Abstract [en]:

Sexual and Reproductive Rights developed since the 1980s on a global level as increasingly inclusive concept. Finally, they got the status of human rights. But at the same time, they have and had the character of minority rights, e.g. they protect minority sexual identities. But as far as they are conceptualized on a global level, to implement them and make them work regional and national activities were needed. Was the first aim to establish and then expand this concept on a global level, it followed the necessity to make it work on the ground, and this only could be achieved on a regional and national level. This process shall be followed and analyzed here in three parts of this study: an introductory one, the second focusing on the global level and a third and last one with a regional and more concrete focus. Within all parts the focus are actors of civil society and specifically those fighting for Sexual and Reproductive Rights as minority rights of LGBTIQ*. The leading question of this study is, if to spread and establish this concept of human rights it was more important to focus on framing it legally or that a civil society acted in its sense. This question is answered and discussed by first looking on the global level and then focusing on the concrete, on Ecuador, Colombia, and as a supplement Venezuela.

Abstract [de]:

Sexuelle und Reproduktive Rechte entwickelten sich global als ein zunehmend umfassendes Rechtskonzept ab den 1980er Jahren und wurden schließlich deutlich später als Menschenrechte anerkannt. Doch haben sie auch den Charakter von Minderheitenrechten, schützen sie doch in ihrer weiten Auslegung unterschiedlichste sexuelle Identitäten. Soweit diese Rechte global jedoch gefasst sein mögen, ihre Durchsetzung bedurfte auch regionaler und nationaler Aktivitäten. Ging es zunächst darum das Rechtskonzept global zu etablieren und zu erweitern, konnte die Wirksamkeit dieser nur regional und national erzielt werden. Dieser Prozess soll hier in drei Teilen, einem einleitenden, einem mit Fokus auf die globale Ebene und einem mit regionalem Fokus untersucht werden. Dabei stehen zivilgesellschaftliche Akteur*innen im Fokus und spezifisch Sexuelle und Reproduktive Rechte als Rechte im Rahmen von Minderheitenrechten, spezifisch von LGBTIQ*. Anhand der Frage, ob die legale Rahmensetzung oder vernetztes zivilgesellschaftliches Agieren für die Verbreitung des Rechtskonzept zentral war, wird der Blick von der globalen Ebene auf die Länder Ecuador und Kolumbien, ergänzt um Venezuela gelenkt.

Abstract [es]:

Los Derechos Sexuales y Reproductivos se desarrollaron desde las 1980s a nivel mundial como un concepto de derechos cada vez más inclusivo. Finalmente consiguieron el estatus de derechos humanos. Pero al mismo tiempo, tienen y tuvieron el carácter de derechos minoritarios, por ejemplo protegen las personas con identidades sexuales minoritarias. Pero en la medida en que se conceptualizan a nivel global, para implementarlos se necesitaban actividades regionales y nacionales. El primer objetivo de actores a favor de estos derechos fue establecer y luego expandir este concepto a nivel global. Entonces siguió la necesidad de hacerlo funcionar en los países, las regiones, las comunidades, etc., y esto solo se podría lograr a nivel regional y nacional. Este proceso se analizó y siguió aquí en tres partes de este texto: una introductoria, la segunda centrada en el nivel global y una tercera y última con un enfoque regional y más concreto. En todas las partes, el enfoque son los actores de la sociedad civil y específicamente aquellos que trabajan por los Derechos Sexuales y Reproductivos como derechos minoritarios de la gente LGBTIQ*. La pregunta principal de este estudio es, si, para difundir y establecer este concepto de derechos humanos, era más importante el marco legal o que una sociedad civil actuara en su sentido. Esta pregunta se responde y se discute mirando primero al nivel global y luego, con un foco a lo concreto, a Ecuador, a Colombia y como complemento a Venezuela.

 

Februar 2019

 

Sexuelle und Reproduktive Rechte als global ’neu entdeckte’ Menschen- und Minderheitenrechte

Durchsetzung durch legale Rahmensetzung oder (vernetzte und global eingebundene) zivilgesellschaftliche Aktivitäten?

Eine Untersuchung der Fälle Ecuador und Kolumbien mit einem Rekurs auf Venezuela

 

get pdf: Sexuelle und Reproduktive Rechte. Teil 3

 

 

 

Teil 3: Latein- und Südamerika

 

6. Heranführung an Latein- und Südamerika

Wie bereits erwähnt waren in Lateinamerika, und speziell in einigen Ländern Südamerikas Frauenbewegungen früh aktiv. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass staatliche Politiken massiv deren Themen aufgriffen. Früh schon wurde auch deshalb auf Allianzen und strategische Verbindungen gesetzt, so die Markierung sowohl einer nur hergestellten Ungleichheit von Geschlechtern als auch sozialer Schichten. Durchaus konnten so Frauenbewegungen auch für neue Sichtweisen auf die Kategorien „arm“ und „reich“ (mit)sorgen. Doch blieb deren wissenschaftliche Betrachtung und Erfassung vielerorts beschränkt und beispielsweise nur auf die Frage von Frauenrechten begrenzt – statt beispielsweise den auch vorhandenen Impetus der Hinterfragung von Geschlechterkategorien zu betonen oder zu untersuchen. Auch sind die Verbindung von Frauenbewegungen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sowie deren globale Verflechtungen nur äußerst begrenzt zum wissenschaftlichen Thema geworden. Dies liegt sicherlich auch an der dabei deutlichen Überschneidung disziplinärer Grenzen. Doch bietet schon eine Betrachtung von Frauenbewegung als zentrale Akteur*innen einer Gender-Politik neue Erkenntnisse, verweist auf sonst nur bedingt reflektierte Funktionen von Politik und Gesellschaft wie die Manifestierung von Geschlechterbeziehungen. Auch steckt hinter den Anliegen und strategischen Vorgehen vieler Frauenbewegungen bereits die Verbindung unterschiedlicher Klassifizierungen und Diskriminierungen, entlang von Schicht, Ethnie oder Geschlecht in Kombination. Gerade deshalb wird in dieser Studie für einen interdisziplinären Ansatz plädiert und einem entsprechenden gefolgt. Dabei zeigen sich im Kontext von Latein- und spezifisch Südamerika Verbindungen, die nicht notwendigerweise überraschen und auch kontextualisiert erklärbar sind, aber doch durchaus als ein Spezifikum dastehen. Dazu gehört die progressiver orientierte Politik von Militärdiktaturen gegenüber Frauenforderungen im Vergleich zu nachfolgenden demokratischen Regimen.

Wichtig waren für die hier behandelte Thematik in Latein- und spezifisch Südamerika stets organisierte zivilgesellschaftliche Gruppen, gerade auch solche, die transnational verbanden und übernational agierten. Dazu gehört(e) CLADEM (Comité de América Latina y el Caribe Para la Defensa de los Derechos de la Mujer), welche sich Ende der 1980er Jahre etablierte und beispielsweise Forschung, Kampagnen, juristische Fortentwicklungen und öffentlichkeitswirksame Forderungen im Sinne der Verteidigung der Rechte von Frauen in mehreren Ländern Lateinamerikas zu koordinieren suchte. Doch gibt es weitere zentrale Akteur*innen in diesem Feld in Latein- und spezifisch Südamerika, die über Ländergrenzen hinweg wirken. Dies war und ist beispielsweise ISIS – Internacionalmit Sitz in Santiago de Chile, die sich auf Informationen für und Kommunikation mit und für Frauen spezialisiert hat und schon seit 1974 aktiv ist, das Red de Salud de Mujeres Latinoamericanas y del Caribe(RSMLAC), welches sich 1984 auf dem Primer Encuentro Regional de Salud de las Mujeresin Kolumbien gründete, oder das Red Feminista Latinoamericana y del Caribe contra la Violencia Doméstica y Sexual (REDFEM). Dazu kommen Akteur*innen, die ähnlich wie letzte aufgeführte Verbindung, einen spezifischen Ansatz haben respektive eine klare Verortung, mal feministisch, oder auch religiös, wie Católicas para el Derecho a Decidir (CDD), die sich beispielsweise für eine Legalisierung von Abtreibungen einsetz(t)en. Nicht alle diese zivilgesellschaftlichen Akteur*innen waren und sind dabei die ganze Zeit im untersuchten Feld und Raum aktiv. Manche prägten frühe Debatten, wie ISIS, manche bestimmte Themensetzung, wie die Frage der häuslichen Gewalt durch REDFEM, andere sind weiterhin deutlich aktiv und verbreitern eher den eigenen Radius wie CDD.[1]

Viele dieser Akteur*innen trugen schließlich auch zu internationalen Veränderungen wie der Etablierung des Konzeptes Reproduktiver Rechte bei. Und ab Mitte der 1990er Jahre arbeiteten viele Organisationen wie diese, mal fokal, mal auch und in bestimmten Verbindungen, für die Erweiterung des Konzeptes Reproduktiver Rechte zu Sexuellen und Reproduktiven Rechten. Dies geschah mal mit Fokus auf Frauen, mal im Sinne einer Öffnung zu einem breiten Verständnis sexueller Identitäten. So konnte 1999 eine Kampagne in Lateinamerika gestartet werden mit dem Ziel Sexuelle und Reproduktive Rechte zu fördern und eine entsprechende Konvention für Lateinamerika zu erreichen. Es handelte sich um die Campaña por una Convención Interamericana por los derechos sexuales y reproductivos, die auf der Feststellung beruhte, dass Sexuelle und Reproduktive Rechte zunehmend eher schwächer denn stärker gesichert wurden in den meisten lateinamerikanischen Ländern zu dieser Zeit.[2] Dies führte jedoch gleichfalls zu Gegenbewegungen. So stellten sich kirchlich-konservative Kreise vielerorts gegen Liberalisierungstendenzen. Aber auch ökonomische Probleme in vielen Ländern Lateinamerikas um die Jahrtausendwende erschwerten das Vorhaben. Sozioökonomische Schneisen wurden größer und ließen für einige Akteur*innen Sexuelle und Reproduktive Rechte mindestens zweitrangig erscheinen. Solche Herausforderungen führten aber auch zu einer deutlichen Erweiterung der Rahmen und Konzeption Sexueller und Reproduktiver Rechte. Die bereits vorher international gesetzte Koppelung an Menschenrechte ließ eine Verbindung zu anderen Forderungen nach Menschenrechten zu, die gerade in Krisen und unter illiberalen Tendenzen virulent wurden. Auf soziale Spannungen reagierend nahmen sich auch manche Regierungen daher dieser Thematik an. Es erwies sich dabei als bedeutsam, dass im Rahmen der Verbreitung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten auf möglichst umfassende Konzeptualisierungen gesetzt worden war. Da diese beispielsweise auch als Teil eines integralen Gesundheitsverständnis gesetzt wurden, konnten und wurden Forderungen nach einem Gesundheitsverständnis, das über die Abwesenheit von Schmerz hinausging, mit der Forderung nach Sexuellen und Reproduktiven Rechten verbunden. Dies erklärt beispielsweise die deutliche Bedeutung des RSMLAC für die Verbreitung des Konzeptes Sexueller und Reproduktiver Rechte in Lateinamerika. Im Rahmen dieses Netzwerks verbanden sich dabei sehr unterschiedliche Forderungen, von der Forderung nach einem Recht auf Lust oder Orgasmen zu breiter aufgestellten Forderungen nach umfassender Gesundheit – das RSMLAC verband und verbindet integrativ. Teilweise wurde die Konzeptualisierung dieser Forderung als „Recht-auf“ dabei erst nachträglich gesetzt, wie auch Gesundheit mal eher als Rechtskonzept, mal als Ideal oder Menschenbild zu etablieren gesucht wurde.

Doch ist als weiterer lateinamerikanischer Kontext zu erwähnen, dass nicht nur Ereignisse wie wirtschaftliche Krisen sowohl teilweise die Umsetzung eines breiten Konzepts Sexueller und Reproduktiver Rechte behinderten als auch andernorts erleichterten, sondern auch andere Veränderungen ambivalente Auswirkungen hatten. So kam es zum Ende des letzten Jahrhunderts immer deutlicher zu einem Wandel in der Demographie vielerorts in Latein- und spezifisch Südamerika. Dazu gehörte eine Abnahme der Kindersterblichkeit und eine Steigerung der Lebenserwartung, aber auch, dass Frauen weniger und später Kinder bekamen. Dies stand gegen eine Reduktion von Frauen auf eine reproduktive Rolle, und machte für manche Akteur*innen die Notwendigkeit etablierter Sexueller und Reproduktiver Rechte geringer, während andere hingegen deren Notwendigkeit so noch unterstrichen sahen, etwa zur rechtlichen Absicherung sich wandelnder Realitäten wie weniger Eheschließungen und mehr Scheidungen an vielen Orten. Veränderte Bedingungen bedürften neuen Regeln und Rechten, so die Argumentation, und diese wurden unter anderem im Rechtskonstrukt Sexueller und Reproduktiver Rechte etabliert gesehen, durchaus im Sinne eines individuellen Schutzes und individueller Rechte.

Eine wichtige Herausforderung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in Lateinamerika, nicht nur im Bereich Sexueller und Reproduktiver Rechte, ist eine verbreitete Gewalt, bis hin zu lange existenten kriegsähnlichen Zuständen wie in Teilen Kolumbiens. Diese erschwerte unter anderem die Kommunikation innerhalb zivilgesellschaftlicher Strukturen, aber auch von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen mit Regierungen oder anderen staatlichen Vertreter*innen. Zudem kommt und kam es in betroffenen Gesellschaften immer wieder zu Polarisierungen, durchaus im Sinne eines „Wir-gegen-Die“, und der Erschwernis von Neutralität zu zentralen Fragen.[3] Dagegen wende(te)n sich Versuche der Homogenisierung in Gesellschaften, etwa durch kriegerisch aktive Akteur*innen. In diesen Kontext gehören beispielsweise Versuche von Paramilitärs in Kolumbien, Menschen nicht binärer sexueller Identität zu „homogenisieren“, was oftmals Gewalt bis hin zu Tötungen bedeutete. Nicht heteronormatives Verhalten wurde zu einem Feindbild erklärt, und wer diesem Bild nicht entsprach, bei einer Deutungshoheit von paramilitärischen Akteur*innen, und nicht vertrieben wurde oder floh, lebte in Lebensgefahr. Dabei wurde eine nicht binäre und heteronormative sexuelle Identität mit Drogenkonsum, unterschiedlichsten Verbrechen oder auch der Guerilla gleichgestellt und damit als Feindbild verabsolutiert.[4] Solche Tendenzen der Homogenisierung, die nicht nur von Paramilitärs getragen wurden, war zivilgesellschaftlich schwer beizukommen.

„Se suma al anterior punto que plantea el ejercicio de la tolerancia en contextos violentos, un gran problema que se evidencia en nuestro sistema político [Colombia]: el rompimiento, la fractura, de los canales comunicativos entre la sociedad civil y la sociedad política para encauzar las demandas de los ciudadanos y lograr que las políticas estatales (legislativas y gubernamentales) sean coherentes con las necesidades sociales. La responsabilidad de la sociedad civil ante el peligro latente de la homogenización que nos imponen desde el ejercicio de algunos poderes estatales y organizacionales es crucial, y de ello no nos hemos percatado; la política unanimita del gobierno, que desconoce el pluralismo y la diversidad que son esencia de nuestro Estado social y constitucional de derecho.”[5]

Darüber hinaus führt(e) Gewalt zu Traumata und Vertreibungen, beide gefährden jegliche Art zivilgesellschaftlicher Kooperation. Soziale Strukturen und Stützpfeiler entsprechender Gesellschaften werden gefährdet oder gar zerstört. Zugleich jedoch können sich darauf aufbauend durchaus auch neue zivilgesellschaftliche Strukturen ausbilden, wie sich vielerorts zeigte. Entsprechende Erfahrungen führ(t)en beispielsweise zur Thematisierung bestimmter Problemfelder, etwa homogenisierender Gewalt gegen Homosexuelle oder sexuelle Gewalt als Mittel der Abschreckung, und lassen respektive ließen entsprechende Akteur*innen sich verbinden. Gemeinsam können so Forderungen wie nach einem Ende von Repressionen unter anderem mit der Förderung von und Forderung nach Sexuellen und Reproduktiven Rechten verbunden werden.[6] In diesem Kontext galt und gilt es ebenfalls lokale, nationale, regionale und internationale Ebenen zu verbinden um Herausforderungen begegnen zu können wie der tatsächlichen Implementierung der Herausforderung entgegen stehender Rechte.[7] „Uno de los obstáculos que afrontamos las mujeres para exigir la responsabilidad estatal ante la violación de (…) [sus] derechos humanos, es el de la carencia de mecanismos específicos para defenderlos con eficacia. (…) El conocimiento de los derechos humanos incluye el de sus mecanismos de protección.“[8] Dies verband und verbindet unterschiedliche zivilgesellschaftliche Akteur*innen die von einer regionalen oder internationalen Ebene ausgehend, oder diese reflektierend, auf eine lokale und nationale Umsetzung dräng(t)en.[9]

Insgesamt zeigt(e) sich die Situation der Zivilgesellschaft in vielen Ländern Latein- und Südamerikas mindestens immer wieder angespannt. So gab und gibt es vielerorts deutliche Einwirkungsversuche beispielsweise auf die Presseberichterstattung. Diese erfolg(t)en in unterschiedlichen Graden und nicht stets offen, sie führ(t)en aber zu einer Selbstzensur in manchen Ländern. Diese kann auch aus Angst erfolgen, so wie es beispielsweise für Teile Kolumbiens konstatiert und für noch größere Teile lange konstatiert wurde. Der de facto Kriegszustand führte zu einer Selbstzensur. Zugleich jedoch bieten und boten hier neue Medien eine Möglichkeit, dieser zumindest bedingt zu entgehen. So wurden und werden unterschiedliche Kommunikationsformen genutzt und erprobt, um zivilgesellschaftliche Akteur*innen zu mobilisieren, zu verbinden oder aufzurufen.[10] Dabei ist es immer wieder ein Wettbewerb um Informationen, der zivilgesellschaftliche Aktivitäten auszeichnet. Es gilt und galt die eigenen Informationen zu verbreiten, aber auch beispielsweise die Presseberichterstattung zu beeinflussen. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass Wissen im Sinne aufgenommener Informationen persönliche Vorstellungen, auch von Moral, beeinflusst. Informationen können so nicht nur die Wahrnehmung, sondern tatsächlich den „Glauben“ verändern, auch wenn dies nicht vollständig kausal und gelenkt möglich ist.[11]

„Cuando la sociedad está sensibilizada sobre un tema y empieza a demandar información, otra vez se requieren dos movimientos adicionales. De un lado, que exista la información técnica, jurídica y documental con data en múltiples presentaciones y para diferentes públicos, de manera tal que todos puedan tener acceso a la información en el estilo adecuado para cada demandante. (…) Del otro lado, sobrepasar la acción espectacular que produce impacto en los medios masivos y llegar a los tomadores de decisiones, para lo cual se requiere otra estrategia al interior: el lobby, diferenciado por niveles en la administración pública”.[12]

Dies beschriebene ist ein zentraler zivilgesellschaftlicher Einflussausweg. Jener umfasst eine Art kulturellen Aktivismus, dabei wird das zivilgesellschaftliche Wirken in diesem Feld in einen breiten sozialen und kulturellen Kontext eingebettet, der nicht nur auf den legalen Rahmen abzielt, sondern eben auch auf das Denken der Menschen, durchaus im Sinne des „Verlernen“ gegenteiliger Ansichten und Praktiken.[13] Zugleich ist dieser Weg jedoch höchst fragil und anfällig für gegenteilige staatlich getragene, aber auch zivilgesellschaftliche Aktivitäten. Solchen Einfluss- oder Störversuchen zu begegnen bedarf es immer wieder der Verbindung spontaner und geplant-strategischer Aktivitäten, einem Setzen sowohl auf die Mobilisierung wie die inhaltliche Beeinflussung. Dies macht Verbindungen von Akteur*innen fokal. Zugleich erklären diese, respektive die Möglichkeiten zu solchen, die massiven Unterschiede der Reichweite entsprechender zivilgesellschaftlicher Aktivitäten je nach lokalem, nationalem oder regionalen Kontext. Wo Verbindungen erschwert oder verhindert werden respektive wurden, ist beziehungsweise war ein zivilgesellschaftliches Aktivwerden kaum möglich. Entsprechend begrenzt sind respektive waren die Möglichkeiten beispielsweise LGBTIQ*-Rechte zum Inhalt von Sexuellen und Reproduktiven Rechten zu machen, so dies nicht von Staatsseite ausgeht beziehungsweise ausging.[14] Global gesehen führte die Beendigung des Straftatbestandes Homosexualität zu offenen Bewegungen für Homosexuellen-, oft aber auch für LGBTIQ*-Rechte. Dies gilt auch für Latein- und spezifisch Südamerika, gerade ab den 1990er Jahren. Nur blieb dies nicht ohne Gegenbewegungen. Und auch ein offenes Einsetzen für solche Rechte, ja selbst die Festschreibung solcher Rechte, ist nicht mit einer gesellschaftlichen Akzeptanz multipler sexueller Identitäten gleichzusetzen.[15]

Gewalt gegen Homosexuelle, insbesondere männliche Homosexuelle, aber auch andere Formen sexueller Gewalt werden auch immer wieder auf eine besondere Betonung von Männlichkeit in Lateinamerika zurückgeführt, etwa einen von manchen als verbreitet ausgemachten Machismo. Eine solche Betonung von Männlichkeit wird verbreitet vor allem ärmeren Schichten zugerechnet, was aber auch dazu führt, dass sie genau dort wiedergefunden wird. Räume klarer Zuschreibungen und Vorurteile schränken in diesem Sinne zugleich wieder die Wahlmöglichkeiten der Selbstpräsentation deutlich ein. Strukturelle Probleme werden und können so verdeckt werden. Was bleibt ist der Eindruck problematischer angenommener Rollen, gedacht im Sinne einer tatsächlichen, faktisch aber nicht vorhandenen Annahmemöglichkeit.[16] So wird beispielsweise für Caracas festgestellt: „Many men in Caracas are raised and expected to conform to tough models of masculinity.“[17] Und selbst wenn dort lebende Menschen es schaffen Stereotype für sich und „Nachbar*innen“ abzulegen und Differenzierungen vorzunehmen, glauben viele weiterhin an die Existenz solcher Stereotypen und verweisen deren Realisierung durch Männer nur in andere arme Gebiete. Eine ausgemachte verbreitete Alternativlosigkeit der Wahl des eigenen Geschlechts und dessen Repräsentation wird dadurch erst realisiert und frustriert doch im Rahmen von Versuchen diese zu überwinden, auch auf Grund der so deutlichen Dominanz von Fremdzuschreibungen und verbundenen Bildern.[18] Eine solche gefühlte oder deklarierte Allgegenwart von Machismo und dominanten Genderkonzeptionen zeigt sich auch in bestimmten Ausprägungen von Politik und Sprache in Lateinamerika, aber nicht nur dort, so politischem Populismus und verbalisierter und in Aktivitäten aktualisierter expressiver Männlichkeit. So wird in Ecuador beispielsweise der Großstadt Guayaquil nicht nur ein ausgeprägter Machismo zugeschrieben, sondern auch eine großspurige Art Politik zu betreiben.[19]

En Guayaquil „las imágenes, frases y palabras relacionadas a la homosexualidad de los hombres, nos transporta a una serie de prejuicios, discriminaciones y construcciones relativas al género; propias del sentido común de cualquier ciudadano de la urbe. Es este sentido ubicar la palabra gay que se ha convertido en una terminología frecuente de la prensa hablada y escrita; a su vez que aparenta exponer con mayor libertad temas ocultos y tabúes de la ciudad, también encubre otro lado relacionado con la que se oye en las calles ya sea con un sentido jocoso o peyorativo, “!que maricón eres!” “!no seas marica!”, “se lo moja la canoa!” Existe una decena más de términos que destacan la homosexualidad, o podríamos decir que la ocultan con palabras sinónimas (mandarina, mariposa, maripóson, mano quebrada), dando sentido a las intenciones de juego, deprecio o defensa entre las relaciones de colegas, desconocidos o simplemente entre un “normal” hétero y un homosexual.”[20]

So zeigt(e) sich Sprache in Lateinamerika vielfach stigmatisierend, gerade gegenüber Homosexuellen. Dabei wurden diesen, und werden teilweise weiterhin, Attribute der Gesundheitsgefährdung genauso zugeschrieben wie eine Untergrabung von Vertrauen. Homosexuelle standen, und stehen teilweise weiterhin, immer wieder, auch öffentlich, für ausgemachten angerichteten Schaden, wurden und werden als abnormal abgestempelt und auch verbal aus Gesellschaften ausgeschlossen. Neben einer pathologischen Psyche wurde und wird ihnen unterschiedliches abgelehntes Verhalten zugeschrieben, bis hin zur Gefährdung oder gar dem Missbrauch von Kindern.[21] Wichtig ist es zu beachten, dass es sich dabei keineswegs um ein lokales Phänomen handelt. Es handelt sich auch nicht um ein Phänomen, welches es nur in kleineren oder traditionelleren Städten gab oder gibt. Dies zeigt beispielsweise der Vergleich zwischen Quito und Bogotá: So viel größer und offener Bogotá auch von vielen beschrieben oder wahrgenommen wird, zeigte und zeigt sich doch in beiden Städten eine verbreitete diskriminierende Sexualmoral.[22] Dahinter steckt eine deutliche und wirkungsmächtige Heteronormativität, die sich sowohl gegen multiple Spielarten gelebter männlicher wie weiblicher Sexualität stellt als diese auch Abnormalisiert. Dies geht soweit eine entsprechende sexuelle Identität oder Orientierung zur Krankheit zu stilisieren, oder aber als „vorübergehend“ und damit überwindbar. Dabei ist Heteronormativität kein lateinamerikanisches Spezifikum, sondern global verbreitet wirksam.[23] Heteronormativität verbannt nicht heteronomes Verhalten oder nicht heteronormative Menschen aus der Wahrnehmung, diese fallen beispielsweise aus der Konstruktion von Familie heraus. Zugleich werden entsprechende Menschen stetig nicht nur identifiziert, sondern auch multipel klassifiziert, als „abnormal“, „gay“ oder vieles anderes. Sie dienen als Kontrastfolie, die die heteronormative Ordnung stabilisieren soll.[24]

