werden müssen, was aber nicht verifiziert werden kann [4]. Nachdem am 9. November 2020 die aserbaidschanischen Streitkräfte die am Latschin-Korridor, der Hauptverbindung zwischen Armenien und Berg-Karabach, gelegene Stadt Schuscha oberhalb der karabachischen Hauptstadt Stepanakert eingenommen hatten, unterschrieb die armenische Regierung unter Premierminister Nikol Paschinjan einen von Russland vermittelten Waffenstillstand. Der aus aserbaidschanischen Gebieten bestehende Sicherheitskorridor um Bergkarabach und ein Teil Bergkarabachs wurden geräumt, wobei der Latschin-Korridor unter die Kontrolle einer russischen Friedensmission zur Überwachung des Waffenstillstands kam. Der völkerrechtliche Status Bergkarabachs sollte zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verhandelt werden. Allerdings besetzte Aserbaidschan entgegen den Bestimmungen des Waffenstillstandes am 19. September 2023 das gesamte Territorium Bergkarabachs [5]. Vorher hatte Aserbaidschan die Versorgung der noch in Bergkarabach verbliebenen Zivilbevölkerung ähnlich der sowjetischen Blockade Berlins im Jahr 1948/49 unterbunden und eine Fluchtbewegung mit über 100.000 Menschen ausgelöst, welche die armenische Existenz in diesem Gebiet, das über viele Jahrhunderte eine ausschließlich armenische kulturelle Prägung erfahren hatte, zu einem endgültigen Ende gebracht [6].

c) Friedensverhandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan. Die Festlegung des armenisch-aserbaidschanischen Grenzverlaufes u.a. in der armenischen Provinz Tawusch wie ein von Aserbaidschan angestrebter Korridor zwischen seinem östlich gelegenen Landesteil und seiner an der Grenze zur Türkei gelegenen Exklave Nachitschewan sollen im Mittelpunkt dieser Verhandlungen stehen. Die Einrichtung eines Verkehrskorridors war im Waffenstillstandsabkommen vom November 2020 vereinbart worden. Der Nachbar Iran, welcher an beide Staaten grenzt, ist wohl bereit, die Verbindungsroute nach Nachitschewan durch sein Staatsgebiet zu führen [7].

Exkurs: Völkerrechtliche Einordnung des Angriffs auf Bergkarabach.

Aserbaidschans Präsident Ilham Alijev begründete den Angriff auf Bergkarabach auch mit dem Recht eines Staates, seine völkerrechtlich anerkannten Grenzen wiederherzustellen [8]. Im Folgenden werden deshalb kursorisch die rechtlichen Aspekte angesprochen, die im politisch-rechtlichen Diskurs eine Rolle spielen: nämlich die territoriale Integrität Aserbaidschans, der rechtliche Prozess zur Auflösung der Sowjetunion, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und die völkerrechtliche Friedenspflicht.

a) Territoriale Integrität Aserbaidschans. Mit der Verkündung der „Wiederherstellung der staatlichen Unabhängigkeit” der von 1918 bis 1920 bestehenden aserbaidschanischen Republik hatte der Oberste Sowjet Aserbaidschans am 30. August 1991 nach 71 Jahren Zugehörigkeit zur UdSSR die Lösung aus dem Verbund der UdSSR und ihre neu begründete Unabhängigkeit im Rahmen der sowjetischen Gesetzgebung gewählt. Seit 1992 ist Aserbaidschan Mitglied der Vereinten Nationen.

b) Territoriale Integrität der Republik Arzach (armenische Bezeichnung für Bergkarabach). Die im Rahmen der aserbaidschanischen SSR „Autonome Region Bergkarabach“ erklärte ebenfalls ihre Unabhängigkeit, wobei auch sie sich auf die sowjetische Gesetzgebung zur Auflösung der UdSSR stützte. Nach Luchterhand [9] bestand für autonome Gebiete innerhalb der UdSSR die Möglichkeit, eine SSR zu verlassen. Allerdings erkannte die aserbaidschanische Republik den Austritt des „Autonomen Gebietes” nicht an. Mit den vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 1993 verabschiedeten Resolutionen, die Bergkarabach als völkerrechtlichen Bestandteil Aserbaidschans qualifizierten und letztlich mit der Niederlage Bergkarabachs im Krieg von 2020 wurde die Frage eines zur Souveränität führenden rechtsgültigen Austritts aus dem aserbaidschanischen Staatsgebilde gegenstandslos.

c) Selbstbestimmungsrecht Bergkarabachs. Der Anspruch Aserbaidschans auf territoriale Souveränität nach Art. 2 Nr. 1 und 4 VN-Charta muss im Licht des vom Völkerrecht ebenfalls formulierten Selbstbestimmungsrecht eines Volkes bewertet werden [10]. Die Grundlage des Selbstbestimmungsrechts wird durch Art. 1 Abs. 1 der 1976 in Kraft getretenen Internationalen Pakte der Vereinten Nationen (16. Dezember 1966) über zivile und politische bzw. über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte bestimmt [11]. Danach können alle Völker frei und ohne Einmischung von außen über ihren politischen Status entscheiden: so der fünfte Grundsatz des „Principle of Equal Rights and Self-Determination of Peoples” der Friendly Relations Declaration. Ein Volk ist zur Sezession berechtigt, „wenn es als fremde Ethnie vom Mutterstaat so schwerwiegend diskriminiert und unterdrückt wird, dass den Angehörigen des Volkes politische Loyalität gegenüber der Regierung und ein Verbleib in dem fremdnationalen Staat nicht mehr zugemutet werden kann.“ [12] Das Recht zur Sezession ist aber gegenstandslos, wenn der Staat sich gegenüber der Minderheit nichts hat zuschulden kommen lassen [13]. Denn ein Staat verdient den Schutz seiner territorialen Integrität, wenn er eine Minderheit innerhalb des Staatsvolkes angemessen an seinem politischen Leben beteiligt und ihnen die gleichen Rechte wie den Angehörigen des Mehrheitsvolkes einräumt.

Bergkarabach hatte 1992 einen sehr hohen armenischen Anteil an der Bevölkerung dieser Region. Die Karabach-Armenier machten zur Begründung ihres Rechts nicht nur Ausschreitungen des Mehrheitsvolkes gegen sie geltend. Erschwerend sei hinzugekommen, dass die aserbaidschanischen Polizei- und Ordnungskräfte sich während der Ausschreitungen nicht schützend vor die Minderheit gestellt hätten. Zudem wären die Armenier erheblichen wirtschaftlichen und kulturellen Benachteiligungen ausgesetzt gewesen. Man darf weiterhin bei der Bewertung der Vorgänge einen wichtigen psychologischen Aspekt nicht außer Acht lassen: weil sich Aserbaidschan und die Türkei als ein (Hervorhebung durch Autor) Volk in zwei Staaten verstehen, ist die Erinnerung an die Minderheitenpolitik des Osmanischen Reiches und deren Folgen – der Genozid an den Armeniern im Jahr 1915 – für Armenier emotional sehr präsent. Auch die aserbaidschanische Verfassung von 1996 trägt das ihre zu dieser Sichtweise bei. So schreibt sie nicht den Schutz von Minderheiten vor, sondern bezeichnet sich in „Art. 5 Abs. 1: „Das Volk von Aserbaidschan ist einheitlich“ als „Unitary Republic“. Sie sagt weiter in Art. 83 S. 2: „Die Abgeordneten der Nationalversammlung … werden auf der Grundlage des Mehrheitswahlsystems … gewählt.“ [14]

Während die Verfassung der UdSSR noch von den Völkern der Sowjetunion sprach, will das moderne Aserbaidschan keine im Parlament vertretene und sich artikulierende Minderheit zulassen und stellt dies durch sein Wahlrecht auch sicher.

