Abstract [en]:

The German Federal Armed Forces (Bundeswehr) and the German Catholic church both are large scale institutions who as such have some similtarities despite their very different tasks and goals. One similarity is the challenge to acquire and keep the right staff; another is adapting to their changing environment. Taking a close look at the Bundeswehr’s approach seems useful to the Church in both areas: what tools and strategies have been successfully used here. This article regards these questions.

Abstract [de]:

Die Bundeswehr und die kath. Kirche in Deutschland sind beides gesellschaftliche Großinstitutionen die trotz ganz unterschiedlicher Aufgaben, Ziele auch Ähnlichkeiten haben. Eine Gemeinsamkeit ist die Herausforderung, das richtige Personal zu bekommen und zu halten, ein weitere die Anpassung der Organisation auf eine sich verändernde Umwelt. Für die kath. Kirche lohnt sich zu beiden Fragen ein Blick auf die Bundeswehr, mit welche Werkzeugen und Strategien man hier erfolgreich war und ist. Dieses wird im hier vorliegenden Artikel herausgearbeitet.

 

Dezember 2018

Lernimpulse aus der Bundeswehr für die katholische Kirche in Deutschland zur Führung von Personal und Organisationen

 

get pdf: Lernimpulse aus der Bundeswehr

 

 

Inhaltsverzeichnis

1    EINLEITUNG

1.1    Anspruch des Textes

1.2    Grund des Vergleichs

1.3    Inhaltlicher Ausblick auf den Text

2    GEGENÜBERSTELLUNG BUNDESWEHR UND KATH. KIRCHE IN DEUTSCHLAND

2.1    Gemeinsamkeiten

2.1.1    Historische und kulturelle Parallelen

2.1.2    Institutionen im Wandel

2.1.3    Praktische Herausforderungen

2.2    Unterschiede

2.2.1    Strategische Planung

2.2.2    Globale Ausrichtung

2.2.3    Gesellschaftliche Rollen

2.2.4    Führungskräfteentwicklung

2.2.5    Wertschätzung von Führungsverantwortung

3    IMPULSE AUS DER BUNDESWEHR

3.1    Strategieentwicklung

3.1.1    Umgang mit Veränderungen

3.1.2    Zieldefinition

3.2    Organisationssteuerung

3.2.1    Handlungssicherheit

3.2.2    Organisationsstrukturen als Unterstützung

3.3    Personalführung

3.3.1    Bedeutung der Führungskräfteentwicklung

3.3.2    Employability

4    FAZIT

[1] Jan Zähringer leitet das Referat Rechnungswesen im Ordinariat Freiburg (jan.zaehringer@ordinariat-freiburg.de), Dr. Thomas de Nocker ist Professor für allg. BWL, insb. Strategisches Management und Nachhaltigkeit an der FOM-Hochschule und Berater (thomas.denocker@2denare.de)

 

1      Einleitung

1.1     Anspruch des Textes

Bundeswehr und katholische Kirche in Deutschland haben sich unabhängig voneinander und wie andere Institutionen auch den Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels sowie der demografischen Entwicklung zu stellen. In einer vertieften Betrachtung ergeben sich schon aufgrund der langen gemeinsamen historischen Entwicklung und ihrer Charaktere als gesellschaftliche Großorganisationen viele Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Diese Herauszuarbeiten ist in einem ersten Schritt Anspruch dieses Beitrags. Angesprochen werden hierbei vor allem die Themen Strategische Planung, Globale Ausrichtung, Gesellschaftliche Rolle und Führungskräfteentwicklung.

Daraus Lernimpulse für die katholische Kirche zu formulieren soll in einem zweiten Schritt geleistet werden.[1]Beispielhaft sollen für Fragen der Strategieentwicklung, Organisationssteuerung und Personalführung Anregungen geliefert werden, wie zielführend auf die aktuellen Herausforderungen reagiert werden kann. Selbstverständlich wird man aus dem Vergleich auch Lernimpulse für die Bundeswehr ziehen können, das soll in diesem Artikel aber nicht Schwerpunkt sein. Ebenso soll nicht der Eindruck erweckt werden, die Bundeswehr als Rollenmodell einer perfekten Organisation heranzuziehen, davon ist diese ganz offensichtlich weit entfernt.

 

1.2     Grund des Vergleichs

Dass katholische Kirche und Bundeswehr Berührungspunkte haben könnten, erscheint großen Teilen der Gesellschaft in der heutigen Zeit möglicherweise zunächst abwegig, sieht man einmal vom „freundlichen Desinteresse“ an beiden Institutionen ab.

Unterzieht man aber beide Einrichtungen einer genaueren Betrachtung, ergeben sich – nicht nur historische – Parallelen. Da gerade das „freundliche Desinteresse“ an der katholischen Kirche in Deutschland die beiden Autoren beruflich aber auch privat beschäftigt, haben sie genau diesen vergleichenden Blick vorgenommen. Herr Zähringer ist als Offizier der Reserve nun im kirchlichen Dienst beschäftigt, Herr de Nocker hat im Sommer 2018 mit Dienstgrad und in Flecktarn an einer einwöchigen Führungsveranstaltung bei der Bundeswehr teilgenommen.

Als Austausch am Rande eines Workshops entstanden, haben beide Autoren diese Diskussion ausgebaut, um festzustellen, dass sich diese Parallelen eignen könnten, um für die katholische Kirche in Deutschland Impulse aus der Bundeswehr abzuleiten.