Auch in Latein- und spezifisch Südamerika zeigt sich immer wieder, dass ein Festschreiben von Rechten oder ein Fehlen von spezifischen Verboten keineswegs mit der Gewährung entsprechender Rechte oder gar einer Sicherung dieser gleichzusetzen ist. So gab es in vielen Ländern Lateinamerikas lange schon kein legales Verbot von Homosexualität mehr. Dies änderte jedoch nichts an dessen Ächtung vielerorts, dessen Tabuisierung und Verfolgung, bis hin zum Mord. Dieser Kontext machte eine Etablierung noch weiter reichender Rechte für LGBTIQ* sehr herausfordernd.[25] Das dieses Fortdauern von Diskriminierungen oder Vorurteilen bis hin zu staatlichen Rahmungen reichte und reicht, zeigt sich beispielsweise an Verboten von entsprechenden Paraden und Demonstrationen, wie das Verbot einer Christopher-Street-Day-Parade in Quito 2000 durch den damaligen Bürgermeister.[26] Dem standen und stehen sich ausbreitende soziale Bewegungen vielerorts in Lateinamerika gegenüber, die sich auch den Menschenrechten von LGBTIQ* widme(te)n. Gerade Südamerika war dabei sowohl ein zentraler Handlungsort wie Versammlungsgrund, so auf dem als Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum ausgerufenem Weltsozialforum, das sich 2001, 2002 und 2003 in Porto Alegre, Brasilien, traf. Dort wurden nicht nur Erfahrungen ausgetauscht, sondern auch Forderungen artikuliert und Vernetzungen gesucht, so von unterschiedlichen Gruppen, die für LGBTIQ*-Rechte eintraten. In diesen Jahren wurde große Hoffnungen in Veränderungen, gerade auch in Brasilien gesetzt. Dies drückte sich unter anderem im Wahlsieg von Luiz Inácio Lula da Silva 2002 aus, unterstützte seine Partei doch das Weltsozialforum oder auch eine UN-Resolution für Menschenrechte sexueller Minderheiten. Letzteres Vorhaben scheiterte jedoch.[27] Aber andere Erfolge konnten errungen werden, im Sinne des Aufbruchs zu Veränderungen, wie die Streichung von Homosexualität als Krankheit durch die WHO (World Health Organization).[28]

Trotz der diversen Verbindungen der Forderungen unterschiedlicher Akteur*innen zur Erweiterung Sexueller und Reproduktiver Rechte hin zu LGBTIQ*-Rechten, gilt es auch in Lateinamerika dabei zu unterscheiden und zu differenzieren. Zivilgesellschaftliche Akteur*innen für die Rechte von Homosexuellen können sich unter diesem Dach, LGBTIQ*-Rechte, mit Akteur*innen für die Rechte von Transvestiten verbinden. Zugleich gibt es zwischen diesen aber stets auch Trennendes, so unterschiedliche zugehörige Straftatbestände. Unterschiedliche sexuelle Identitäten stehen gleichfalls für unterschiedliche Bedürfnisse und Anliegen. Dies negiert nicht den strategischen Sinn sich zu verbinden, hinterfragt aber die Art der Verbindung und die Schwerpunktsetzung und stellt(e) immer wieder eine reale Herausforderung dar.[29] „A Peruvian transgender activists says that worldwide, the “problems and agendas are different, the terms, the difficulties, the realities.” She also adds, though, that “We need a general consensus … that permits working together.”“[30] Die Folge dieser Unterschiede ist jedoch vielerorts, dass entsprechende Akteur*innen nachwievor hauptsächlich nebeneinander oder gar isoliert voneinander agieren. Dies macht solche Akteur*innen anfälliger, etwa für staatliche Repressionen oder auch Gewalt, und zugleich weniger schlagkräftig und einflussreich. Eine zusätzliche Erschwernis im Rahmen dessen ist, dass es eben nicht nur um ein Rechtskonstrukt geht, unter dem und für das sich vereint wird, und welches hier im Fokus der Betrachtung steht, sondern auch um Identitäten, Sexualität oder Moralvorstellungen. Die Auseinandersetzungen finden dabei auf unterschiedlichen Ebenen statt. Gesetze zu ändern ist ein zentrales Anliegen fast aller unter diesem Dach verbundener Akteur*innen, doch helfen beispielsweise Homosexuellen-Rechte jenen nicht weiter, die sich Vorwürfen des „öffentlichen Ärgernis“ oder der „Prostitution“ gegenüber sehen. Auch sind die Akteur*innen der Auseinandersetzung andere, wenn es um eine rechtliche Verfassung geht oder eine kulturelle oder gar religiöse Öffnung von Kategorien und Vorstellungen. Hier ist nochmal deutlich auf die Differenz zwischen Rechtmäßigkeit, Rechtspraxis und verbreitetem Verhalten hinzuweisen, beispielsweise materialisiert in einer auch in Lateinamerika weiterhin vielerorts verbreiteten Polizeitätigkeit gegen als „abnormal“ angesehene Personen, gerade solche, die offen außerhalb heteronormativer Vorstellungen stehen. Stets gilt und galt es daher für die entsprechenden zivilgesellschaftlichen Akteur*innen für die Etablierung wirksamer LGBTIQ*-Rechte ihr eigenes Wirken zu reflektieren, nicht nur auf die allgemeine Wirksamkeit hin, sondern auch bezüglich der Reichweite, welche Gruppen, Personen oder Akteur*innen erreicht und inkludiert werden respektive wurden, und welche beispielsweise nicht. Dies können bis dato weniger beachtete sexuelle Identitäten genauso sein wie Personengruppen bestimmter Krankheiten. Reflektiert werden muss also über das eigene Netzwerk. Gegenseitige Unterstützung ist zentral, aber auch gemeinsame Planung mit konstanter Reflektion.[31]

Insgesamt wird Lateinamerika als mindestens relativ fortschrittlich in Bezug auf LGBTIQ*-Rechte in einem globalen Vergleich bewertet. So zeig(t)en dort in vielen Ländern entsprechende Gruppen und Akteur*innen eine deutliche Präsenz und führ(t)en zu gesellschaftlichen, legalen, aber auch kulturellen Veränderungen.[32] „Despite steady harassment, they have become visible and stayed vocal. The intensity of debate among activists, the degree of networking across the continent, and the diversity of identities and demands they bring to bear, are perhaps greater than anywhere else in the world.“[33] Zugleich jedoch sind diese Bemühungen auch nicht frei von Rückschlägen und verbleiben weiterhin große Herausforderungen. Nachwievor gibt es beispielsweise verbreitete Hassverbrechen. So kann in Brasilien eine der größten Pride-Paraden weltweit mit einer der höchsten Raten an Hassverbrechen zusammentreffen.[34] Dabei muss der Kampf um Sichtbarkeit als gerade in Lateinamerika bedeutsam markiert werden, dies unterstreicht die Wirkungsmächtigkeit und Bedeutung beispielsweise von Pride-Paraden, denn konstatierte verbreitete Homophobie ließ verdeckte Homosexualität stets zu, kriminalisierte diese jedoch immer wieder öffentlich. Noch deutlicher allerdings war der Widerstand gegen die Sichtbarkeit von LGBTIQ*-Menschen und deren nicht-heteronormative Sexualität. Dem stellten sich Initiativen zur Steigerung der Sichtbarkeit, wie Pride-Paraden, entgegen, die zudem die Vernetzung und Verbindung der Akteur*innen stärkten. Zugleich rief dies massiven Widerstand hervor und macht dies noch heute immer wieder.[35] Trotz legaler Fortschritte und relativ deutlicher Sichtbarkeit von LGBTIQ* in Lateinamerika gibt es weiterhin verbreitet Berichte über Diskriminierungen oder einen fehlenden Zugang zu Dienstleistungen, wie im Gesundheitssystem. So schrecken beispielsweise nach Berichten vielerorts in Lateinamerika transsexuelle Personen vor Arztbesuchen zurück, auf Grund der erwarteten Fehlbehandlungen oder gar Misshandlungen.[36] Gleichfalls ist die offizielle Anerkennung einer nicht binären Geschlechtsidentität nachwievor vielerorts nicht möglich – dies meint unter anderem die Verpflichtung zu einer operativen Geschlechtsumwandlung bei einer offiziellen Statusänderung des Geschlechts in vielen Ländern Lateinamerikas. Auch in Lateinamerika ist der Umgang mit intersexuellen Kindern hoch umstritten.[37] Eine besondere Herausforderung ist gerade eine entsprechende Rechtsgewährung für Minderjährige, oftmals fehlt diese oder wird nicht umgesetzt. Während inzwischen von der weiterhin verbreiteten Heteronormativität abweichende sexuelle Identitäten bei Erwachsenen durchaus Anerkennung vielerorts in Lateinamerika finden, gilt dies bei Minderjährigen deutlich weniger. Diese stehen oftmals unter Druck beispielsweise von Seiten ihrer Familien. Aber auch von Schulen wird immer wieder von weniger Offenheit gegenüber unterschiedlichen sexuellen Identitäten als in anderen Teilen der Gesellschaft berichtet, so dies auch nur eine relationale Aussage ist.[38] Hinzu kommt die von vielen Akteur*innen als kritisch bewertete Rolle der katholischen Kirche, aber auch evangelikaler und anderer (Frei)Kirchen, die sich durchaus auch gegen staatliche Liberalisierungstendenzen stellen.[39]

So kann auf der einen Seite auf Erfolge im Sinne einer Etablierung von Rechten und einer Verbreitung eines entsprechenden Bewusstseins vielerorts in Latein- und spezifisch Südamerika geblickt werden, auch durch stabile und etablierte zivilgesellschaftliche Allianzen und Verbindungen. Zugleich jedoch zeigt sich die Implementierung von Rechten genauso divers und ungleich über den gesamten Raum, wie dessen Durchsetzung. Dabei sind auch lokal große Unterschiede innerhalb gleicher nationaler Rahmen auszumachen. Und auch zivilgesellschaftlich gibt es nicht nur ein Streben nach Verbindungen zur Erhöhung der Schlagkraft, sondern auch Gegentendenzen, unter anderem aus der Sorge vor der Formalisierung solcher Verbindungen. Damit wird die Angst verbunden, die jeweils spezifischen Anliegen unter dem gemeinsamen Dach weniger beachtet zu sehen.[40] Auch deshalb wurde und wird vielerorts auf lokales Wirken neben oder in Verbindung mit nationalem, regionalem oder gar transnationalem gesetzt. Individuen sollen genauso erreicht werden wie Gruppen oder größere Teile einer Öffentlichkeit. Es galt und gilt für entsprechende zivilgesellschaftliche Akteur*innen in Latein- und spezifisch Südamerika alle diese Ebenen zu verbinden um Ziele zu erreichen. Wird hier der Blick auch auf „nationale Fälle“ gelegt, zeigt sich doch bereits in dieser generellen einführenden Darstellung, dass diese Fälle nicht unabhängig voneinander zu sehen sind, sondern stets verbunden und verwoben sind und waren. Sie beeinfluss(t)en sich gegenseitig und stehen respektive standen so nie singulär nebeneinander.[41] Looking at Latin America and “national cases“ it can be stated:

„Regional work is also vital. This can mean regional encuentras, trainings, or networks, or the increasing focus on the Inter-American human rights system as a means of moving governments. A growing number of groups are preparing to lobby or take cases to Inter-American institutions. The recent resolution at the OAS [Organization of American States] General Assembly condemning human rights violations based on sexual orientation and gender identity came after years of work by LGBT groups around Latin America, as well as the Caribbean. Groups are also increasingly documenting human rights violations themselves, including police practice and impunity.“[42]

Vor diesem Hintergrund gilt es sich nun den hier exemplarisch betrachteten „nationalen Fällen” zu widmen und dabei zunächst Ecuador.

7. Ecuador – zwischen Vorreitertum und begrenzter Umsetzung
7.1 Vorbemerkungen

Werden nun die exemplarischen Fälle Ecuador und Kolumbien genauer betrachtet, so zeigen sich dort sehr diverse überlagernde Debattenstränge, Prägungen und Entwicklungen. Der erste Blick richtet sich auf Ecuador, heute mit einer der weltweit am weitesten gehenden Verfassungen bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten, und dies schon seit 1998. Mit der neuen Verfassung von 2008 wurde diese Rechte gar nochmals gestärkt. Dahinter standen deutliche zivilgesellschaftliche Prozesse. Rein juristisch geht Kolumbien viel weniger weit, die Verfassung kennt entsprechende Rechte nicht, und gerade in Krisengebieten des Staates wurden immer wieder Homosexuelle, aber auch andere nicht in ein patriarchales biopolares heteronormatives Bild passende Menschen verfolgt oder sogar umgebracht. Doch so klar diese Scheidung scheint, so wenig passt sie doch, wenn Umsetzungen und aktuelle zivilgesellschaftliche Diskurse und Vernetzungen betrachtet werden, keineswegs steht hier auf der einen Seite das progressive Ecuador und auf der anderen das rückschrittliche Kolumbien; genauso wenig jedoch das Gegenteil. Vielmehr ergibt sich ein verwobenes und teilweise diffuses Bild vieler sich überlagernder Einflüsse und Tendenzen. Beide Länder sind direkte Nachbarn, und doch in vielen Bereichen, gerade bezüglich der jüngsten Entwicklung, sehr unterschiedlich. Und dies gilt auch für Fragen der Rechtssetzung und organisierter Zivilgesellschaft – dies macht die gegenüberstellende Untersuchung dieser beiden Gebiete so reizvoll und erkenntnisversprechend. Dabei geht es nicht um eine strikt vergleichende, eine schematische, sondern eine differenzierte facettenreiche Betrachtung. Insbesondere auch den zentralen nationalen, lokalen wie global-transnationalen Akteur*innen selbst soll dabei immer wieder in ihrer Selbstdarstellung aber auch ihrer Vernetzung gefolgt werden. Dazu jedoch müssen die Entwicklungen und Debatten zu Sexuellen und Reproduktiven Rechten im jeweiligen Land nachvollzogen werden, wie bereits vorgenommen bezüglich Diskurssträngen der globalen Zivilgesellschaft, deren (Rück)Anbindung an Ecuador und Kolumbien hier noch vorzunehmen ist. Nur vor diesem Hintergrund sind die Spezifitäten der untersuchten Fälle deutlich herauszuarbeiten, zu interpretieren und zu kontextualisieren.

 
7.2 Entwicklungen bis 2008 in Ecuador

In der ecuadorianischen Verfassung von 1979, die zuletzt 1995 aktualisiert wurde, und damit die letzte vor der neuen Verfassung von 1998 gültige war, ist vom Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte noch nicht viel zu sehen. Zwar wird hier auch auf das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verwiesen, aber doch damit nur Bezug genommen auf die juristische Gleichheit von Frau und Mann vor dem Gesetz. Eine Gleichheit außerhalb binärer Geschlechterdimensionen wurde nicht einmal angedeutet.[43] Auch sollten Artikel wie 19.3 – „El derecho a la honra, a la buena reputación y la intimidad personal y familiar”[44] – nicht so gedeutet werden, dass damit über binäre Geschlechterkonzepte hinausgegangen wurde, ein Recht auf unterschiedliche Vorstellungen von Intimität, der Bezug waren eindeutig klassisch gedachte Familien und maximal Frauenrechte. Das Familienbild war noch deutlich durch Ehe und Mutterschaft gekennzeichnet, die es beide zu beschützen galt. So hieß es in Artikel 22: „El Estado protege a la familia como célula fundamental de la sociedad y le garantiza las condiciones morales, culturales y económicas que favorezcan la consecución de sus fines. Protege, igualmente, el matrimonio, la maternidad y el haber familiar. El matrimonio se funda en el libre consentimiento de los contrayentes y en la igualdad de derechos, obligaciones y capacidad legal de los cónyuges.”[45] In Artikel 23 wurde die Ehe schließlich als stabile und monogame Verbindung von Mann und Frau beschrieben.[46]

Darüber wurde auch 1998 nicht bedeutend hinausgegangen, aber Familie von der Ehe getrennt und die Betonung der Moralität nicht mehr derart zentral gesetzt. Es findet also eine gewisse Öffnung von 1995 zu 1998 statt, jedoch kein Sprung zu gewissermaßen revolutionär neuen Konzepten. Vielmehr zeigt sich eine gewisse Konstanz. Dies gilt auch bezüglich eines Grundgedankens Sexueller und Reproduktiver Rechte, von Familienplanung. Diese steht in der Verfassung 1979 zentral verankert, und findet sich auch 1998 noch deutlich, nur eben bedingt erweitert. So heißt es in Artikel 24 der Verfassung von 1979:„Se propugna la paternidad responsable y la educación apropiada para la promoción de la familia, así como se garantiza el derecho de los padres a tener el número de hijos que puedan mantener y educar.”[47] Von diesem Fokus auf Familienplanung und einem Familienbild von Mann, Frau, Kind, Ehe und Monogamie löste sich die Verfassung von 1998 zumindest bedingt und zeigte so eine Öffnung hin zu einem Recht auf die freie Wahl sexueller Identität über den „Umweg” sexueller Orientierung.

Auch in Ecuador führten die internationalen Konferenzen Anfang der 1990er Jahre in Wien, Kairo und Beijing zu Veränderungen des Umgangs mit Reproduktion und Sexualität. Dies vollzog sich nicht umgehend und umfassend, aber es begann ein Prozess, der mit der Verfassung von 1998 einen Zwischenschritt erfuhr. Nach Wien und Beijing sollten dabei nicht nur Frauenrechte gestärkt, die Möglichkeiten und Chancen von Frauen, beispielsweise auch in der Bildung, sondern auch eine Menschenrechtsbildung umgesetzt werden, die Gender-Dimensionen inkludierte.[48] In diese Rahmen wurde auch mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen kooperiert. Dies entsprach den Empfehlungen von Kairo: „Se exhorta a los gobiernos a que, en colaboración con las organizaciones no gubernamentales, atiendan las necesidades especiales de los adolescentes y establezcan programas apropiados para responder a ellas.“[49]

1997 wurden in Ecuador erstmals Sexuelle und Reproduktive Rechte vor einem Gericht als Menschenrechte anerkannt. Dies ging einher mit Bemühungen einen Strafgesetzparagraphen gegen Homosexualität zu streichen. Dieser hatte entsprechende zivilgesellschaftliche Aktivitäten in Ecuador lange geprägt und auch das öffentliche Auftreten von LGBTIQ* massiv eingeschränkt. Entsprechendes zeigte sich beispielsweise an der Suche nach eigenen urbanen Räumen die Schutz und zugleich mindestens begrenzte Entfaltungsmöglichkeiten boten.[50] Der entsprechende Paragraph hatte 1995 noch zu Massenverhaftungen von Homosexuellen in einem Homosexuellen-Club in Cuenca geführt.[51] „En efecto, en septiembre de ese año [1997], varias organizaciones LGBT y de derechos humanos, presentaron ante el Tribunal Constitucional (…) una acción de inconstitucionalidad contra el mencionado artículo.“[52]

Im selben Jahr wurde mit der Arbeit an einer neuen Verfassung begonnen. In der zugehörigen verfassungsgebenden Versammlung waren Akteur*innen unterschiedlicher Sektoren beteiligt, auch international organisierte Akteur*innen und soziale Bewegungen. Deren Teilhabe führte nicht nur zu einer größeren Sensibilisierung bezüglich Themen wie Sexuellen und Reproduktiven Rechten, sondern schließlich auch zu einer größeren Bedeutung von Menschenrechten in der neuen Verfassung Ecuadors.[53] Der Ansatzpunkt die Thematik Sexueller und Reproduktiver Rechte in die neue Verfassung zu heben war dabei tatsächlich über den zunehmend kritisierten Straftatbestand der Homosexualität und die zugehörigen Inhalte der Kritik.[54] Dabei waren neben Akteur*innen für Frauenrechte auch Akteur*innen für die Rechte männlicher Homosexueller besonders aktiv, während beispielsweise jene für die Rechte weiblicher Homosexueller sich deutlich weniger aktiv und präsent zeigten.[55] Im Rahmen der verfassungsgebenden Versammlung gab es zwei zentrale Bezugspunkte. Der eine Referenzrahmen waren internationale Debatten oder auch Dokumente. Sich auf diese beziehend hoben gerade Frauenrechtsakteur*innen bestehende Ungerechtigkeiten, ungleiche Machtbeziehungen aber auch die fundamental ausgemachte Verbindung von Geschlecht, Sexualität und Macht hervor und problematisierten diese Themenfelder.[56] Der globale und transnationale Einfluss auf die nationalen ecuadorianischen Debatten wurde dabei sowohl wahrgenommen und genutzt als auch immer wieder kritisiert und kritisch beleuchtet. So kritisierten etwa zentrale Akteur*innen der katholischen Kirche die Verbreitung entsprechender Konzepte und Ideen in Ecuador als eine neue Art des Kolonialismus, ergo als etwas Fremdes und Abzulehnendes.[57] Zugleich wurde sich auf Ecuador selber als Referenzrahmen bezogen. Zentrales Dokument dabei war bezüglich Frauenrechten, aber auch Sexuellen und Reproduktiven Rechten Nosotras en la Constitución. Propuestas de las Mujeres a la Asamblea Nacional Constituyente. Dieses Dokument selber hob unterschiedliche Themen auf die Agenda, von erfahrener Gewalt zur Freiheit Entscheidungen zu treffen oder der Nicht-Diskrimination sexueller Orientierungen. Damit war das Tableau bereits für Rechte abseits einer heteronormativen oder binären Geschlechterordnung geöffnet, wenn der Referenzpunkt auch Frauen und ihre Rechte wie Herausforderungen blieben. Zentrale Betonung erfuhr in diesem Rahmen auch der Zugang zu sexueller Bildung und entsprechenden Informationen.[58]

Die Debatten in der verfassungsgebenden Versammlung blieben jedoch stark beschränkt. So wurde kaum zwischen Sexuellen und Reproduktiven Rechten geschieden und erstere vor allem auf Gesundheitsfragen reduziert, wobei wiederum Abtreibungen verbreitet abgelehnt wurden. Der Referenzpunkt blieb die Reproduktion in einem bipolaren Geschlechtskonzept, auch im Bezug auf Sexuelle Rechte. Diese Feststellung trifft auf die Debatten zu. Dies heißt jedoch nicht, dass beteiligte Akteur*innen nicht doch weitere Konzepte nutzten oder auf diese referierten, zumindest in anderen Kontexten. Es zeigte sich wiedermal die Funktionalität offener und breiter Konzepte, wenn es darum ging allgemeine Zustimmung zu erhalten.[59] Sexuelle Rechte konnten so unterschiedliches meinen, auch wenn dies in den Debatten in der Versammlung selten offen thematisiert wurde:

Derecho sexual „funciona(…) como receptáculo de una serie de diferentes reivindicaciones sobre los derechos humanos. Por ejemplo, se usa a menudo para calificar las demandas de los derechos exclusivamenterelacionados a las identidades o compartimientos de gays, lesbianas o transexuales. Con mayor frecuencia, es entendido como una expresión que lleva el peso de las demandas de experiencias afirmativas de sexualidad – placer – a diferencia de la protección contra la violencia o la explotación. La connotación del llamado „derecho sexual“ también se entiende como obligaciones afirmativas que se exigen a los estados y otros actores para diversas actividades y expresiones sexuales. Además, las personas que abogan a favor de los derechos usan la frase „derechos sexuales“ para obtener un reconocimiento general y legitimar la idea de que „la sexualidad merece protección como un derecho“.“[60]

So wurde das Rechtskonstrukt in Ecuador tatsächlich im Laufe der Debatte, aber gerade auch im Anschluss daran, sowohl evolutiv zu erweitern gesucht wie spezifisch auf unterschiedliche Bereiche bezogen. Dabei spielten strategische Überlegungen durchaus eine zentrale Rolle.[61]

Dies heißt jedoch nicht, dass es nicht auch ganz deutliche Polarisierungen und Bruchlinien gab. Es gab vielmehr diverse und unterschiedliche Bruchlinien bei den Sichtweisen zu Sexuellen und Reproduktiven Rechten. Eine war die Trennung von Akteur*innen und Sichtweisen entlang der Betonung von Lust oder Risiko als Referenzpunkt des Rechtskonstrukts aber auch Sexualität. Dabei wurde Risiko immer wieder auch mit ausgemachter Abnormalität verbunden – beispielsweise Homosexualität als abnormal und riskant. Verbindend waren generell Fragen der Gesundheit, ein zentraler Grundpfeiler entsprechender Konstrukte und Diskurse in Ecuador. Doch auch hier zeigten sich wieder Tendenzen prägender Heteronormativität und der Abnormalisierung dieser nicht entsprechendem Verhaltens. Dabei wurde von einigen Akteur*innen alles nicht-eheliche, nicht-heterosexuelle delegitimiert und außerhalb des Rechtskonstrukts verortet.[62] „Las ideas predominantes sobre lo normal, lo natural, lo permitido, lo correcto definen, en la práctica, las fronteras entre sujetos y no sujetos ya sea en la normativa, en la aplicación de la misma, o en las relaciones cotidianas.“[63] Eine weitere Bruchlinie zwischen Akteur*innen und Sichtweisen war die Verbindung von Sexualität und Reproduktion. Der Bezug beider Bereiche zueinander war umstritten und wurde unterschiedliche betont. Gerade die katholische Kirche setzte dabei darauf, beides als stetig verbunden darzustellen. Auf der Grundlage der Ablehnung von moderner Verhütung galt ihre jede Sexualität auch als reproduktiv.[64] Auf der anderen Seite der Diskurse waren sich die zugehörigen Akteur*innen ebenfalls der engen Verbindung beider Felder bewusst. Zugleich galt es ihnen aber, die Differenzen Sexueller und Reproduktiver Rechte hochzuhalten, auch um diese überhaupt unterscheidbar zu machen. Nur so wurde die Möglichkeit gesehen auch Lust als zentral für Sexualität zu betonten und weibliche Sexualität von Mutterschaft und Reproduktion zu lösen. Dabei fiel es jenen Akteur*innen für LGBTIQ*-Rechte leichter die Differenz beider Felder zu betonen als jenen, die sich vor allem für Frauenrechte einsetzten, die immer auch deutlich für Reproduktive Rechte und die Rechte von Müttern eintraten.[65]

Bei all diesem zeigte sich die Schwierigkeit, überhaupt das Rechtssubjekt Sexueller und Reproduktiver Rechte festzulegen. Ging es dabei vor allem oder gar nur um heterosexuelle Frauen in einem reproduktiven Alter? Oder waren diese Rechte, wie international zunehmend so bewertet, allgemeines Menschenrecht. Jene Akteur*innen für eine enge Fassung des zugehörigen Rechtssubjekts suchten durch diese Verengung auch eine Ausdehnung des Rechtskonstrukts beispielsweise in Richtung des Schutzes sexueller Identitäten zu vermeiden; andere versuchten durch die Fassung eines breiteren Rechtssubjekts genau dies zu erreichen.[66] Verbunden war dieser Diskurs mit der Frage der Universalität von Menschenrechten: „Estructuralmente hablando, el potencial emancipador de los derechos sexuales tiene que ver con el cuestionamiento al sujeto universal de los derechos humanos en el discurso hegemónico y la demostración de que son las relaciones de poder las que determinan la humanidaden concreto y su consiguiente titularidad de los derechos.“[67] Verbunden damit wiederum waren Diskurse über die Scheidung des Privaten vom Öffentlichen, wobei es immer wieder an Trenn- und Begriffsschärfe mangelte.[68]

Dass schließlich aus Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Ecuador ein Grundrecht entwickelt wurde, bedeutete zugleich die Verpflichtung des Staates dieses zu respektieren, zu schützen, zu fördern und zu verbreitern, dem Charakter eines Grundrechts entsprechend.[69] Ecuador erkennt seit 1998 expressiv Sexuelle und Reproduktive Rechte in der Verfassung an. Dazu gehört das Recht ohne Diskriminierung und gleich vor dem Gesetz zu sein, egal welche sexuelle Orientierung vorliegt. Reproduktive Gesundheit ist spätestens seitdem nominell integraler Bestandteil der Familienplanungsprogramme in Ecuador. Sexueller Missbrauch und Vergewaltigungen sollten klarer erfasst und deutlich bestraft werde. Dazu wurden die Sexualerziehung und die Beratungsprogramme für Jugendliche ausgeweitet.[70]