d) Vertragliche und völkerrechtliche Friedenspflichten. Das am 12. Mai 1994 auf Vermittlung Russlands in Kraft getretene Waffenstillstandsabkommen zwischen Aserbaidschan, Bergkarabach und Armenien sollte unbefristet gelten [15]. Im Juli 1994 wurde ergänzend sogar vereinbart, dass ein politisches Abkommen anzustreben sei, welches einen Schlussstrich unter den Konflikt setzen sollte [16]. Mit seinem Angriff auf Bergkarabach im September 2020 brach Aserbaidschan diesen Waffenstillstandsvertrag. Ob ein Scheitern der Verhandlungen, die über einen langen Zeitraum ergebnislos geführt worden sind, als einvernehmliche Kündigung des Vertrages interpretiert werden darf, muss sehr bezweifelt werden. Ein vorläufiges Scheitern von Verhandlungen ist nicht automatisch als Kriegsgrund anzusehen [17]. Vielmehr hat das allgemeine Gewaltverbot nach Art. 2 Nr. 4 VN-Charta eine Konkretisierung in der „Friendly Relations Declaration“ vom Oktober 1970 erfahren: „Every State likewise has the duty to refrain from the use or the threat of force to violate international lines of demarcation, such as armistice lines …“ [18]. Diese Passage stützt die Feststellung, dass Aserbaidschan die völkerrechtlich bestehende Friedenspflicht gebrochen hat.

Folgen des Konfliktes für Armenien und den südlichen Kaukasus

a) Friedensperspektive für die Zivilgesellschaften Die 1991/1994 und 2016 sowie 2020 geführten Kriege und deren Opferzahlen, die Vertreibung der armenischen Bevölkerung aus Bergkarabach sowie die generelle armenisch-aserbaidschanische Historie werden eine Brückenbildung zwischen den Gesellschaften als Voraussetzung einer friedlichen bilateralen Entwicklung außerordentlich erschweren. Allein im Krieg 2020 sind über 6.000 Soldaten – davon 4.000 armenische – gefallen. Hinzu tritt die Zahl der durch Beschuss umgekommenen Zivilisten, die Zerstörung armenischer Kulturgüter und die Misshandlung von Kriegsgefangenen – alles ist im Gedächtnis der armenischen Bevölkerung tief eingegraben. Auch die aserbaidschanische Bevölkerung trägt viele physische und psychologische Wunden mit sich, die sie innerhalb der langen Geschichte des Konfliktes erfahren hat. Das vielleicht Traumatischste dürfte die Flucht aus Bergkarabach und den umliegenden aserbaidschanischen sieben Regionen während des ersten Krieges Anfang der 90-er Jahre gewesen sein, als die Armenier militärisch erfolgreich waren. All das wird das Verhältnis beider Staaten auch für die weitere Zukunft tiefgreifend beeinflussen [19]. Der trennende Graben erscheint sogar in der Gegenwart unüberbrückbar geworden zu sein: „Am 12. April 2021 eröffnete Ilham Alijew in Baku ein neues fünf Hektar großes Freilichtmuseum, in dem Kriegstrophäen ausgestellt sind. Vor einer Allee mit ausgestellten Stahlhelmen erschossener armenischer Soldaten ließ er sich unter dem Beifall des aserbaidschanischen Publikums ausgiebig ablichten. Weitere ausgestellte Kriegsbeute sind unter anderem armenische Fahrzeuge und Waffen verschiedener Art sowie 2000 armenische Nummernschilder, die an einer Wand mit der Aufschrift „Karabach ist Aserbaidschan“ befestigt sind. Darüber hinaus sind Wachspuppen toter, sterbender und mit Ketten gefesselter armenischer Soldaten hier ausgestellt.“ [20]. Jede Zivilgesellschaft, die autokratisch regiert und einer solch barbarischen Stimmungsmache ausgesetzt wird, verliert alle etwa noch vorhandenen Tugenden der Mäßigung und politischen Weitsicht.

b) Verlust von Kulturgütern Armeniens Kultur wird ärmer werden. Denn die noch in Bergkarabach existierenden Kulturgüter von über 80 Kirchen und Klöstern sowie 4.000 sonstigen Denkmälern werden dem endgültigen Verfall oder doch vorsätzlicher Zerstörung preisgegeben und die Zeugnisse der armenischen Besiedlung so verschwinden. Nicht vergessen ist, dass in der früher von Armeniern bewohnten Region Nachitschewan armenische religiöse Stätten und Kulturgüter umgewidmet oder zerstört wurden [21]. Einige davon gehörten zum UNESCO Kulturerbe wie z. B ein 1.200 Jahre alter armenischer Friedhof mit Kreuz- und Grabsteinen, die auch Inschriften enthielten, welche eine reiche Quelle zur Regionalgeschichte des fünften bis frühen 17. Jahrhunderts darstellten [22]. Der Internationale Gerichtshof (IGH) sah sich bereits im Dezember 2021 genötigt festzustellen: Aserbaidschan müsse die „Hassreden und die Diskriminierung von Personen nationaler oder ethnischer armenischer Herkunft einstellen … sowie alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung und Bestrafung von Akten des Vandalismus und der Entweihung armenischer Kulturgüter, einschließlich Kirchen, Denkmälern, Friedhöfen und anderen Stätten, zu ergreifen.“ [23] Auch das Europäische Parlament schlug bereits Alarm wegen der Zerstörung oder Entweihung oder Schändung des armenischen Kulturerbes in Bergkarabach in seiner Entschließung von 10. März 2022 Alarm [24].

c) Dominante Stellung Aserbaidschans Aserbaidschan hat nunmehr einen politisch, militärisch und durch die Erdöleinnahmen auch wirtschaftlich dominanten Status im Südkaukasus – im Verbund mit der Türkei – erlangt. Die Herstellung einer territorialen Verbindung durch einen Armenien zerteilenden „exterritorialen“ Korridor zur Exklave Nachitschewan würde eine unmittelbare Landverbindung zwischen dem aserbaidschanischen Kernland und der Türkei schaffen und Armenien politisch und wirtschaftlich weiter schwächen.

d) Konkurrenz zwischen Demokratie und Autokratie Einem autokratisch verfassten Staat wie Aserbaidschan [25] stehen über seine militärischen Fähigkeiten hinaus weitere Mittel wie etwa die verdeckte Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung in anderen Staaten zur Verfügung. Dazu gehört die Korruption [26] von Mandatsträgern in nationalen Parlamenten, um politische Kritik und entsprechende Resolutionen abzuwenden. Schon 2018 wurde im Deutschen Bundestag festgestellt: „In Aserbaidschan haben die Einschränkungen bei den politischen Menschenrechten zugenommen. Davon betroffen sind auch zivilgesellschaftliche und nichtstaatliche Organisationen. Menschenrechtsaktivisten und Oppositionelle werden häufig unter fragwürdigen Umständen verhaftet und schikaniert. … Was die Pressefreiheit anbelangt, steht Aserbaidschan laut der Organisation Reporter ohne Grenzen auf der Rangliste der Pressefreiheit unter 180 Staaten auf Platz 163, Armenien auf Platz 80 und Georgien auf Platz 61“ [27]. Für die junge Demokratie Armeniens stellt dies eine Gefährdung dar, zumal den oligarchischen Elemente Armeniens die Demokratie ebenfalls ein Dorn im Auge ist.