 

1.3     Inhaltlicher Ausblick auf den Text

In einem ersten Kapitel werden dazu Bundeswehr und katholische Kirche in Deutschland einander gegenübergestellt. Zunächst werden die Gemeinsamkeiten herausgestellt, auch im Hinblick auf den Wandel, in dem sich diese beiden Organisationen befinden. Hinzu kommt eine Betrachtung der sich daraus ergebenden gemeinsamen Herausforderungen in der Praxis.

An die Gemeinsamkeiten schließt sich die Betrachtung der Unterschiede zwischen Bundeswehr und katholischer Kirche in Deutschland an. Da allein hierüber Bücher gefüllt werden könnten, liegt der Schwerpunkt dieser Betrachtung bei den Themenfeldern Strategische Planung, Globale Ausrichtung, Gesellschaftliche Rolle und Führungskräfteentwicklung.

Das zweite Kapitel geht auf die Impulse ein, die für die katholische Kirche aus der Bundeswehr abgeleitet werden können. Insbesondere spielen die Themen Strategieentwicklung im Rahmen eines „Weißbuches“, Organisationssteuerung und Personalführung eine Rolle.

Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung der Kernthesen dieses Artikels.

 

2      Gegenüberstellung Bundeswehr und kath. Kirche in Deutschland

2.1     Gemeinsamkeiten
2.1.1   Historische und kulturelle Parallelen

Die katholische Kirche und das Militär zu vergleichen mag ungewöhnlich erscheinen, unterscheidet sich doch deren Gründungszweck maßgeblich. Mit Jesus als Begründer des Christentums beruft sich die Kirche auf jemanden, der erwartete, dem Feind die andere Wange hinzuhalten, nachdem ihm auf die eine geschlagen wurde (Mt 5,39) und der selbst angesichts des Willkürtodes Gewaltlosigkeit predigte. Im Gegensatz dazu steht das Militär in enger Verbindung mit Krieg und Gewalt und würde ohne diese gar nicht existieren. Trotz des pazifistischen Anspruchs der Kirche gibt es aber in der Kirchengeschichte auch viele Beispiele für eine Kooperation beider Sphären. Schon die Bezeichnung der Kreuzritter als milites christi („Soldaten Christi“) zur Zeit der Kreuzzüge zeigt diese unheilvolle Verbindung.

Viele Parallelen zwischen Kirche und Militär lassen sich aber vor allem aus organisatorischer Perspektive entdecken. Ein Blick auf die Historie zeigt, dass diese beiden gesellschaftlichen Institutionen neben den Universitäten die einzigen sind, die seit dem Mittelalter Bestand haben. Beide haben dabei aber deutliche Brüche in der Identifikation mit ihrer Vergangenheit erfahren. Bei der Bundeswehr ist es vor allem der Traditionsbruch mit der Wehrmacht, auf Seiten der Kirche ist es eine Distanzierung von Verbrechen, die z. B. in der Vergangenheit in ihrem Namen begangen oder von ihr geduldet wurden (Hexenverbrennung, Judenverfolgung etc.). Man blickt auf eine lange Geschichte, hat dabei aber auch gelernt, sich kritisch mit dieser zu beschäftigen.

Neben solchen historischen Parallelen finden sich bei nüchterner Betrachtung auch erstaunliche Gemeinsamkeiten im Hinblick auf das Selbstverständnis von Bundeswehr und Kirche. Der zentrale Selbstanspruch ist das Dienen: Mit „Wir dienen Deutschland.“ tritt die Bundeswehr in die Außenkommunikation, als „Diener eurer Freude“ (2 Kor 1,24) sehen sich viele Priester. Begriffe wie Wehrdienst oder Gottesdienst deuten in eine ähnliche Richtung. Es geht darum, einen gesellschaftlichen Dienst zu leisten, sei es in der Verteidigung gegen äußere Gefahren oder auch gegen bestimmte Versuchungen, denen die Gottesbeziehung und Werte entgegengestellt werden.

Darüber hinaus wird den Mitgliedern beider Institutionen wie in allen Nonprofit-Organisationen eine „ideelle und emotionale Rendite“ geboten. Hohe Löhne und die Perspektive finanziellen Reichtums sind nicht die zentralen Versprechen an die Mitglieder und Angestellten. Vielmehr geht es darum, sich für andere einzusetzen und bei Bedarf auch Opferbereitschaft zu zeigen. Als Soldat[2]oder Seelsorger hat man nicht nur einen Job, sondern eine Mission und Berufung. Es geht letztlich um Leben und Tod.

Gefordert wird ein hoher Einsatz, der sich auch praktisch zeigt. Bundeswehrsoldaten sind oftmals gezwungen regelmäßig den Wohnort zu wechseln, falls nötig sogar in den Krieg zu ziehen. Eine (Rand-)Argumentation für den Zölibat lautet, dass dieser ermöglicht, sich ohne familiäre Verpflichtungen besser den anvertrauten Menschen in der Gemeinde widmen zu können.

Als Institutionen mit einer langen Tradition sind das Militär und die Kirche letztlich gesellschaftliche Subsysteme, die eigene Symbole, Riten und Hierarchien entwickelt haben, die für Außenstehende schwer zu verstehen sind, aber nach innen viel Handlungssicherheit bieten: eigene Rechtsordnungen, eigene Systeme an Rängen und Titulierungen, feierliche Weihen, Gelöbnisse, Ernennungen und Beförderungen und uniforme Kleidung von Collarkragen bis Schulterstück. Die Parallelen sind offenkundig und vielfältig und in dem Maße in anderen gesellschaftlichen Subsystemen nicht zu finden.