In der Verfassung von 1998 wird Ecuador gezeichnet als „estado social de derecho, soberano, unitario, independiente, democrático, pluricultural y multiétnico.”[71] Gerade die beiden letzten Adjektive geben dabei einen Weg frei für eine Perzeption und Bejahung der Unterschiedlichkeit, der vielen, und generell positiv konnotierten Möglichkeiten, die sich in einem Staat vereinen. Dies bezog sich 1998 noch nicht auf unterschiedliche sexuelle Identitäten, ließ diesen Weg allerdings deutlich zu. Daneben verwies die Verfassung auf den Respekt und Schutz der Menschenrechte als höchste Pflicht des Staates. In Artikel 17 hieß es dazu: „El Estado garantizará a todos sus habitantes, sin discriminación alguna, el libre y eficaz ejercicio y el goce de los derechos humanos establecidos en esta Constitución y en las declaraciones, pactos, convenios y más instrumentos internacionales vigentes. Adoptará, mediante planes y programas permanentes y periódicos, medidas para el efectivo goce de estos derechos.”[72] Schon damit war indirekt deutlich auf die Beschlüsse der Konferenzen in Kairo 1994 und in Beijing 1995 verwiesen und somit auf Sexuelle und Reproduktive Rechte. Expressis verbis wurde in Artikel 23 der Verfassung auf die Garantie der persönlichen Integrität verwiesen und die Verpflichtung des Staates gegen jegliche Gewalt gegen Kinder, Jugendliche, Frauen und ältere Menschen vorzugehen.[73] Entscheidend im Sinne der Frage von Sexuellen und Reproduktiven Rechten war allerdings Artikel 23.3: „Todas las personas serán consideradas iguales y gozarán de los mismos derechos, libertades y oportunidades, sin discriminación en razón de nacimiento, edad, sexo, color, (…) posición económica, orientación sexual, estado de salud, discapacidad, o diferencia de cualquier otra índole.”[74] Verbunden war dies mit Artikel 23.8:„El derecho a la honra, a la buena reputación y a la intimidad personal y familiar. La ley protegerá el nombre, la imagen y la voz de la persona.[75] Dies beides zusammen setzte jeglicher möglichen Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, aber auch auf Grund sexueller Orientierung, zumindest legal deutliche Riegel vor. Laut Verfassung waren so Sexuelle und Reproduktive Rechte im Sinne der persönlichen Entfaltung in einer weiten Auslegung garantiert – Intimität sei zu wahren, die sexuelle Orientierung, und indirekt damit auch die sexuelle Identität, dürften kein Grund für Diskriminierungen sein. Ganz deutlich machte dies nochmals Artikel 23.25: „El derecho a tomar decisiones libres y responsables sobre su vida sexual.“[76] Hier scheint der Weg zu Sexuellen Rechten im Sinne der freien Wahl der sexuellen Identität fast schon expressis verbis geöffnet worden zu sein. Auch in weiteren Artikeln verwies die Verfassung deutlich auf die Verpflichtung Gleichheit herzustellen, so Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen, auch mit Bezug auf Eigentum, dies in Artikel 34.[77]

Noch genauer war diesbezüglich Artikel 36, der ganz klar auf Frauenrechte Bezug nahm, aber dabei auch auf Reproduktive Rechte als Rechte von Frauen und Müttern einging, jedoch nicht auf Sexuelle Rechte wie noch Artikel 23. Artikel 36 lautete:

„El Estado propiciará la incorporación de las mujeres al trabajo remunerado, en igualdad de derechos y oportunidades, garantizándole idéntica remuneración por trabajo de igual valor. Velará especialmente por el respeto a los derechos laborales y reproductivos para el mejoramiento de sus condiciones de trabajo y acceso a los sistemas de seguridad social, especialmente en el caso de la madre gestante y en periodo de lactancia, de la mujer trabajadora, la del sector informal, la del sector artesanal, la jefa de hogar y la que se encuentre en estado de viudez. Se prohíbe todo tipo de discriminación laboral contra la mujer. (…) Se reconocerá como labor productiva, el trabajo doméstico no remunerado.”[78]

Dass hier der Bezug tatsächlich jedoch auf Reproduktion lag, auf Familie im Sinne von Frau, Mann und Kindern, machte der folgende Artikel deutlich: „El Estado reconocerá y protegerá a la familia como célula fundamental de la sociedad (…) protegerá el matrimonio, la maternidad y el haber familiar. Igualmente apoyará a las mujeres jefas de hogar.[79]

Öffneten die ersten Artikel der Verfassung von 1998 das Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte noch, wurde dieses mit Artikel 36 und folgenden wieder deutlicher auf Reproduktive Rechte reduziert und somit für Konzepte wie sexuelle Identitäten geschlossen. Die Verfassung von 1998 in Ecuador bezog sich demnach zwar nominell auf Sexuelle und Reproduktive Rechte, der Fokus aber waren Reproduktive Rechte, auch in Folge der Verfassung. So wurde zwar der Familienbegriff über die Ehe hinaus erweitert in Artikel 38, aber es blieb der Bund zwischen Mann und Frau: „La unión estable y monogamia de un hombre y una mujer, libres de vinculo matrimonial con otra persona, que forma un hogar en hecho, por el lapso y bajo las condiciones y circunstancias que señale la ley, generará los mismos derechos y obligaciones que tienen las familias constituidas mediante matrimonio, inclusive en lo relativo a la presunción legal de paternidad, y a la sociedad conyugal.”[80] Die Verfassung war dabei noch deutlich in der Konzeption und Tradition von Familienplanung als Diktum verharrt. Das Recht frei über die Anzahl der eigenen Kinder zu entscheiden wurde in Artikel 39 ausgeführt, genauso wie die verbundene staatliche Verpflichtung dazu zu informieren und entsprechende Bildung vorzuhalten. Dies firmierte unter maternidad responsableund paternidad responsable.[81] Dazu gehörte die Gleichheit im Rahmen einer bipolaren Geschlechterkonstruktion sowie ein Recht auf Gesundheit in den Artikeln 41 und 42.[82] Dies war allerdings weit weg von einer konzeptionellen Ausdehnung zu Familienmodellen außerhalb der Reproduktion, einer Sexualität getrennt von Reproduktion oder gar einem Recht auf die Wahl der eigenen sexuellen Identität. In diesem Sinne schimmerte hier eher eine Konzeption von Reproduktiven Rechten in einem Diktum des vorherigen Rechts auf Familienplanung durch, zu großen Teilen somit ein neues Label für alte Inhalte, denn eine konzeptionelle Neuausrichtung. Und selbst wenn beispielsweise von salud sexualgeschrieben wurde, scheint dies eher im Sinne von Rechten und Pflichten bei einer konzipierten Familienplanung gemeint gewesen zu sein, denn einem Recht auf sexuelle Gesundheit verbunden mit dem Recht auf freie Entfaltung. So hieß es in Artikel 43: „El Estado promoverá la cultura por la salud y la vida, con énfasis en la educación alimentaria y nutricional de madres y niños, y en la salud sexual y reproductiva, mediante la participación de la sociedad y la colaboración de los medios de comunicación social.”[83] Zugleich sollte die Ausweitung von Familienplanung zu Reproduktiven Rechten im Rahmen der Verfassung von 1998 nicht zu gering bewertet werden. Denn durchaus fanden sich nun weiter reichende Rechte als zuvor in der Verfassung. Es wurde auf die Freiheit der sexuellen Orientierung verwiesen, auch wenn die Ehe konzipiert ein Bund zwischen Mann und Frau blieb, und ganz deutlich wurden nun Reproduktive Rechte in einem weiteren Sinne als ein Recht auf Familienplanung verankert. Des Weiteren wurde auch die Gleichheit von Frau und Mann stark unterstrichen und als Ziel verankert. Dabei wurde immer wieder zumindest eine Art Tür offengehalten für eine weitergehende Interpretation, beispielsweise im Sinne einer Pluralität von mehr als zwei Geschlechtern oder sexuellen Identitäten. Artikel 81 etwa richtete sich gegen Sexismus, ohne diesen nur auf Frauen und Männer zu beziehen. Dies ließt zumindest eine weiter gehende Interpretation zu: „Se prohíbe la publicidad que por cualquier medio o modo promueva la violencia, el racismo, el sexismo, la intolerancia religiosa o política y cuanto afecte a la dignidad del ser humano.”[84]

Zugleich garantierte die Verfassung indigene Vorstellungen oder eine traditionelle Medizin. Auch hier zeigte sich die Bedeutung gesundheitlicher Aspekte von Reproduktiven Rechten, wie sie die Verfassung von 1998 hervorhob, sowie die Konzeption der gesamtgesellschaftlichen Verbreitung entsprechender Rechte und Versorgung.[85] Dies weist aber auch auf die Bedeutung indigener Akteur*innen in den 1990er Jahren in Ecuador hin. Die indigene Bewegung Ecuadors dieser Zeit kann dabei durchaus auch als soziale Bewegung gefasst werden. Sie reagierte auf die Erfahrungen von sozialer Diskriminierung, Ungleichheit und mangelnden Partizipationsmöglichkeiten. Dies führte zu Erhebungen in den frühen 1990er Jahren, die sich vor allem durch die Unzufriedenheit mit dem Regime, die ausgemachten virulenten Probleme anzugehen, bedingten. Eine weitere Folge war eine Zunahme der Koordination der zugehörigen Akteur*innen, wie es sie bereits im Rahmen der Gründung der Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador(CONAIE) 1986 gegeben hatte. Eine erste deutliche Erhebung fand im Juni 1990 statt. Diese führte für breite Schichten in Ecuador erst zu einem Bewusstwerden indigener Belange, sowie für die zugehörigen Akteur*innen dazu, als legitime Akteur*innen auftreten zu können. Zunehmend deutlicher wurden auch Landforderungen in den Mittelpunkt der Agenda gestellt und mit anderen Belangen verbunden. Zentral wurden für die Verbreitung einer „indigenen Agenda“ in Ecuador in dieser Zeit Märsche und symbolische Anlässe, wie die 500-Jahrefeiern der „Entdeckung“ oder Eroberung der Amerikas 1992. Mediale Aufmerksamkeit war so gesichert.[86] Die Regierungszeit von 1992 bis 1996 zeichnete sich schließlich durch eine Verstärkung der Konflikte der Zentralregierung mit indigenen Akteur*innen aus, gerade durch die Implementierung neoliberaler Politiken. So verbanden sich in dieser Zeit indigene mit anderen sozialen Akteur*innen im gemeinsamen Protest. Besonders gegen Privatisierungen und für Eigentumsrechte wurde gekämpft. Sexuelle und Reproduktive Rechte waren in diesem Kontext untergeordnet, auch der Forderung nach indigenen Minderheitsrechten, aber nie außerhalb der Agenda. Eine besondere Bedeutung hatte schließlich das Jahr 1997. In diesem fand nicht nur der Marcha por la Autonomía y la Plurinacionalidadvon der CONAIE statt, es wurde auch die Asamblea Popular Constitucionalorganisiert. Dies führte zu einer verbesserten Koordinierung und Mobilisierung sozialer und indigener Akteur*innen, die so wiederum Einfluss auf die neue Verfassung nehmen konnten, wenn auch nicht alles Vorgebrachte übernommen wurde.[87]

Neben indigenen Akteur*innen war das Wirken organisierter Frauenrechtsakteur*innen zentral im Vorfeld der Verfassungsgebung sowie im Rahmen dieser selbst. Beispielsweise feministische Aktivitäten gab es lange schon in Ecuador, immer wieder versuchten entsprechende Akteur*innen Einfluss auf die Politik zu nehmen. Mal geschah dies eher radikal in der Themensetzung, von freier Liebe zur vollständigen Kontrolle über den eigenen Körper gehend, mal eher thematisch begrenzt und Schritt für Schritt. Ein großer Schritt, entsprechende Anliegen auch institutionell voranzubringen, war die Bildung des Consejo Nacional de las Mujeres 1997. Dieser hatte Einfluss auf die Verfassung von 1998, erarbeitete aber auch danach noch diverse Pläne mit Bezug auf Sexuelle und Reproduktive Rechte, wie beispielsweise den Plan de Igualdad de Oportunidades 2005 – 2009.[88] Wichtig bezüglich Frauenrechten, Gewalt gegen Frauen und der Etablierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten war es auch nach 1998 Richter*innen, Anwält*innen sowie Polizist*innen zu sensibilisieren, aufzuklären und Erfahrungen auszutauschen. Auch hierbei waren Frauenrechtsakteur*innen besonders aktiv. Dafür wurden unter anderem Cinco talleres sobre identidad de género, legislación y género, acceso de las mujeres a la justicia abgehalten.[89]

Beim schließlich kodierten Grundrecht ist jedoch eine zentrale Einschränkungen zu machen. So bedeutet Nicht-Diskrimination nicht gleiche Behandlung, und anders herum kann gleiche Behandlung auch diskriminierend sein.[90] Zugleich wurde der Grundsatz der Nicht-Diskrimination in der Verfassung nur auf das Geschlecht und anderes wie das Alter bezogen, keineswegs aber auf die sexuelle Identität. Diese war somit keineswegs expressis verbis als Grundrecht geschützt durch die neue Verfassung. Dennoch wurde die Thematik Sexueller und Reproduktiver Rechte zu einem Topos der Strafgesetzgebung Ecuadors mit der neuen Verfassung.[91] Dies hob diese Verfassung von anderen lateinamerikanischer Länder dieser Zeit ab, aber auch global heraus und hervor. Die Verfassung zeigte in anderen Bereichen jedoch auch große Schwächen, so durch die deutliche Stärkung der Exekutive. Dies sollte unter anderem auch helfen soziale und zivilgesellschaftliche Proteste zu kontrollieren und klein zu halten, führte letztlich jedoch eher zu langen Jahren der Instabilität. Denn eine verbundene Frage war, und ist noch, welche Akteur*innen als legitim auf politischer Bühne anerkannt wurden und werden, primär Parteien, wofür die Verfassung von 1998 steht, oder auch zivilgesellschaftliche Akteur*innen. Dieser Streitpunkt prägte die Jahre nach 1998 in Ecuador mit.

Im Rahmen der (Fort)Entwicklung dieses Rechtes sowie des zugehörigen Konstrukts in Ecuador gilt es unterschiedliche Seiten und deren Zusammenspiel zu beachten, so das Zusammenwirken der formalen Seiten, der Verfassung beispielsweise, mit Akteur*innen, die für die strukturell-institutionelle Seite stehen, etwa der Asamblea Nacional Constituyente, und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, von Akteur*innen für das Fortschreiten von LGBTIQ*-Rechten hin zur katholischen Kirche.[92]

Das Ecuador im formalen Rahmen in diesem Feld voranschritt und früh weiter ging als benachbarte Länder entsprach einer gewissen Tradition. Früh gab es beispielsweise in Ecuador einen Kampf um ein Wahlrecht für Frauen, deutlich bereits in den 1920er Jahren. In den 1990er Jahren wurde ebenfalls vorangegangen in diesem breiten Themenfeld, mit Gesetzten gegen Gewalt gegen Frauen und einer deutlichen Positionierung gegen den Vatikan auf der Konferenz 1994 in Kairo.[93] Dazu kamen weitere Initiativen, zeitlich parallel zur Bemühung um eine neue Verfassung 1998. Dies war die Schaffung des Consejo Nacional de las Mujeres 1997, aber auch das Ley sobre Educación para la Sexualidad y el Amor 1998; letzteres inkludierte eine deutliche Gender-Perspektive, sollte sich aber auch mit Abtreibungen, Homosexualität oder der Verbindung von Sexualität und Liebe befassen. Die Darstellung dieser Verbindung stand aber auch deutlich in der Kritik, da sie eine quasi zwangslogische Verbindung von Sexualität und Liebe postulierte. Im Rahmen der Verbindung von Sexualität und Liebe wurde einerseits die Konstruiertheit von Sexualität betont, deren Verweis auf eine imaginäre und symbolische Ebene respektive Ordnung offen gelegt. Zum anderen wurde diese Konstruiertheit aber zugleich wieder hinter dem Postulat der zwangsweisen Verbindung von Sexualität und Liebe verborgen, also das Konzept nicht völlig geöffnet, die Wirkungsmacht der Bilder und Ordnungen vor allem genutzt und nur bedingt hinterfragt oder geöffnet.[94]

Auch Gewalt gegen Frauen wurde 1998 deutlicher thematisiert als zuvor und zu einem Topos der öffentlichen Gesundheit erklärt. Im Jahre 2000 wurden die entsprechenden Bemühungen auch über Schulen hinaus ausgeweitet. Des Weiteren wurde 1998 das Ley de Maternidad Gratuita y Atención a la Infancia verabschiedet, welches sich explizit mit Familienplanungsmaßnahmen und der Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten befasste. Verbunden damit waren der Plan de Reducción de la Mortalidad Maternavon 1997/1998 und der Plan de Maternidad Saludablefür den Zeitraum von 1999 bis 2003. 1998 wurde dazu ein Manual de Normas y Procedimientos para la Atención de la Salud Reproductiva geschaffen. Dieses Manual verweist deutlich darauf, dass Reproduktive Gesundheit sich zu dieser Zeit deutlich auf Schwangerschaft und Geburt fixierte, und keine Ausdehnung hin zu Sexueller Gesundheit stattfand. Die Verfassung dieser Zeit ging mindestens potentiell sehr weit bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten und verbundener Gesundheit, aber die konkreten Gesetze, insbesondere im Bereich Gesundheit, blieben dahinter zurück. Die Verfassung Ecuadors war zu diesem Zeitpunkt die einzige, die sich auf Sexuelle und Reproduktive Rechte bezog, der Fokus in der Umsetzungspraxis aber waren noch Reproduktive Rechte und Gesundheit.

Bei all diesen Bemühungen und Aktivitäten spielten NGOs (Non-Governmental Organizations) und andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen eine entscheidende Rolle. Die ecuadorianische Zivilgesellschaft insgesamt war stark in diesen Jahren. Doch war dem nicht immer so gewesen, vielmehr stand dahinter eine lange Geschichte von Auseinandersetzungen. Einschneidend war dabei die Entdeckung von großen Vorräten an Erdöl Anfang der 1970er Jahre, die das Leben in Ecuador deutlich verändern sollte. Es kam zu einem Militärputsch und bis 1979 herrschte das Militär über Ecuador. In den 1970er Jahren wurde, unter Führung der Militärs, massiv gegen zivilgesellschaftliche Kräfte vorgegangen, insbesondere jene, die sich für Indigene Rechte einsetzten. 1979 wurden schließlich wieder Wahlen abgehalten, der gewählte Präsident Jaime Roldós starb allerdings unter ungeklärten Umständen bei einem Flugzeugabsturz 1981. Die Rückkehr zur Demokratie gestaltete sich insgesamt als schwierig, dies lag nicht nur am Unfalltod von Roldós. Auch kam es zu massiven ökonomischen Problemen durch ein Ende des Ölbooms sowie Dürren und Überflutungen. Als Gegenmaßnahme wurde auf eine massive Modernisierung, inklusive deutlicher Privatisierungen, und eine Anbindung an die USA gesetzt, auch im so stilisierten Kampf gegen Drogen. Dieses Vorgehen wurde jedoch gleichfalls massiv kritisiert. Zivilgesellschaftliche Kräfte erstarkten, auch in Opposition zur Regierungspolitik. Eine Thematik dabei war die Öffentlichkeit der Körperlichkeit, die thematisiert und problematisiert wurde. Es entstanden unterschiedliche zivilgesellschaftliche Verbindungen zu sehr unterschiedlichen Themensetzungen, die sich schließlich in den 1990er Jahren deutlich einbrachten und einbringen konnten, und so auf die vorgestellten Gesetze und die neue Verfassung Einfluss ausübten und ausüben konnten. Noch Ende der 1980er Jahre kam es jedoch zu deutlichen Menschenrechtsverletzungen, gerade auch gegen LGTBIQ*-Menschen, etwa auf Grundlage der unter Strafe Stellung von Homosexualität in Ecuador, die erst 1997 endete, aber bereits in den 1990er Jahren weniger dramatische Ausmaße annahm als noch in den 1980er Jahren. Die Verfolgungen in den 1980er Jahren wurden auch durch die stetige Verbindung von Homosexualität mit dem Aufkommen von HIV / AIDS begründet.[95] Die 1990er Jahre waren dann von deutlichen zivilgesellschaftlichen Bemühungen gekennzeichnet. Gerade zum Thema Menschenrechte und Indigene Rechte wurde diese aktiv. Dabei wurde zunehmend der Entwurf einer ecuadorianischen Identität als mestizisch in Frage gestellt sowie eine verbreitete Bewertung von Indigenität als eher negativ. Dies verlief zunächst parallel zu einer Präsidentschaft von 1988 bis 1992, jene von Rodrigo Borja, die sich nicht nur für Freihandel, sondern auch den Schutz von Menschenrechten einsetzte. Er versprach zugleich eine moralische Revolution und ökonomische Stabilität.[96] 1992 kam es so in Quito zum Indigenen Marsch, der für die Rechte indigener Völker Ecuadors eintrat. Dieser schloss sich an die 500-Jahres-Feiern der „Entdeckung“ der Amerikas an und hatte so Aufmerksamkeit sicher. Doch endete diese Phase staatlicher-zivilgesellschaftlicher kooperativer Verbindungen mit einem neuen Präsidenten, Sixto Durán-Ballén, der auf einen noch deutlicher neoliberalen Kurs und außenpolitische Konfrontationen, die bis zu einer militärischen Auseinandersetzung mit Peru 1995 reichten, setzte. Er passte Ecuador deutlich an IWF Vorgaben an. Daraus folgten allerdings Preissteigerung und eine ökonomische Krise. Die Auseinandersetzungen mit zivilgesellschaftlichen Kräften nahmen auch deshalb in diesen Jahren deutlich zu. Auf die Proteste wurde mir Soldaten reagiert. Hinter den Protesten standen jedoch zunehmende soziale Spannungen und Polarisierungen durch neoliberale Reformen und Privatisierungen.[97] So gab es zwar nominell Auseinandersetzungen mit jenen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, die für Indigene Rechte eintraten. Dabei war die indigene Bewegung dieser Zeit in Ecuador jedoch stets auch eine soziale Bewegung. Der Vertretungsanspruch ging so über Indigene hinaus. Ziele dabei waren soziale Veränderungen, aber auch die Deklaration Ecuadors als Estado Plurinacional, und so die Anerkennung unterschiedlicher Völker als Grundlage Ecuadors, inklusive einem folgenden und verbundenem neuen Rechtsverständnis. Aber es gab auch Auseinandersetzungen mit jenen zivilgesellschaftlichen Kräften, die für Sexuelle Rechte eintraten. Frauengruppen intervenierten stark in dieser Zeit und thematisierten den Körper als Kampfgebiet von Diskursen, aber auch als Mittel der Setzung von Agency. Dabei wurden sowohl Körper an sich thematisiert als auch die eigenen eingesetzt, um die Vergeschlechtlichung von Körpern zu problematisieren.[98]

1996 trat erstmals ein indigenes Wahlbündnis zur Wahl an – Indigene Rechte sollten so mehr in den Fokus rücken. Tatsächlich gelang es 1996 ein Ministerio de Asuntos Étnicos zu etablieren. Das durchaus populistische Agieren der Regierung führte jedoch zu Spannungen innerhalb der indigenen Bewegung, Trennungen nach Positionen und so einer Schwächung.[99] Auch nahmen nach der Wahl die Comisarías de la Mujer y la Familia deutlich zu. Das erste dieser Art war allerdings bereits 1994 in Guayaquil entstanden. Dies sollte helfen Frauenrechte und –anliegen zu stärken. Der gewählte Präsident dieses Jahres 1996 war Abdalá Bucaram, der auch Sozialreformen versprach. Er versuchte einerseits das gesamte Volk einzunehmen, andererseits paktierte er mit mächtigen Einflussgruppen. So kamen sehr schnell Korruptionsvorwürfe auf und auch bei Arbeiternehmer*innenvertreter*innen oder Geschäftsleuten wurde er sehr schnell unpopulär. Bereits im Februar 1997 wurde er abgesetzt, offiziell wegen mentaler Probleme.[100] Ersetzt wurde er durch einen Interimspräsidenten. Doch reichte den zunehmenden Protesten dieser Schritt noch nicht. Diese waren sehr weitreichend und umfassten beispielsweise die Besetzung der Kathedrale von Quito und mehrere Marchas. Die zivilgesellschaftlichen Aktivitäten dieser Zeit können als Ausdruck einer sich entwickelnden Justicia Plurinacional gedeutet werden. Die Völker Ecuadors forderten deutlicher gehört zu werden. So wurde gleichfalls eine verfassungsgebende Versammlung gefördert, die bald unter einem neuen Präsidenten, dem zweiten Interimspräsidenten, nach einem Referendum auch eingesetzt wurde. Im Anschluss gab es Neuwahlen, die sehr knapp ausgingen. Der neue Präsident amtierte dann bereits auf Grundlage der neuen Verfassung.[101]

Eine Thematik die in diesem Rahmen und dieser Zeit ebenfalls in Ecuador Bedeutung erlangte, war die Uminterpretation respektive Erweiterung von Rechtskonzepten. Dazu gehörte eine Bindung von Rechten nicht mehr an den Status als Bürger*innen, sondern an pueblos. So konnte eine spezifische salud indígena verfolgt werden, sowie kulturelle Eigenheiten oder auch spezifische Identitäten mehr Berücksichtigung erfahren. Dieser Prozess relativierte dabei Rechtskonzepte und ließ gewissermaßen deren Aufweichung in Differenzierung zu, erleichterte es aber zugleich unterschiedliche Rechte für spezifische Gruppen zu akzeptieren und zu verfolgen. Dazu gehörten auch Rechte entlang sexueller Identitäten. Die Auseinandersetzung war dabei jene zwischen der Universalität von Rechten und der positiven Bewertung von Multikulturalität und Pluriidentitäten, die jedoch wiederum eine Relativierung universeller Rechte zur Folge haben konnte.