e) Abwendung Armeniens von Russland Russland hatte sich vor dem Konflikt als Waffenexporteur sowohl für Armenien als auch für Aserbaidschan engagiert. Während sich Aserbaidschan aber auf die Unterstützung der militärisch potenten Türkei im Krieg mit Bergkarabach hatte stützen können, wollte Armeniens Sicherheitspartner Russland nichts Ähnliches leisten. Selbst als Aserbaidschan nach dem Waffenstillstand im Dezember 2020 einzelne Grenzabschnitte Armeniens ins Visier nahm und unter dem Vorwand besetzte, dass der Verlauf der internationalen Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan nicht demarkiert und delimitiert sei, vermochte Armenien das Sicherheitsabkommen der OVKS (Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit) zwischen Russland, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan sowie Armenien trotz Anrufung des Bündnisses nicht zu aktivieren [28]. Hinsichtlich Bergkarabach sah Russland keine Schutzverpflichtung, obwohl es im Latschin-Korridor gerade zu diesem Zweck eine militärische Truppe stationiert hatte, um die Versorgungswege für die Zivilbevölkerung offen zu halten. Das russische Taktieren gegenüber Armenien während des Bergkarabach-Konflikts hat auf armenischer Seite zu einem Umdenken und in Folge zu einer Lockerung der politischen Bindung an die vorgebliche Schutzmacht beigetragen [29].

f) Erweiterung des türkischen Einflusses in Südkaukasien und darüber hinaus Die Türkei hat sich aufgrund der jüngsten Vorgänge gegenüber Russland nicht nur als vorherrschende regionale Macht im Südkaukasus etabliert, sondern sich unter dem aserbaidschanischen Slogan „Ein Volk, zwei Staaten” über das Verhältnis zum Bruderstaat Aserbaidschan auch den mittelasiatischen Turkstaaten empfohlen [30]. Denn sie präsentierte sich als Staat, der das Völkerrecht und die Rechte der Turkvölker hochhält, indem es die territoriale Integrität Aserbaidschans durchzusetzen half [31]. Turkmenistan, Kirgisien, Kasachstan und Usbekistan [32] könnten das Gewicht der türkischen Regionalmacht nochmals vergrößern – wie etwa der Iran es schon vorführte, als er im Nahen Osten den schiitischen Halbmond als politisches Instrument schuf, um in die Peripherie auszugreifen.

Haltung der Bundesregierung zum Bergkarabach-Konflikt 2020 und 2023

a) Bundespressekonferenzen 28.09. bis 11.11.2020 sowie 20.09.2023: Der Angriff Aserbaidschans auf Bergkarabach am 27. September 2020 war im Zeitraum zwischen dem 28. September und dem 11. Dezember 2020 Thema in der Bundespressekonferenz in Berlin. Allerdings kam trotz der andauernden Kampfhandlungen das Thema in immerhin 11 Pressekonferenzen zwischen dem 16.10.2020 und dem 9.11.2020 nicht mehr zur Sprache. Auch in den 12 Bundespressekonferenzen bis zum 7.12. war der Konflikt ausgeblendet.

1) Kriegsbeginn und -verlauf (Äquidistanz zu Konfliktparteien): Am Tag nach Kriegsbeginn sieht „die Bundesregierung in diesem neuerlichen Ausbruch des Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan eine sehr gefährliche Entwicklung der Lage …“ und ruft „beide Seiten zum sofortigen Waffenstillstand sowie zur Rückkehr zu Verhandlungen …“ auf. Auch in der PK am 30.09. werden die Konfliktparteien aufgefordert, „sämtliche Kampfhandlungen und insbesondere den Beschuss von Dörfern und Städten umgehend einzustellen“. Man könne den Konflikt nur auf dem Verhandlungsweg lösen. Am 5.10. nimmt man Rekurs auf die Schlussfolgerungen der Europäischen Union und des Europäischen Rates. Es müsse ohne Vorbedingungen in substantielle Verhandlungen eingetreten werden. In der Pressekonferenz vom 7.10. verurteilt die Bundesregierung die Angriffe auf zivile Einrichtungen beider Seiten. Am 9.10. geht man auf die Einladung nach Moskau ein, welche der russische Außenminister gegenüber seinem armenischen und aserbaidschanischen Amtskollegen ausgesprochen hat. Ein Seitenaspekt ist dabei, ob die russischen Bemühungen mit denen der Minsk-Gruppe in der OSZE kompatibel sind. Am 12.10. steht der humanitäre Waffenstillstand, der durch die in Moskau stattfindenden Gespräche der Co-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe erreicht worden war, und dessen Gefährdung im Vordergrund. Alle Stellungnahmen sind von Bemühen der Bundesregierung um Äquidistanz zu den Konfliktparteien geprägt. Insbesondere wird der militärische Aggressor nicht als solcher benannt.

2) Völkerrechtlicher Status Bergkarabachs <Republik Arzach> (Verhandlungen vorbehalten): Nach Auffassung der Bundesregierung in der PK vom 30.09 solle der Status der Region von Bergkarabach durch die OSZE-Minsk-Gruppe und die Parteien in Verhandlungen geklärt werden. In der PK am 2.10. wird die völkerrechtliche Zugehörigkeit Bergkarabachs erneut aufgegriffen und als umstritten bezeichnet und weiterhin der Krieg als zwischenstaatlicher Konflikt charakterisiert. Als Begründung wird darauf verwiesen, dass seit dem Krieg von 1992/1994 die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region Bergkarabach sowie die sieben umliegenden Provinzen Aserbaidschans unter armenischer Kontrolle stünden. In der PK vom 5.10. wird auf völkerrechtliche und geschichtliche Aspekte hingewiesen, die sich mit dem Zerfall der UdSSR verbinden und auch auf die vier Bergkarabach betreffende Resolutionen verwiesen, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im Jahr 1993 verabschiedete. Der Grund des Konflikts, nämlich der Status einer Minderheit in einer Mehrheitsgesellschaft und deren Schutz vor eben dieser Mehrheit wird nicht thematisiert – ebenso die historischen Vorgänge, die Ende der 80’er Jahre des 20. Jahrhunderts die ethnischen Spannungen in der im Zerfall begriffenen UdSSR anheizten und den Konflikt um Bergkarabach verschärften. Die Charakterisierung des Konflikts als „zwischenstaatlich“ umgeht die Problematik eines Sezessionskrieges innerhalb Aserbaidschans und damit die Notwendigkeit einer Befassung mit der Frage des Selbstbestimmungsrechts einer Minderheit, die eingeschränkte politische, kulturelle und wirtschaftliche Freiheiten und gewalttätige Übergriffe der Mehrheit beklagt.

3) Rolle der Türkei (politische und militärische Unterstützung): Auf die Rolle der Türkei im Bergkarabach-Konflikt angesprochen, zieht man sich in der PK vom 28.09 [33]. auf die Formulierung zurück, dass man eine solche Medienberichterstattung kenne, aber nicht über eigene Erkenntnisse verfüge. Keine drei Monate später werden in einem Bericht eines deutschen politischen Magazins Einzelheiten über die türkische Hilfe für Aserbaidschan aufgeführt und der türkische Präsident Recep Erdogan als Pate des militärischen Sieges Aserbaidschans über Armenien tituliert [34].

4) Rolle Russlands (Waffenstillstand): Am 11.11.2020 geht man auf den im Moskau vereinbarten Waffenstillstand ein und verbindet dessen Würdigung mit dem Aufruf an die Konfliktparteien, in substantiellen Verhandlungen nunmehr eine friedliche und dauerhafte Lösung des Konflikts zu erzielen [35].