 

2.1.2   Institutionen im Wandel

Die Bundeswehr und die katholische Kirche in Deutschland vereint das Schicksal, dass sie in den letzten Jahrzehnten gesellschaftlich ins Abseits gedrängt wurden. Während der überwiegende Teil der Bevölkerung eine Armee für Deutschland grundsätzlich als notwendig erachtet, ist die Identifikation mit den eigenen Streitkräften und ihren Soldaten im Gegensatz zu anderen Ländern gering. Man betrachtet die Bundeswehr eher als „notwendiges Übel“. Entsprechend gering ist das Ansehen des Soldatenberufs: Von Schulen sollen sich Soldaten mit Angeboten fernhalten, militärische Forschung wird an Hochschulen sehr kritisch gesehen, öffentliche Gelöbnisse finden unter Polizeischutz statt etc.

In Debatten um die Höhe des Verteidigungsetats scheint in der Öffentlichkeit zudem regelmäßig die Frage durch, warum nach Ende des kalten Krieges denn so viele Milliarden Euro für die Bundeswehr aufwendet werden müssen, wenn das Geld an anderer Stelle doch viel besser investiert sei. Galt die Bundeswehr über Jahrzehnte als der Garant für die Freiheit der Bundesrepublik, wird sie nun von manchen primär als Kostenfaktor gesehen. Zudem ist ihre gesellschaftliche Durchdringung und Sichtbarkeit mit Aussetzung der Wehrpflicht stark gesunken. Viele kennen in ihrem persönlichen Umfeld niemanden mehr, der Berührungspunkte zur Bundeswehr hat.

Noch steiler war und ist der Rückgang an gesellschaftlicher Bedeutung für die katholische Kirche: In der Nachkriegszeit noch die bestimmende gesellschaftliche Institution, deren Mitgliedschaft sozial hoch relevant war, kämpft sie heute mit rasantem Mitgliederschwund und genießt zudem ein geringes Vertrauen unter den Bundesbürgern. Längst stehen Priester und andere Seelsorger unter Generalverdacht für (Macht-)Missbrauch.

Auch aus der Politik erfährt die Kirche immer mehr Gegenwind. So sitzt mit der AfD inzwischen eine dezidiert religionsfeindliche Partei im Bundestag. Darüber hinaus opponieren auch andere Parteien vermehrt gegen die Kirche und sehen deren gesellschaftlichen Einfluss kritisch. Beispiele hierfür sind die Diskussionen um die Ablösung von Staatsleistungen oder das kirchliche Dienstrecht. War die katholische Kirche vor einigen Jahren noch eine Volkskirche (mit zum Teil fast staatskirchlichen Zügen), entwickelte sie sich wie oft beschrieben zur „Kirche im Volk“, also einer gesellschaftlichen Gruppierung unter vielen.

Mit dem gesellschaftlichen Rückgang kam es in beiden Institutionen auch zu einer Verengung in ein konservatives Milieu. Durch die Wehrpflicht hatte die Bundeswehr Soldaten fast jeglicher politischen Couleur, die Soldaten einer Berufsarmee haben hingegen deutlich homogenere Sozialisationshintergründe.

Die katholische Kirche ist, wie regelmäßig z. B. in der Sinus-Milieu-Studie ersichtlich, fast nur noch in konservativen Milieus verankert. Daran ändert auch die progressive Einstellung der deutschen Bischöfe zur Flüchtlingspolitik nichts. Auch Priesteramtskandidaten haben mehrheitlich einen konservativen Hintergrund.[3]

Beobachten lässt sich sowohl in Kreisen von Soldaten als auch von Priestern oder anderen Seelsorgern ein gewisser Schmerz über den Bedeutungsverlust, das gesellschaftliche Desinteresse und die Geringschätzung der eigenen Arbeit. Ein Beispiel hierfür ist ein kurzes Gedicht, welches prominent im Internet kursiert und einem Wehrmachtssoldaten in russischer Kriegsgefangenschaft zugeschrieben wird:

„Gott und den Soldaten ehret man,
in Zeiten der Not, und zwar nur dann.
Ist aber die Not vorüber und die Zeiten gewandelt,
wird Gott bald vergessen und der Soldat schlecht behandelt.“

 

2.1.3   Praktische Herausforderungen

Eine zentrale praktische Herausforderung, die die katholische Kirche und die Bundeswehr gemein haben, ist die Schwierigkeit Personal zu akquirieren. Händeringend sucht die Bundeswehr Rekruten und die Kirche sieht sich schon länger einem zunehmenden Priestermangel gegenüber. Auch die Zahl von Interessierten anderer Seelsorgeberufe ist stark sinkend. (Ähnliches gilt übrigens auch für Berufe in der Verwaltung oder in kirchlichen Gesundheits- und Sozialeinrichtungen.)

Auffällig ist, dass gerade die Verwendungen und Orte mit starker identifikatorischer Kraft noch am attraktivsten sind. Das gilt auf Seiten der Bundeswehr für Verwendung als Infanterist, Fallschirmjäger oder sonstiger Rollen, die klar kämpfend und soldatisch wahrgenommen werden. Als Logistiker können sich hingegen weitaus weniger Interessierte sehen: Wenn Soldat, dann richtig.