Der neue Präsident 1998 schuf zwar Frieden mit Peru, doch nahm seine Popularität rasch ab. Der Hintergrund war die Einführung des Dollars als offizielle Währung in Ecuador sowie die weiterhin hohe Inflation. Große Teile der Bevölkerung verloren in dieser Zeit ihr knappes Erspartes, während jene reicheren Ecuadorianer*innen, die bereits ihr Vermögen in Dollar angelegt hatten, durch diese Maßnahme relativ noch reicher wurden. Im Jahre 2000 kam es zu einem erneuten Staatsstreich. Hinter diesem standen linke Militärs, aber auch indigene Gruppen, die im Januar 2000 den Präsidenten absetzten. Im Rahmen der indigenen Bewegung führten mehr resultierende Macht und die Beteiligung deutlich zu mehr Spannungen. Im Verlaufe des Staatsstreichs wurde das Parlament besetzt und eine Junta de Gobierno de Salvación eingesetzt, ein Triumvirat aus einem Militär, einem ehemaligen Verfassungsrichter als Repräsentant für die sozialen Bewegungen und einer indigenen Führungsperson. Doch bald, auch auf ausländischen Druck, wurde der bis Januar als Vizepräsident amtierende Gustavo Noboa zum Präsidenten erhoben; er löste das Triumvirat ab.[102] Derweil nahm die auch offizielle Bedeutung von Indigenität zu – erstmals wurden im Zensus von 2001 Indigenität ausgewiesen und es gab zunehmende staatliche Bemühungen, auch in indigenen Gegenden präsent zu sein, trotz der Betonung eigener Rechte und eines Rechtes auf bedingte Selbstverwaltung.[103]

In diesen Jahren wurde von staatlicher Seite deutlich auf eine Umsetzung Sexueller und Reproduktiver Rechte gesetzt. Dies lag nicht notwendigerweise an der neuen Verfassung, sondern mindestens ebenso sehr an Zahlen, die für Aufruhr sorgten und aus Sicht vieler zum Handeln de facto aufforderten. So wurde festgehalten, und als Begründung für die Maßnahmen ab 2000 angeführt, dass in Ecuador 68 Prozent der ersten sexuellen Kontakte vor dem 18 Geburtstag stattfänden. Damit verbunden wurden argumentativ frühe Schwangerschaften und ein Gebot zu vermehrter Aufklärung.[104] Zudem mangelte es, so Erkenntnisse dieser Zeit, an einer professionellen Begleitung von Geburten, vor allem auf dem Land.[105] Auch die Fälle von HIV / AIDS wurden als langsam steigend und somit alarmierend deklariert.[106] Verhütungsmittel galten Ende der 1990er Jahre zwar als verbreitet bekannt, mit deutlichen Einschränkungen in ruralen Gebieten, doch verhüteten deutlich weniger Menschen als sie kannten, unter Teenagern gar nur eine Minderheit.[107] Doch wurden auch positiv gedeutete Zahlen und Erkenntnisse unterstrichen, als nachträgliche Rechtfertigung bereits ergriffener Maßnahmen und zur Forderung und Förderung weiterer. So wurde herausgestellt, dass die männliche Beteiligung im Rahmen Sexueller und Reproduktiver Gesundheit sich in Ecuador deutlich erhöht habe, genauso wie die Teilhabe an pränatalen Kontrollen und der Geburt. Frühzeitige Beratungskontakte führten zudem zu weniger Gewalt, so eine ausgemachte Erkenntnis dieser Jahre, die zugleich massive Beratungsangebote rechtfertigte und förderte.[108] Gewalt gegen Frauen war dabei immer wieder ein Themenkomplex, der begründend und rechtfertigend vorgebracht wurde für Sexuelle und Reproduktive Rechte, führe diese doch zu Verletzungen von Autonomie und Selbstbestimmung, setze Rollen und kontrolliere. Ecuador bezog sich bei seiner Verurteilung dieser auf die Deklaration von Wien.[109] Ein weiteres ausgemachtes Problemfeld dieser Jahre war Gewalt gegenüber Kindern. Gerade gegenüber weiblichen Kindern wurden so deklariert alarmierende Zahlen von Gewalt verzeichnet, die auch einen Eingriff in die Sexuellen Rechte bedeutete.[110] All dies wurde als Anlass zum Handeln ab 2000 im Feld Sexueller und Reproduktiver Rechte vorgebracht.

Noboa amtierte bis Januar 2003, also die restliche Amtszeit. Diese Zeit brachte eine wirtschaftliche Erholung mit sich, allerdings wurden der Regierung massive Versäumnisse in der Begegnung von sozialen Missständen vorgehalten. Gleichfalls fand das Festhalten am Dollar Kritik. Dennoch wurde beispielsweise in dieser Zeit die Konzeptionen Indigener Rechte erweitert und Minderheitenrechte auch auf Afroecuadorianer*innen ausgedehnt, die damit mehr Aufmerksamkeit erhielten. Dahinter standen entsprechende zivilgesellschaftliche Akteur*innen und die Agenda Política de Mujeres Negras del Ecuador von 2000. Auf den vom Vizepräsidenten zum Präsidenten aufgestiegenen Gustavo Noboa folgte 2003, nach der Wahl 2002, der ehemalig Militär Lucio Gutiérrez, der am Coup von 2000 beteiligt gewesen war. Bei dieser Wahl zeigte sich die indigene Bewegung deutlich gespalten, gerade mit Bezug zur Positionierung gegenüber neoliberalen Maßnahmen. So wurde kein eigener Kandidat aufgestellt. Nicht zuletzt das Vorgehen 2000 war sehr unterschiedlich bewertet worden, auch die Proteste ein Jahr später, die sogar zu Todesopfern führten. So wurde 2000 nicht nur temporär ein Triumvirat unter indigener Beteiligung, sondern auch ein Parlamento Nacional de los Pueblos de Ecuador geschaffen, eine Art Gegenregierung, in der sich indigene und soziale Bewegungen vereinten. Gutiérrez erfuhr indigene Proteste und Ablehnung, konnte seine Macht aber auch mit Hilfe indigener Akteur*innen konsolidieren. Die Verbindungen zivilgesellschaftlicher-indigener Akteur*innen zum Militär wurden dabei deutlich und auch weiter gestärkt, zugleich riefen diese Kritik in weiten Teilen der indigenen Bewegung selbst hervor. Generell zeigt sich, dass soziale Bewegungen in Ecuador sich immer dann hervortaten in diesen Jahren, wenn es zu Momenten der Krise kam. Systemische Krisen erhöhten so die Legitimität und Autorität nicht etablierter politischer Akteur*innen, wie eben zivilgesellschaftlicher Akteur*innen für Indigene oder Frauenrechte. Dabei war legale Vertretung so nicht gegeben, aber eine temporär akzeptierte legitime. In den 1990er Jahren, aber auch in der ersten Hälfte der 2000er Jahre, nahm die Unzufriedenheit mit dem System und der Ausgestaltung der Demokratie in Ecuador dramatisch zu. Und daran konnte die neue Verfassung von 1998 auch nur bedingt und kurzzeitig etwas verändern.[111]

Dennoch waren es Jahre die eine deutlichere Sichtbarkeit von LGBTIQ* mit sich brachten, auch unter Bezug auf Sexuelle und Reproduktive Rechte. So wurde im Jahr 2002 die jährliche Kinoreihe „El lugar sin límites“ initiiert, die LGBTIQ* mehr Sichtbarkeit bescheren sollte, auch im kulturellen Rahmen. Dies ermöglichte zugleich politisch zu wirken wie öffentliche Diskurse und Bilder zu prägen und zu verändern. Fokus dabei war Homosexualität, aber es wurde auch darüber hinausgegangen. Das Ereignis, auch in seiner regelmäßigen Wiederkehr, stand für eine Öffnung zu dieser Thematik, aber auch eine Betonung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten zu dieser Zeit.[112] „El principal objetivo del Festival fue entonces la creación de imágenes más “coherentes” con la realidad, elaboradas ahora desde la experiencia de los propios actores. El lugar sin límites además es un espacio que condensa múltiples actores y es un escenario donde se encuentran y desencuentran diferentes discursos e ideas de la representación de la homosexualidad a nivel local y los cruces y apropiaciones con lo internacional.“[113] Allerdings war es eine Zeit in Ecuador, in der noch deutlich männlich konnotierte Homosexualität als Thematik LGBTIQ* einnahm und zugleich überdeckte. Dies stand durchaus auch in der Kritik entsprechender anderer LGBTIQ*-Akteur*innen, war aber prägende gerade für die frühen 2000er Jahre.[114]

Der ab 2003 amtierende Gutiérrez zog sich jedoch gleichfalls schnell Kritik zu und polarisierte die Gesellschaft weiter. Derweil wuchs die Bevölkerung Ecuadors, jedoch zunehmend langsamer – eine Tendenz bereits seit den 1970er Jahren. Auch deshalb wurde die Bevölkerung Ecuadors zunehmend älter, was beispielsweise Altersarmut zu einem zunehmend bedeutsamen Themenfeld machte.[115] Gutiérrez war es jedoch weder möglich, sich diesen Herausforderungen zu stellen, noch eine stabile Regierung zu bilden, dafür fehlte ihm deutlich eine Mehrheit im Parlament. Daher musste er auf wechselnde Koalitionen setzen. Zur Instabilität kam sein erfolgreicher Versuch Ende 2004 hinzu entgegen der Verfassung den Obersten Gerichtshof aufzulösen und neue Richter einzusetzen. Verbreitet wurde dies als Maßnahme gewertet, jenem 1997 abgesetzten Präsidenten Bucaram eine Rückkehr aus dem Exil zu ermöglichen. Dessen Partei unterstützte Gutiérrez und hatte unter anderem ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn verhindert. Tatsächlich ließ das neue Gericht seine Korruptionsvorwürfe gegen Bucaram fallen und dieser kehrte aus seinem Exil zurück. Die dabei deutlich zu Tage tretende Korruption führte zu massiven Protesten und einer Abwendung von Gutiérrez auch von Seiten der Mittelklasse. Nachdem im April 2005 auch die Armee offiziell Gutiérrez die Unterstützung versagte, wurde Gutiérrez schließlich abgesetzt und stattdessen sein Vizepräsident Alfredo Palacio zum Präsidenten erhoben. Doch auch dieser sah sich deutlichen Protesten ausgesetzt. Dazu gehörten Proteste gegen ein mit den USA geplantes Freihandelsabkommen in den Jahren 2005 und 2006. Bei den Wahlen 2006 wurde schließlich Rafael Correa zum Präsidenten gewählt, der zuvor unter Palacio bereits Finanzminister gewesen war. Anfang 2007 trat er sein Amt an. Auch bei dieser Wahl gab es keine geeinigte indigene Stimme, sondern vielmehr deutliche Polarisierungen, die indigene Belange in ihrer Durchsetzungskraft eher schwächten.[116] So gab es zwar im Jahre 2006, im vereinigenden Kampf gegen Pläne für ein Freihandelsabkommen, wieder vereinte indigene Aktivitäten, und auch die CONAIE zeigte nochmals deutliche Mobilisierungskraft, aber für die Wahl 2006 reichte es nicht, Gegensätze zu überbrücken.[117]

Trotz der sozialen Spannungen dieser Jahre kamen Themen wie Sexuelle und Reproduktive Rechte in diesen Jahren durchaus voran. So wurden 2006 neue Texte für die staatliche Sexualerziehung herausgegeben. Verbunden war dies mit Debatten darum, wie weit Jugendlichen ein Zugang zu Verhütungsmitteln, aber auch zur Pille danach oder Abtreibungen in Notsituationen gewährt werden sollte. Dabei zeigte sich die ecuadorianische Gesellschaft deutlich gespalten, und dies nicht nur bezüglich Abtreibungen.[118] Die einen betonten das Primat der Sexualerziehung durch Eltern, andere jenes der Sexualerziehung durch den Staat. Staatlich wurde zu diesem Zeitpunkt letzterer Position gefolgt und auf eine Ausweitung der Sexualerziehung durch den Staat gesetzt; der Código de Salud wurde entsprechend um Informierungs- und Bildungsbemühungen erweitert. Neben der auch in diesem Kontext vorgebrachten rein legalen Rechtfertigung solcher Maßnahmen als Durchsetzung von Menschenrechten gab es immer schon den Verweis auf nationale Notwendigkeiten, die eine Durchsetzung Sexueller und Reproduktiver Rechte notwendig machen würden, gerade auch für Jugendliche. Dazu gehörten lange eine relativ hohe Geburtenrate, aber auch soziale, ökonomische und gesundheitliche Probleme gerade von Frauen in Ecuador wie der mangelnde Zugang zu zentralen Service-Angeboten.[119] Des Weiteren wurden hohe Raten ungeplanter und ungewollter Schwangerschaften, eine Tendenz zu frühen Schwangerschaften und insgesamt durchschnittlich (zu) viele Geburten pro Frau als Rechtfertigung staatlicher Maßnahmen der Förderung und Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte vorgebracht. Auch Tode durch Schwangerschaftskomplikationen und deren Folgen waren in diesen Jahren noch deutlich verbreitet. Darauf zu reagieren war eines der Ziele der Politik Ecuadors in den 2000er Jahren, über alle Wirren und Veränderungen hinweg.[120] Zum Zustand Ende 2006 hielt die neue Regierung unter Correa fest: „La inequidad de género, la falta de oportunidades y mecanismos de empoderamiento de la identidad y derechos se refleja en el deterioro de la salud y calidad de vida de la mujer los cual se expresa mediante manifestaciones de discriminación, violencia y maltrato en todos los estratos de la sociedad.“[121] Insgesamt konstatiert wurden eine verbreitete große Ungleichheit in Ecuador und, verbunden damit wie diese bedingend, eine schlechte Verwaltung und ein zu deutlicher Zentralismus des Gesundheitssektors. Gerade die Teilhabe der Zivilgesellschaft wurde als unzureichend bewertet.[122] Darauf sollte mittels eines Aktionsplans regiert werden, der die dann 2008 in der neuen Verfassung festgeschriebene Rechtsauslegung de facto vorwegnahm. Dazu hieß es:

„Esta novedosa concepción garantiza el acceso, y la universalidad a servicios de salud de calidad sin discriminación, así como el derecho a la educación, información, consejería y orientación sobre su sexualidad y salud reproductiva; es un proceso fuertemente asociado al desarrollo de la mujer y del hombre, dentro de todos los ámbitos de acción y asegura el desarrollo humano a través de la responsabilidad del hombre y la mujer en calidad de padre y madre responsables. Parte del derecho que tienen todas las personas a una sexualidad plena y enriquecedora como elemento importante para alcanzar el bienestar individual y colectivo y como una responsabilidad individual, familiar y socio-cultural”.[123]

Zu Correas Wahlversprechen gehörten insgesamt ein vermehrter Fokus auf Armut und, verbunden damit, die Einberufung einer neuen verfassungsgebenden Versammlung. Jene trat noch im Jahr seines Amtsantritts 2007 zusammen und fertigte die heute noch gültige Verfassung Ecuadors von 2008 an, die in einem Referendum angenommen wurde. Dies machte Neuwahlen notwendig, aus denen wiederum Rafael Correa und seine Partei als Sieger im April 2009 hervorgingen.

 
7.3 Hintergründe

Hinter all diesen Entwicklungen stehen deutliche kulturelle Prozesse und Wandlungen in Ecuador. Diese wurden bereits bezüglich der Frage Indigener Rechte und kultureller Relativität universeller Rechte teilweise angedeutet. So begleitete den Prozess der Etablierung von Sexuellen und Reproduktiven sowie Indigenen Rechten in Ecuador stets ein Diskurs der Verbindung beider. Schon bezüglich Bevölkerungspolitiken in Ecuador war stets betont worden, es ginge nicht primär um Zahlen oder einen Ersatz einer Entwicklungspolitik, sondern eine qualitative Verbesserung, vergleichbare Argumente fanden sich auch bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten. In Ecuador wurde die verfolgte Bevölkerungspolitik als humanistisches Gesamtkonzept gefasst, zur ökonomischen und sozialen Entwicklung des Staates. Sie wäre demnach kein Substitut für Entwicklungspolitik. Zentral ginge es vielmehr darum, die Familie als Nukleus der Gesellschaft zu schützen, Frauen besser in die Entwicklung einzubinden, die Morbidität und Mortalität zu senken, aber eben auch das Bevölkerungswachstum zu regulieren. Dies sollte geschehen, damit die Ressourcen adäquat für die Bevölkerungsgröße seien und blieben, bei einer offiziellen Respektierung autonomer, informierter und verantwortlicher Entscheidungen von Individuen wie Paaren. In diesem Rahmen sollten beispielswiese auch die Beschäftigungsquote erhöht wie die Unterernährung bekämpft werden. Zuletzt ging es auch in Ecuador deklariert um eine bessere Verteilung der Bevölkerung.[124] Die Rhetorik war zentral hinter solchen Maßnahmen. Gleiches galt im Feld Indigener sowie Sexueller und Reproduktiver Rechte – die Rhetorik war wichtig, denn es galt den neuen Fokus nicht als auf Kosten etablierter Rechtskonzepte und -verständnisse gehend darzustellen. So galt es auch die Verbindung beider Rechtskonzepte zu zeigen, etwa im Sinne einer ausgemachten doppelten Exklusion als Frau und Indigene. Dafür standen Diskurse in den 1990er Jahren und spezifisch zur neuen Verfassung 1998. In diesem Kontext wurden aber auch weitere gesellschaftliche Tendenzen und Entwicklungen diskutiert und in Relation zu den neuen Rechtskonzepten gesetzt. Dazu gehörte die Tendenz zur deutlichen Urbanisierung, die mit einem ausgemachten Identitätswandel einherging und etwa Gefühle der Zugehörigkeit veränderte. Diese Prozesse hatten sich ab den 1970er Jahren zunehmend deutlich gezeigt. Zugleich trat die Differenziertheit der Bevölkerung, aber auch von Kategorien, immer mehr ins Bewusstsein. Zwar sollte es ’Indigene’ Rechte geben, diese aber klar darauf ausgerichtet sein, unterschiedliche Konzepte von Indigenität zuzulassen. Vergleichbares galt bezüglich Sexueller und Reproduktiver Rechte. Die Diskurse bewegten sich dabei gerade ab den 1990er Jahren weg von Frauenrechten für „Frauen“ hin zu ’Frauen’rechten für ’Frauen’ unterschiedlichster Selbstverortung respektive jene Menschen, die jener spezifischen Rechte bedurften. Dies umfasste klar Selbstverortungsprozesse aber auch Aushandlungsprozesse darüber, welche Rechte für wen wann und wo Gültigkeit hatten. Indigen zu sein war und ist jedoch nicht stets ein freiwillig gewähltes Label in Ecuador – wie „Frau“ zu sein. Wo laut Zensus viele „Indigene“ leben soll(t)en, finden respektive fanden sich immer wieder weniger, die dies für sich reklamieren. Eine Selbstzuschreibung als indigen ist stets divers, temporal abhängig und ein Politikum. Dies hält Personen, die das Label „indigen“ ablehnen, nicht davon ab, indigene Vorstellungen zu haben, beispielsweise von der Natur oder einer Ordnung. So muss und wurde von vielen Akteur*innen immer wieder simplifizierenden Zuordnungen und Scheidungen in aller Deutlichkeit widersprochen.[125]

Ein zentraler kultureller Hintergrund Sexueller und Reproduktiver Rechte war in Ecuador, wie verbreitet in Latein- und spezifisch Südamerika, ein prägender Machismo, der teilweise aber auch von Frauen reklamiert und angenommen wurde. Machismo wurde und wird noch verbreitet als Ursache oder Mit-Ursache für Rollenfestschreibungen in Ecuador ausgemacht.[126] Traditionell wird Ecuador von einer patriarchalen Ordnung einer dualen Natur geprägt. Dies gilt immer noch, jedoch nicht mehr mit der Drastik und Deutlichkeit wie vor 25 Jahren. Damit verbunden sind die Prägungen durch Machismo und Malinchismo. Dabei steht Malinche nicht nur für den Übergang der alten zu neuen Welt, den Fall vor den spanischen Conquistadoren, sondern verbreitet auch für die „schlechte“ und „perverse“ Frau, die sich „willig“ „den Spaniern“ an den Hals warf. Während der Sünde Evas im katholischen Konzept etwa durch die Taufe in einem gewissen Rahmen begegnet werden kann, kann der Sünde Malinches niemals begegnet werden, so eine verbreitete Sicht. Zu beachten ist jedoch, das Malinche im Rahmen der Unabhängigkeit ab dem 19. Jahrhundert nicht nur in Ecuador, sondern verbreitet in Latein- und spezifisch Südamerika, auch als Opfer gesehen wurde und ein Symbol der Rehabilitierung und des „Neuen“ in der Mestizaje wurde. Dies zeigt den Dualismus von Konzepten und weist auf kontraintuitive Aneignung von Konzepten hin – so von sich so deklarierenden Frauen ein Stärkung von Machismo oder eine Eigenzuordnung zu Malinche. Dies ändert jedoch nichts an der Objektivierung von Frauen, die konstitutiver Teil des Machismo ist.[127] Auch in Ecuador ist der Machismo immer noch ein prägendes soziales Phänomen und Rollenbild, durchaus im Sinne von Männern als Conquistadoren. Fragen der Ehre und Freiheit stehen dabei zentral.[128] Der konzeptionell verbundene Konterpart dazu ist der Marianismo, gewissermaßen die weibliche Unterwerfung, genauer das Ideal der Mutter Maria als aufopfernde Mutter und Frau. Gerade weibliches Leid kann und konnte so positiv besetzt werden. Zugleich steht die Jungfrau Maria dabei für das Vermittelnde, und ist so im regionalen Kontext auch klares Symbol für die Mestizaje. Der Kult um Maria verbindet nicht nur in Ecuador, sondern im gesamten Untersuchungsraum und darüber hinaus, fast alle Glaubensrichtungen, von Volksfrömmigkeit zu elitären Ansätzen. Maria ist dabei die pura madre und polarer Gegensatz zur ehrlos gezeichneten Malinche.[129] Auch aufgrund der langen Dominanz solcher Konzepte galt bis Ende der 1980er Jahre die Feststellung, dass Frauen in Ecuador sich nicht frei entwickeln könnten. Statt um Sexuelle Rechte oder ein Recht auf eine Eigenfassung der subjektiven sexuellen Identität wurde noch für ein tatsächliches Recht auf eigene Entscheidungen gefochten. Verbunden damit waren allerdings bereits Bemühungen Sexualität positiv zu besetzen und so einen Mentalitätswandel im gesamten Rahmen von Geschlechterbeziehungen zu erreichen.[130]

Zugleich ist aber festzuhalten, dass sich Frauenrollen in Ecuador in der jüngeren Vergangenheit deutlich veränderten. Die verbreitete und zunehmende Doppelbelastung von Arbeit und Haushalt führte zu etwas, was einige als machismo de las mujeres fassten.[131] Dieses Phänomen gehört(e) zur Ausdifferenzierung von Rollen und Konzepten. Dabei galt es auch Sprachbürden anzugehen und das Verständnis von Normalität zu verändern. Erst wenn zentrale Elemente Sexueller Rechte als Topos sichtbar und damit normalisiert wurden, so die Einsicht, konnten diese auch Realität werden, über die legale Festschreibung eines Rechtes hinaus. Dies meinte ein breites Themenfeld, von der Normalisierung von Masturbation als Element der Sexualität hin zur Differenzierung von sexuellen Identitäten über binäre Fassungen hinaus. In diesem Kontext war Sexualerziehung ein Mittel und Weg.[132] Die Erkenntnis war, dass viele Klischees und Vorstellungen eher kulturell überprägt als auf realen Umständen begründet sind. Gerade Kinder und Mutterschaft als quasi notwendiges, und daher „normales“ Schicksal von Frauen zu sehen wurde dabei als üblich und zugleich Bürde für die Verbreitung von Sexuellen Rechten ausgemacht. Es handelte sich gewissermaßen um Mythen, die die verbreiteten Bilder prägen. Gerade tatsächliches physiologisches Wissen fehlt(e) in der Breite.[133] All diesem sollte begegnet werden, deutlich ab Mitte der 1990er Jahre, verbunden mit dem und zur Stützung des Wandels von Frauenrollen.

Im Kontext der Ausdifferenzierung und Hinterfragung von Frauenrollen wurden aber auch indigene Frauenkonzepte deutlicher gewürdigt von einigen Akteur*innen, etwa solche, die besonders die Fruchtbarkeit betonten, aber auch positiv konnotierten. In vielen indigenen Gruppen wurde das Dasein als Frau als Verpflichtung konzipiert, eine Wahlfreiheit gab es nicht. Noch dazu hatten Männer, diesem Konzept folgend, die Möglichkeit einer anderen Verbindung zur Natur in Form von „Mutter Erde“ als Frauen. Dies meint, dass die indigene Konzeption von Geschlechtlichkeit über Körperlichkeit hinausging, und auch mit einer Verortung in Welt und Kosmos verbunden war und ist. Frauen wurden dabei umfassender konzipiert, sie standen und stehen für Rahmen und Gesellschaftlichkeit, Männer hingegen in einer Position des Schützens und Bewahrens. Dies meint etwas anderes als Machismo, eine wechselseitige Bedingtheit.[134] Zugleich widerspricht dies einer Konzeption von Gleichheit, verweisen viele indigene Konzepte doch auf eine Komplementarität der Geschlechter und eine de facto Unmöglichkeit von Gleichheit. Gleichheit kann so im Sinne vieler traditioneller indigener Vorstellungen nur symbolisch erzeugt werden, während Frauen passiv bleiben und reale Hierarchien ebenfalls bestehen bleiben müssten und würden. Daran änderte auch die zunehmende ökonomische Bedeutung von Frauen gleichfalls im indigenen Kontext nichts. Doch setzten entsprechende zivilgesellschaftliche Akteur*innen für die Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte darauf, bei der zumindest teilweise vorhandenen symbolischen Gleichheit zu beginnen, und von diesem Ausgangspunkt aus auf eine zunehmend reale Gleichheit hinzuarbeiten. Wichtig ist es bezüglich dieser Darstellung jedoch zu unterstreichen, dass die Rollen jedoch nie völlig widerspruchsfrei oder monolinear waren oder sind. So gab und gibt es auch in indigenen Gesellschaften das Bild kriegerischer Frauen. Jedoch fehlt gerade bei Männern oftmals eine „Frauenrolle“. Rollen nicht nur für Frauen, sondern eben auch für Männer zu öffnen, erweist und erwies sich immer wieder als besonders schwer. Dies liegt auch daran, dass das männliche Bild deutlicher nach außen wirkt(e), Männer sind produktiv nach außen, Frauen nach innen, in die Gemeinde, durchaus im Sinne von Re-Produktion. Und Durchbrechungen zeigen sich am ehesten bei letzteren, nicht bei ersteren.[135] Auch noch in späteren Zeiten, so in den 2010er Jahren, galt es als problematisch in Ecuador, aber auch in anderen indigen geprägten Gebieten Südamerikas, Indigenität, Indigene Rechte und eine Akzeptanz der Multiplität von Geschlechtern zu verbinden. LGBTIQ*-Rechte gerieten und geraten so im indigenen Kontext und im Kontext indigener Minderheitenrechte an ihre Grenzen, nicht nur in Ecuador. Immer wieder suchen und suchten indigene LGBTIQ*-Menschen so einen Neuanfang außerhalb indigener Kontexte in Ecuador.[136]

Zentral für die Konzeption als Frau ist in vielen indigenen Traditionen die Mutterschaft, während für Männlichkeit Vaterschaft deutlich weniger zentral war. Dies meint auch, dass Unfruchtbarkeit in indigenen Kontexten zumeist weiblich konzipiert war und ist, nicht männlich. Solche Konzeptionen, wie die Verbindung von Frau zu Pancha Mama im Moment der Geburt, überdauerten die Zeit, stellten jedoch auch massive Herausforderungen dar, widersprachen sie doch beispielsweise dem in Ecuador verbreiteten Ideal von Geburten in Krankenhäusern. Aber indigene Konzepte wie Gemeinden waren vor Veränderungen auch nicht bewahrt. Dahinter steht wiederum die allgemeine Zunahme der Mobilität der ecuadorianischen Gesellschaft. So wurde traditionell in indigenen Kontexten nicht über Körperlichkeit und Sexualität gesprochen, beides galt als heilig, zu Pancha Mama zugehörig, nicht jedoch als Tabu. Dass inzwischen beides breit thematisiert wird, muss als Folge gesellschaftlicher Wandlungsprozesse gewertet werden. Gleiches gilt für neue Schönheitsideale oder das Aufkommen der Frage weiblicher Lust oder sexueller Erfüllung. Wurde auch in indigenen Kontexten weibliche Sexualität verbreitet auf Kinder und Reproduktion beschränkt, trat ab den 1990er Jahren zunehmend auch in diesen die Frage der Lust und der sexuellen Erfüllung ins Bewusstsein. Dies lag nicht zuletzt an entsprechenden Bemühungen zivilgesellschaftlicher Akteur*innen.[137] Zur Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte, als Rechte, aber auch als Konzept, bedurfte es demnach dem Überkommen von Bildern, von Vorstellungen, von Rollen und Modellen. Ein zentraler Weg dabei war die Kommunikation über und von Rechten. Auch galt es die Hegemonie von verbreiteten Bildern nicht nur zu erkennen, sondern dieser auch etwas entgegen zu setzen. So konnte aus der Normalisierung von Gewalt deren Hinterfragung und deutlich negative Bewertung werden. Hintergrund war dabei wiederum die Konzeption von Traditionen als sich über die Zeit verändernd, aber auch verändern könnend – so wurden Traditionen mit neuen Idealen und Rechten vereinbar. Das Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte beruht(e) auf dem Konzept körperlicher Integrität, dem „Selbstbesitz“ der eigenen Individualität. Doch wiedersprach dies durchaus einigen indigenen Konzeptionen, die Gemeinschaft und „natürliche“ Gebundenheit an Pflichten betonten statt individueller Wahl und körperlicher Autonomie. Dieser Gegensatz musste erkannte werden um diesen zu überwinden. Zugleich bedurfte es dafür der entsprechenden Akteur*innen, zivilgesellschaftlichen wie des Staates.