5) Blockade und Besetzung Bergkarabachs sowie Vertreibung der Armenier (sprachliche Neutralität): Die am 19.09.2023 gegen Bergkarabach trotz des Waffenstillstandes vorgetragene aserbaidschanische Offensive wird in der PK am 20.09.2023 unter Bezugnahme auf eine Äußerung des Bundeskanzlers folgendermaßen kommentiert: „Es geht darum, wieder zum Pfad der Diplomatie zurückzukehren, und um den Versuch einer friedlichen, miteinander vereinbarten Lösung für all die Herausforderungen, die zwischen Armenien und Aserbaidschan, aber auch innerhalb Aserbaidschans zu bewältigen sind.“ [36] Man vermeidet es selbst bei ausdrücklicher Nachfrage, Aserbaidschan als den gegen den Waffenstillstand verstoßenden Aggressor zu benennen und ringt sich lediglich zur Aufforderung durch, dass die Kampfhandlungen eingestellt werden müssen. Die Bundesregierung schweigt ebenso zur Blockade der Versorgung der armenischen Zivilbevölkerung Bergkarabachs.

b) Gemeinsame Pressekonferenzen von Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Ilham Alijew am 14.03.2023 und 26.04.2024: In der gemeinsamen Pressebegegnung des Bundeskanzlers und Präsident Ilham Alijevs im April 2024 betont der Kanzler, dass der Konflikt mit Armenien friedlich gelöst werden müsse [37]. Er spricht damit die Festlegung einer Teilstrecke der bilateralen Grenze an, die allerdings in den Jahren seit der Unabhängigkeitserklärung beider Staaten 1991 noch nie infrage gestellt worden war. Die Frage der Grenzziehung wurde erst virulent, als Aserbaidschan die militärische Überlegenheit im Krieg 2020 erlangt hatte. Kommunikativ ins Gewicht fällt, dass der Bundeskanzler die Hauptkonflikte übergeht: den Angriff Aserbaidschans auf Rest-Bergkarabach unter Bruch der Bestimmungen des Waffenstillstandes, die Besetzung der Region und die Vertreibung der Bevölkerung. Der Bezug auf einen Nebenschauplatz erscheint umso erstaunlicher, als der Bundeskanzler in seiner Begegnung mit dem aserbaidschanischen Präsidenten in der Pressekonferenz des Vorjahres im März 2023 Bergkarabach noch angesprochen hatte: „Dazu gehört die Sicherheit der Bevölkerung in Karabach. Wichtig ist die Einhaltung von Menschenrechten und Minderheitenrechten aller Bewohnerinnen und Bewohner der beiden Staaten, im Einklang mit den internationalen Normen und den eingegangenen Verpflichtungen.“[38] Sechs Monate später bedurfte es tatsächlich nicht mehr des Schutzes der armenischen Bevölkerung Bergkarabachs, weil diese nach der Blockade und Besetzung Bergkarabachs geflohen war.[39] Aussagen wie den „Konflikt mit Armenien friedlich lösen“ lassen die Pressearbeit jetzt als Anästhetikum erscheint und ein Trugbild erzeugt: die Bundesregierung engagiert sich beharrlich für den Frieden – auch wenn man nur eine sehr aggressive Politik des Gastes erkennt, die einen Krieg vom Zaun brach und mit einem weiteren droht. Ist der Appell aus der Pressekonferenz 2023 ergebnislos verhallt, so greift der Kanzler in der des Folgejahres das zugrundeliegende Geschehen nicht mehr auf, da er mit einem solchen Hinweis den Erfolg der früheren Begegnung letztlich dich infrage stellen würde.

c) Bewertung der Presseäußerungen zum Bergkarabach-Konflikt: Die Bundesregierung verzichtet zunächst auf jede konkretisierende Stellungnahme zum Ausbruch und Verlauf des sechswöchigen Krieges um die Region [40]. Insbesondere verzichtet sie auf die Benennung des Aggressors und verliert auch kein Wort über die neunmonatige Abschnürung der armenischen Bevölkerung Bergkarabachs von der Versorgung sowie deren anschließende Vertreibung. Ihre Stellungnahmen legen einen Wortnebel über das Kriegsgeschehen, welcher den Verursacher des Konflikts schützt und den Sinn regierungsamtlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ein wenig verfälscht: nämlich die Politik der Bundesregierung darzulegen und künftig zu lösenden Fragen zu erläutern, wozu gerade außen- und sicherheitspolitische Belange gehören. Deutsche Außenpolitik scheint in den kritischen Wochen des Herbstes 2020 außer wohltönenden Worten und Appellen an die Konfliktparteien wenig Erhellendes über die zugrundeliegenden Vorgänge und die Einschätzung des Konflikts durch die Bundesregierung zu bieten. Deren Sicht auf territoriale Integrität und die völkerrechtlich begründete Friedenspflicht kann möglicherweise aus einer Feststellung des Bundeskanzlers abgeleitet werden, die er in der PK am 26.04.2024 traf: hier nämlich „erneuerte seine Forderung an Präsident Putin, seinen Feldzug abzubrechen, Truppen zurückzuziehen und die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu akzeptieren .“ [41] Der territorialen Integrität eines Staates wird eine größere Wertigkeit als dem Recht auf Selbstbestimmung oder dem Minderheitenschutz zugemessen, weil sie dem Frieden in der Welt letztlich mehr dient als eine Befassung mit sezessionistischen Konfliktherden. Die Drohung mit militärischer Gewalt und sogar deren Anwendung mag für alle souveränen Staaten aus Eigeninteresse die bessere und deshalb akzeptierte Option zu sein, wenn sie von einer Sezession betroffen sind.

Konflikte im Vergleich: Bergkarabach 2020 und Georgien 2008

a) Der militärische Konflikt zwischen Georgien und Südossetien/Russland: Tatsächlich weist der Bergkarabach-Konflikt des Jahres 2020 gewisse Parallelen zum Georgien-Krieg vom August 2008 auf. Am 8. August intervenierte die georgische Regierung militärisch in Südossetien, einer Provinz Georgiens, die seit dem Zerfall der UdSSR im Jahr 1991 die Unabhängigkeit von Georgien anstrebt – eben wie Bergkarabach sich von Aserbaidschan zu lösen suchte. Russland antwortete mit einer Militäroffensive, um seine Staatsbürger in der georgischen Provinz vor der Zentralmacht zu schützen. Der Konflikt weitete sich auf die georgische Provinz Abchasien aus, die ebenfalls nicht dem georgischen Staatsverband angehören wollte. Am 12. August 2008 konnte auf Initiative der französischen EU-Ratspräsidentschaft ein Waffenstillstandsabkommen zwischen den kriegführenden Parteien geschlossen werden. Es dürften über 850 Menschen in diesem Krieg ums Leben gekommen und mehr als 130.000 Menschen zu Flüchtlingen geworden sein.

b) Parallelen zwischen den Konflikten: Die territorialen Konflikte haben auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR schon vor deren Auflösung bestanden und waren auch von den Nachfolgestaaten nicht auf dem Verhandlungsweg gelöst worden. Georgien und Aserbaidschan glaubten sich völkerrechtlich legitimiert, ihre Vorstellungen von territorialer Souveränität entgegen dem Friedensgebot in Art. 2 Ziffer 3 der VN-Charta [42] mit militärischen Mitteln umzusetzen. Georgien sprach von seiner Südossetien umfassenden verfassungsmäßigen Ordnung, die wiederhergestellt werden müsse, während Aserbaidschan zunächst einen Angriff Bergkarabachs auf aserbaidschanische Dörfer hinter der 1994 eingerichteten Demarkationslinie als Kriegsgrund vorschob, um seine nach dem Völkerrecht anerkannte Außengrenze wiederherzustellen. Südossetien und Bergkarabach stützten sich auf Verbündete: so lehnte sich Südossetien politisch und militärisch eng an Russland an, Bergkarabach an Armenien und dadurch indirekt auch an Russland, Aserbaidschan an die Türkei. Russland rüstete nicht nur Armenien und Aserbaidschan militärisch aus, sondern war auch stets bemüht, seinen Einfluss bei den Waffenstillstandsverhandlungen geltend zu machen. Ein wesentliches Motiv dürfte dabei die Konservierung eines Teils der zur Zeit der UdSSR bestehenden politischen Durchgriffsmöglichkeiten auf die Peripherie gewesen sein – gewissermaßen der Phantomschmerz eines ehemaligen Imperiums [43]. Ob Russland dabei ein ehrlicher Mediator mit dem Ziel einer endgültigen Friedenssicherung war, dürfte zweifelhaft sein. Zeit dafür bestand zumindest im Fall Bergkarabachs, da Russland als Teil des Minsk-Prozesses immerhin 26 Jahre seit 1994 als Ko-Vorsitzende am Verhandlungsprozess zur Beilegung des Konflikts beteiligt war, ohne dass namhafte Initiativen bekannt geworden sind. Wahrscheinlicher schien es vorteilhafter, Konflikte am Köcheln zu halten.

