Abstract [de]: Die starke Steigerung der sozio-ökonomischen Probleme in den letzten Jahrzehnten hat gezeigt, dass kein Sektor bzw. keine Organisation sich dieser Probleme alleine annehmen kann. Deshalb können intersektorale und interorganisationale Kollaborationen bzw. Interaktionen nicht mehr als Option gesehen werden, sondern sind vielmehr ein Muss. In solchen Partnerschaften, in dem auch das Personal geteilt wird, werden sich neue Freundschaften herausbilden (vgl. Austin, Seitanidi 2012, S.21). Die Freundschaft am Arbeitsplatz kann entweder negativ oder positiv das Arbeitsklima und die Organisationskultur beeinflussen (vgl. Berman, West, Mautrice 2002, S.222). Um eine solche Partnerschaft erfolgreich zu führen, sollte eine langfristige Strategie entwickelt werden. Auffällig sind die entstehenden Konflikte in einer Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen bzw. Freiwilligen. Hier sind die so genannten Best-Practices des Personals Management hilfreich (vgl. Kegel 2002, S.90f.). Entsprechendes Training ist besonders relevant, um Konflikte zu vermeiden, ein positives Arbeitsklima zu entwickeln und eine Partnerschaftskultur zu schaffen. Dabei sollte das Training die Bereiche Ethik und interorganisationales Verhalten abdecken sowie einen interkulturellen Teil beinhalten. So kann der so genannte Synergistic-Wert bestmöglich ausgeschöpft werden.


Oktober 2013

BUS-NPO Partnerschaften: Ambivalenz der Freundschaft am Arbeitsplatz

Die starke Steigerung der sozio-ökonomischen Probleme in den letzten Jahrzehnten hat gezeigt, dass kein Sektor bzw. Organisation von alleine, solche Probleme lösen kann. Deshalb ist die Intersektorale und Interorganisationale Kollaboration bzw. Interaktion nicht mehr eine (Option) Alternative, sondern ein Muss. Es ist eine bewusste Zusammenarbeit zwischen Organisationen, die zu verschiedenen Sektoren gehören. Personal und Material werden als Ressourcen in dieser Partnerschaft geteilt. Die Erfüllung der Aufgabe ist durch die Partnerschaft effizienter und effektiver, als wenn sie von nur einer Organisation durchgeführt würde (vgl. Helmig, Boenigck 2012, S.210). 

Obwohl viele Partnerschaftsformen wie zum Beispiel Public-NPO, Public-Privat oder dreiseitige Partnerschaften gibt, wir werden uns auf die BUS-NPO Partnerschaft beschränken. In solchen Partnerschaften, in dem das Personal geteilt wird, werden sich neue Freundschaften schließen (vgl. Austin, Seitanidi 2012, S.21) und zwar zwischen Ehrenämtlern, Hauptämtlern, Mitarbeitern und Managern. Diese Freundschaft am Arbeitsplatz kann vertikal sein und zwar in derselben Organisation. Sie kann auch horizontal sein und zwar zwischen Personen von verschiedenen Organisationen. Wir werden uns an der horizontalen Freundschaft orientieren. Die Freundschaft am Arbeitsplatz kann entweder negativ oder positiv das Arbeitsklima und die Organisationskultur beeinflussen (vgl. Berman, West, Mautrice 2002, S.222). Wir gehen davon aus, dass jede Organisation seine eigene Kultur hat. Damit meinen wir Werte und Gewohnheiten an bestimmten Verhalten. Außerdem gibt es durch die Partnerschaft drei mögliche Folgen der Organisationskultur. Entweder eine Kultur wird dominant sein, beide Kulturen werden getrennt bleiben oder die Kulturen verschmelzen sich (vgl. Schein 2010, S.23). Unsere These wäre dann wie folgendes: der Einfluss der Freundschaft am Arbeitsplatz, die durch BUS-NPO Partnerschaft verursacht wurde, auf die Organisationskultur ist wie zwei Facetten einer Medaille.