All dies kam in Ecuador ab Mitte der 1990er Jahre bis zur Verfassung von 2008 immer wieder zusammen, wenn auch nicht die gesamte Zeitspanne. Nur dies ermöglichte die Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte in indigenen, aber auch anderen Kontexten. „The legal dimension of HR legitimates their claims and provides an appearance of state power. On the other hand, human rights as law needs social movements. The implementation of HR law depends on publicity, on public outrage, and on pressure and shaming of recalcitrant governments. This is a symbiotic but tense relationship.“[138] Der entsprechende Wandel verlief in den 1980er Jahren noch sehr langsam und wurde vor allem von Frauen gesucht und zu erreichen gesucht. Dabei kam es zumeist erst zu Veränderungen des theoretischen Diskurses, bevor auch in der Praxis sich Änderungen zeigten. Erst mussten verbreitete Sichtweisen und Normalisierungen wie „Männer sind halt so“ überkommen werden, die Idee, Ungleichheit sei zwar nicht gut, aber eben „normal“ und daher existent, bevor nicht nur das Bewusstsein, sondern auch die Praxis des Verhältnis der Geschlechter, erst im binären Sinne, dann in einer multiplen Konzeption, verändert werden konnte. Dabei musste auch das alltäglich Gesprochene problematisiert, analysiert und kontextualisiert werden, Erklärungen wie Frauen wollten sich unterwerfen oder Männer bräuchten halt öfter Sex. Selbst wenn dabei darauf verwiesen wurde oder wird, dies sei nicht mehr so, formt und formte doch das Berichten auch das Denken, überdauer(te)n Konzepte als „Sprüche“ und Bilder. Nur mit einem holistischen Ansatz war und ist diesem beizukommen. So wurden in Ecuador große Mühen investiert entsprechendes zunächst zu erfassen und dann in einem zweiten Schritt zu problematisieren und schließlich zu dekonstruieren.

Problematisch im Sinne der erfolgreichen Durchsetzung entsprechender Vorhaben war in diesem Kontext in Ecuador, dass es zwar zivilgesellschaftliche Akteur*innen zu den unterschiedlichen Themen und Schwerpunktsetzungen gab, es aber lange an einer Vernetzung dieser mangelte. Dies zeigt ein Beispiel: Ecuador hat und hatte eine der größten Frauenbewegungen Südamerikas. Darüber Informationen zu finden, ist jedoch nicht einfach, die Einstellungen zu dieser waren und sind äußerst divers und durchaus nicht problemlos. Auch ihre Geschichte ist divers und immer wieder von Uneinigkeiten gekennzeichnet. Es gibt und gab eine Multiplität und Diversität an Akteur*innen und Organisationen. Einige wirk(t)en als NGO, andere haben oder hatten keinen formalen Status. Aber auch Gewerkschaften und andere Gruppen Professioneller widme(te)n sich der Thematik und sind respektive waren im größeren Sinne in „der Frauenbewegung“ aktiv. Gleichfalls staatliche, indigene oder konfessionelle Gruppen gab und gibt es in diesem und zu diesem Bereich. Deutlich waren und sind die Zentren der Aktivität Quito und Guayaquil. Doch fehlten lange Vernetzungen und Koordination. Verbunden war dies mit einem Mangel an Publizität. Hier brachten erst die 1990er Jahre langsame, aber zunehmend deutliche Fortschritte, auch mit der zunehmenden Verbreitung neuer Technologien. So nahmen die Vernetzungen zu, auch hin zu internationalen Akteur*innen und NGOs, aber auch die Außenwirkung und die koordinierten internen Diskurse. Dies ermöglichte es auch speziellere Themen zum Diskursgegenstand zu machen und mit Öffentlichkeit zu versehen, wie beispielsweise das Schicksal vertriebener Frauen. Dafür bedurfte es erst der Vernetzung und zunehmenden Orientierung auf eine Außenwirkung. Dies meinte auch eine Gender- und Indigenen-Perspektive bei Themen zu etablieren oder einzufordern, bei denen diese bis dato fehlte.[139] So wurden Verbrechen zunehmend unter diesen Perspektiven betrachtet, und damit gerade Gewalt gegen Frauen ein Thema.[140]

Dies bedeutet auch, dass in Ecuador die unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen nicht stets die gleichen Ziele verfolgten oder gemeinsam agierten. So verfolgten jene, die sich primär für Indigene Rechte einsetzten, vor allem das Ziel kulturelle Spezifitäten und Gebräuche anzuerkennen. Jene, die sich für Sexuelle und Reproduktive Rechte stark machten verfolgten jedoch vor allem das Ziel, jegliche Diskriminierung von Frauen, oder sogar auf Grund der sexuellen Identität zu überkommen. Damit wurde mindestens indirekt deutlich einer Höherwertigkeit von Gebräuchen widersprochen. Der Gegensatz zeigte sich beispielsweise beim Thema Gewalt gegen Frauen, die oftmals mit Werten, kultureller Diversität oder Indigenen Rechten erklärt oder sogar gerechtfertigt wurde. Dem stehen und standen allerdings Menschenrechte, unter anderem in Form von Frauenrechten entgegen, die eine Diskriminierung zum Werterhalt als unrechtmäßig ablehnen und ablehnten. Generell wurde und wird von jenen Akteur*innen für Sexuelle und Reproduktive Rechte kulturelle Relativierung problematisiert, da diese oftmals zu einer Kultur der Macht führe oder aber zu einer solchen führen könne. So wurde von dieser Seite immer wieder die Essentialität von Kultur thematisiert und dieser deren Wandelbarkeit gegenüber gestellt. Hinter diesen Gegensätzen standen und stehen unterschiedliche Sichtweisen oder Interpretationen von Minderheitenrechten. Wie weit diese auf Grundrechte Bezug nehmen mussten, oder diesen gar bedingt widersprechen durften, wurde unterschiedlich beurteilt. Firmierte unter diesem Rechtskonzept für Akteur*innen für die Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte das Ziel beispielsweise auch jüngeren Menschen oder solchen in indigenen Gemeinden beispielsweise einen Zugang zu Wissen im Sinne von Sexualerziehung zu gewähren, etwa über Verhütungsmethoden, verneinten andere unter Verweis auf Minderheitenrechte eben jenes Ziel, sei es doch beispielsweise das Recht indigener Gemeinden genau dies nicht zulassen zu müssen. Die Lösung indigener Akteur*innen für die Verbreitung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten war daher zumeist effektiv sowohl Menschenrechte einzufordern als auch kollektive Rechte als indigenes Volk, bei einer individuellen Ermöglichung der situativen Gewichtung. Hierbei war es wichtig, dass entsprechende Akteur*innen unterschiedliche Rollen einnahmen, in ihrer Gemeinde, in der sozialen Bewegung oder auch darüber hinaus. Nicht immer war es dabei möglich, alle Rollen auszutarieren und diesen gerecht zu werden.

Tatsächlich müssen vor diesem Hintergrund Menschenrechte, aber auch andere Rechtskategorien eines Staates, sowohl als Ergebnis von Aushandlungsprozessen gewertet werden, von Dialogen, als auch von Macht- und Setzungsprozessen. Gerade im Falle Ecuadors, dortigen Sexuellen und Reproduktiven Rechten im Verhältnis zu Indigenen Rechten, sind die hintergründigen Diskurse und Dialoge zu beurteilen und zu beachten. Stehen und standen hier doch Fragen zentral wie jene, was höher steht, nationale Rechte oder Rechtskonzepte mit internationaler Referenz wie kollektive Indigene Rechte, oder aber, ob letztere nicht vielmehr wiederum Teil von Menschenrechten und damit notwendigerweise kongruent zu machen mit Sexuellen und Reproduktiven Rechten seien.

In diesem Kontext war staatliche Unterstützung für zivilgesellschaftliche Anliegen zentral, die sich in Ecuador ab Ende der 1990er Jahre zunehmend deutlich etwa dafür einsetzte lokale Beratungsstellen aufzubauen oder über Informationsveranstaltung sowie den Versuch der Inklusion von Männern in die Bemühungen ein Umdenken zu erreichen. Dahinter stand die Erkenntnis, dass eine Rechtsgarantie erst dann Wirkung zeigt(e), wenn gegen Vergehen vorgegangen werden kann respektive konnte. Zugute kam diesen Maßnahmen im Sinne ihrer erfolgreichen Umsetzung, dass gesellschaftliche Veränderungen wie eine zunehmende Urbanisierung ein entsprechendes Umdenken beförderten. Dies sind die Hintergründe bis 2008 in Ecuador gewesen.

 

7.4 Entwicklungen ab 2008

Wird sich mit der neuen Verfassung in Ecuador ab 2008 befasst, sind zwei Begriffe von zentraler Bedeutung, die hier nun vor der inhaltlichen Vertiefung kurz ausgeführt werden. Der eine ist jener der Plurinationalität oder des Plurinationalen. Dies meint die Koexistenz mindestens zwei unterschiedlicher, klar trennbarer nationaler Gruppen innerhalb einer organisierten Gemeinschaft, wie Ecuador eine ist. Der Begriff umfasst unterschiedliche Kulturen, Weltsichten und „Völker“ innerhalb einer Einheit. Nationalität wird dabei plural begriffen und pluralisiert – Ecuadorianer*innen sind nicht alle gleich, sie gehören unterschiedliche nationalen Gruppen an, sie sind aber gleich darin, Ecuadorianer*innen zu sein. In einem solchen Konzept wird es vermieden die Gesellschaft eines Staates schematisch in mehrere Teile zu trennen, sondern es gibt multiple Völker, jedoch in einem dynamischen Verhältnis zueinander. Verbunden mit diesem idealistischen Konzept ist, mindestens angestrebt, eine deutliche Dezentralisierung in vielen Bereichen, die aber eben nicht zu einer Trennung führen soll. Die administrative Verfasstheit ist kulturell gebunden unterschiedlich, doch erst dies erlaubt die tatsächliche Teilhabe aller – dies ist ein Grundgedanke des Konzepts und ein vorgebrachter Hauptgrund dafür, einen Staat plurinational zu formen respektive zu konzipieren. Dieses hohe Maß an Autonomie und Dezentralität ist allerdings nur möglich, wenn Solidarität als Bindeglied besteht und Diversität mit Gleichheit verbunden wird. Dieser Begriff kennzeichnet Ecuador, deutlich seit 2008. Davon abzugrenzen ist Multinationalismus respektive ein multinationaler Staat – der zweite im Rahmen der Verfassung von 2008 zentrale Begriff. Ein solcher ist Ecuador nicht, Beispiele sind jedoch Groß Britannien, Kanada oder auch früher Jugoslawien oder die UdSSR. Es handelt sich um souveräne Staaten die aus mehreren klar getrennten Nationen bestehen. Dabei muss ein solcher Staat nicht multikulturell oder multilingual sein, kann es aber durchaus. Dies hängt auch von der Definition von „Nation“ deutlich ab. Dabei gibt es deutliche Herausforderungen und Uneinigkeiten, insbesondere bei der Fassung von „Nationalität“ oder bezüglich der Frage, ob Einwohner*innen eines solchen Landes simultan unterschiedliche Nationalitäten haben – als Schott*innen und Brit*innen beispielsweise. Zentraler Unterschied zur Plurinationalität ist, dass Multinationalität ein Übersystem der Verbindung mehrerer Nationalitäten meint, während Plurinationalität statt der Zusammenführung von Unterschieden die Interaktion von Unterschieden hin zum Gemeinsamen hervorhebt. Es ist im plurinationalen Sinne nicht die Frage, ob jemand Schott*in und Brit*in zur gleichen Zeit sein kann, sondern wie das stetige Zusammenwirken real existierender unterschiedlicher nationaler Gruppenidentitäten ausgestaltet werden kann. Dabei machen die unterschiedlichen nationalen Gruppenidentitäten das Gemeinsame aus und prägen wie schaffen dieses immer während, während in einem multinationalen Staat durchaus ein artifizielles Dach bestehen kann – als „Brit*innen“ oder eben „Jugoslawien“. Diese Artifizialität kann im Plurinationalismus überkommen werden, so zumindest die eigene Darstellung respektive das dahinter stehende ideale Konzept. Zugleich ist jedoch zu betonen, dass die Trennung dieser beiden Konzepte keineswegs einheitlich erfolgt und viel Variabilität und Offenheit zulässt.

In der Verfassung von 2008 gibt es mehrere Artikel mit Bezug auf das Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte, die hier von Belang sind. Dies wurde auch dadurch erreicht, dass sich LGBTIQ*-Akteur*innen mit feministischen Akteur*innen und Gruppierungen verbanden um gemeinsam stärkeren Einfluss im Rahmen der Verfassungsausarbeitung nehmen zu können. Dies ermöglichte es entsprechende Rechte im Vergleich zu 1998 deutlich auszudehnen.[141] In Artikel 11.2 heißt es seit 2008:

„Todas las personas son iguales y gozarán de los mismos derechos, deberes y oportunidades. Nadie podrá ser discriminado por razones de etnia, lugar de nacimiento, edad, sexo, identidad de género, identidad cultural, estado civil, idioma, religión, ideología, filiación política, pasado judicial, condición socio-económica, condición migratoria, orientación sexual, estado de salud, portar VIH, discapacidad, diferencia física; ni por cualquier otra distinción, personal o colectiva, temporal o permanente, que tenga por objeto o resultado menoscabar o anular el reconocimiento, goce o ejercicio de los derechos. La ley sancionará toda forma de discriminación. El Estado adoptará medidas de acción afirmativa que promuevan la igualdad real en favor de los titulares de derechos que se encuentren en situación de desigualdad.”[142]Und weiter heißt es in Artikel 11.9: „El más alto deber del Estado consiste en respetar y hacer respetar los derechos garantizados en la Constitución.”[143]

Damit geht die Verfassung von 2008 deutlich weiter als jene von 1998. Es wird nicht nur die sexuelle Orientierung hervorgehoben als Aspekt, der nicht zu Diskriminationen führen dürfte, sondern im Sinne einer weiten Fassung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten auch die identidad de género oder ganz allgemein ein diferencia física respektive die Infektion mit einer Krankheit. Die Verfassung versucht damit umfassend Diskrimination auszuschließen, nimmt sie doch alle weiteren möglichen nicht explizit genannten mit auf in das Verbot der Diskriminierung und erhebt den Schutz dieses Rechts auf Nicht-Diskrimination zur zentralen staatlichen Aufgabe. Dazu wird in Artikel 19 weiter ausgeführt: „Se prohíbe la emisión de publicidad que induzca a la violencia, la discriminación, el racismo, la toxicomanía, el sexismo, la intolerancia religiosa o política y toda aquella que atente contra los derechos.”[144] Doch bleibt es nicht nur bei Verboten und Geboten. Vielmehr wird auch der Bildungsauftrag entsprechend ausgeweitet, dass dieser holistischer wird und deutlicher Menschenrechte respektiert. Dazu soll die Bildung interkulturell und divers werden aber auch die Gleichheit der Geschlechter fördern sowie die Solidarität, und als Überbegriff den Frieden. Die Verfassung versucht ein Bild weitreichender Verbindungen zu zeichnen. Der Respekt vor Diversität, deren Schutz sowie deren Förderung dienen laut Verfassung der Gesellschaft und dem Frieden. Ein konzipierter Weg zur tatsächlichen Etablierung Sexueller und Reproduktiver Rechte ist dabei die Bildung, wie Artikel 27 hervorhebt:

„La educación se centrará en el ser humano y garantizará su desarrollo holístico, en el marco del respeto a los derechos humanos, al medio ambiente sustentable y a la democracia; será participativa, obligatoria, intercultural, democrática, incluyente y diversa, de calidad y calidez; impulsará la equidad de género, la justicia, la solidaridad y la paz; estimulará el sentido crítico, el arte y la cultura física, la iniciativa individual y comunitaria, y el desarrollo de competencias y capacidades para crear y trabajar.”[145]

Neben Bildung als Weg der Etablierung und Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte wird außerdem auf Gesundheit als zentrale Komponenten des Konzeptes in der Verfassung verwiesen. Dabei wird expressis verbis sowohl auf salud sexualwie auf salud reproductiva verwiesen als zwei zentrale Komponenten von schützenswerter Gesundheit. Auch wird ausgeführt, dass der Zugang zu Gesundheit unter anderen auf den Prinzipien der Gleichheit, Universalität, Interkulturalität und Solidarität basieren müsse. Dies folgt einem weiten Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte mit (einem) Fokus auf Gesundheit, aber eben nicht nur Reproduktiver, sondern auch Sexueller Gesundheit. So heißt es in Artikel 32:

„La salud es un derecho que garantiza el Estado, cuya realización se vincula al ejercicio de otros derechos, entre ellos el derecho al agua, la alimentación, la educación, la cultura física, el trabajo, la seguridad social, los ambientes sanos y otros que sustentan el buen vivir. El Estado garantizará este derecho mediante políticas económicas, sociales, culturales, educativas y ambientales; y el acceso permanente, oportuno y sin exclusión a programas, acciones y servicios de promoción y atención integra de salud, salud sexual y salud reproductiva. La prestación de los servicios de salud se regirá por los principios de equidad, universalidad, solidaridad, interculturalidad, calidad, eficiencia, eficacia, precaución y bioética, con enfoque de género y generacional.”[146]

Dies deutet auf eine weitreichende Berücksichtigung Sexueller und Reproduktiver Rechte, der Etablierung einer breiten Gender-Perspektive und der Rücksichtnahme auf positiv konnotierte multiple sexuelle Identiäten und Orientierungen. Doch finden sich auch in der Verfassung von 2008 Bezüge auf Reproduktive Rechte abseits Sexueller Rechte und eher im Sinne der Ausweitung eines Rechts auf Familienplanung. So erklärt Artikel 43: „El Estado garantizará a las mujeres embarazadas y en periodo de lactancia los derechos a:1. No ser discriminadas por su embarazo en los ámbitos educativos, social y laboral.2. La gratuidad de los servicios de salud materna.3. La protección prioritaria y cuidado de su salud integral y de su vida durante el embarazo, parto y posparto. 4. Disponer de las facilidades necesarias para su recuperación después del embarazo y durante el periodo de lactancia.”[147] Jedoch bleibt es nicht vor allem dabei, wie noch 1998, sondern es findet eine deutliche Ausweitung der Konzeption statt, wenn auch nicht in jedem verbundenen Artikel. Dabei wird auch nicht stets auf Sexualität verwiesen oder auf Geschlecht, sondern beispielsweise auch auf die schützenswerte Integrität jeder Person, durchaus aber im Sinne einer breiten Konzeption Sexueller und Reproduktiver Rechte. So heißt es in Artikel 66 der Staat garantiere:

„3. El derecho a la integridad personal que incluye:a) La integridad física, psíquica, moral y sexual.b) Una vida libre de violencia en el ámbito público y privado. El Estado adoptará las medidas necesarias para prevenir, eliminar y sancionar toda forma de violencia, en especial la ejercida contra las mujeres, niñas, niños y adolescentes, personas adultas mayores, personas con discapacidad y contra toda persona en situación de desventaja o vulnerabilidad; idénticas medidas se tomarán contra la violencia, la esclavitud y la explotación sexual.”[148] 

Darüber hinaus garantiert der Staat im selben Artikel weiterhin: „9. El derecho a tomar decisiones libres, informadas, voluntarias y responsables sobre su sexualidad, y su vida y orientación sexual. El Estado promoverá el acceso a los medios necesarios para que estas decisiones se den en condiciones seguras.10. El derecho a tomar decisiones libres, responsables e informadas sobre su salud y vida reproductiva y a decidir cuándo y cuántas hijas e hijos tener.[149]

Auch hier geht die Verfassung von 2008 deutlich über jene von 1998 hinaus, ohne völlig von dieser und ihrem Fokus auf Reproduktive Rechte abzurücken. Es werden nicht nur Frauen, Kinder, Jugendliche und ältere Menschen vor Gewalt geschützt, sondern alle, die sich in einer Situation der Verwundbarkeit befinden. Auch wird explizit auf das Recht verwiesen, Entscheidungen zur eigenen Sexualität zu treffen – dies impliziert auch Entscheidungen zur eigenen sexuellen Identität. Dies alles geht nicht auf Kosten der Betonung Reproduktiver Rechte, die weiterhin deutliche Betonung finden, sondern ergänzt und erweitert diese. Dem entsprechend wird auch weiterhin die Familie geschützt, aber ausdrücklich werden unterschiedliche Typen anerkannt und als gleichermaßen schützenswert deklariert in Artikel 67.[150] Beschränkend muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass gerade in Artikel 67 Grenzen der tatsächlichen Gleichheit eingezogen wurden, indem das Adoptionsrecht auf Paare unterschiedlichen Geschlechts beschränkt wurde und der Begriff Ehe von Ansprüchen von LGBTIQ*-Menschen auf diesen explizit ausgeschlossen wurde. Hier zeigen sich bei aller Progression in Richtung weiter Sexueller und Reproduktiver Rechte deren Grenzen in der Verfassung von 2008. Rafael Correa nutzte diese Grenzen schließlich auch, um die Katholische Kirche in ihrer Kritik an der neuen Verfassung im Rahmen des zugehörigen Referendums in ihrer Wirkungsmacht zu begrenzen. In diesem Kontext betonte er diese Grenzen besonders.[151]

Insgesamt zeigt sich in der Verfassung der Weg der Ausweitung der Konzepte, nicht des Ersatzes alter Konzepte durch neue. Sexuelle und Reproduktive Rechte können in „klassischen” Familien gelebt und erfahren werden, aber eben auch in vielen anderen. In der Konzeptualisierung Sexueller und Reproduktiver Rechte wie in der Verfassung von 2008 steckt ein großes Maß an betonter Freiheit. Dies zeigt sich an unterschiedlichen Exempeln: So wird 2008 deutlich in den Artikeln 69 und 70 darauf verwiesen, dass Gleichheit zwischen Mann und Frau herzustellen seien undmaternidad y paternidad responsable Grundkonzepte seien, die es zu fördern gelte.[152] Aber diese Betonung hebelt nicht mehr die Ansätze Sexueller Rechte aus, wie es in der Verfassung von 1998 oft noch der Fall war. So umfasst der Artikel 70 nicht nur die Gleichheit von Mann und Frau, sondern fordert auch eine Gender-Perspektive in Plänen und Programmen zu ergreifen. Dies muss nicht über binäre Geschlechterkonstrukte hinausgehen, doch dies ist immerhin möglich; diese Offenheit steht für die deutliche Öffnung der Verfassung von 2008 zu einem weiten Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte. Entsprechend heißt es in Artikel 70 vollständig: „El Estado formulará y ejecutará políticas para alcanzar la igualdad entre mujeres y hombres, a través del mecanismo especializado de acuerdo con la ley, e incorporará el enfoque de género en planes y programas, y brindará asistencia técnica para su obligatoria aplicación en el sector público.”[153]

Doch dies ist nur der legale Rahmen seit 2008. Die Realität sieht hingegen oftmals anders aus. „La brecha entre la letra de la Constitución y el ejercicio del derecho a la dignidad en el ámbito de la diversidad sexual, entre otras diversidades, es abismal.“[154] Weiterhin sind auch in Ecuador bipolare Rollenmuster, mangelnde Sexualerziehung und Wissen, Tabus und mangelnde Informationen, unzureichende Services und Zugänglichkeiten verbreitet. Dies führt beispielsweise zu deutlichen Raten von Teenager-Schwangerschaften und Problemen Sexuelle und Reproduktive Rechte gerade für Jugendliche umzusetzen. Es mangelt weiterhin an Wissen zu Krankheiten, aber auch zu Verhütung und deren Zugänglichkeit. Selbst basale anatomische Kenntnisse, gerade des anderen Geschlechts, fehlen verbreitet quasi völlig. Dazu kommen verbreitet sozialer, innerfamiliärer oder Druck von meist männlichen Partnern, die eine Umsetzung von verfassungsmäßigen Rechten erschweren.[155] Ecuador versuchte jedoch immer wieder, gegen dieses Auseinanderklaffen von Verfassungsrealität und Mehrheitsrealität anzugehen. So wurden bereits vor der Ausarbeitung der neuen Verfassung von 2008 immer wieder Maßnahmen und Projekte gestartet, die Sexuelle und Reproduktive Rechte voranbringen und stärken sollten. Dazu gehörten das Ley Contra la Violencia a la Mujer y la Familia 1995, das Ley sobre Educación para la Sexualidad y el Amor 1998, das Ley del VIH/SIDA 2000, die nationale Gesundheitspolitik von 2002, das Proyecto de Ley Orgánica de Salud von 2006, der Código de la Niñez y la Adolescencia 2004 und weitere Maßnahmen wie das Ley de Maternidad Gratuita y Atención de la Infancia von 1994 mit Revisionen 1998, 2000 und 2005.[156] Zunächst spielten dabei nichtstaatliche respektive zivilgesellschaftliche Akteur*innen eine tragende Rolle. Zu diesen gehörten insbesondere die Coordinadora Política de Mujeres Ecuatorianas (CPME) und seit 2005 die Asamblea de Mujeres de Quito. Aber auch weitere Akteur*innen waren aktiv, regional oder für spezifische Interessen oder Interessengruppen, wie für Afroecuatorianer*innen.[157]