c) Unterschiede zwischen den Konflikten: Infolge der georgischen Niederlage und der russischen Anerkennung einer völkerrechtlich legitimierten Staatlichkeit Südossetiens ist es wahrscheinlich, dass Georgien die Kontrolle über den ehemaligen Landesteil auch in absehbarer Zukunft nicht erlangen wird – nicht zuletzt, weil der russische Überfall auf die Ukraine den Willen des russischen Regimes zum weiteren territorialen Ausgreifen unter Beweis gestellt hat. Mit der auf die Niederlage Bergkarabachs erfolgten Flucht oder Vertreibung der dortigen armenischen Bevölkerung endete die viele Jahrhunderte dauernde armenische Existenz in diesem Kerngebiet der armenischen Besiedlung des Südkaukasus. Wenn es aus Sicht der armenischen Bergkarabacher schon zum Ende des ausgehenden 20. Jahrhunderts Gründe gegeben haben sollte, trotz des Reichtums Aserbeidschans und seiner interessanten wirtschaftlichen Perspektiven nicht dessen Staatsbürger sein zu wollen, dann würden sie selbst bei einer Rückkehroption in einem noch zu schließenden Friedensvertrag kaum für Aserbaidschan optieren, was auch die aserbaidschanische Ratio für das Vorgehen gegen die dortige Bevölkerung im Jahr 2023 gewesen sein dürfte. Damit bleibt in Südossetien der Vorkriegs-Status-Quo auf unabsehbare Zeit festgeschrieben, während die Region Bergkarabach ihre armenische Bevölkerung verloren hat und auch ihre dortige kulturelle Existenz in wenigen Jahren durch den Verfall oder die Zerstörung der Bauwerke ausgelöscht sein wird. Denn ein Staat möchte nicht daran erinnert werden, dass in einem Teil seines Territoriums einmal eine Minderheit lebte. Russland intervenierte als Schutzmacht Südossetiens militärisch auf dem Territorium Georgiens und verwandelte den Konflikt damit in einen zwischenstaatlichen Krieg. Im Bergkarabach-Konflikt hingegen blieb das russische Militär untätig, als vor Augen seiner Friedenstruppe der Latschin-Korridor für die Versorgung der Zivilbevölkerung Karabachs durch Aserbaidschan blockiert wurde. Armenien als Schutzmacht Bergkarabachs hingegen verstand sich nicht dazu, über die zwischenstaatliche Grenze zu Aserbaidschan vorzugehen.

Deutsche Politik während beider Krisen

1) Proaktiv im Georgien-Konflikt: Außenminister Steinmeier bereiste 2008 kurz vor Ausbruch des Krieges die Region, um zu einer eventuell noch möglichen Entschärfung des drohenden Konflikts beizutragen. Er forderte dann später „die Klärung der Verantwortlichkeiten am Konfliktausbruch … und eine unabhängige internationale Untersuchung“ [44]. Die von der EU eingesetzte „Independent International Fact-Finding Mission on the Conflict in Georgia“ [45] erstellte unter Federführung der Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini einen Bericht (30.09.2009), der den georgischen Präsidenten Saakashwili als Urheber der Aggression benannte [46]: „It is not contested that the Georgian armed forces started an armed offensive in South Ossetia on the basis of President Saakashvili’s order given on 7 August 2008 at 23.35. It is also uncontested that this offensive was directed – at least among other aims – against South Ossetian militia. … The use of military force is prohibited by Art. 2 (4) of the UN Charter and by customary law, and the prohibition is also endorsed in the Helsinki Final Act of 1975 …. Conclusion: Despite the differing status of the parties to the conflict (Georgia as a state, South Ossetia as an entity short of statehood and legally a part of Georgia), the prohibition of the use of force as endorsed in the UN Charter applies to their relations” [47].

2) Passiv im Bergkarabach-Konflikt: Nach dem Ende des letzten Kaukasuskrieges gab es auf europäischer Seite keine diplomatischen Bemühungen ähnlicher Art. Auch die Bundesregierung zeigte keinerlei Interesse, die Kriegsschuld prüfen zu lassen, obwohl eine Aggression ein völkerrechtliches Verbrechen darstellt [48]. Während 2008 Georgien als der Aggressor benannt und Russland für seine überzogene, unverhältnismäßige Reaktion auf den georgischen Angriff getadelt wurde, schwiegen Deutschland und Europa zum Bergkarabach-Konflikt im Jahr 2020 und verzichteten darauf, den Aggressor namhaft zu machen. Bundeskanzler Scholz stellte die energiepolitische Zusammenarbeit mit Aserbaidschan in den Vordergrund, während EU- Kommissionspräsidentin Frau von der Leyen bei ihrem Besuch in Baku keine zwei Jahre nach dem Ende des Krieges ebenfalls die Energiepartnerschaft mit Aserbaidschan in den Mittelpunkt stellte, ohne ein Wort über die Bergkarabach-Armenier und ihr Schicksal zu verlieren [49]. Offensichtlich wollte man aber die europäische Friedenspolitik nicht ganz ausblenden, so dass beide Politiker „den grausamen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine“ [50] ansprachen. Der auffallende Gegensatz zwischen dem politischen Handeln in 2008 und in 2020 provoziert die Frage nach dem „Warum“, zumal Aserbaidschan keinen Hehl daraus gemacht hat, einen Krieg führen zu wollen, sollten die Verhandlungen im Rahmen der „Minsk-Gruppe“ nicht zum Erfolg führen. Rhetorisch gefragt: reichen wirtschaftliche Gründe aus, um die eigenen Werten in so eklatanter Weise hintanzustellen? Die Passivität der Bundesregierung im Jahr 2020, die in einem erstaunlichen Gegensatz zum deutschen diplomatischen Engagement in der Georgien-Krise des Jahres 2008 steht, deutet an, wie man sich bei einem ähnlichen Krisenherd im östlichen Asien, nämlich bei einem Angriff Chinas auf Taiwan wohl verhalten wird. Denn auch hier wurde die Möglichkeit einer gewaltsamen Wiedervereinigung Festlandchinas mit der Insel Taiwan durch den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping unterstrichen.

Perspektiven für eine Befriedung des südlichen Kaukasus

a) Kein wirklicher Friedenswille Aserbaidschans: Ob die laufenden Friedensverhandlungen von Erfolg gekrönt sein werden, ist zweifelhaft. Gespräche führen dann zu einem Erfolg, wenn der Wille hierzu auf beiden Seiten vorhanden ist. Die Äußerungen des aserbaidschanischen und des türkischen Präsidenten lassen wenig Optimismus aufkommen, dass Friedenswille auf dieser Seite vorhanden ist. Die 1996 von einem deutschen Außenminister in Tiflis getroffene Formulierung: „Auch im Kaukasus müssen sich die Völker aus den Verstrickungen alter Streitigkeiten und Feindschaften befreien … “ [51] ist eine Erkenntnis, die vom aserbaidschanischen Präsidenten wahrscheinlich nicht geteilt wird. Der türkische Präsident sieht ebenso die Vergangenheit und weniger die Zukunft, wenn er von einem „epischen Kampf“ und einem „glorreichen Sieg“ [52] und einen „Tag des Sieges und des Stolzes für die gesamte türkische Welt“ [53] spricht. Die von einem deutschen Außenminister mit Blick auf Südossetien in Tiflis angesprochene „Fülle von potentiellen Lösungsmöglichkeiten, Überlegungen zum Minderheitenschutz und Autonomievarianten“ [54] hatte schon Georgien nicht genutzt. Gemessen an seiner Politik und seiner Rhetorik dürfte diese traurige Erkenntnis auch für Aserbaidschan gelten.