In der Kirche wiederum haben konservative Priesterseminare oder strenge Ordensgemeinschaften den höchsten Zulauf. Hier verspricht man sich die reine Lehre und klare Orientierung. Die Verankerung und der Rückhalt im Subsystem können so auch die fehlende gesellschaftliche Anerkennung kompensieren. Dadurch entsteht aber eine Bunkermentalität: der heilige Rest im moralischen Verfall der Gesellschaft.

 

2.2     Unterschiede
2.2.1   Strategische Planung

Die Bundeswehr ist ständig gezwungen, sich nach den konkreten und aktuellen sicherheitspolitischen Bedürfnissen auszurichten. Grundlage dazu ist das sogenannte Weißbuch.

In erstaunlicher Geschwindigkeit schafft es mit der Bundeswehr eine Großinstitution, sich regelmäßig neu zu erfinden und tiefgreifende Veränderungsprozesse zu durchlaufen. Die größte Zäsur der vergangenen Jahrzehnte war gewiss die Wiedervereinigung und das Ende des Kalten Kriegs. Während nach der Jahrtausendwende der Fokus stark auf Auslandseinsätzen lag und die Fähigkeiten, Standorte und die gesamte Organisation darauf ausgerichtet wurden – bis hin zur Aussetzung der Wehrpflicht – kam es danach wieder zu strategisch begründeten Änderungen in der Ausrichtung. Spätestens seit dem Krieg in der Ukraine und der Krim-Annexion richtet sich der sicherheitspolitische Blick verstärkt gen Russland und auf Aufgaben der genuinen Landesverteidigung. Panzerverbände, die noch vor wenigen Jahren verkleinert wurden, werden nun wieder aufgebaut.[4]

Während die Bundeswehr es sich also gar nicht leisten könnte, auf eine umfassende Strategie zu verzichten, ist die katholische Kirche zunehmend desorientiert. Der ehemalige Generalvikar von Münster, immerhin der zweitwichtigste Mann im drittgrößten Bistum Deutschlands, schrieb hierzu im Sommer 2018: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche erleben sehr deutlich den gesellschaftlichen Bedeutungsverlust der Kirche und den Zerfall ihrer inneren Strukturen. An sehr vielen Stellen sind sie davon betroffen, dass Menschen fehlen, die Bestehendes fortführen. Darüber, ob und mit welcher Strategie diesem Erosionsprozess zu begegnen ist, herrscht tatsächlich wenig Einigkeit.“[5]

Zwar verweisen alle auf den Heiligen Geist, wenn es um Strategiefragen in der Kirche geht – auf abstrakter Ebene sind sich kirchliche Entscheidungsträger einig, wozu die Kirche da ist – aber was das konkret heißt, dazu haben alle unterschiedliche Vorstellungen. Zu behaupten, die Strukturen und die Priorisierung von Aufgaben würden einem strategisch reflektierten Konzept folgen, entspricht oft nicht der Realität. Dementsprechend wird die Notwendigkeit von Veränderungen in der katholischen Kirche viel diskutiert. Konkrete und überzeugende Veränderungsschritte werden aber nicht begangen.

 

2.2.2   Globale Ausrichtung

Kirche ist auch heute in einer globalisierten Welt vor allem regional beheimatet. Viele Gläubige erleben die pastoralen und sonstigen kirchlichen Einrichtungen vor allem in ihrem Wohn- oder sogar Geburtsort. Dazu gehört nicht nur der Besuch des Sonntagsgottesdienstes, sondern zum Beispiel die Probe des Kirchenchors, die katholische Frauenarbeit oder der Ministrantenausflug auf Ebene der jeweiligen Heimatpfarrei. Ehrenamtliches Engagement ist primär ebenfalls auf dieses lokale Erleben von Kirche ausgerichtet. Freiwillige leisten ihre wertvollen Beiträge noch immer vor allem in ihrer Heimatgemeinde, wenn auch die steigende Vernetzung zu größeren pastoralen Einheiten dazu führt, dass ehrenamtliches Wirken außerhalb der Pfarrei des Wohnortes zunimmt.

Auch wenn Wirkung und Einsatz des hauptamtlichen Personals der Kirche natürlich die Grenzen der jeweiligen Heimatgemeinde mehr und mehr verlässt, bleibt ein Einsatz außerhalb der jeweiligen diözesanen Grenzen in der Regel die Ausnahme. Ein Austausch mit den benachbarten Diözesen ist dabei normalerweise die weiteste Stufe der überregionalen Vernetzung. Eine strukturell vorgesehene Zusammenarbeit gar auf Bundesebene bleibt nur Spitzenpersonal vorbehalten. Ebenso findet kaum Personalaustausch zwischen den Diözesen statt.

Für die Bundeswehr stellt sich dies grundlegend anders dar. Schon seit der Gründung 1955 ist die Armee der Bundesrepublik Deutschland nicht nur national aufgestellt, sondern vielmehr eingebettet in ein internationales Bündnissystem. Gerade für die Landesverteidigung im kalten Krieg, aber auch für die heutigen Einsätze außerhalb der Grenzen Deutschlands, ist ein Einsatz nur im internationalen Zusammenspiel denkbar. Dies führt dazu, dass ein enger internationaler Kontakt bis in die unteren Dienstränge besteht.

