TS18: Globalisierung ohne Opfer?!

Globalisierung ohne Opfer

Im kommenden Jahr wollen wir unsere Forschung schwerpunktmäßig rund um das Thema „Globalisierung ohne Opfer?!“ fokussieren. Wir laden Sie ein, das Thema mit uns gemeinsam zu diskutieren, zu hinterfragen und zu analysieren. Schicken Sie Ihre Beiträge und Denkanstöße gern an kontakt@institut-fuer-sozialstrategie.org. Ausgesuchte Beiträge werden auf dieser Seite veröffentlicht.

Globalisierung ist eine Realität, mit und trotz der vielfachen populistischen Strömungen mit einer Rückbesinnung auf regionale und nationale Realitäten. Weil die Globalisierung auch zur Verlagerung von Arbeitsplätzen geführt hat, weil sie umgekehrt auch zur Zerstörung einheimischer Produktion in vielen ärmeren Ländern beiträgt, produziert die Globalisierung der Waren und Dienstleistungen immer sowohl Gewinner wie auch Verlierer. Der ökonomischen Theorie zufolge führt sie letztendlich zu einer Angleichung von Lebensverhältnissen über nationale Grenzen hinweg und zu Vorteilen durch globalen Handel. Aber welche Spielregeln lassen sich in diesem Fall durchsetzen? Wie lässt sich eine faire Globalisierung über fairen Handel hinaus gestalten? Was müssen wir tun, damit reichere und ärmere Länder sich mit Menschenwürde begegnen, auch in wirtschaftlichen Fragen? Anders gesagt: Ist eine Globalisierung ohne Verlierer, eine Globalisierung ohne Opfer möglich?

Diese Leitfrage soll der Ausgangspunkt für eine intensive Beschäftigung mit den Grenzen, aber auch den Möglichkeiten der globalen und der lokalen oder regionalen Zivilgesellschaft sein, um menschenwürdige Verhältnisse für alle zu schaffen. Dabei geht es insbesondere um den Blickwinkel, dass es Gewinner und Verlierer, Profiteure und Opfer auf allen Seiten gibt: in den Industrieländern ebenso wie in den ärmeren Ländern und den sich entwickelnden Schwellenländern. Denn das Ziel einer gelingenden Zivilgesellschaft muss das gute Leben für alle sein, und das hört nicht an nationalen Grenzen auf!“

Eine Tagung zum Thema ist für den 30. Juni 2018 geplant:


Zunächst bedanken wir uns nochmals bei unseren Referenten, Gästen und auch Mitarbeitenden für eine gelungene Tagung! Der diskussionsfreudige Austausch, der sicherlich auch dem bewusst offen gehaltenen und weiten Thema geschuldet war, gab neue Gedankenanstöße und Möglichkeiten des Anschlusses, aber auch der Irritation und damit die Eröffnung für weitere Fragen. Denn dem Titel „Globalisierung ohne Opfer?! – Die Perspektive der globalen Zivilgesellschaft“ näherten sich die Referenten unter verschiedensten Blickwinkel an.

Bild 1: Podiumsdiskussion (von links: Federico Foders, Kerstin Höfgen, Jürgen Manemann, Ulrich Hemel, Burkhard Liebsch, Claudius Bachmann und Eva Maria Fischer)

Vortragende waren:

  • Dr. Ulrich Hemel (Institut für Sozialstrategie),
  • Dr. Salvatore Loiero (Universität Fribourg),
  • Claudius Bachmann (Universität Bonn) und
  • Dr. Burkhard Liebsch (Forschungsinstitut für Philosophie in Hannover).

An der abschließenden Podiumsdiskussion nahmen Prof. Dr. Federico Foders (Institut für Weltwirtschaft in Kiel), Kerstin Höfgen (Connosco, Köln) und Prof. Dr. Ulrich Hemel teil.

Die etwa 30 anwesenden Personen aus einem halben Dutzend Ländern waren sich darin einig, eine „hegemoniale“ Globalisierung etwa im Sinn von militärischen Eroberungen, Missionierungsfeldzügen und Kolonialisierung abzulehnen und eher auf die Werte des globalen Austauschs, der globalen Arbeitsteilung und der Einhegung der Macht des Stärkeren zu setzen. Eine ‚Globalisierung ohne Opfer’ ginge dann einher mit dem Aufruf zur humanen Gestaltung von Globalisierung, die idealerweise ohne Opfer im Gegensatz zu Täter, aber auch ohne „Opfer“ im Sinn von „Opfergaben und Leid“ auskäme.

Eine solche Vorstellung von Globalisierung mit dem universellen Traum vom „guten Leben“ für alle ist freilich angesichts gegenwärtiger Entwicklungen eine Utopie. Wir sind aufgerufen, Gerechtigkeitsfragen zu stellen, dürfen aber auch nicht darauf verzichten, die Frage nach dem globalen Gemeinwohl „politikfähig“ zu machen, etwa durch die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN (die 17 SDG) und durch die Forderung nach einem geeigneten „mentalen Rahmen“ für unsere immer auch politischen Handlungen und Ziele.

Ethnizität und Religion kehren freilich als Akteure auf die globale Bühne zurück. Sie müssen auch ihrerseits in ihrer Ambivalenz als freiheitsfördernde und als restriktive Kräfte verstanden werden. Dabei gilt für die meisten Selbstnarrationen das gemeinsame Fazit: „Täter sind immer die anderen“.

Andererseits sind dynamische Fähigkeiten des Menschen wie die Symbolfähigkeit oder die Chance zu Träumen, die Planungsfähigkeit oder die Chance zum Denken in Langzeitwirkungen, die Sprachfähigkeit oder die Chance zu universeller Kommunikation und die menschliche Kooperationsfähigkeit als Chance zur Eingrenzung aggressiver Potenziale Quellen der Hoffnung und der Zukunftssicherung.

Eine moderne Schlussfolgerung aus der Verstrickung in eigene biographische und historische Handlungsmuster ist zum einen die Anerkennung von Verschiedenheit im Sinne eines pluralitätsfähigen Identitätslernens gemäß der Weltethos-Idee, aber auch die Suche nach „wertrationalen Handlungsgrenzen“ in Folge von guter pädagogischer und politischer Bildung. Gemeinsame Werte, nicht-appellativ geforderte Tugenden sind Hilfsmittel zu einer guten Zukunftsgeschichte menschlichen Lebens.

Die kooperative Entwicklung der globalen Zivilgesellschaft in einer multipolaren Welt verbindet somit die Kopplung sozialer und wirtschaftlicher Erfolgsindikatoren, auch in der Überwindung einer einseitig am wirtschaftlichen Bruttosozialprodukt orientierten Weltsicht.

Wir freuen uns auf eine nächste Fachtagung in Kooperation mit dem fiph und blicken spannenden Forschungsfragen und einen anhaltenden Austausch mit allen Teilnehmenden der Tagung entgegen!


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