b) Aserbaidschan nutzt militärisches Drohpotential gegenüber Armenien: Angesichts der militärischen Überlegenheit Aserbaidschans nutzt das Land die Gunst der Stunde, um sich territoriale Faustpfänder zu sichern – wie etwa die Einrichtung eines exterritorialen Korridors zwischen dem aserbaidschanischen Zentralgebiet und der Exklave Nachitschewan. Der Korridor würde das ohnehin kleine Territorium Armeniens in zwei Hälften teilen. Ob Aserbaidschan an einer Lösung des Verkehrsproblems oder mehr an einer räumlichen Teilung der südöstlich gelegenen armenischen Provinz gelegen ist, wird sich zeigen. Zu befürchten ist, dass die aserbaidschanische Bedingung der Kontrolle [55] über den Korridor für die armenische Seite unerfüllbar ist, zumal Aserbaidschan keine Gegenleistung angeboten hat. Das Ansinnen aber, die Einräumung der Hoheit über einen kleinen Teil des armenischen Staatsgebiets ohne Gegenleistung zu erhalten, ist an sich schon erstaunlich. Es sei denn, man erkennt in der aserbaidschanischen Forderung die immanente Kriegsdrohung und die Gegenleistung besteht im Absehen von der Anwendung militärischer Gewalt gegen Armenien. Während Aserbaidschan vor wenigen Jahren einen Krieg mit dem Ziel der Herstellung seiner territorialen Integrität führte, ist man jetzt der Auffassung, dass man es aber dem Nachbarland zumuten könne, territoriale Integrität nicht in seiner Absolutheit zu sehen. Aserbaidschan könnte deshalb den militärischen Druck [56]auf das Nachbarland erhöhen und auch international anerkannte Grenzen in Frage stellen [57]. Nicht umsonst sprach der aserbaidschanische Staatspräsident auf den Siegesfeierlichkeiten in Baku in Anwesenheit des türkischen Präsidenten von “historischem aserbaidschanischen Land” [58] auf armenischem Territorium. Eine solche Drohkulisse wird auch deutlich, wenn Präsident Alijev den Abzug der in Armenien stationierten EU-Beobachtermission mit den Worten fordert: „Sie müssen dankbar sein, dass wir nicht reagieren. Ich bin sicher, dass sie weglaufen, wenn etwas Ernstes passiert [59].

c) Türkei übt keinen mäßigenden Einfluss auf Aserbaidschan aus: Ob die Türkei Einwände gegen den Einsatz militärischer Mittel gegen Armenien über den Konflikt um Bergkarabach hinaus billigt, lässt sich nicht beurteilen [60]. Ruft man sich allerdings das Schicksal der Armenier im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkrieges in Erinnerung, so berührt es, dass die heutige Türkei vor dem Hintergrund dieser historischen Verantwortung nicht den Wunsch verspürt, einen mäßigenden Einfluss auf ihren Bundesgenossen Aserbaidschan geltend zu machen [61]. Denn die türkische Haltung Armenien gegenüber ist weder ausgleichend noch politisch pragmatisch.

Die Perspektiven für eine Befriedung des südlichen Kaukasus dürfen trotz der gewaltsamen Wiedereingliederung Bergkarabachs nicht optimistisch eingeschätzt werden: ein Staat, der militärisch erfolgreich war, wird versucht sein, dieses Instrument wieder einzusetzen, um seine Ziele wie etwa die Herstellung einer Landverbindung nach Nachitschewan zu erreichen. Erst wenn Armeniens Nachbar nicht mehr autokratisch regiert wird, sondern die Aserbaidschaner in einem demokratischen Staatsgebilde leben, wird die Hoffnung bestehen, dass der Südkaukasus einer friedlichen Zukunft entgegensieht.


Der Autor fühlte sich an die Bemerkung eines Lehrers der gymnasialen Mittelstufe aus dem Jahr 1968 erinnert, der aus Goethes Faust I das Gespräch über den Krieg zitierte, um ein gewisses gesellschaftliches Verhalten zu beschreiben: „…Wenn hinten, weit in der Türkei, die Völker aufeinanderschlagen. Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus. … Dann kehrt man abends froh nach Haus und segnet Fried und Friedenszeiten.“

[1] Zeittafel: 1918: Armenien und Aserbaidschan erklären ihre Unabhängigkeit von Russland; 1920: Armenische Sozialistische Sowjetrepublik wird ausgerufen; 1921: Bergkarabach wird der aserbaidschanischen SSR zugeschlagen; 1923: Karabach erhält Autonomiestatus innerhalb Aserbaidschans; 1989: Karabach hat eine Bevölkerung von ca. 185.000 Menschen.75 Prozent Armenier, 20 Prozent Aserbaidschaner und fünf Prozent anderer Nationalität; 1991: Proklamation armenischer und aserbaidschanischer Unabhängigkeit sowie der Unabhängigkeit Karabachs von Aserbaidschan; 1992: Beginn des Krieges zwischen Aserbaidschan und Bergkarabach, das von Armenien unterstützt wird; 1994: Waffenstillstand, Einrichtung der Minsker Verhandlungsplattform; 2016:Viertagekrieg nach aserbaidschanischem Angriff auf Bergkarabach; 2020: Sechswöchiger Krieg nach aserbaidschanischem Angriff; 2023: Blockade Bergkarabachs, anschließende Besetzung und Flucht oder Vertreibung der Armenier.  

[3] Vgl. Vera Rogova/Tengiz Dalalishvili, „Bergkarabach-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan“, Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, „Friedensbemühungen“, https://osteuropa.lpb-bw.de/bergkarabach-konflikt (Zugriff 23.06.2024); vgl. Tim Potier, „Berg-Karabach: einer Lösung immer näher – Schritt für Schritt“, OSZE Jahrbuch 2009, S. 223-235 (228), https://ifsh.de/file-CORE/documents/jahrbuch/09/Potier-dt.pdf (Zugriff 23.06.2024).

[4] Art. 51, S. 2 VN-Charta: „Maßnahmen, die ein Mitgliedsstaat in Ausübung seines Rechts zur Selbstverteidigung trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort anzuzeigen. …“: der Verfasser konnte keinen Beleg dafür finden, dass Aserbaidschan dieser Verpflichtung entsprochen hätte. Vielmehr scheint Aserbaidschan sich erst im Dezember 2023 auf Art. 51 VN-Charta berufen zu haben. Siehe Azertag, „Präsident Ilham Aliyev: Aserbaidschan setzte sein Recht auf Selbstverteidigung laut Artikel 51 der Uno-Charta um“, 6.12.2023,  https://azertag.az/de/xeber/prasident_ilham_aliyev_aserbaidschan_setzte_sein_recht_auf_selbstverteidigung_laut_artikel_51_der_uno_charta_um-2842641 (Zugriff 2.07.2024).

[5] Siehe Deutscher Bundestag, Drucksache 20/8636, 6.10.2023, Antwort auf Frage 77 (Dr. Gesine Lötzsch): „Die Bundesregierung hat die militärische Eskalation Aserbaidschans in Bergkarabach vom 19. und 20. September 2023 verurteilt und gegenüber Aserbaidschan deutlich gemacht, dass zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan diplomatische Gespräche nötig sind…“,  https://dserver.bundestag.de/btd/20/086/2008636.pdf (Zugriff 12.06.2024).

[6] Vgl. Cindy Wittke, „decoder: Das Ende der Republik Arzach und die Vertreibung der Armenier aus Bergkarabach“, 14.10.2023, https://www.dekoder.org/de/article/bystro-ende-republik-arzach-vertreibung-armenier-bergkarabach (Zugriff 23.06.2024); ob die neunmonatige Blockade der Versorgung Bergkarabachs durch Aserbaidschan als versuchter Genozid entsprechend Artikel II (c) der VN-Völkermordkonvention zu werten ist, soll nicht geprüft werden. Doch liegt nach Auffassung des Autors die Vermutung nahe, dass auf diese Weise die Vertreibung der armenischen Bevölkerung vorbereitet wurde; vgl. Tessa Hofmann, „Berg-Karabach“, Bundeszentrale für politische Bildung, 19.06.2024, https://www.bpb.de/themen/kriege-konflikte/dossier-kriege-konflikte/224129/berg-karabach/ (Zugriff 27.06.2024).