Dadurch, dass ein Ziel besser erreicht werden kann, ist zwischen einer nichtgewinnorientierte Organisation und einer gewinnorientierten Organisation eine BUS-NPO Partnerschaft geschlossen, in dem Personen und Finanzen geteilt werden zwecks Zusammenarbeit, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen (vgl. Helmig, Boenigck 2012, S.210). Diese  Partnerschaft findet nur nach einem Prozess statt. In der Literatur wurde über einen Prozess, der drei Schritte enthält, gesprochen und zwar Auswahl, Aufbau und Implementation (vgl. Seitanidi, Koufopoulos, Palmer 2011, S.3). Am Ende der Entwicklungsstufe des Partnerschaftsprozesses gibt es organisationale, soziale und gesellschaftliche Ergebnisse (vgl. Helmig, Boenigk 2012, S.213). Außerdem sind positive wie negative Folgen der Partnerschaft auf der Macro-, Meso- und Micro-Ebene zu beobachten (vgl. Austin, Seitanidi 2012, S.17). Wir werden uns aber zunächst auf die Micro und Meso-Ebene konzentrieren. Die Kollaboration kann für viele Personen (Manager, Mitarbeiter, Ehrenamtliche) eine Herausforderung sein. In der NPO Organisation, wie auch in Unternehmen sind neue Fähigkeiten des Management, neue Gelegenheit des Leaderships und die Sammlung der neuen sektoralen Kenntnisse positive Folgen einer solchen Partnerschaft (vgl. Austin, Seitanidi 2012, S.22).

Neben diesen genannten instrumentalen Folgen, haben Austin und Seitanidi über neue Freundschaft als positive psychologische Folge der Partnerschaft gesprochen. Demotivation, Konfusion, und Vertrauensprobleme sind als negative Folgen der Partnerschaft auf der Seite des Unternehmens dargestellt. Unser Interesse liegt aber auf die psychologischen positiven Folgen der Partnerschaft und zwar die Freundschaft am Arbeitsplatz.

Freundschaft
Abbildung 1: Freundschaft am Arbeitsplatz als Folge der BUS-NPO Partnerschaft

Laut Rolemberg (1994, S.685) haben Menschen Gefühle für andere Mitarbeiter. Den Genuss, den man erlebt, wenn man miteinander ist, sei Altruismus. Deswegen ist die Freundschaft am Arbeitsplatz eine nicht exklusive Arbeitsplatz-Beziehung, in der bilaterales Vertrauen, Teilung von Interesse sowie Werten und Reziprozität der Mögen (?) involviert sind (vgl. Berman, West, Richter 2002, S.218). Weiterhin könnte Freundschaft zwecks Interesses aufgebaut werden. Auf der einen Seite meinen wir, dass eine Arbeit-Arbeitsfreundschaft stattfinden kann, indem die Arbeit als Kern der Beziehung gilt (vgl. Berman, West, Richter 2002, S.218). Auf der anderen Seite könnte die Freundschaft anderes gestaltet werden und zwar noch tiefer. Da wird über Familie und soziale Probleme gesprochen mit dem Ziel Empfehlungen bzw. Lösungen und Vorschläge zu bekommen (vgl. Berman, West, Richter 2002, S.218). Außerdem kann die Freundschaft am Arbeitsplatz sich zwischen Personen verschiedenen Alters, Status oder Gesellschaft entwickeln (vgl. Berman, West, Richter 2002, S.218). Deshalb kann man feststellen, dass es um ein soziales System geht, in dem formale, informale, vertikale und horizontale Interaktionen stattfinden (vgl. Berman, West, Richter 2002, S.218). 