Zu beachten ist, dass zwar indigene Konzepte nach 2008 auch im Kontext der Verbreitung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Ecuador deutliche Bedeutung hatten, aber indigene Akteur*innen kaum. Durch die Verbindung weiter Teile der indigenen Bewegung mit der vormaligen Regierung war und blieb diese unter Correa diskreditiert und auch in ihren Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Ausarbeitung der Verfassung von 2008 eingeschränkt.[158] Doch war die Aushandlung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten mit Fragen der Plurikulturalität und Indigenen Rechten in Ecuador auch nach 2008 noch virulent. Dessen wurde sich nun von Seiten staatlicher Akteur*innen genähert. Bezüglich Frauenrechten ist die Beachtung von Interkulturalität eine sehr große Herausforderung, gerade wenn Minderheitenrechte respektiert und gesichert werden sollen, interkulturelle Frauenrechte waren und sind ein Politikum sind. Dies zeigte sich mit den Umsetzungsbemühungen ab 2008 nochmals überaus deutlich. Dazu kommt, dass eben auch Schicht, Klasse, ethnische Zugehörigkeit und weiteres mehr auf die Realität von Rechten Einfluss haben, so wie Gender. Auch die Doppelexklusion als Frauen und Ethnie war und ist ein Thema in Ecuador, nicht nur in diesem Kontext, die Teilhabe indigener Frauen, deren Rechtsgewährung ein Fokus bei Umsetzungsbemühungen wie jenen Sexueller und Reproduktiver Rechte. Dies anzuerkennen, dafür wurde lange in Ecuador gekämpft, und doch in der indigenen Bewegung nie vollständig, bei dieser wurden andere Fokusse gesetzt. Zu beachten ist, Debattenräume sind zentral zur Realisierung von Rechten, durch den Streit für diese Rechte entstanden respektive entstehen diese erst. Ob ein Staat sich jedoch als plurikulturell oder multikulturell fasst, hat dabei durchaus unterschiedliche Folgen respektive Implikationen, die Betonung der Universalität von Rechten gestaltet sich unterschiedlich. Als Hintergrund zu beachten ist, dass Indigene Rechte international quasi zugleich Thema wurden wie Sexuelle und Reproduktive Rechte – die erste UN-Dekade Indigener Völker begann beispielsweise 1995. Dies brachte die Gefahr der interkulturellen Relativierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten mit sich – dagegen sprachen und sprechen aber zwei Grundkonzepte von Menschenrechten: deren Universalität und deren Unteilbarkeit. Dazu kommt noch deren Interdependenz. Letztlich heißt und hieß dies auch für Ecuador als plurikulturellen Staat, nur bei Gleichheit in den identifizierten oder so klassifizierten Gruppen kann Interkulturalität gewährleistet werden. Generelle Gleichheit der Bedingungen ist anzustreben – unter Berücksichtigung kultureller Konzepte, aber mit unteilbaren und universellen Sexuellen und Reproduktiven Rechten jedes Individuums als Rahmen. Dies kann aber nur in Dialogen realisiert werden, Kultur ist nämlich wandel- und so auch überzeugbar, keineswegs starr, wie oftmals im Konzept kultureller Eigenständigkeit oder bei Forderungen Indigener Rechte vorgebracht wird und wurde. Diese Feststellung verneint keine Unterschiede und Heterogenitäten, auch nicht bezüglich Genderkonzeptionen, aber die Option der Wahl, die Gleichheit der Möglichkeitsbedingungen darf dabei nicht negiert werden. Sie steht gelebten und bewahrten Unterschieden und Heterogenitäten auch nicht im Wege.[159] Gender ist immer auch ein kulturell geprägtes Konzept, und damit auch wandelbar. Zugleich haben Menschen jeglicher geschlechtlichen Zuordnung auch kulturelle Rechte oder Rechte auf Teilhabe, so dass sich Wandlungen multipel zeigen können und möglich sind. Dazu bedarf es jedoch einer Aufklärung über Rechte, einer Bewusstwerdung und Ermöglichungen dieser. Teilhabe aller war und ist in diesem Kontext zentral, über Geschlechter- oder kulturelle Grenzen hinweg, die sowieso stets diffus und konstruiert waren und sind.[160]

Es gibt und gab diverse Ansätze in Ecuador Menschenrechte und so auch Sexuelle und Reproduktive Reche zu verbreiten, insbesondere das Wissen über diese. Dabei ging und geht es primär darum aufzuklären und allen ihre Rechte erst bewusst zu machen. Dies geschah und geschieht in Ecuador durch diverse Medien, insbesondere bebilderte. Das hat schon eine lange Tradition. Einige sind in diesem Kontext als Arbeitsbücher mit Lektionen, Bildern und Aufgaben aufgemacht, so beispielsweise das Werk Derechos de la Mujer Indígenavon 1987.[161] Dies inkludierte noch nicht explizit Sexuelle und Reproduktive Rechte und Gesundheit, durchaus aber Verweise auf Elemente dieser. Einleitende Bilder und Szenen gingen bei diesem Werk in Lernlektionen über, nicht stets mit ganz eindeutigen Botschaften. Dies wurde aber eingefangen durch abschließende Botschaften zum Ende jeder Lektion. So wurde zu Familienplanung erklärt: „Exijamos el derecho a recibir información amplia sobre la esterilización, medio alternativos de planificación familiar”[162] – dies deutete bereits in Richtung Reproduktiver Rechte. Etwas anders gestaltete es sich in diesem Werk mit den politischen Botschaften. So hieß es: „Exijamos nuestro derecho a la participación política a través de la organización comunitaria y de las secretarías de la mujer indígena.“[163] Zugleich wurde aber offen erklärt, dass das Kämpfen für Frauenrechte hinter dem Kampf für Indigene Rechte zurückstehen müsse – eine Frage der Hierarchie die bis in die Gegenwart andauert. So hieß es explizit: „La mujer indígena no tiene una reivindicación propia como mujer porque está junto al hombre en la lucha por acabar con la explotación, discriminación y opresión que sufren las nacionalidades indígenas.“[164] Es war noch ein weiter Weg zur Betonung Sexueller und Reproduktiver Rechte. Auch nach 2008 wurde der Einsicht gefolgt, dass Medien bei der Erzeugung von Bildern und Mustern, sozialen Vorstellungen und Vorstellungen von Normalität eine zentrale Rolle spiel(t)en. Diese können und konnten so durchaus dazu beitragen beispielsweise Gewalt zu verhindern, Rechte zu verbreiten oder eben auch konträr dazu zu wirken. Auch Traditionen zu bewahren ohne Rechteverbreitungen zu gefährden bedarf und bedurfte einer bedachten und kritischen Medienpolitik.[165]

Allerdings entwickelten sich auch nach der Etablierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in der Verfassung massive Umsetzungsprobleme. Dies lag zum Teil an einer Perpetuierung oder auch Verschlimmerung zuvor bereits bestehender Tendenzen. So wurde früh im Rahmen der Verbreitung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Ecuador, neben der verfassungsmäßigen Verankerung, vor allem auf Gesundheitsmaßnahmen gesetzt, darunter spezifische gegen die Morbidität und Mortalität von Frauen, zur Verbreitung von Informationen zu Rechten oder auch Verhütung und der Erhöhung der Lebenserwartung. Mehr Gesetze, der proaktive staatliche Schutz und die Veränderung des Bewusstseins waren und sind Herangehensweisen dabei.[166] Dies begrenzt(e) jedoch deutlich die Reichweite und Tiefe von Sexuellen und Reproduktiven Rechten. So war und ist ein fortdauerndes Problem von entsprechenden Programmen die hauptsächliche Ausrichtung auf Frauen, weniger auf Männer. In diesem Rahmen wurde beispielsweise 2009 die Plataforma Nacional por los Derechos de las Mujeresins Leben gerufen, die sich spezifisch mit Frauenrechten auseinandersetzt(e) und deren Umsetzung, aber keineswegs die Anerkennung sexueller Identitäten oder die Verbreitung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in einer breiten Auslegung stützte.[167] Auch kulturelle Diversität spiegelt(e) sich in diesen Programmen kaum, vielmehr waren und sind sie massiv homogen. So mangelt(e) es einerseits an einer Reflektion mythischer oder religiöser Hindernisse von Entscheidungen oder Ansichten, andererseits an einer differenzierten Konzeption Sexueller und Reproduktiver Rechte. So war und ist die Durchsetzung Sexueller und Reproduktiver Rechte zwar ein erklärtes Ziel solcher Programme, aber eben in einer eher engen Fassung, deutlich unter Betonung von Reproduktion.[168] Statt eines neuen Rechtskorpuses, der beispielsweise auch das Recht auf eine eigene sexuelle Identität umfasst(e), wie in der Verfassung von 2008 etabliert, zeigte sich vielmehr in den Jahren seit 2008, dass auch weiterhin bei Sexuellen und Reproduktiven Rechten die (weibliche!) Reproduktion hauptsächlich thematisiert wurde und wird – dies begrenzt(e) das verfassungsgemäße Recht massiv und macht(e) in der Realität Sexuelle Rechte eher zu einem begrenztem Label. In der Eigendarstellung wurde dies allerdings deutlich anders gesehen, auch weil die binäre Geschlechtskonstruktion verbreitet nicht hinterfragt wurde und wird. So hieß es dazu 2012:

„Es importante mencionar que los derechos sexuales y derechos reproductivos de las mujeres no solo hacen referencia a los “programas de planificación familiar“; estos derechos aluden a todos los aspectos de la vida de las mujeres como el conocimiento y reconocimiento del cuerpo como el primer territorio soberano, y tienen como base una plataforma política que es el resultado de largos años de disputa de poderes basados sobre todo en la visión patriarcal de la pertenencia de los cuerpos de las mujeres y su decisión libre y voluntaria de reproducción (maternidad), así como de su derecho al placer y goce sexual sin discriminación alguna.“[169]

Diesem kann zugestimmt werden, das verbreitete Konzept ging über Familienplanung hinaus, beschränkte sich aber zugleich selbst in der rein theoretischen Fassung auf heteronormative sexuelle Identität und betonte dabei nachwievor die Bedeutung der Reproduktion.

Verbunden mit dieser Einschränkung der Umsetzungsrealität ist ein weiteres Problem, welches sich schon in den Jahren vor Correa und der neuen Verfassung zeigte. So ist beispielsweise auch der Zugang zu Familienplanungsmaßnahmen und Beratung ein Teil des Konzeptes von Sexuellen und Reproduktiven Rechten. Dieser wurde und wird in Ecuador vor allem über NGOs gewährleistet, sie boten und bieten Services, Beratungen oder auch (nur) Verhütungsmittel an.[170] Doch NGOs oder anders geformte zivilgesellschaftliche Akteur*innen sind und waren auch in weiteren Feldern, die mit der Thematik Sexueller und Reproduktiver Rechte verbunden sind, von zentraler Bedeutung. Etwa eine realisierte Gleichheit der Geschlechter selbst in einer binären Logik verlangt mehr öffentliche Präsenz von Frauen und mehr Verantwortungsübernahme von Männern in häuslichen Rahmen. Dazu gehört auch mehr Verantwortungsübernahme von Männern im Rahmen der Gewährleistung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten, die tatsächliche Verbindung der Konzepte von maternidad und paternidad responsable. Vor allem zivilgesellschaftliche Akteur*innen waren und sind in Ecuador in diesem Bereich aktiv und versuch(t)en dies voranzubringen. Doch mangelte es diesen schon in den Jahren vor 2008 an Geld, fast nur von außerhalb wurden entsprechende Aktivitäten finanziert, unter anderem vom UNFPA ein Projekt zu Sexuellen Rechten in den Streitkräften.[171] Generell waren und sind NGOs und andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen zentral im Bereich des Vorantreibens sozialer Belange. Dies zeigte sich bei den Verfassungsreformen und der Etablierung neuer Gesetze. Gerade Diskussionen und Erarbeitungen von Vorschlägen fanden vor und nach 2008 über, mit sowie durch unterschiedliche zivilgesellschaftliche Akteur*innen organisiert statt. Medienpräsenz und Allianzen unterstrichen dabei Forderungen. Zivilgesellschaftliche Akteur*innen waren auch immer wieder offiziell in Kommissionen vertreten oder an Evaluationen beteiligt, als zivilgesellschaftliche Repräsentant*innen. Sie waren beispielsweise Teil von Observatorios, welche Fortschritte an Hand von festgelegten Indizes überprüften. Doch schon vor 2008 zeigte sich dabei, dass der erfolgreiche Schritt über die Gesetzgebung hinaus zur zivilgesellschaftlichen Umsetzung fehlte. Neue Gesetze und Programme wurden erreicht, aber die Umsetzung selber blieb vor allem staatlich und deutlich begrenzt. Es fehlten oft Anschlussmechanismen zur Erfolgsgenerierung im Sinne einer Realisierung. Auch wenn NGOs oder andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen denn offiziellen Auftrag zum (Mit)Erarbeiten von Plänen oder gar Gesetzen hatten, war der folgende Anschluss generell nicht klar geregelt.[172]

Dazu kam und kommt jedoch noch erschwerend seit 2008 eine Tendenz in Ecuador der staatlichen Begrenzung zivilgesellschaftlicher Einflüsse. Der zivilgesellschaftliche Versuch der Ausdehnung Sexueller und Reproduktiver Rechte in Richtung der Weite, wie sie die Verfassung von 2008 vorsah, und damit das Überkommen der realen Begrenzung in den allermeisten Programmen, war so zusätzlich erschwert, genauso wie eine Servicegewährung im Sinne eines breiten Konzeptes, welches beispielsweise auch mehr Männer erreichen sollte. Seit 2008 wurde hingegen zunehmend versucht den staatlichen Einfluss auszubauen und zivilgesellschaftliche Aktivitäten und Akteur*innen mindestens zu kontrollieren, oft jedoch auch zu begrenzen. Ein deutlicher, auch regulatorischer Schritt in diese Richtung wurde im Juni 2013 unternommen mittels einem Verwaltungsakt, dem Decreto No. 16, welches von allen organisierten zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, und dies meint(e) nationale wie internationale, verlangt(e) sich registrieren zu lassen und Kontrollen zuzulassen.[173] Dahinter stand und steht das Registro Único de Organizaciones de la Sociedad Civil.[174] Offiziell soll(te) dies die Gesetzeskonformität des Handelns entsprechender Akteur*innen gewährleisten, wurde und wird jedoch verbreitet vor allem als Versuch staatlicher Kontrolle wahrgenommen.[175] Ein weiterer Aspekt der Neuregelung war und ist, dass jede Organisation die Partizipation aller ermöglichen muss, wenn sie als singulär auf einem Gebiet gilt. Dies heißt, auch jene die für die Rechte von Homosexuellen eintreten, müssen eine Mitgliedschaft offen Homophober zulassen, wenn sie offiziell die einzige Organisation in diesem Feld sind. Mehr noch, die aus dem Decreto resultierende stetige Gefahr, dass das eigene Handeln als nicht gesetzeskonform eingestuft wird, schränkt letztlich den Handlungsrahmen aller zivilgesellschaftlichen Akteur*innen in Ecuador ein und normiert das Handeln, sei es in einer Art vorauseilendem Gehorsam oder nachträglich durch Verfolgung oder Strafen. Überraschende Aktivitäten oder solche, die nicht die volle Deckung des Staates haben, wurden und werden so zunehmend schwierig bis unmöglich. Dies reduziert zugleich die Menge zivilgesellschaftlicher Akteur*innen wie deren Hinausgehen über staatliche Rahmen hinweg. Gerade vernetztes zivilgesellschaftliches Handeln war und ist unter den neuen Regeln erschwert und wurde zunehmend verbreitet gemieden. Zugleich hat(te) dies dramatische Auswirkungen in all jenen Themenfeldern, die auch durch zivilgesellschaftliche Akteur*innen und Aktivitäten vorangetrieben wurden, so Sexuelle und Reproduktive Rechte, aber beispielsweise auch Indigene Rechte.[176]

Dies lässt die Feststellung zu, dass die verfassungsgegebene Realität in Ecuador bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten sehr weit reicht, aber die Umsetzung sich deutlich reduziert zeigt(e), gerade auch durch Versuche staatlicher Monopolisierung und Kontrolle. Doch blieben und bleiben situative, lokale und kleinteilige Ansätze bedeutsam in Ecuador zur breiteren Durchsetzung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten – diese können und konnten sich stets auf die Verfassung von 2008 berufen, sind und waren jedoch zugleich durch Kontroll- und Öffnungspflichten in ihrer Reichweite deutlich begrenzt. Dabei gab und gibt es auch in Ecuador Stimmen, die die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Akteur*innen betonen, so um öffentliche Bildungsarbeit zu leisten, zwischen den Ebenen zu kommunizieren oder politische Forderungen zu stellen.[177] Doch wird seit 2008 in Ecuador zunehmend die Idee des Öffentlichem mit dem Staatlichen gleichgesetzt und zivilgesellschaftliche Aktivitäten ins Private abgedrängt. Dies macht(e) es mehr oder minder fast nicht möglich für zivilgesellschaftliche Kräfte ein politisches Korrektiv zu sein, Kontrolle auszuüben oder im Namen öffentlicher Interessen zu agieren.[178] Tatsächlich steht bereits das Konzept transnational vernetzter nichtstaatlicher Akteur*innen jenem in Ecuador zunehmend deutlichen Staatskonzept seit 2008 entgegen, welches den Staat mit der öffentlichen Sphäre gleichsetzt.[179] Zivilgesellschaftliche Akteur*innen werden dabei gewähren gelassen, so sie sich an Vorgaben halten und einer staatlichen Kontrolle unterwerfen. Für Kritiker*innen ist dies nichts anderes als Klientelismus und der Versuch Organisationen zu kooptieren, auch um deren Basis zu erreichen oder zu vereinnahmen. Dazu wurden und werden auch Begriffe umgedeutet, etwa das Konzept von „Bürger*in“ an den Staat gebunden. Dies führt am Ende zu einer Fragmentierung nichtstaatlicher Akteur*innen und der Begrenzung ihrer Handlungsfähigkeit. Diese Fragmentierung wurde und wird in Ecuador genutzt staatliche Kontrolle auszubauen, eine Breite der Gesellschaft zu erreichen und staatlich die frei werdenden Räume zu füllen mit einem Diskurs, der mit Begriffen wie Einheit als Ziel, unter Verweis auf eine ausgemachte Fragmentierung durch eine Zivilgesellschaft, dies zugleich zu rechtfertigen und begründen sucht.[180] „Fragmentación de la sociedad civil (…) puede desde luego ser vista como un escenario ideal para que un ‘significante vacío’ haya podido articular demandas esparcidas (…). De este modo Correa fue hábil al vincular diversos significantes flotantes de una sociedad civil ‘fragmentada’, a través de un discurso unificador”[181]

Ein Feld, welches zwar staatlich getragen und von der Verfassung vorgesehen ist, aber, so Kritiker*innen, bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten nicht weit reicht, ist die Vermittlung von jenen Rechten und verbundenen Konzepten in Schulen. Für Jugendliche wurden früh spezifische Services ins Leben gerufen, aber auch die Sexualerziehung gestärkt, konzeptionell um Verantwortungsübernahme zu gewährleisten. Gleichfalls Lehrer*innen wurden, vor allem jedoch durch zivilgesellschaftliche Akteur*innen, sensibilisiert. Doch sind diesem Weg der Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte in Ecuador inzwischen sehr deutliche Grenzen gesetzt.[182] Zugleich handelt es sich bei diesem Weg der Stärkung und Etablierung Sexueller und Reproduktiver Rechte um einen gewissermaßen etablierten Weg in Ecuador. Schon in Reaktion auf die Verfassung von 1998 wurde das Ley sobre Educación para la Sexualidad y el Amor verabschiedet. In Bildung wurde ein zentraler Mechanismus zur Umsetzung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten gesehen. Daraus erwuchs der Plan Nacional para la Educación de la Sexualidad y el Amor (PLANESA), welcher von der UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) und dem UNFPA mitfinanziert wurde, der die entsprechende Bildung obligatorisch im gesamten Land werden ließ. Der Plan war für alle Bildungsniveaus obligatorisch, sah aber auch eine Adaption an die Umstände vor und ein „conocimiento y aprobación del departamento de orientación y de los padres de familia“[183]. Doch blieb die obligatorische Sexualerziehung in Schulen umstritten. Noch 2000 wurde mit dem (Gegen)Argument der vermeintlich aus einer solchen Bildung folgenden Promiskuität hantiert. Entsprechende Debatten ähnelten dabei solchen in anderen Ländern, auch in Südamerika. Gerade die nicht nur katholische Kirche spielte dabei eine Rolle und leitete unter anderem Pro-Vida-Märsche, die sich nicht nur gegen Abtreibungen, sondern auch gegen eine offene Sexualerziehung in Schulen wandten. 2006 wurden in Ecuador schließlich zwei offizielle Textbücher zur schulischen Sexualerziehung veröffentlicht, die zugehörige nochmals Debatten anschwellen ließen. Bei diesen handelte es sich um die Werke Mi Sexualidad y Aprendiendo a Prevenir und das Manual para formación de facilitadores/as. Programa de educación y prevención de VIH-SIDA. Von letzterem wurden nur ein bis zwei pro Schule ausgeliefert. Deutlich steckte hinter diesen beiden staatlichen Schulbüchern eine Normalisierungsabsicht bezüglich Sexualität. Vor autonomen Diskursen, die auch stark zivilgesellschaftlich getragen wurden respektive worden wären, wurde eine Diskurslenkung durch staatliche Vorgaben und Lenkungen bevorzugt.[184] Doch war dieser Weg keineswegs unumstritten. Einer Sexualerziehung durch den Staat stand laut Sicht von Kritiker*innen das Familienrecht gegenüber. Mit weiteren Gesetzesänderungen im Jahr 2006 war die Freigabe der Ausgabe von Verhütungsmitteln an Minderjährige ohne Einverständnis der Eltern oder Partner*innen verbunden sowie eine Abtreibungsreform, die Abtreibungen bei gynäkologischen Notfällen legalisierte. Das Ley de Educación Sexual war dabei Teil des neuen Código de Salud, der den Verkauf von Verhütungsmitteln an Minderjährige legalisierte. Die Kirche versuchte hingegen in Reaktion darauf alte Familien- und Geschlechterbilder zu bewahren, die sie dadurch in Gefahr sah.[185]

So weitreichend die staatlichen Bemühungen im Sinne der Gewährleistung und Verbreitung Reproduktiver Rechte in diesen Jahren auch waren, inklusive der basalen sexuellen Aufklärung und der Zugangsermöglichung zu Verhütungsmitteln, so wenig weit reichten diese im Sinne Sexueller Rechte – und dies gilt bis heute. Die Schulbücher argumentieren vor allem biologistisch und zeigen „wie es sein sollte“, sie zeigen „die“ biomedizinische „Wahrheit“, versehen zugleich mit moralischer Note. Zwar wurde weiblicher Sexualität in diesem Kontext durchaus ein Recht auf und eine Möglichkeit zu Lust zugesprochen, aber dennoch wurde die unkontrollierte männliche Sexualität normalisiert in den Büchern. Bipolar wurden auch darin Männer als hypersexuell und Frauen eher als débil gezeichnet. Diese Bipolarität wurde vor allem in den Abbildungen bewahrt, im Text jedoch teilweise durchbrochen durch die thematische Hereinnahme der Notwendigkeit von Liebe bei Sexualität. Bei der Thematik HIV / AIDS wurde vor allem die Jugend mit Begriffen wie falta und inferioridad bedacht, sie sei schlicht noch nicht bereit für sexuelle Kontakte. Gerade weibliche jugendliche Sexualität wurde so ausgeblendet. Frauen bekamen vor allem eine Rolle im Sinne Reproduktiver Gesundheit zugeschrieben, aber beispielsweise deren Lust immer wieder ausgeblendet. Eine weitere beständige Bipolarität in den Werken war jene zwischen Jugend und Erwachsensein; Erwachsensein wurde dabei per se als stabil gezeichnet. Eine Hegemonie über Jugendliche wurde so ausgeübt und zugleich normalisiert. Jugendliche Sexualität wurde inhaltlich vor allem mit Risiken verbunden. Die Thematik sexueller Diversität, auch im Sinne einer offenen sexuellen Orientierung und Identität, wurde hingegen maximal gestreift. Dabei kamen und kommen die staatlichen Texte mit Autorität und Legitimität daher und setzen so gewissermaßen Standards. Dies zeigte sich in den mal direkt, mal indirekt bewahrten Hegemonien von Männern über Frauen und über „weibliche Männer“, ergo Homosexuelle. Gerade jugendliche Mädchen wurden dabei als híper-afectivo gezeichnet. Beide bipolar zugeschriebenen Rollen wurden deutlich überzeichnet, erst als Erwachsene könnte eine Normalisierung eintreten, so die Botschaft der Werke. Sexualität unter Jugendlichen wurde und wird noch dabei fast nur mit einem Risikodiskurs verbunden, insbesondere weibliche, mit dem Jungen als hombre victimario por la naturaleza.[186] All dies zeigt deutlich, wie deutlich die staatlichen Vermittlungsbemühungen Sexueller und Reproduktiver Rechte in Schulen zu kurz reichen. Der Fokus lag und liegt noch auf Reproduktiven Rechten, und selbst bei diesen vor allem auf Reproduktiver Gesundheit. Sexuelle Identität und Orientierung, auch im Sinne entdeckender jugendlicher Sexualität wurden und werden nicht bis maximal kaum thematisiert oder gar abnormalisiert, zu einem Risiko geformt. Dem könnten zivilgesellschaftliche Akteur*innen, auch mit Verweis auf die Verfassung, entgegen treten, sie wurden und werden aber durch die zugehörige staatliche Politik daran gehindert. Gerade in diesem Feld setzt(e) der Staat Ecuador massiv auf Kontrolle, Einfluss und ein Normierung der Botschaften. Dies steht letztlich gegen Sexuelle und Reproduktive Rechte, wie sie auch die Verfassung kennt, die deutlich solchen Normierungen und Rollenzuschreibungen entgegen stehen.

Diese Problematik zeigt(e) sich aber auch außerhalb des Feldes jugendlicher Sexualität und Sexualerziehung, bei den Felder weiblicher Sexueller und Reproduktiver Rechte sowie dem Umgang mit Homosexualität und LGBTIQ* in Ecuador. Wie bereits mehrfach ausgeführt hat Ecuador eine lang etablierte Frauenrechtsbewegung. Diese war maßgeblich an den Reformen und Initiativen der 1980er bis 2000er Jahre beteiligt und sorgte mit dafür, dass Sexuelle und Reproduktive Rechte Teil der Verfassung wurden. Auch forcierte sie Gesetzte gegen Diskriminierungen und engagierte sich international, so auf den Konferenzen von Kairo, Beijing und Wien. Doch schon in den 1980er Jahren erreichte sie immer wieder, dass Leitkonzepte wie Gleichheit, Entwicklung und Frieden (Igualdad, Desarrollo y Paz) Programme in Ecuador prägten. Darüber hinaus wurde insbesondere auf die beiden Felder Gesundheit und Bildung gewirkt. Laut verbreiteter Sicht wurden dabei große Erfolge erreicht.[187] Doch sind dabei einige Einschränkungen zu machen. Diese gehen in die gleiche Richtung, wie bereits erwähnte. Vor allem zeigte sich auch in diesem Feld immer wieder eine deutliche Diskrepanz zwischen legalen Rahmungen und Realität. Dies zeigt(e) sich bezüglich weiblicher Sexueller und Reproduktiver Rechte deutlich in unterschiedlichen Feldern, wie der nachwievor einseitigen Ausrichtung des Gesundheitswesen an Reproduktion und nicht (auch) Sexuellen Rechten. Darüber hinaus gibt es weitere umstrittene und nachwievor problematische Felder, die keineswegs für weitreichende Erfolge einer Frauenrechtsbewegung in Ecuador stehen, von denen zwei hier vorgestellt werden sollen. Dies sind explizit weibliche Sexuelle und Reproduktive Rechte in Verbindung mit Indigenen Rechten und Minderheitenrechen sowie die nachwievor virulente Frage von Gender based Violence.