[7] Vgl. Hoffmann, a.a.O. – vorstehend Fn. 6.

[8] Vgl. Günther Bächler, „Der Krieg um Nagorni-Karabach scheint gestoppt. Es gibt viele Tote – und auf der Strecke bleibt das Völkerrecht, Neue Züricher Zeitung, 15.11.2020, https://www.nzz.ch/meinung/krieg-um-berg-karabach-auf-der-strecke-bleibt-das-voelkerrecht-ld.1586761 (Zugriff 23.06.2024).

[9] Vgl. Otto Luchterhandt,Meinung: Das Völkerrecht und der Berg-Karabach-Konflikt. Nationale Selbstbestimmung und Sezession der armenischen Minderheit oder Wahrung der territorialen Integrität Aserbaidschans?“, Bundeszentrale für politische Bildung, 7.12.2021, https://www.bpb.de/themen/kriege-konflikte/dossier-kriege-konflikte/344244/meinung-das-voelkerrecht-und-der-berg-karabach-konflikt/ (Zugriff 27.06.2024).

[10] Vgl. Bächler, a.a.O. – vorstehend Fn. 8.

[11] Vgl. Luchterhand, a.a.O. (Fn. 9).

[12] Vgl. Luchterhand, a.a.O.; Hans-Joachim Heintze, „Auch ein Versagen der Staatengemeinschaft“, Völkerrechtsblog, 30.09.2020, https://voelkerrechtsblog.org/de/auch-ein-versagen-der-staatengemeinschaft/ (Zugriff 2.07.2024); Heintze sieht die Bergkarabach-Armenier nicht als Volk, sondern als Minderheit an, die sich deshalb nur auf den Minderheitenschutz berufen könne. Nicht klar wird, was eine Minderheit tun kann, wenn sie durch die Mehrheit unterdrückt wird und ohne Schutz bleibt. Interessant wäre gewesen, wenn der Autor die von der Türkei durch ihre Invasion Zyperns vor 50 Jahren geschaffene und von der Weltgemeinschaft völkerrechtlich nicht anerkannte Türkische Republik Nordzypern in diesem Zusammenhang ebenfalls angesprochen hätte.

[13] Vgl. Otto Kimminich/Stefan Hobe, Einführung in das Völkerrecht, 7.Auflage, Tübingen, S. 115.

[14] „Die Verfassung der Republik Aserbaidschan“, Staatliches Übersetzungszentrum, https://aztc.gov.az/de/28 (Zugriff 28.06.2024).

[15] Vgl. Otto Luchterhand, „Der Berg-Karabach-Konflikt und seine Eindämmung durch Gewaltverzicht“, Armenisch Deutsche Korrespondenz (ADK) 2010, S. 2-5 (3 und Fn. 9), auch https://www.deutscharmenischegesellschaft.de/wp-content/uploads/2010/12/Der-Berg-Karabach-Konflikt-und-seine-Eind%C3%A4mmung-durch-Gewaltverzicht-ADK150.pdf (Zugriff 23.06.2024).

[16] Vgl. Luchterhand, ADK, a.a.O., S. 3.

[17] Vgl. Bächler, a.a.O.

[18] Vgl. Luchterhand, ADK, S. 4 (mit den Fn. 12 und 13).

[19] Vgl. Silvia Stöber, „Wenn aus Hass Verbrechen werden“, Tagesschau, 11.12.2020, https://www.tagesschau.de/ausland/asien/armenien-aserbaidschan-hass-kriegsverbrechen-101.html (Zugriff 14.06.2024).

[20] Die Medienberichterstattung selbst zum Park der Trophäen in Baku ist zurückhaltend. Erst in der detaillierten Beschreibung durch Wikipedia, „Freilichtmuseum ‚Park der Trophäen‘ in Baku“ wird das Ungeheuerliche deutlich,
https:de.wikipedia.org/wiki/Krieg_um_Bergkarabach_2020#Freilichtmuseum_%E2%80%9EPark_der_Troph%C3%A4en%E2%80%9C_in_Baku (Zugriff 2.07.2024).

[21] Vgl. Hofmann, a.a.O. – vorstehend Fn. 6.

[22] Vgl. Tigran Petrosyan, „Aserbaidschan zerstört armenische Kultur: Abschied vom Kloster Dadiwank. Der Krieg in Bergkarabach ist kein religiöser Konflikt. Kulturgüter der Armenier werden zerstört, um den aserbaidschanischen Anspruch zu festigen“, 23.11.2020, https://taz.de/Aserbaidschan-zerstoert-armenische-Kultur/!5730239/ (Zugriff 16.07.2024)

[23] Vgl. Hofmann, a.a.O.

[24] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0080_DE.html. (Zugriff am 15.07.2024).
[25] Vgl. Rene Muschter: „Im Jahr 2024 erzielt Aserbaidschan 3,58 von 10 Punkten im Index für Demokratie (harte Autokratie)“, Bertelsmann Transformationsindex ‚Demokratie‘ 2006 bis 2024, statista, 21.03.2024, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/540393/umfrage/aserbaidschan-bewertung-nach-bti/ (Zugriff 19.06.2024); vgl. Muschter: „Im Jahr 2024 erzielt Armenien 6,9 von 10 Punkten im Index für Demokratie (defekte Demokratie)“, Bertelsmann Transformationsindex, ,statista, 21.03.2024, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/540386/umfrage/armenien-bewertung-nach-bti/ (Zugriff 19.06.2024).

[26] Vgl. Tagesschau, „Anklage in Aserbaidschanaffäre“, 29.01.2024, https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/muenchen-anklage-lintner-fischer-100.html (Zugriff 17.06.2024); vgl. Die Welt, „Starker Verdacht auf Korruption im Europarat“, 22.04.2018, https://www.welt.de/politik/ausland/article175701956/Aserbaidschan-Affaere-Starker-Verdacht-auf-Korruption-im-Europa-Rat.html (19.06.2024); vgl. Friedel Taube, „Wie funktioniert das ‚System Aserbaidschan‘?“, Deutsche Welle, 12.03.2021: „Es ist eine Art der indirekten und kleineren Korruption, bei der die Hürden, sie anzunehmen, gering sind. Eventuell sind auch die Abgeordneten, die angesprochen werden, solche, die ansonsten nicht so viele Privilegien haben, sagt Stefan Meister“, https://www.dw.com/de/wie-funktioniert-das-system-aserbaidschan/a-56854642 (Zugriff 19.06.2024).

[27] Deutscher Bundestag, Drucksache 19/4162, 5.09.2018, „Ausbau der Beziehungen und Zusammenarbeit mit den Südkaukasusstaaten Armenien, Aserbaidschan und Georgien“, https://dserver.bundestag.de/btd/19/041/1904162.pdf (Zugriff 3.07.2024).

[28] Vgl. Die Presse, „Armenien lässt Mitgliedschaft im russisch geführtem Militärpakt ruhen“, 23.02.2024, https://www.diepresse.com/18203375/armenien-laesst-mitgliedschaft-in-russisch-gefuehrtem-militaerpakt-ruhen (Zugriff 19.06.2024).

[29] Vgl. Silvia Stöber, „Wir trauen ihnen nicht, sie respektieren uns nicht“, Tagesschau, 16.09.2023, https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-armenien-bergkarabach-aserbaidschan-100.html (Zugriff 14.06.2024).

[30] Vgl. Cindy Wittke, „decoder: Berg-Karabach“, Bundeszentrale für politische Bildung, 1.12.2020, https://www.bpb.de/themen/europa/russland-analysen/nr-394/322097/dekoder-bergkarabach/ (Zugriff 23.06.2024).