Die Folgen der Freundschaft am Arbeitsplatz sind aber verschiedene. Es gibt positive wie negative Folgen der Freundschaft am Arbeitsplatz. Die Steigerung der Zusammenarbeit, die Verbesserung des Arbeitsklimas, die Zunahme der Kommunikation, die Vermeidung von Arbeitsstress und Arbeitsschwierigkeit, die Steigerung der Produktivität sind positive Folgen. Aber die Abnahme der Managerautorität, die Zunahme der Faulheit, die Zunahme der Treue zu den Freunden, Favorisierung oder auch romantische Beziehungen sind negativen Folgen der Freundschaft am Arbeitsplatz (vgl. Berman, West, Richter 2002, S.222). 

Das Ganze hat bestimmt einen Einfluss auf die Organisationskultur. Nach Schein (2010, S173) besteht die Kultur „aus der gemeinsam unausgesprochenen Annahme, die eine Gruppe bei der Bewältigung externer Aufgaben und beim Umgang mit internen Beziehungen erlernt hat”. Aus Manager-Perspektive verstehen wir Organisationskultur als eine unabhängige Variable, die manipuliert werden kann, um das Verhalten in der Organisation  kontrollieren zu können (vlg. Ouchi 1980, S.129f.). Hier wird die Organisation als Clan bezeichnet, indem kein anderer Glauben, Werte und Normen akzeptiert werden (vlg. Koackhardt, Kilduff 1990, S.142). Aus einer Interaktionsperspektive, verstehen wir die Organisationskultur nicht als Wertemanagement System, das vom Top-Management implementiert wird. Hier handelt es sich um non-formale Beziehungen bzw. Interaktion zwischen Mitarbeitern am Arbeitsplatz (vgl. Koackhardt, Kilduff, 1990, S.143). Wir werden uns auf die Interaktionsperspektive der Organisationskultur konzentrieren. 

Außerdem ist es relevant, die Organisationskultur innerhalb der NPO zu erkennen und zu analysieren, damit alle Veränderungen und Anpassungen erfolgreich durchgeführt werden können. Erstens gilt die Orientierung an Aufgaben als technokratische Organisationskultur einer NPO. Demgegenüber gilt die Orientierung an Personen als soziale Organisationskultur einer NPO (vlg. Anheier 2005, S.248). Zweitens beschreibt die zentralisierte Struktur und die Top-Down Entscheidung eine hierarchische Organisationskultur einer NPO. Demgegenüber gilt die Team-Struktur und die Suche nach Partnern für die netzwerkorientierte Organisationskultur einer NPO (vlg. Anheier 2005, S.248).Drittens beschreibt die Berücksichtigung bei den Entscheidungsprozessen eine palastartige Organisationskultur einer NPO. Demgegenüber stehen Kreativität und eigene Initiativen anstatt Autorität und Entscheidungspräzision einer zeltartigen Organisationskultur einer NPO (vgl. Anheier 2005, S.247). Behauptet wird, dass die informale Beziehung bzw. Freundschaft, die nicht wahrgenommen wird, organisationale Konflikte verursachen kann (vgl. Stoffe 1975, S.217f). Weiterhin kann eine aus informalen Beziehungen geborene Organisationskultur nicht einheitlich sein, da sogenannte Sub-Kulturen entwickelt werden können (vgl. Gregory 1983, S.359f.).

Freundschaft
Abbildung 2: Der Einfluss der Freundschaft am Arbeitsplatz auf die Organisationskultur

Um die Partnerschaft erfolgreich zu führen, sollte eine langfristige Strategie entwickelt werden und die Besonderheiten der NPO, wie ihre Personalstruktur, sollten auch berücksichtigt werden. Die Tätigkeiten werden nicht nur von hauptberuflichem Personal, sondern von Ehrenamtlichen erfüllt. Das Management der Freiwilligen, die nicht bezahlt werden, ist besonders problematisch (vgl. Helmig, Boenigk 2012, S.119). Doch auffällig sind die verursachten Konflikte in einer Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen, Ehrenamtlichen bzw. Freiwilligen. Deshalb sind die so genannten Best-Practices des Personal Management wie zum Beispiel Ausbildung, Weiterbildung und das Training hilfreich (vgl. Kegel 2002, S.90f.). 