In Ecuador fand mit der Verfassung von 2008 auch der Minderheitenschutz eine neue Stufe im Sinne der Anerkennung der Plurinationalität des Landes. Doch auch wenn offiziell juristischer Pluralismus Anerkennung findet, müssen sich doch alle Rechtsnormen an der Verfassung ausrichten und sich an diese halten. „La obediencia que la justicia indígena debe a la Constitución es la misma que la debida por la justicia ordinaria.“[188] Deshalb war es bedeutend bereits im Rahmen der Verfassungsgebung Pluralismus einzubeziehen, damit die neue Verfassung Pluralität auch im juristischen überhaupt zulässt respektive zuließ. Es bedarf beziehungsweise bedurfte einer positiven Koordinierung, keines Schweigens über oder stiller Akzeptanz von Differenz. Dialoge und Diskurse müssen und mussten gesucht werden, um verfassungsgemäße juristische Pluralität zu ermöglichen. Wichtig war und ist dabei und dafür auch der internationale Rechtsschutz Indigener Rechte.[189] Organisierte zivilgesellschaftliche Akteur*innen, so NGOs, hatten im Rahmen der indigenen Bewegung in Ecuador zentrale Funktionen. So waren sie Vermittlungsakteur*innen zwischen Bürger*innen und Staat. Sie führten den Staat an Indigene Rechte und Konzepte heran und Indigene an Konzepte wie den Individualismus, die Mikrofinanz, Selbstfinanzierung oder Kapitalismus.[190] „Las ONG transformaron la lógica de las autoridades de servicio por autoridades remuneradas, lo cual generó una pugna por el acceso al poder al interior de las comunidades. A ello se suma la entrega de recursos económicos que ante un desconocimiento de la forma de administración de los mismos se propicia la corrupción de algunos dirigentes.“[191]

All dies half Indigenen Rechten und ihrer formalen Verankerung, wenn auch nicht stets ihrer tatsächlichen Realisierung. Doch entstand so auch eine durchaus konfliktreiche Gegensätzlichkeit von Rechtsvorstellungen, gleichfalls getragen von zivilgesellschaftlichen Akteuren. Die Verfassung Ecuadors von 2008 betont(e) deutlich, dass im Rahmen indigener Rechtsprechung keine verfassungsmäßigen Rechte, insbesondere von Frauen, Mädchen, Kindern und Jugendlichen verletzt werden dürfen. Auch die Partizipation und Entscheidungen von Frauen dürf(t)en nicht eingeschränkt werden.[192] Doch standen und stehen sich im indigenen Alltag immer wieder Indigene Rechte mit Bezugnahme auf Traditionen oder Überlieferungen und verfassungsgebundene Individualrechte gegenüber. Dabei entscheidet und entschied auch der lokale Organisationsgrad über die Rechtswirksamkeit. Generell organisier(t)en sich indigene Frauen dabei zunehmend, von ihnen wurde und wird deutlich auf die indigen verbreitet fixierte reproduktive Rolle und deren Zuschreibung als Partizipationshindernis hingewiesen. Zugleich wurde und wird auf die Möglichkeit von Veränderungen verwiesen und abgezielt, etwa dass nicht nur alleinstehende Frauen Führungsrollen übernehmen könn(t)en. Aber Geschlechterrollen zeig(t)en sich in diesem Kontext nichtdestotrotz weiterhin deutlich, ebenso wie eine bipolare Arbeitsteilung. Dabei war und ist in diesen Kontexten eine reale Durchsetzung Sexueller und Reproduktiver Rechte in einer weiten Fassung gar noch erschwert, einerseits durch den Verweis auf entgegenstehende Indigene Rechte als mindestens ebenbürtige Rechte, so das Verständnis, wenn auch nicht die Verfassungsrealität, andererseits durch die zunehmende Behinderung entsprechender zivilgesellschaftlicher Akteur*innen für die in solchen Kontexten auf Veränderungen pochenden Minderheiten, was kein zahlenmäßiger Ausdruck sein muss, hier Frauen oder sich so fassende Personen.[193]

Diese Problematik der begrenzten Umsetzung respektive Reichweite legal erreichter Fortschritte zeigt sich auch in einem zweiten Feld, bei der nachwievor deutlichen Gewalt gegen Frauen. Gewalt gegen Frauen, aber auch andere nicht-männliche Geschlechtsidentitäten, ist in Ecuador nachwievor verbreitet und wird weiterhin immer wieder naturalisiert, gerade auch in indigenen Kontexten. Zwar gibt es deutliche politische Initiativen dagegen, jedoch mit begrenzter Reichweite, insbesondere bei Kollisionen mit Minderheitsrechtskonzepten.[194] Zudem verharren diese Initiativen weitestgehend, von Regierungsseite ganz deutlich, in einem bipolaren Geschlechtsbild. Sexuell motivierte und Gender based Violence erstreckt sich dabei konzeptionell nur auf Frauen, Gewalt gegen LGBTIQ*-Menschen wird so unsichtbar. Und auch in reaktiven Bildungsprogrammen kommt diese dadurch nicht vor.[195] Zugleich zeigen sich bereits in einer engen Fassung dieses Phänomens die Grenzen indigener Autonomiemöglichkeiten, wird eine gewaltvolle Unterordnung doch oft kulturell begründet. Die Verteidigung kommunitärer Werte wird so immer wieder auch zu einer Verteidigung von Unterdrückung, eine Diskrimination im Namen des Werteerhalts, vorangebracht und genutzt. Hegemoniale Charakteristika werden und wurden so als kulturelle Identität verklärt.[196] Sexuelle Gewalt wird in diesem Kontext nachwievor oft zwischen Familien gelöst, ohne Rücksicht auf oder Beachtung von Frauen als Subjekten. Diese nachwievor deutliche Unterteilung in (Körper)Objekte – Frauen – und (Handlungs)Subjekte – Männer – zeigt sich in vielen Bereichen, etwa dem Umgang mit Unfruchtbarkeit. Frauenkörper werden und wurden versucht zu kontrollieren, etwa außerehelicher Verkehr für Frauen deutlicher bestraft, um ihre Körper wieder „in Bahn“ zu bringen, alles im Sinne einer vigilancia familiar y comunitaria. Die Integrität von Frauen wurde und wird dabei deutlich in Frage gestellt und ihre Entfaltung der Stabilität von Familien untergeordnet. So wurde und wird nachwievor auch innerfamiliäre Gewalt toleriert um Familien stabil zu halten. Es zeigt(e) sich in diesem Kontext eine Insensibilität gegenüber Gender und individuellen Rechten. Darauf wurde und wird durchaus durch eine Organisation von Frauen und Versuche die Rechte von Frauen zu verbreiten und bewusst zu machen reagiert.[197] Gerade im Rahmen der Verfassungsgebung von 2008 wurde durch interkulturelle Dialoge versucht, die lokale Legitimität und Umsetzung von Menschenrechten und gerade auch Frauenrechten deutlich zu erhöhen. Beispielsweise indigene Frauengruppen waren deutlich an der Ausarbeitung der Verfassung und der Verfassung von Frauenrechten in dieser beteiligt. Die Realität vor Ort änderte sich in Folge jedoch kaum.[198] Dabei gab es immer wieder Versuche dieser Problematik zu begegnen, etwa den Einsatz mobiler Einheiten um in ruralen Gebieten über Sexuelle und Reproduktive Rechte aufzuklären sowie der vorhandenen Gewalt und Gesundheitsmängeln zu begegnen. Dies erhöhte immer wieder, mindestens temporär, das Bewusstsein für die nachwievor vorhandenen Problematiken, die Nichtrealität verfassungsmäßiger Rechte. Aber Gender based Violence ist und bleibt eine virulente Problematik in Ecuador – nicht im legalen Rahmen, aber der Wirklichkeit vieler Ecuadorianer*innen, gerade auch in ruralen Gebieten.[199]

Könnte bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten von als Frauen gefassten Personen noch davon geschrieben werden, dass verbundene Problematiken deutlich erkannt wurden und auf diese immer wieder reagiert wurde und wird, so die Wege auch noch weit sind, ist dies bezüglich LGBTIQ*-Rechten kaum möglich. Dies liegt nicht so sehr an den Gesetzen, die weit reichen, sondern der empirischen Realität, auch bei Umsetzungsbemühungen. In Ecuador gab und gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen Gesetzen und LGBTIQ*-Rechten sowie dem gesellschaftlichen Umgang mit diesen. So stehen entsprechende Rechte, etwa ein Diskriminierungsverbot auf Grund der sexuellen Orientierung, teilweise schon seit 1998 in der Verfassung.[200] Zivilgesellschaftliche Akteur*innen setz(t)en sich bereits lange für diese ein, vor und nach 1998. Menschen wie Patricio Ordoñez Maico, Mitglied der Stiftung Fundación Amigos Por la Vida, vertraten und vertreten LGBTIQ*-Rechte bereits lange, und wurden in diesem Kontext immer wieder misshandelt, was teilweise auch international Aufmerksamkeit regte und zu entsprechender Unterstützung führte.[201] Entsprechende Akteur*innen organisier(t)en sich in Ecuador in unterschiedlichen Formen und bildeten beispielsweise NGOs wie Alerta Homofobia oder die Fundación de Estudios, Acción y Participación Social. Diese trugen mit dazu bei, dass entsprechende Anliegen und Rechte zunehmende Berücksichtigung fanden, oder beispielsweise auch ein Christopher-Street-Day in Ecuador stattfinden konnte, erstmals 2001. Allerdings blieben die Widerstände sehr deutlich – entsprechend groß waren die Hoffnungen auf die Amtsübernahme durch Rafael Correa, versprach dieser doch nach seiner Wahl deutlicher gegen Diskriminierungen vorzugehen. Zumindest in den größeren Städten Ecuadors wurde zu dieser Zeit beispielsweise Homosexualität deutlicher gezeigt als zuvor, auch, weil öffentlich gegen eine Verfolgung oder Diskriminierung entsprechender Personen aufgerufen wurde. All dies blieb jedoch begrenzt in Umfang und Reichweite, die Angst vor Übergriffen blieb stark und deutlich.[202]

Tatsächlich gab es nach 2008 einen gewissen Wandel, zumindest in Städten wie Quito, jedoch blieben die Grenzen deutlich. So konnte 2013 festgehalten werden: „En los últimos años Quito está siendo representada como una ciudad renovada, con una atmósfera cada vez más abierta; son más frecuentes los sitios de diversión nocturna, de arte y cultura de incluso (…). En este sentido, la ciudad muestra disposición a aceptar la existencia de discotecas, cafés y restaurantes cuya clientela principalmente es homosexual, pero desconoce la homosexualidad como algo legítimo dentro de la moral ciudadana.”[203] Es gab nach 2008 eine gewisse Doppelmoral: Einerseits wurde, der Verfassung und ihrer breiten Fassung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten folgend, LGBTIQ*-Leben zunehmend zumindest toleriert. Entsprechende Orte und Aktivitäten konnten sich entwickeln. Zugleich aber blieb und sollte all dies weiterhin weitestgehend verborgen bleiben, es wurde weiterhin außerhalb gesellschaftlicher Normen und Moral gestellt. Zudem gab es selbst dieses eingeschränkte neue LGBTIQ*-Leben nur in wenigen Orte in Ecuador, vor allem in Quito. Doch selbst dort galt, prägend für ganz Ecuador:

„La ciudad [Quito] cuenta con un clima moral que ritualizar formalmente las relaciones heterosexuales, como se puede distinguir en los actos lúdicos de fiestas y agasajos familiares. Al mismo tiempo se invisibiliza, cualquier otra forma de desplegar la sexualidad y el deseo individual; se niega y se descarta el placer y deseo homosexual, con lo cual se oculta, se ridiculiza y se fomenta los estereotipos sobre la homosexualidad. Segundo, los medios de comunicación son una fuente recurrente de estereotipos y formas punitivas de mostrar la homosexualidad; se expone y difunde historias e imágenes que hablan de una homosexualidad travestida, exacerbada, sucia, clandestina y que subsiste al margen de las prácticas públicas cotidianas.”[204]

Es muss also in Ecuador deutlich zwischen dem offiziellen Gewährenlassen – alle Formen von LGBTIQ* dürfen ihr Leben leben, ihre Clubs haben und ähnliches – und der moralischen Bewertung entsprechender Personen unterschieden werden. Dies meint gar nicht so sehr, wie bei der weiterhin virulenten Gewalt gegen Frauen, dass ein verfassungsgemäßes Recht aktiv negiert oder durch andere Rechtskonstrukte relativiert wird, sondern dass beispielsweise dem Recht auf Entfaltung, auf eine selbstgewählte sexuelle Identität ein dominierender Diskurs entgegen stand und steht, der de facto genau ein solches Recht negiert. Dabei zeig(t)en sich weiterhin verbreitete und medial gestützte wie getragene Stereotypen als besonders problematisch. Durch die weiterhin dominante Abnormalisierung alles außerhalb einer bipolaren heteronormativen Geschlechterordnung Stehenden in Ecuador kann und konnte nach 2008 von einem tatsächlichen Sexuellen Recht zur Wahl und zum Ausleben der eigenen sexuellen Identität kaum geschrieben werden. Zu mächtig und prägewirksam waren und sind Stereotype, wie sie das Theater, Filme oder andere Medien auch nach 2008 verbreite(t)n.[205] En Ecuador„la sociedad ha creado instituciones y medios propios para normativizar y someter a los sujetos sociales que consecuentemente normalizan las formas de la razón y el saber”.[206] Dies negiert nicht die bedingte aktive Nutzung von Stereotypen auch durch LGBTIQ*-Personen, etwa zu einer Sozialisierung in Subkulturen, doch deren Dominanz und Fremdsetzung erschwer(t)en massiv eine Emanzipation von entsprechenden Bildern und Diskursen, die weiterhin Rollen und Wertungen präg(t)en. Es gab und gibt in Ecuador durchaus Gegenstrategien dagegen, etwa ein aktives Setzen konträrer Bilder und Konzepte, aber es blieb und bleibt ein Konflikt im Raum von Dominanz und Macht. All dies negiert nicht die Fortschritte der Rechtssetzung in Ecuador im Rahmen von LGBTIQ*-Rechten. Doch fehlte und fehlt nachwievor verbreitet ein Bewusstsein der Hindernisse der realen Durchsetzung entsprechender Rechte – dies verbindet dieses Feld beispielweise mit Gender based Violence.[207]

„Se discuten en el país temas relacionadas a la salud, la educción sexual, y todos los años se realizan foros sobre la violencia de género; sin embargo la violencia ejercida a través de estas formas de representación y relaciones no son consideradas y quedan al margen. Consecuentemente los hombres gays, travestis, trabajadores sexuales, transgéneros, transexuales y las lesbianas son presa continua de fallos irracionales en contra de sus derechos, sin merito a reclamar o pedir auxilio.”[208]

Dies meint nicht, dass es in diesem Kontext keinerlei Fortschritte gab und gibt. So zeigt(e) sich im Gesundheitssektor durchaus eine erfolgreiche Normalisierung beispielsweise von Homosexualität. Diese wurde entpathologisiert und verbreitet normalisiert. Sie wird als Modus freier Entscheidung professionell zunehmend akzeptiert.[209]

„El proceso de la despatologización oficial y la despenalización de la homosexualidad (masculina) en el caso ecuatoriano siguieron un camino muy acelerado; pues, la homosexualidad sólo fue despenalizada en 1997 (después de más de un siglo en el que estaba penalizado), y para el año 1998 ya existieron protecciones constitucionales contra la discriminación por orientación sexual, haciendo al Ecuador sólo el tercer país en el mundo en contar con tales protecciones a nivel de la constitución. (…) En 2009, llegó ser uno de los veinte países con leyes para crímenes de odio basado en orientación sexual, y uno de sólo seis países con leyes para crímenes de odio basado en identidad de género. Por tanto, a nivel legal, se puede decir que Ecuador tiene algunas de las protecciones con respecto a género y sexualidad más progresivas del mundo”.[210]

Dies war, ist und bleibt aber nur die eine Seite der Medaille. Denn nirgendwo auf der Welt sind entsprechende Rechte vollkommen durchgesetzt, beschreiben entsprechende Gesetze die Realität vollständig. Die Universalität entsprechender Rechte muss sich auch immer wieder in deren Durchsetzung erweisen. Zur Beurteilung der Situation bedarf es also mindestens auch, wenn nicht vor allem, eines Blickes auf die Rechtsumsetzung. Dabei zeigt sich in Ecuador ein starke Gegenbewegung gegen die Normalisierung von LGBTIQ* und ihren Rechten. Diese konservativ orientierte Opposition ist durchaus transnational vernetzt, aber nicht überall gleichermaßen wirksam und schlagkräftig. Sie verortet sich zumeist religiös und sucht die Legitimität von LGBTIQ* zu diskreditieren sowie entsprechende Personen zu abnormalisieren.[211] So standen sich seit 2008 und stehen sich in Ecuador nachwievor die verfassungsmäßigen Rechte und zahlenmäßig starke wie lautstarke Akteur*innen gegen deren Realisierung entgegen. Dazu gehören Organisationen, die gleichfalls eine Repathologisierung von Homosexualität zu erreichen suchen, wie die Asociación Nacional para la Investigación y Terapia de Homosexualidad, die ursprünglich aus den USA kommt. Zur Erhöhung der Schlagkraft verbinden und verbanden sich in der Gegnerschaft zu LGBTIQ*-Rechten Akteur*innen, die für religiöse Rechte eintreten, stark konservative politische Akteur*innen aber auch Akteur*innen Indigener Rechte oder von Minderheitenrechten. Dies reicht(e) bis zu Versuchen Jugendliche vor „schädlichen” Einflüssen wie Homosexualität zu schützen und davon zu „heilen“. Wichtige entsprechende transnationale Akteur*innen wie Éxodos América Latina haben gar ihren Hauptsitz in Südamerika in Quito.[212] „Mientras este sujeto homosexual va legitimándose transnacionalmente cada vez más – por ejemplo, en las cláusulas de constituciones políticas nacionales, los ojos de públicos diversos, y las prácticas de profesionales de salud mental – así también se ha difundido una de las reacciones poderosas a esta tendencia; a su vez es transnacional, ha llegado hasta Ecuador y toma la forma del movimiento ex-gay.”[213] Dabei wird weniger ein Einfluss auf den verfassungsgemäßen Rahmen und dessen Modifikation, denn der entsprechende Diskurs und die Alltagspraxis zu beeinflussen gesucht. Abgezielt wurde und wird vor allem auf männliche Homosexuelle, damit aber zugleich alle Formen nicht bipolarer und heteronormativer Sexualität und sexueller Identität zu diskreditieren und abnormalisieren gesucht. Dies führt(e) zugleich zu einer Erweiterung des Kreises der entsprechenden Akteur*innen. Statt organisierter zivilgesellschaftlicher Akteur*innen, die beispielsweise auf Änderungen in Gesetzen, der Rechtspraxis oder der Verfassung dräng(t)en, und damit in Ecuador lange große Erfolge hatten, zugleich aber ein hohes Maß an Koordination verlang(t)en, wird auf weniger Organisation und zugleich eine größere Öffnung gesetzt, bei einer mehr oder minder losen transnationalen Ver- und Einbindung.[214] Damit sind entsprechende Aktivitäten auch weniger von den beschriebenen zunehmenden Versuchen staatlicher Kontrolle über organisierte zivilgesellschaftliche Aktivitäten betroffen. Entsprechende Versuche mach(t)en die Ungleichgewichte hingegen gar noch gravierender. Zahlenmäßig kleinere zivilgesellschaftliche Akteur*innengruppen, die zuvor durch Organisiertheit Schlagkraft und Öffentlichkeit generierten, wurden seit spätestens 2013 und werden nachwievor in Ecuador in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt, während diesen entgegenstehende zivilgesellschaftliche Akteur*innen offenerer Koordination, aber mit mehr Mitteln und Zugängen, ihre Handlungsmacht behalten wenn nicht ausbauen können und konnten. In diesem Sinne verkehrten sich die Hoffnungen auf Rafael Correa: Dieser stärkte formell LGBTIQ*-Rechte und den Schutz gegen Diskriminierungen, aber in Verkennung deren geringer Reichweite durch Gegenmaßnahmen und die Macht gesellschaftlicher diskursiver Normalisierungen, schwächte er sie letztlich in der Praxis durch die Einschränkung der Möglichkeiten zivilgesellschaftlicher Aktivitäten. Die Wissenschaft kennt die Einsicht der diskursiven Wirkungsmacht, aber deren politische Nicht- oder kaum Beachtung in Ecuador schwächt(e) letztlich jene Akteur*innen, deren Macht und Reichweite der Diskursbeeinflussung beschränkt sind, zumindest ohne Koordination und Verbindungen, so von LGBTIQ*-Personen und Akteur*innen, die für diese und deren Rechtsrealisierung eintreten und eintraten. Diskurse produzieren Praktiken, legitimieren und delegitimieren diese, sie normalisieren und beeinflussen, etwa mit Botschaften wie Homosexualität sei „heilbar“.[215]

„Esta disputa discursiva representa un esfuerzo para mantener el orden (aunque mítico) de la sociedad y la familia heteronormativa, neutralizando la existencia del sujeto homosexual legítimo contemporáneo, y ofreciendo estratégicamente una salida para las personas con afectos hacia personas del mismo sexo, para que no destabilicen su visión de la sociedad. Es un proceso dialéctico de disputas discursivas. Por tanto, quizás no es de sorprender que los nodos de Éxodos América Latina sean más activos en México, Brasil, Argentina, y Ecuador donde hay un nivel bastante alto de afirmación, reconocimiento y protección de las personas homosexuales.”[216]

Eine zentrale, und politisch in Ecuador lange nicht beachtete Problematik hinter diesem Vorgehen diskursiver gesellschaftlicher Beeinflussung ist, dass es dabei in einem gewissen Rahmen unerheblich ist, wie logisch, rational oder wissenschaftlich argumentiert wird. Auch deshalb stellt ein andersgearteter Rechtsrahmen keinen Schutz vor solchen Aktivitäten und Diskursen dar. Entweder wird bezüglich eines solchen gegensätzlichen Rechtsrahmens auf Nichtbezug gesetzt, Ambivalenz gezeigt oder Konzepte sowie Begriffe völlig selektiv verwendet. Dies bedeutet, dass wissenschaftliche Diskurse, beispielsweise zum Gegensatz von Sex und Gender in diesem Rahmen nur eine sehr begrenzte Wirksamkeit haben, genauso wie Verfassungsrechte. Stattdessen wurde und wird auf Emotionen und emotional aufgeladene Thematiken und Begriffe gesetzt, so Begriffe wie „Familie“, die heteronormativ konstruiert durch LGBTIQ* in jeder Form bedroht sei. In diesem Diskurs wurden und werden gewissermaßen mythische Subjekte konstruiert und der deklarierten rechtlichen Abnormalität gegenübergestellt.[217] Diesem beizukommen bedarf es sowohl Informationen, entsprechenden Gesetzen oder auch Bildungsmaßnahmen, jedoch zugleich stets zudem der Möglichkeit der gerade auch zivilgesellschaftlichen Organisation, um diese Informationen, Rechte oder Bildungsmaßnahmen umzusetzen und eine tatsächliche Diskursbeeinflussung zu erreichen. Vor 2008 gab es entsprechende Tendenzen, staatliche wie zivilgesellschaftliche Versuche die Normalität von LGBTIQ* darzulegen, Demonstrationen für Rechte und den Schutz von LGBTIQ*-Personen, durchaus mit einer kritischen Beleuchtung des verbreiteten Familienbildes und -ideals.[218]

„La Constitución de 1998, nació, como se ha dicho, en un ambiente de muy alta conflictividad social y bajo la presión continua de las grandes organizaciones sociales, fue en parte por esta causa, que el texto tuvo que incluir varios espacios y escenarios para impulsar la participación directa de ‘ciudadanos’ en algunos aspectos del ciclo de las políticas públicas, si bien particularmente en espacios cantonales y locales, con poco énfasis en la participación a nivel de los grandes temas nacionales.”[219]

Dem folgend wurde für eine Festschreibung weitreichender Sexueller und Reproduktiver Rechte gekämpft, und dies auch erreicht mit der neuen Verfassung 2008. Die Hoffnungen, deren Realisierung unter Correa, der sich als „Bürger” gab, als „Nicht-Politiker“, voranzutreiben, waren groß. War doch lange auch in der Politik ein Widerpart entsprechender Akteur*innen für weitreichende und realisierte LGBTIQ*-Rechte gesehen worden. All diese Hoffnungen und Ziele schienen sich mit der Amtsübernahme durch Correa und die Verfassung von 2008 zu realisieren, stand diese doch, sowohl im Prozess als auch im Inhalt, für eine verstärkte Beteiligung der Zivilgesellschaft.[220] Entsprechend wurde 2009 das Ley Orgánica del Consejo de Participación Ciudadana y Control Social verabschiedet, mit dem einige Akteur*innen zumindest die Hoffnung auf mehr Partizipation verbanden. Vielmehr wurde aber so die staatliche Kontrolle über zivilgesellschaftliche Aktivitäten gestärkt – zivilgesellschaftliche Aktivitäten sollten nun über den Staat laufen um Einfluss nehmen zu können. Dies war ein erster von vielen folgenden Schritten der Versuche zur Einschränkung und Kontrolle zivilgesellschaftlicher Aktivitäten, gerade organisierter Akteur*innen, wie sie hier bereits vorgestellt und diskutiert wurden. Dies hätte sowohl jene Akteur*innen treffen können, die für LGBTIQ*-Rechte eintraten, wie jene, die beispielsweise für die konzeptionelle Beschränkung der Ehe auf konstruierte Männer und Frauen eintraten und ein freie sexuelle Orientierung zwar nominell anerkannten, aber alles nicht heteronormative mindestens moralisch verurteilten und immer wieder auch zu diskreditieren suchten.[221] Allerdings geschah etwas gegenteiliges. Jene in dem Sinne schwächeren Akteur*innen, als dass sie entweder zahlenmäßig geringer waren, weniger breit aufgestellt waren, thematisch wie geographisch, oder aber für Veränderungen statt Beharrung kämpfen mussten oder wollten litten unter diesen Schritten deutlich mehr. Es erwies sich als leichter möglich trotz weitreichender Gesetze und Rechte deren Durchsetzung zu begrenzen, als sich für deren Realisierung einzusetzen. Da sowohl ein staatlicher Fokus auf die Umsetzung entsprechender Rechte als Realität mangelte, deutlich bei LGBTIQ*-Rechten, bedingt aber auch der Frage von wahrer weiblicher Emanzipation, Gender based Violence oder Reproduktiven und Sexuellen Rechten vs. Indigenen Rechten, als auch entsprechende zivilgesellschaftliche Aktivitäten eingeschränkt wurden, kam es zu einem Stillstand bei der Rechtsdurchsetzung, andere meinen gar einen bedingten Rückschritt auszumachen. Der Fall Ecuador zeigte deutlich die Macht koordinierter zivilgesellschaftlicher Aktivitäten, für Frauenrechte, Minderheitenrechte oder auch Sexuelle und Reproduktive Rechte, aber auch die Ohnmacht der Rechtsdurchsetzung ohne entsprechende Aktivitäten oder Möglichkeiten. Laut Verfassung ist Ecuador, gerade im südamerikanischen Vergleich anderen Ländern deutlich voran, doch die empirische Realität zeigt ein anderes Bild. So kann bezüglich Homosexualität und ihrer Anerkennung in Ecuador beispielsweise weiterhin festgehalten werden: „La homofobia es una realidad cotidiana, pues como bien se sabe, la cultura no se modifica por decreto.“[222] Dies schließt gegenläufige Bemühungen nicht aus, wie beispielsweise Versuche für LGBTIQ*-Rechte mittels Literatur und deren Rezeption zu kämpfen.[223] Doch unterliegen solche Bemühungen in Ecuador deutlichen Beschränkungen und Begrenzungen, zudem ist der Wirkungsradius mindestens eher begrenzt, gerade weil der Staat als derzeit fast übermachtige*r Akteur*in andere Schwerpunkte setzt(e) und sich zugleich mit dem legalen Rahmen im Sinne einer gewissermaßen „Übererfüllung“ von entsprechenden Ansprüchen zu brüsten sucht(e).