Dabei ist die Bundeswehr fest in die Strukturen der NATO und der EU eingebettet. Vor allem die gemeinsamen Kommando- und Führungsstrukturen sind elementar für das Gelingen der heutigen internationalen Militärmissionen. Aber auch die gemeinsame Entwicklung von Ausrüstung und Einsatzgrundsätzen helfen dabei, die notwendigen Synergien zu heben, um die teils enormen Kosten zu bewältigen. Bei all der Zusammenarbeit bleibt dennoch der Einsatz der Bundeswehr letztlich dem Bundestag vorbehalten.

Während die Bundeswehr also eingebettet ist in ein komplexes aber stark durchstrukturiertes Gefüge von Politik, Bündnissen und Gesellschaften weltweit, findet kirchliches Leben primär lokal statt und wird dezentral organisiert. Diözesen und Pfarreien stellen jeweils eigenständige Rechtspersonen dar. Allerdings ist vor allem im Bezug auf Glaubensgrundsätze ein klarer Führungsanspruch aus Rom erkennbar, der bis in die einzelnen Pfarreien und das Leben der Gläubigen hineinwirkt. Dies wurde jüngst wieder beim Thema Kommunion für verschiedene konfessionelle Ehen erkennbar.

 

2.2.3   Gesellschaftliche Rollen

Grundsätzlich scheint es für die Kirche, trotz aller gegenteiliger Entwicklungen, noch immer gesellschaftlich erwünscht, dass Kritik überall dort geäußert wird, wo diese mit den Kernanliegen der Kirche in Einklang zu bringen ist. Hier soll sie sich bewusst auch in die politische Diskussion einmischen, um negativen gesellschaftlichen Entwicklungen entgegenzuwirken, seien es die Auswirkungen der Finanzkrise oder die aktuelle Flüchtlingspolitik. Kirche stellt ihrem Selbstverständnis nach bewusst eine Stimme der Zivilgesellschaft dar und tritt nicht als Staatskircheauf, wie im Rahmen des sogenannten Kreuzerlasses in Bayern deutlich wurde.

Von der Bundeswehr und deren Angehörigen hingegen wird gänzlich politische Zurückhaltung verlangt. Hier gilt das Primat der Politik. Auch wenn der Soldat als Staatsbürger in Uniformpolitisch interessiert sein soll, ist eine öffentliche Meinungsäußerung von Spitzenmilitärs zu aktuellen außen- und sicherheitspolitischen Maßnahmen in Deutschland eher unüblich und auch weitestgehend nicht akzeptiert.

Zunehmend wird Kirche als Stimme der Zivilgesellschaft wahrgenommen und entwickelt sich damit außerdem in Ihrer Auswirkungen weg von einer „staatlichen“ Organisation. Methoden, Organisationsformen und Finanzthemen des Staates sind somit auch nur noch bedingt für Kirchen anwendbar oder stehen zumindest öffentlich zur Debatte. Beispielhaft ist hier die Einführung einer Umsatzbesteuerung für verschiedene Leistungen der Kirchen durch den § 2b UStG oder die Rechnungslegung nach dem Handelsgesetzbuch zu nennen. Aber auch die Erhebung der Kirchensteuer, die Organisation als Körperschaften öffentlichen Rechts oder die Personalführung über ein eigenes Beamtenwesen werden zunehmend diskutiert.

Die Bundeswehr hingegen ist seit Ihrer Gründung per se staatlich organisiert. Für die Armee des Grundgesetzes steht das Gewaltmonopol des Staates auch nicht zur Diskussion, wenngleich es in den USA und anderen Ländern vor allem in den Nullerjahren im Rahmen der Einsätze im Irak und Afghanistan Bestrebungen gab, dieses an private Sicherheitsunternehmen auszulagern.

 

2.2.4   Führungskräfteentwicklung

In der Bundeswehr findet von Beginn an eine Karriereplanung mit entsprechenden Auswahlprozessen statt. Schon der jeweilige Bewerber für eine Offizierslaufbahn stellt sich einem Assessment Center und bekommt dort nach erfolgreichem Bestehen in einem Gespräch Einsatz- und Karrieremöglichkeiten aufgezeigt. Solche Gespräche finden dann immer wieder über alle Stufen der Karriere statt. Dabei ist absehbar, welche Verwendungsziele erreicht werden können und welche Schritte und Ausbildungsinhalte dafür vorzusehen sind. In zahlreichen Schulungs- und Ausbildungseinrichtungen werden die Soldaten danach auf die individuellen Verwendungen vorbereitet. Umgekehrt kann die Bundeswehr aufgrund dieser meist bewerteten oder benoteten Ausbildungsmaßnahmen jeweils auch eine Selektion entsprechend der Ergebnisse vornehmen und eine Bestenauswahl treffen.

In der Kirche hingegen findet derzeit nur bedingt eine strukturierte Personalentwicklung statt. Vor allem durch die immer arbeitsteiliger werdende moderne Arbeitsumwelt mit sich ständig ändernden Herausforderungen an das Knowhow der Mitarbeiter und die Notwendigkeit, sich weiterzubilden, scheint dies allerdings dringend geboten.

 

2.2.5   Wertschätzung von Führungsverantwortung

Karriere zu machen ist in der Bundeswehr nicht nur normal, sondern sogar gewollt und wird entsprechend forciert. Von Beginn der Laufbahn an werden die Wahrnehmung von Verantwortung und ein gewisser Führungsanspruch honoriert. In den Unteroffiziers- und Offizierslaufbahnen finden in den einzelnen Ausbildungsgängen Bewertungen statt und nur mit entsprechender Benotung sind weitere Schritte möglich.