[31] In Erinnerung muss gerufen werden, dass die Türkei nach ihrer Invasion Zyperns im Jahr 1974 im östlichen Teil die „Türkische Republik Nordzypern“ gründete und völkerrechtlich anerkannte – als einziger Staat der Vereinten Nationen. Während die territoriale Integrität des EU-Mitgliedstaates Zypern keine Rolle zu spielen scheint, wird der territorialen Integrität Aserbaidschans große Bedeutung zugemessen. Die Türkei hält auch eine Region in Nordsyrien besetzt, um die Bildung einer kurdischen Autonomieverwaltung auf syrischem Territorium zu verhindern, vgl. Bülent Mumay, „Syrien brennt und die Türkei fängt Feuer“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.07.2024, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kolumnen/brief-aus-istanbul/syrien-brennt-und-die-tuerkei-faengt-feuer-buelent-mumays-brief-aus-istanbul-19862437.html (Zugriff 19.07.2024).

[32] Vgl. Hofmann, a.a.O. – vorstehend Fn. 6.

[33] https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/regierungspressekonferenz-vom-28-september-2022-2130652 (Zugriff 4.07.2024); alle Bezugspressekonferenzen stehen im Ausdruck beim Verfasser zur Verfügung.

[34] Vgl. Christian Esch, „Erdogan als Ehrengast bei der Militärparade in Baku; Der Pate des Sieges“: „… Ankaras tatkräftige Hilfe erlaubte es Aserbaidschan, den Nachbarn militärisch zu besiegen …“, Der Spiegel, 10.12.2020, https://www.spiegel.de/ausland/bergkarabach-konflikt-recep-tayyip-erdogan-ehrengast-bei-siegesparade-in-baku-a-c585567a-b191-450d-9408-92ba0ad7c429 (Zugriff 13.06.2024).

[35] https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/regierungspressekonferenz/2415876 (Zugriff 5.07.2024).

[36] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-20-september-h2023-2224502 (Zugriff 5.07.2024).

[37] https://www.bundeskanzler.de/bk-de/aktuelles/kanzler-trifft-praesident-alijew-2272874 (Zugriff 5.07.2024).

[38] https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/pressekonferenz-von-bundeskanzler-scholz-und-dem-aserbaidschanischen-staatspraesidenten-ilham-aliyev-am-14-maerz-2023-in-berlin-2170994 (Zugriff 6.07.2024).

[39] Vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker, „Aserbaidschans Präsident in Berlin: Erster IStGH-Chefankläger Ocampo fordert Scholz auf, Völkermordhinweise anzusprechen“, https://www.gfbv.de/de/news/armenien-aserbaidschan-istgh-icc-moreno-ocampo-voelkermord-hinweise-klage-11316/ (Zugriff 24.06.2024).

[40] Zur Ergänzung die parlamentarische Seite: „Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag: Bundestag dringt auf Friedenslösung im Bergkarabach-Konflikt“, 29.10.2020, https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw44-de-aktuelle-stunde-bergkarabach-801290?fbclid=IwAR0XOVwUuc4_nsHHv4VjLCoIzyDZJi8nRwwNFi4dmbu7CObPdKB4MJL7uJI (Zugriff 18.07.2024).

[41] Siehe PK Bundeskanzler Scholz, 26.04.2024 – vorstehend Fn. 37.

[42] Vgl. Dieter Deiseroth, „Das Friedensgebot des Grundgesetzes und der UN-Charta“, Netzwerk Friedenskooperative, https://www.friedenskooperative.de/friedensforum/artikel/das-friedensgebot-des-grundgesetzes-und-der-un (Zugriff 22.06.2024).

[43] Vgl. Uwe Halbach, „Russlands Einflussmacht im Kaukasus: Konkurrenz und Kooperation mit Regionalmächten und globalen Akteuren“, Juli 2021, SWP Studie 10, https://www.swp-berlin.org/publications/products/studien/2021S10_russland_kaukasus.pdf (Zugriff 17.07.2024).

[44] Deutscher Bundestag, Drucksache 16/178, 24.08.2008, Anlage 10, Frage 13 (Drucksache 16/18961), https://dserver.bundestag.de/btp/16/16178.pdf (Zugriff 1.07.2024).

[45] Vgl. Luchterhandt, „Der Berg-Karabach-Konflikt und seine Eindämmung durch Gewaltverzicht“, a.a.O., S. 4. – vorstehend Fn. 15.

[46] EURACTIV, „EU-Bericht: Georgien begann den Kaukasuskrieg“, 30.09.2009, S. 242, https://www.euractiv.de/section/prioritaten-der-eu-fur-2020/news/eu-bericht-georgien-begann-kaukasuskrieg/ (Zugriff 1.07.2024).

[47] Independent International Fact-Finding Commission on the Conflict in Georgia (EU-Commission-Report Tagliavini), 30.09.2010, Bd. 2, S. 1-442 (240-242), https://web.archive.org/web/20110706223037/http://www.ceiig.ch/pdf/IIFFMCG_Volume_II.pdf (Zugriff 1.07.2024).

[48] Statut des Internationalen Gerichtshofes der Vereinten Nationen vom 17.07.1998, Art. 5 Abs. 1 d), https://www.un.org/depts/german/internatrecht/roemstat1.html#T25 (Zugriff 4.07.2024).

[49] Erklärung der Präsidentin der EU-Kommission, 18.07.2022, Baku, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/statement_22_4583 (Zugriff 1.07.2024).
[50] Etwa in der Erklärung der Präsidentin der EU-Kommission, a.a.O.

[51] Bulletin der Bundesregierung, „Deutsche Außenpolitik für Georgien und den Transkaukasus – Rede Außenminister Kinkel in Tiflis“, 6.02.1996, https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/bulletin/deutsche-aussenpolitik-fuer-georgien-und-den-transkaukasus-rede-von-bundesminister-dr-kinkel-in-tiflis-805974 (Zugriff 25.06.2024).

[52] Vgl. Katja Thorwarth, „Erdogan feiert mit Baku Sieg um Karabach“, Frankfurter Rundschau, 11.12.2020, https://www.fr.de/politik/erdogan-berg-karabach-baku-aserbaidschan-armenien-proteste-tuerkei-90127690.html (Zugriff 25.06.2024).

[53] Vgl. Christian Esch, „Der Pate des Sieges“, Spiegel, 10.12.2020, https://www.spiegel.de/ausland/bergkarabach-konflikt-recep-tayyip-erdogan-ehrengast-bei-siegesparade-in-baku-a-c585567a-b191-450d-9408-92ba0ad7c429 (Zugriff 25.06.2024).
[54] Siehe Bulletin Bundesregierung, a.a.O. – vorstehend Fn. 51.

[55] Vgl. Silvia Stöber, „Etwas Optimismus nach unterkühltem Treffen“, Tagesschau, 17.07.2024, https://www.tagesschau.de/ausland/europa/sicherheitskonferenz-armenien-aserbaidschan-100.html (Zugriff 19.07.2024).

[56] https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/regierungspressekonferenz/2552088 (Zugriff 13.06.2024).

[57] Vgl. Stöber, „Gefährlicher Grenzstreit im Kaukasus“, Tagesschau, 4.06.2021, https://www.tagesschau.de/ausland/armenien-aserbaidschan-grenzkonflikt-101.html (Zugriff 14.06.2024).

[58] Vgl. Stöber, „Gefährlicher Grenzstreit“, a.a.O.

[59] Vgl. Silvia Stöber, „Kann Deutschland ein ehrlicher Makler sein“, 3.06.2024, Tagesschau, https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/deutschland-aussenpolitik-armenien-aserbaidschan-friedensabkommen-100.html (Zugriff 14.06.2024).

[60] Vgl. Stöber, „Wir trauen ihnen nicht“, a.a.O. – vorstehend Fn. 29.

[61] Vgl. Bächler, a.a.O. – vorstehend Fn. 8.

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