Abstract [de]: Der Islam als Newcomer im Pluralismus westlicher Zivilgesellschaften stellt die Gretchenfrage neu: Wie hält es die säkulare Zivilgesellschaft mit der Religion? Die erste Antwort scheint ein Abwehrreflex gegen den fremden Islam zu sein. Alternativen dazu müssen zunächst klären, ob staatlicherseits von oben eine Zivilreligion kreiert werden soll, in die der Islam einzupassen wäre, oder aber ein neues Arrangement von unten aus der Pluralität der Zivilgesellschaft selbst erwachsen soll. Hier wird die zweite Variante vertreten. Der dann naheliegende interreligiöse Dialog steht jedoch in der Gefahr zu einem monologisierenden Stellvertreterdialog zu werden, in dem den Christen eine Sozialisation der Muslime im Sinne der säkularen Zivilgesellschaft aufgebürdet wird. Gerade aus der Perspektive des Katholizismus lässt sich aber sehen, dass eine Glaubensgemeinschaft in der Auseinandersetzung mit der Moderne ihren eigenen Weg geht, der sie von einer prinzipiellen Gegnerschaft zu einer freundlich-kritischen Alternative führen kann. Eine differenzierte Öffnung zur Moderne bewahrt die gesellschaftlichen Potentiale einer Religionsgemeinschaft, die Teil der vorpolitischen Grundlagen einer demokratischen Zivilgesellschaft sein können. In diesem Sinne hat Jürgen Habermas den Begriff einer postsäkularen Gesellschaft geprägt. Sie zeichnet sich aus durch gegenseitige Lernbereitschaft säkularer und religiöser Bürger. So kann die Gretchenfrage der Muslime zu einem echten gesellschaftlichen Dialog über die Rolle der Religion in der pluralen Zivilgesellschaft führen.


Januar 2011

Zivilgesellschaft und religiöser Pluralismus

Was Religionen zur Zivilisierung der Gesellschaft beitragen

Externe Publikation: AMOSINTERNATIONAL 5. JG. (2011), Heft 1

Posted by Eva Maria Fischer und Mariano Barbato

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