In der Kirche erscheint dies verpönt. Bei der Ernennung eines neuen Bischofs ist z. B. regelmäßig zu lesen, dass der neue Bischof nicht vor hatte, Bischof zu werden, Zurückhaltung ist erstes Gebot.[6]Auch beim Verwaltungspersonal ist eine allzu forsche Karriereorientierung nur selten erwünscht und spiegelt sich letztlich in den kaum vorhandenen Laufbahnzielen und Karriereaufbauprogrammen im kirchlichen Bereich wider. Dass zum Beispiel das Bistum Essen vor kurzem eine Personalkampagne mit dem Titel „Kirche kann Karriere“ startete, ist eine Besonderheit und bewusste Provokation.[7]

Ein Grund, warum sich junge Menschen für 12 Jahre bei der Bundeswehr verpflichten, liegt in der Überzeugung, anschließend über eine gute Ausbildung und sinnvolle Erfahrungen für Aufgaben bei zivilen Arbeitgebern zu verfügen. Dahinter verbirgt sich die Idee von „Employability“.

In der Kirche hingegen wächst erst noch das Bewusstsein dafür, dass gerade dann gute Bewerber für Stellen zu finden sind, wenn diese das Gefühl haben, durch ihre Tätigkeit bei der Kirche für andere Arbeitgeber interessant zu werden.[8] Man geht eher davon aus, dass kirchliche Dienstverhältnisse doch sowieso vorrangig mit dem Ruhestand enden.

 

3      Impulse aus der Bundeswehr

3.1     Strategieentwicklung
3.1.1   Umgang mit Veränderungen
Aufgabe der Bundeswehr ist es, auf sicherheitspolitische Herausforderungen angemessen reagieren zu können und die Einsatzziele zu erreichen, die die Politik vorgibt. Die Sicherheitslage befindet sich immer in einem Wandel: Neue Risiken entstehen, manche Situationen entspannen sich, unerwartete Ereignisse können zu neuen Bedrohungslagen führen.

Zum Einen gilt es, eine konstante Verteidigungs- und Einsatzfähigkeit aufrecht zu halten, zum Anderen auf Rahmenbedingungen zu reagieren und in Abstimmung mit den Bündnispartnern die eigenen Strukturen und Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Das heißt, dass in einer Mittelfristplanung (3-5 Jahre) bestimmte Strukturveränderungen realisiert werden müssen, z. B. der Aufbau von IT-Kompetenz zur Verteidigungsfähigkeit bei Cyberterrorismus oder die Umstellung auf verstärkte Einsatzfähigkeit in Auslandseinsätzen etc. Langfristig muss zudem der Erwerb von zentralen Ausrüstungsgütern geplant werden (z. B. Kampfflugzeuge oder U-Boote). Hier muss sichergestellt werden, dass diese zu den prognostizierten Herausforderungen passen.

 

3.1.2   Zieldefinition

Die katholische Kirche hat ihre Zielsetzung nicht so klar formuliert, man kennt auch keinen Ernstfall, auf den man sich vorbereiten müsste. Hier geht man eher davon aus, dass es reicht, wenn man einfach da ist. Während auch öffentlich darüber diskutiert wird, wie wirksam das Gewehr G36 in der afghanischen Hitze im Ernstfall ist und ob es dann auch treffen würde, wird die Frage, wie wirksam das Angebot von katholischen Kindertageseinrichtungen ist, nicht intensiv und strukturiert diskutiert: „So wie die Kirche ist, ist sie da und irgendwie passt das schon…“ Etwas pointiert könnte man also sagen, dass es in der Kirche bisweilen schon reicht, guten Willens zu sein und Einsatz zu zeigen, beim Militär hingegen im Ernstfall nur Ergebnisse zählen.

Was wäre, wenn sich auch die katholische Kirche in Deutschland klare, operationalisierbare Ziele setzte und diese in einem festen Zeitplan verfolgte? Ein zentraler Stolperstein dabei wäre, dass es unter den Gläubigen und kirchlichen Leitungskräften sehr unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, wozu Kirche da ist und wozu die Ressourcen aufzuwenden sind. Zudem fehlt es der Kirche, anders als beim Militär, an einer Entscheidungskultur mit einer klarer Zuordnung von Verantwortlichkeiten: Die Bereitschaft, in schwierigen Situationen Entscheidungen zu treffen und sich auch nachher dafür zu rechtfertigen, ist wie in manch anderen Großorganisationen nicht stark ausgeprägt.

Während in einer militärischen Hierarchie mit bestimmten Rängen unterschiedliche Aufgaben verbunden sind und die strategische Heeresentwicklung z. B. nicht in den Aufgabenbereich eines Obergefreiten fällt, sondern eher von Generälen und ihrem Stab nach Vorgaben der Politik ausgearbeitet wird, bringt eine kirchliche Hierarchie die Besonderheit mit, dass diese niemandem das Recht und die Pflicht nimmt, auch selbst zu Kirchenentwicklung Stellung zu beziehen. Die Parallele zur Politik ist hier offenkundig und vor allem der Tatsache geschuldet, dass Gläubige erwarten, in zentrale Entscheidungen eingebunden zu werden.