Das Training ist besonders relevant, um die Konflikte zu vermeiden, einen positives Arbeitsklima zu entwickeln und eine Partnerschaftskultur zu verankern. Dabei sollte das Training die Bereiche Ethik und interorganisationales Verhalten abdecken sowie einen interkulturellen Teil beinhalten. Somit kann der so genannte Synergistic Wert geschöpft werden. Dieser Wert entsteht aus der zugrundeliegenden Voraussetzung der ganzen Zusammenarbeit, sodass die Partner angeregt werden, zusammen mehr zu vollenden als wenn jeder alleine wär (vgl. Austin, Seitanidi 2012, S.6). Wichtig ist, dass dieses Training im Rahmen des Partnerschaftsprozess stattfindet. Außerdem ist das Monitoring bzw. die Evaluation ein Muss, um den Synergistic Wert dauerhaft schöpfen zu können. Somit ist  das Personal Management ein Vermittler der Kultur (vgl. Pahthe, Kossek 2003, S.303ff.). Darüber hinaus beeinflusst die Organisationskultur die Produktivität (vgl. Kopelman, Brief, Guzzo 1990, S.310ff.).

Zum Schluss ist unser potentiales Forschungsmodell wie folgendes gestaltet:

Freundschaft


LITERATUR:

Helmut Anheier (2005): Nonprofit Organizations. Theory, Management, Policy, London / New York. 

James E. Austin and Maria M. Seitanidi (2012), Collaborative Value Creation: A Review of Partnering between Nonprofits and Businesses: Part 1.Value creation Spectrum and Collaboration Stages. Sage.

Evan M. Berman, Jonathan P. West and Maurice N. Richter (2002), Workplace relations Friendship patterns and consequences (according to managers).Public Administration Review, Vol. 62, No.2.

Kathleen L. Gregory (1983); Native-View Paradigms: Multiple Cultures and Culture Conflicts in Organizations. Administrative Science Quarterly, Vol. 28, pp. 59-376.

Bernd Helmig, Silke Boenigk (2012), Nonprofit Management, Franz Vahlen Verlag München. 

Thomas Kegel (2002), Gute Organisation, in: Rosenkranz, D. / Weber, A.(Hrsg.): Freiwilligenarbeit, Weinheim,S.89-101.

R.E. Koelman, A. P. Brief, R.A. Guzzo (1990), The Role of Climate and Culture in Productivity, in: B. Scheider (Hrsg.), Organizational Climate and Culture. San Fransisco: Jossey-Bass, pp. 282-317.

David Krackhardt; Matin Kilduff (1990), American Anthropologist, New Series, Vol.92, No.1, pp 142-154. 

J. Palthe, E. Kossek, (2003), Subcultures and Employment Modes: Translating HR Strategy into Practice, Journal of Organizational Change Management, Vol.16 pp. 287-309. 

Julio J. Rotemberg (1994), Human Relations in the Workplace. Journal of Political Economy, Vol. 102, No. 4, pp. 684-717. 

Edgar H. Schein(2010), Organisationskultur, Edition Humanistische Psychologie. 

Maria May Seitanidi, Dimitrios N. Koufopulos, Paul Palmer (2011), Partnership Formation for Change: Indicators for Transformative Potential in Cross Sector Social Partnerships. Journal of Business Ethics, Vol. 94, pp. 139-161.

Richard Stoffe (1975), Reservations-based Industry: A case from Zuni, New Mexico, Human Organization, Vol. 34, pp. 217-225. 

Ouchi Williams (1980), Markets Bureaucracies, and Clans, Administrative Science Quarterly 25:129-141. 


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Posted by Hatem Gafsi

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