Veränderungsprozesse dauern dadurch ungemein länger und binden viel Energie. In Notsituationen aber – und darin befindet sich die katholische Kirche in Deutschland in gewisser Weise – muss schnell gehandelt werden.[9]Diskussionsprozesse, die über Jahre angelegt sind, kann man sich dann eigentlich nicht leisten. Hier zeigt sich ein Dilemma bei kirchlichen Veränderungsprozessen: Es besteht einerseits der Anspruch, möglichst viele mitzunehmen, da dies von mündigen Gläubigen, die auch mit den Füßen abstimmen könnten, erwartet wird. Gleichzeitig ist eine breite Beteiligung, wie es das Bistum Trier mit einer Bistumssynode zu Strukturfragen gemacht hat, keine Garantie, dass Veränderungen dann allgemein akzeptiert und unterstützt werden.[10]Andererseits gibt es dringenden Handlungsdruck, nicht nur im Angesicht von Finanzkrisen.[11]

 

3.2     Organisationssteuerung
3.2.1   Handlungssicherheit

Im Ernstfall der Soldaten, dem Einsatz, ist oft rasches Handeln gefragt. Vielmals erfordert das taktische Umfeld schnelle Entscheidungen und eine Umsetzung, die teils dramatische Auswirkungen zeigen kann. Die Struktur der Bundeswehr mit klaren Vorgaben und Regelungen für viele denkbare Situationen schafft dafür Handlungssicherheit des Einzelnen auf allen Ebenen und erhöht somit die Erfolgsaussichten für das jeweilige Gelingen im Einsatzszenario.

Dabei sind die Anforderungen und Erwartungshaltungen an die Einzelpersonen, aber auch Einheiten und Teileinheiten, bekannt und oft jahrelang eingeübt. Jeder weiß, was von ihm erwartet wird.

Durch die häufigen Wechsel der Dienstposten in der Bundeswehr werden diese Strukturen nicht um einzelne Personen entwickelt, sondern vielmehr nach dem für die Gesamtorganisation am günstigsten erscheinenden Szenario aufgestellt. Im Falle einer personellen Veränderung, gerade auf Führungspositionen, bleibt somit die beschriebene Handlungssicherheit durchgängig erhalten. Somit wird die Handlungsfähigkeit der gesamten Organisationseinheiten nicht gefährdet.

Im Gegensatz dazu ist die Struktur der Kirche weniger grundlegend vorgegeben und eher dezentral entwickelt. Gläubige und Angestellte können Ansprechpartner und Abläufe aus der Erfahrung in einer Kirchengemeinde nicht einfach auf die Situation in einer anderen Kirchengemeinde übertragen.

 

3.2.2   Organisationsstrukturen als Unterstützung

Auch jenseits von Einsatzszenarien ermöglichen klare Organisationsstrukturen, sich schnell in einer neuen Aufgabe zurechtzufinden und neue Herausforderungen anzugehen. Dies ist bei der Bundeswehr auch Voraussetzung, um mit der hohen Fluktuation des Personals aufgrund der Laufbahnentwicklung der einzelnen Soldaten umgehen zu können.

In Anbetracht steigender Schwierigkeiten der Personalakquise für die Bundeswehr kann diese so employer branding betreiben, indem sie Interessenten standardisierte Karrierepfade aufzeigt und sich so als attraktiven Arbeitgeber mit guten Karrierechancen profiliert.

Unter kirchlichen Mitarbeitern wird Karriereorientierung nicht als primäre Kompetenz gesehen. Gerade aber die Herausforderungen in der Umsetzung von zahlreichen gesetzlichen Anforderungen im Verwaltungsbereich erfordert die Akquise qualifizierten Personals, das sich vor allem durch das Aufzeigen von beruflichen Perspektiven gewinnen lassen würde. Klare, zentral entwickelte Strukturen könnten hier einen wertvollen Beitrag leisten.

 

3.3     Personalführung
3.3.1   Bedeutung der Führungskräfteentwicklung

In beiden Institutionen ist die Bedeutung von Führung und Führungskräften im Wandel begriffen. Früher hatte die Kirche einen klaren Führungsanspruch in der örtlichen Hierarchie im Gleichklang mit weltlichen Autoritätspersonen wie Bürgermeistern oder Lehrern. In unserer säkularisierten Zeit gilt dieser Zusammenhang nicht mehr. Zudem sieht sich die Kirche einem massiven Priestermangel gegenüber, auf den die Kirche eine Antwort finden muss. Der frühere Leitspruch Priestersein heißt Leiter seinkann heute nicht mehr maßgeblich sein.

In der Bundeswehr ist vor allem im Heer eine FührungsausbildungGrundvoraussetzung für eine entsprechende Karriere gewesen. Eine zunehmende Spezialisierung und Technisierung ist in den Streitkräften mitursächlich dafür, dass es inzwischen jenseits von Führungsstrukturen möglich ist, Karriereperspektiven wahrzunehmen, die vor allem auf Fachwissen und weniger auf Wahrnehmung von Führungsaufgaben beruhen. Gerade unter dem Stichwort Cyberwar dürfte sich diese Tendenz künftig noch weiter verstärken, weil für diese Art  von Kriegsführung vertiefte IT-technische Kenntnisse und damit eine noch deutlich stärkere Spezialisierung erforderlich sein dürften.

Führung und Karriere müssen in beiden Institutionen wieder positiv verstanden und besetzt werden und dabei mit neuen Modellen versehen werden, die hier gegebenenfalls Spezialwissen von Führungsaufgaben trennen und somit den optimalen Einsatz von personellen Ressourcen ermöglichen helfen.

 

3.3.2   Employability

Vor allem in Bezug auf die Personalgewinnung kann die Bundeswehr sich durch ihre guten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten als attraktiver Arbeitgeber profilieren. Damit haben die Soldaten als Mitarbeiter auch nach der Dienstzeit gute Chancen bei anderen Arbeitgebern auf dem Arbeitsmarkt, das Konzept von „Employability“ wurde bereits an vorheriger Stelle erwähnt. Bis hin zur Promotion können zivilberufliche Qualifikationen erworben werden, die auch für den Dienstgeber Bundeswehr in verschiedenen Verwendungen von Nutzen sein können. Vor allem in einer Wissensgesellschaft ist dies für die Lösung künftiger Aufgaben zunehmend wichtig und wird auch von den einzelnen Mitarbeitern so wahrgenommen.

Für die Kirche lässt sich ein weniger stark ausgeprägtes Bild von geförderter Aus- und Weiterbildung zeichnen. Manchmal scheint es, als habe diese Institution eher Angst davor, dass Mitarbeiter zu Konkurrenten abwandern, sollten sie sich weiter qualifizieren. Dabei ist es schon für die Bearbeitung der bisherigen Verwaltungsaufgaben unabdingbar, dass sich die einzelnen Mitarbeiter, aber zum Teil auch ganze Teams, Wissen aneignen, welches sie dann für die Bewältigung der täglichen Arbeit verwenden können.

Gerade für hochqualifizierte (Führungs-)Kräfte ist die dauerhafte Erhaltung, oder sogar Weiterentwicklung, des eigenen Wissens Voraussetzung, um sich langfristig an einen Dienst- oder Arbeitgeber zu binden. Hier sollte Kirche verstärkt in Personalentwicklung investieren.

 

4      Fazit

Die Parallelen von Militär und kath. Kirche in Deutschland zeigen sich wie aufgeführt erst auf dem zweiten Blick, sind dann aber offensichtlich. Hier lohnt sich ein genauerer Blick, was für Impulse kirchlicherseits gerade für die Organisations- und Personalentwicklung gewonnen werden können.

 

 

[1] Dass auch in scheinbar gegensätzlichen Kontexten die Bundeswehr Lernimpulse liefern kann, zeigt etwas augenzwinkernd: Mayer, David: Experiment – Das passiert, wenn ein Bundeswehr-Hauptmann eine chaotische WG aufräumt. (Neon, 24.02.2018) Online unter: https://www.stern.de/neon/heimat/aufraeumen-in-der-chaos-wg–ein-bundeswehr-hauptmann-greift-ein-7875996.html

[2] Im Folgenden werden aus Gründen der Lesbarkeit nur die männlichen Bezeichnungen genutzt.

[3] Vgl. Die Tagespost (Hg.): Seminaristen: Die neue Generation ist konservativ (06.07.2018). Online unter https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/online/Seminaristen-Die-neue-Generation-ist-konservativ;art4691,190147

[4] Vgl. Der Spiegel (Hg.): Wachsende Aufgaben – Bundeswehr stellt sechstes Panzerbataillon auf (06.12.2018) Online unter: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-wird-mit-sechstem-panzerbataillon-verstaerkt-a-1242321.html

[5] Vgl. Köster, Norbert: Dass es so nicht weitergeht, ist klar. In: Futur2 (1/18). Online unter http://www.futur2.org/article/dass-es-so-nicht-weitergeht-ist-klar/

[6] Vgl. Suermann de Nocker, Thomas: Herausforderungen als Generalvikar – Einschätzungen von Amtsträgern. Veröffentlichung in KVI im Dialog (1 /2017)

[7] Das Bistum Essen wirbt um Mitarbeiter mit der Website www.kirche-kann-karriere.de

[8] Vgl. Jürgens, Benedikt: Kompetenz und Offenheit: Chancen für die Kirche als Arbeitgeberin (03.05.2016) Online unter: https://www.feinschwarz.net/kompetenz-und-offenheit-chancen-fuer-die-kirche-als-arbeitgeberin/

[9] Der Vergleich an „Notsituationen“ hinkt zugegebener Maßen. Aber es fehlt innerkirchlich zuweilen ein Bewusstsein für die Dynamik und Brisanz der aktuellen Entwicklungen. Vgl. hierzu Generalvikar K. Pfeffer: „Die Menschen laufen unserer Kirche in Scharen davon – und wir stehen klagend, schimpfend und jammernd daneben.“ In: Pfeffer, Klaus: Am Gelde hängt – doch nicht das Seelenheil? Oder: Was wir schon immer über kirchliche Finanzen wissen wollten. Online unter: https://www.muenster.de/~angergun/pfeffer-finanzen.pdf

[10] Vgl. Die Tagespost (Hg.): Zerrissene Bistümer (12.12.2018). Online unter: https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/Zerrissene-Bistuemer;art312,194185

[11] Vgl. Suermann de Nocker, Thomas: Anmerkungen zur Steuerungslogik der Kirchenentwicklung – Organisationsentwicklung in der Kirche aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive strategischer Veränderungsprozesse. Veröffentlichung in der Reihe IfS-Analysen – Religion unter www.institut-fuer-sozialstrategie.de (2016)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Posted by Zähringer, Jan; de Nocker, Thomas

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