 

 

8. Kolumbien – wenig Progression in der Verfassung, Morde und doch auch andere Perspektiven
8.1 Entwicklungen bis 2002

Im Jahre 1991 erhielt Kolumbien eine neue Verfassung. Wird dem die Verfassungsentwicklung von Ecuador gegenübergestellt, mit zwei Verfassungen seitdem, mag dies sich wie ein lange vergangener Schritt lesen. Doch war es zum einen die erste neue Verfassung seit 1886, und zum anderen gilt diese bis heute. Die Diskrepanz zwischen jener Verfassung von 1886 und der neuen 1991 könnte größer nicht seit. Mit der neuen Verfassung 1991 galt Kolumbien nun als Vorbild in Südamerika, als Land mit der damals modernsten Verfassung. Dies ändert jedoch nichts daran, dass diese eindeutig heteronormativ blieb. Doch kannte sie ein Recht auf Entwicklung und unterschiedlichste Individualrechte. Nichtdestotrotz wurde die heteronormative gedachte Familie als gesellschaftlicher Kern gefasst – beispielsweise ein Recht auf Familienplanung gab es nach dieser somit nur für Paare. Der Prozess der Verfassungsgebung war versucht ein deutlich inklusiver. So wurden unterschiedliche zivilgesellschaftliche Gruppen einbezogen, auch solche, die Moralität in der Verfassung zu verankern suchten, als Reaktion auf eine konstatierte moralische Krise zu dieser Zeit in Kolumbien. Die Kirche machte sich in diesem Kontext stark. Die Verfassung wurde durch eine gewählte Versammlung ausgearbeitet, erstmals wurde dazu in Kolumbien eine solche Versammlung gewählt. Existente Heterogenität und Pluralität sollten dabei deutlichere Berücksichtigung finden. Zur Bewältigung der Krise sollte die Demokratie gestärkt werden, ebenso Freiheiten und Rechte. Deutliche Debatten fanden dabei darüber statt, ob Gruppen sich zu „zivilisieren“ hätten, oder aber ein Recht hätten, anders zu sein – insbesondere auf indigene Gruppen wurde dies gemünzt. Letztlich wurden ihnen 1991 territoriale und kulturelle Rechte zuerkannt. Der Staat Kolumbien schützt demnach seine kulturelle und ethnische Vielfalt. Jedoch galt eine dementsprechende explizite Berücksichtigung nicht für Afrokolumbianer*innen. Neben weiteren Rechten, wie einer deutlicheren Religionsfreiheit, wurde die nationale Einheit unterstrichen und besonders herausgehoben. Durch den partizipativen Charakter wurde und sollte zivilgesellschaftliche Teilhabe verstärkt werden. Die zugehörige Mobilisierung ging mit einem verbesserten Möglichkeitenradius und mehr Anerkennung von Einbringungen einher.[224] Dieser Prozess wurde unter anderem durch das Ende des Kalten Krieges erleichtert, die links verorteten Guerillagruppen konnten nun deutlicher als regionale kolumbianische Akteur*innen betrachtet werden, denn als internationale Gefahr. So konnten auch deren Ansprüche teilweise im Prozess der Verfassungsgebung thematisiert werden. Dies war erstmals eine deutliche politische Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Kräfte, aber auch in der Folge wurden immer wieder zivilgesellschaftliche Akteur*innen einbezogen, beispielsweise vor das Parlament als Expert*innen geladen.[225]

Am Ende stand eine Verfassung, die zwar sicherlich nicht revolutionär war, und auch nicht Sexuelle und Reproduktive Rechte als solche anerkannte, aber doch in einigen Artikeln bezüglich dieses Rechtskonstrukt positiv gedeutet werden kann. So hielt Artikel 5 fest: „El Estado reconoce, sin discriminación alguna, la primacía de los derechos inalienables de la persona y ampara a la familia como institución básica de la sociedad.”[226] So wurde sich gegen Diskriminierungen auch auf Level der Verfassung gestellt und die Rechte des Individuums betont. Zugleich jedoch wurde die Familie als „Basisinstitution” verankert, was es in Folge erschwerte, diskursiv als konträr dazu stehend konstruierte Rechte oder Lebensentwürfe, und dies waren und sind in Vereinfachung oft LGBTIQ*-Personen und -Rechte, zu rechtfertigen. Vergleichbares lässt sich für Artikel 7 festhalten: „El Estado reconoce y protege la diversidad étnica y cultural de la Nación colombiana.”[227] Auch dieser Artikel kann Sexuelle und Reproduktive Rechte stützen, aber durch seine Betonung des notwendigen Schutzes kultureller Diversität, kann auch solchen Rechten entgegenstehende Kultur als von der Verfassung geschützt konstruiert werden. Einer solchen Auslegung gewissermaßen entgegen stand Artikel 13, der deutlich die Gleichheit aller verkündete und jegliche Diskrimination etwa auf Grund des Geschlechts verbot, bei allem Schutz von Kulturen, nicht jedoch expressis verbis auf Grund der sexuellen Orientierung, wie in der Verfassung Ecuadors von 2008. Der Artikel besagte:

„Todas las personas nacen libres e iguales ante la ley, recibirán la misma protección y trato de las autoridades y gozarán de los mismos derechos, libertades y oportunidades sin ninguna discriminación por razones de sexo, raza, origen nacional o familiar, lengua, religión, opinión política o filosófica. El Estado promoverá las condiciones para que la igualdad sea real y efectiva y adoptará medidas a favor de grupos discriminados o marginados. El Estado protegerá especialmente a aquellas personas por su condición económica, física o mental, se encuentren en circunstancia de debilidad manifiesta y sancionará los abusos o maltratos que contra ellas se cometan.”[228]

Dieser Artikel umfasste sowohl die staatliche Pflicht Gleichheit zu ermöglichen als auch jene zu schützen, die Diskriminierung oder Misshandlung erfahren. Dies münzt(e) eher auf Frauen oder arme Kolumbianer*innen, konnte und kann aber auch als staatliche Pflicht interpretiert werden jene zu schützen, die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung Diskriminierung erfahren, denn Artikel 15 manifestierte: „Todas las personas tienen derecho a su intimidad personal y familiar y a su buen nombre, y el Estado debe respetarlos y hacerlos respetar.”[229] Wenn dieser Artikel auch eher heteronormativ gemünzt war und ist, bedeutet(e) ein Schutz der Intimität doch auch die jener Personen zu schützen, die nicht heteronormativ leb(t)en. Und dabei gilt und galt der Schutz sowohl vor dem Staat als auch der Zivilgesellschaft. Fraglich war und ist dabei, was der „buen nombre” meint(e), der geschützt war respektive ist. Wie weit ein solcher auf LGBTIQ*-Personen beispielsweise überhaupt anwendbar war beziehungsweise ist, blieb und bleibt umstritten; dennoch kann und konnte dieser als Schutzreklamation angeführt werden, etwa gegenüber der Verbreitung diskreditierender Stereotypen. Doch zugleich ist zu vermerken, dass trotz aller neuen Rechte und juristischer Gleichheit, bestehende virulente Probleme existenter Ungleichheit nicht gelöst wurden im Anschluss an die Verfassungsgebung, nicht in der Bildung, nicht bezüglich Gender.[230] Mit einem vergleichbaren Fragezeichen bezüglich seiner Implikationen zu versehen war und ist Artikel 22 der Verfassung: „La paz es un derecho y un deber de obligatorio cumplimiento.”[231] Dieser war gerade in einem so lange von internen gewaltsamen Kämpfen gezeichneten Land von besonderer Brisanz und Bedeutung – und auch so zu interpretieren. Aber interpretatorisch umfasst(e) dieser Artikel beispielsweise auch das Recht auf Frieden für Frauen – ergo einen Schutz vor Gewalt – oder den Schutz von LGBTIQ*-Personen vor Verfolgung oder Diskriminierung im Sinne der Friedensgewährung. Einer solchen offenen Interpretation stand und steht jedoch das Familienbild der Verfassung entgegen, welches geschlechtlich binär und heteronormativ verblieb. Dieser wurde und wird höchster Schutz zugeschrieben, dieser wurde und wird schützenswerte Intimität zugeordnet. Expressiv verbis innerfamiliäre Gewalt wurde und wird verurteilt. Auch Familienplanung als Recht wurde und wird an die Familie gebunden, und diese wiederum an die Ehe. Anders geformt heißt dies, alles außerhalb des Konstrukts Familie war respektive ist weniger oder zumindest nicht automatisch geschützt und schützenswert. So erklärte Artikel 42:

„La familia es el núcleo fundamental de la sociedad. Se constituye por vínculos naturales o jurídicos, por la decisión libre de un hombre y una mujer de contraer matrimonio o por la voluntad responsable de conformarla. El Estado y la sociedad garantizan la protección integral de la familia. (…)La honra, la dignidad y la intimidad de la familia son inviolables.Las relaciones familiares se basan en la igualdad de derechos y deberes de la pareja y en el respeto recíproco entre sus integrantes.Cualquier forma de violencia en la familia se considera destructiva de su armonía y unidad, y será sancionada conforme a la ley. (…) La pareja tiene derecho a decidir libre y responsablemente el número de sus hijos, y deberá sostenerlos y educarlos mientras sean menores o impedidos.”[232]

So verblieben und verbleiben auch die weiteren Ausführungen der Verfassung zur Gleichheit aller in einem binären Bild. Die Ausführungen selbst sind und waren dabei gegenüber der Verfassung von 1886 als deutlicher Fortschritt zu werten, bezüglich der damals zunehmend virulent aufkommenden Frage von Sexuellen und Reproduktiven Rechten allerdings verblieb und verbleibt die Verfassung in engen Grenzen binärer heteronormativer Vorstellungen, so auch in Artikel 43: „La mujer y el hombre tienen iguales derechos y oportunidades. La mujer no podrá ser sometida a ninguna clase de discriminación. Durante embarazo y después del parte gozará de especial asistencia y protección del Estado, y recibirá de éste subsidio alimentario si entonces estuviere desempleada o desamparada. El Estado apoyará de manera especial a la mujer cabeza de la familia.”[233] Aber es gab und gibt auch Interpretationen der Verfassung, die in dieser bereits deutlich mehr Schutz und Reichweite Sexueller und Reproduktiver Rechte sahen respektive sehen. Deutlich waren und sind dies aber nur Interpretation dieser, wie jene:

„La libertad sexual es un bien protegido anclado en el artículo 2º de la Constitución Política, que protege a todos los ciudadanos colombianos en su vida, honra, bienes, creencias y demás derechos y libertades. (…) El concepto de libertad sexual se asume como la potestad humana de autodeterminar y autorregular la vida sexual (componente de la dignidad propia de los humano) y disponer del cuerpo, del derecho a elegir, aceptar, rechazar y autodeterminar el comportamiento sexual en relación a conceptos éticos comunitarios y a los derechos ajenos. Desde esta perspectiva, todas las prácticas sexuales pueden realizarse si están dentro del límite del respeto al derecho ajeno o colectivo.”[234]

Nach dieser Interpretation umfasste die Verfassung quasi auch schon Sexuelle und Reproduktive Rechte von LGBTIQ*.

Die Verfassung als solche muss in ihrem Kontext und unter Berücksichtigung ihrer Vorgeschichte bewertet werden, gerade auch mit Bezug auf deren Rekurs auf Sexuelle und Reproduktive Rechte. Bereits seit Dekaden von 1991 aus gesehen gab es eine starke Frauenbewegung in Kolumbien. Diese setzte sich für ein umfassendes Rechtsverständnis ein suchte weitere als marginalisiert deklarierte Menschen in ihre Bemühungen zu inkludieren. So entstand beispielsweise 1975 die Grupo Amplio por la Liberación de la Mujer. Die zugehörigen Diskurse bezogen sich auch auf einen als unterdrückend gewerteten Staat – es sollte nicht nur mehr Rechte geben, sondern auch eine neue Form von Politik, bei einer deutlicheren Absage an Gewalt – dies ist als Vorgeschichte von 1991 zu werten. Doch blieb es nicht bei einer zivilgesellschaftlichen Bewegung. Vielmehr wurde auch auf regionale und zentralstaatliche Politiken und deren Gestaltung Einfluss genommen. Ein wichtiges Thema dabei war ein Recht auf Abtreibungen, welches jedoch auch 1991 nicht ausgeweitet wurde. Es blieb beim völligen Verbot, beispielsweise auch bei Lebensgefahr oder nach Vergewaltigungen, wie es zu dieser Zeit nur noch in wenigen Ländern der Amerikas galt.[235] Dies negiert nicht Fortschritte bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten, zeigt aber deren begrenzte Reichweite. Jedoch wurden zu dieser Zeit Scheidungen legalisiert, die so vorher nicht legal waren. Damit war Kolumbien sehr spät einen solchen Akt zu legalisieren, aber im lateinamerikanischen Vergleich keineswegs das letzte Land. In Chile wurden Scheidungen beispielsweise erst deutlich später legalisiert.[236]

Bezüglich der kolumbianischen Frauenbewegung werden einige Regionen als besonders progressiv ausgemacht, so beispielsweise Cali, wo 1988 eine Comisaría de Familia und 1990 eine Oficina de la Mujer gegründet wurden. 1995 schließlich wurde eine eigene Política de Equidad y Participación para la MujerCaleña etabliert – aus dieser entwickelte sich die nationale Política para la Mujer. Dies lag nicht zuletzt an verbreiteten sozialen Bewegungen und handlungsstarken Feminist*innen in der Stadt. Im Sinne des Ziels von Frieden, Demokratie und Entwicklung setzten sich diese zivilgesellschaftlichen Akteur*innen mit staatlichen Akteur*innen für ihre Ziel zusammen. Gerade der organisierte Feminismus half dabei Positionen zu verbreiten und letztlich erst salonfähig zu machen. Eine der ersten solcher Gruppen war die Grupo Amplio por la Liberación de la Mujer, eine der Gruppen die heute noch aktiv sind. Diese entstand 1975 in Cali, viele ihrer Mitwirkenden gründeten jedoch in der Folge weitere Gruppen und begründeten die unterschiedlichsten Aktivitäten.[237] Dazu gehört(e) unter anderem das Red popular de Mujeres de Cali – Fuerza Viva. In der Region waren im hier untersuchten Themenfeld aber auch noch weitere Akteur*innen aktiv mit spezifischer Schwerpunktsetzung oder Zielgruppe, wie das Red de Mujeres Negras del Pacífico.[238] Insgesamt wurde nicht nur regional Einfluss auszuüben gesucht, Verhandlungen fanden auch mit dem Zentralstaat statt, zur Durchsetzung spezifischer Interessen. Diese wurden ab Ende der 1980er Jahre intensiviert und mündeten in der zivilgesellschaftlichen Beteiligung an der Neugestaltung der Verfassung. Dies war mit Diskursen zur notwendigen Reichweite etwa individueller Autonomie verbunden. In diesem Rahmen entstand auch ein Beratungskomitee zu Jugend, Frauen und Familien. Parallel wurde ebenfalls früh auf eine Beeinflussung der zugehörigen Bildung gesetzt, gerade der schulischen Sexualerziehung. Deren Wandel wurde als zentral für tatsächlich weit reichende Sexuelle und Reproduktive Rechte ausgemacht. Educación Sexualunterschiedlichster Form war jedoch schon lange in Kolumbien ein Reizthema. Dem wurde versucht durch eine deutlichere Etablierung entsprechender Studiengänge ab den 1980er Jahren zu begegnen.[239]

Doch die Zeit vor der Verfassungsgebung war auch geprägt durch massive Gewalt und aktive Guerillabewegungen. Dabei wechselten sich Phasen der Dialogbereitschaft und des aufeinander Zugehens mit konfrontativen ab. Die Rolle der Frauenbewegung in diesem Kontext wird dabei in Kolumbien als begrenzt beschrieben, anders als etwa in Argentinien, wo diese im Rahmen zivilgesellschaftlicher Befriedungsbemühungen deutlich nach vorne trat. Doch gab es sehr wohl eine kritische Frauen-, aber auch Genderbewegung in Bezug sowohl auf den Staat als auch Guerilla- und Paramilitärakteur*innen. Insgesamt gab es in dieser Zeit in Kolumbien immer wieder Inkohärenzen bis hin zu Konfrontationen zwischen der staatlichen Politik und den unterschiedlichsten nichtstaatlichen Akteur*innen. Vor der Wahl 1982 wurde allerdings der Kriegszustand erstmals seit langen Jahren aufgehoben und danach auch noch von Präsident Belisario Betancur Cuartas anerkannt, dass es objektive Gründe für die Guerillaaktivitäten gäbe, so eine verbreitete Ungerechtigkeit. Entsprechende Anliegen waren nun mehr als eine Störung der öffentlichen Ordnung. Auch deshalb sollten die Bemühungen um einen Frieden in Kolumbien verstärkt werden, es wurde der Plan Nacional de Rehabilitación ins Leben gerufen. Ein Jahr zuvor jedoch hatten sich erst organisierte Paramilitärs gegründet, die diesem Prozess sehr kritisch gegenüber standen. Paramilitärische Truppen entstanden nicht in reiner Selbstverteidigung, sie entstanden genau zu dem Zeitpunkt zu dem Betancourt auf Dialog setzte und die konstatierten sozialen Probleme anzugehen suchte. Damit gefährdete er klar die Vormachtstellung ökonomischer Eliten, die dagegen anzugehen suchten. Auch das Ziel einem möglichen Einfluss von Guerilleros in der Zukunft entgegen zu stehen, führte zu paramilitärischen Aktivitäten. Mit deutlicher Gewalt und mit viel Geld im Hintergrund wurde ab dieser Zeit für ein gesellschaftliches Bild gekämpft, welches andere zum gleiche Zeitpunkt zu überkommen suchten. Überall wurden dabei von paramilitärischer Seite, bei allen Unterschieden zwischen diversen Gruppen, Feinde gesehen. Gegen die Guerillagruppen, manche Parten wie gegen die Presse wurde zugleich vorgegangen. Dies reichte bis hin zu Morden. Und gerade Gewalt gegen LGBTIQ* wurde dabei mehr oder minder normalisiert. Die rückeroberten Gebiete wurden so unterworfen, dass dies kaum zur Legitimierung der Paramilitärs beitrug. Es war durchaus eine Politik des Terrors, die die Paramilitärs betrieben, teilweise von den Streitkräften unterstützt, sonst generell „ignoriert“. Dies verschärfte zugleich wieder Guerillaaktivitäten respektive erhielt diese. Nicht nur die Opferzahlen und Brutalität stiegen so im Verlauf der 1980er Jahre an, die Parteien radikalisierten sich zugleich. Auch nahm in dieser Zeit das Problem organisierten Drogenhandels immer weiter zu. Es gab politische Morde bis zu höchsten Ebenen – und der Zentralstaat suchte darauf zu reagieren.[240]

1984 konnte mit der Guerilla-Bewegung M-19 ein Waffenstillstandsabkommen erzielt werden, welches jedoch nur ein Jahr hielt, bis die M-19 den Justizpalast stürmte und das Abkommen als nie tatsächlich wirksam aufkündigte. Die Versuche von Betancur auf die Guerillagruppen zuzugehen waren damit für viele diskreditiert, Bischöfe wie die Presse wetterten zunehmend gegen Annäherungsversuche an die Guerilla. Dennoch wurde eine weitere Forcierung des Friedensprozesses gesucht, und mit der FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) begannen 1986 Verhandlungen. Trotz der Rückschläge wurden von einigen weiterhin der Weg des Dialogs gesucht und auch einiges geschaffen, auf das nachfolgende Regierungen aufbauen konnten. Schon 1982 hatte es mit der FARC einen Waffenstillstand gegeben und den Versuch, diese politisch einzubinden, was aber scheiterte. All dies bedeutete noch lange keine Entwaffnung, sondern nur das Setzten auf einen Dialog und Entspannung statt einer weiteren Polarisierung.[241] Erst dies erlaubte auch eine deutliche Ausweitung und Differenzierung intellektueller Diskurse. Aus primär staatskritischen Diskursen konnten sachbezogenere werden, die beispielsweise die Frage der Menschenrechte unterstrichen und prominent aufs Tableau brachten. Die Verhandlungen führten teilweise zu Erfolgen, so gab die Guerillagruppe M-19 Ende der 1980er Jahre ihre Waffen ab und wurde zu einer politischen Partei, dies auch vor dem Hintergrund des beginnenden Endes des Kalten Krieges. Dies beförderte gleichfalls die neue Verfassung und den Prozess zu dieser. Zugleich jedoch sei angemerkt, dass dies keineswegs das Ende der Konfrontation war. Waren die 1980er Jahre sicherlich eine Hochphase der Konfrontation zwischen Guerillagruppen, gerade der FARC, und Paramilitärs, so blieb deren Konfrontation auch in den 1990er Jahren bestehen. Dieser Konflikt wurde dabei gerne von beiden Seiten als Selbstverteidigung gerechtfertigt, war aber zugleich von beiden Seiten immer auch eine tatsächliche Gewaltherrschaft. Die politischen Entspannungsversuche nutzten die Paramilitärs dabei als Rechtfertigung ihrer eigenen Aktivitäten – ihre Gegnerschaft zu dieser Politik rechtfertigte in ihrem Diskurs ihr radikales Handeln als Notwendigkeit. Doch die Dialoge führten zugleich zu Zeichen und freiwilligen Akten der Guerillas, einseitigen Waffenstillständen oder Geiselfreigaben. Auch dies ermöglichte erst die Verfassung von 1991, die zugleich für die Möglichkeit der Beteiligung steht und stehen sollte. Diese überzeugt einige Guerilleros den Weg der Legalisierung ihrer Gruppen zu gehen.[242]

Auch die 1990er Jahre waren und blieben turbulente Zeiten in Kolumbien. So fanden zugleich in dieser Zeit Entwaffnungen von unterschiedlichen Guerillagruppen statt, jedoch wurde auch ein guerra integral durch Präsident César Gaviria (1990 – 1994) ausgerufen.[243] Auch die Gewalt nahm nicht ab, eher nahmen die Konflikte neue Höhen und Verwicklungen, insbesondere nach dem langsamen und bedingten Machtverlust der Kokainkartelle etwa nach dem Tod von Pablo Escobar 1993.[244] 1994 wurde Ernesto Samper zum Präsidenten Kolumbiens gewählt. Allerdings zeigte sich bald, dass Narcokartelle seine Kampagne zu bedeutenden Teilen mitfinanziert hatten. Dies führte nicht nur zu einer Regierungskrise, sondern auch einer massiven Verlangsamung von Reformprogrammen. Zugleich spitzte sich die militärische Lage zu, dass offizielle Militär verlor deutlich Terrain und musste die Gefangennahme vieler Soldat*innen verkraften. Dies bestärkte wiederum die andauernde Gegnerschaft unterschiedlicher Gruppen gegen Dialogangebote und -versuche. Die Kirche, politisch rechte genauso wie linke Gruppen, die alle auch immer wieder mal gegen den Staat und dessen Ausrichtung aufbegehrten, stellten sich gegen Dialoge, aus sehr unterschiedlichen Gründen.[245] 1998 wurde Andrés Pastrana zum Präsidenten mit dem Wahlversprechen der Beilegung des internen bewaffneten Konflikts. Zugleich suchte er in aller Deutlichkeit die Zusammenarbeit mit den USA zur Bekämpfung des Drogenhandelns. Doch war seine Amtszeit auch mit ökonomischen Problemen verbunden, einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und finanzieller Instabilität – dies war zumindest zum Teil auf globale Prozesse zurückzuführen. Auch nahmen, entgegen der politischen Agenda, die Guerillaaktivitäten wieder zu, genauso wie die Drogenproduktion und die Korruption. Zugleich nahmen massiv gewaltvolle paramilitärische Aktivitäten zu. Zwar gab es immer wieder Friedensgespräche mit den Guerillagruppen, doch wurden diese gleichfalls immer wieder unterbrochen. Auch gab es weitere Befriedungsversuche wie die Deklaration einer Demilitarisierten Zone, die jedoch nach weiteren Kidnappings beendet wurden. 1999 wurde der Plan Colombia vorgestellt, der zur Bekämpfung des Drogenhandels und der Drogenproduktion der Armee polizeiliche Aufgaben übertrug und von den USA unterstützt wurde, doch verzögerten ökonomische Probleme dessen Umsetzung.[246] Ins selbe Jahr fiel die Campaña por una Convención Interamericana por los derechos sexuales y reproductivos, aus der Feststellung heraus Sexuelle und Reproduktive Rechte seien zunehmend eher weniger geschützt denn gestärkt zu werden oder worden zu sein, in Kolumbien, aber auch anderen Ländern Lateinamerikas. Zur Stärkung dieser Rechte wurden Vorschläge ausgearbeitet sowie auf Druck aber auch Mobilisierung gesetzt.[247] Doch der Fokus in Kolumbien in dieser Zeit war ein anderer. Im Jahr 2002 gewann schließlich Álvaro Uribe die Präsidentschaftswahl und verkündete umgehend eine Nationale Verteidigungsstrategie. Unter Uribe nahm der Plan Colombia Gestalt an, der vor allem zur militärischen Bekämpfung der Guerillas genutzt wurde unter Verweis auf deren Drogenanbau. Die verbundenen oftmals radikalen Maßnahmen wurden dabei zunehmend kritisch betrachtet.[248]

Diese Jahre politischer Umbrüche brachten, trotz des generellen deutlich anderen politischen Fokusses, zugleich Fortschritte bezüglich der Realisierung Sexueller und Reproduktiver Rechte in einer breiteren Fassung in Kolumbien. Doch ging dies vielen nicht weit genug.

„En Colombia, la situación de los derechos sexuales y reproductivos es todavía precaria, pues si aún estamos lejos de superar las problemáticas nacionales, resulta difícil contemplar la situación de estos derechos en una mejor perspectiva. Las luchas emancipadoras de las mujeres colombianas han permitido obtener avances significativos en materia de legislación y políticas públicas en los últimos cinco años; sin embargo, estos esfuerzos se siguen viendo menoscabados por la subvaloración que tiene el Estado frente a estos contenidos, en tanto que este último sigue reproduciendo una cultura patriarcal, la cual refuerza las relaciones asimétricas y de dependencia entre varones y mujeres.“[249]

Im Sinne von Fortschritten hin zu realisierten Sexuellen und Reproduktiven Rechten kann festgehalten werden: Anfang der 1990er Jahre wurde ein Politik gestartet zur gesamtgesellschaftlichen sozialen Aufwertung, mit einem besonderen Augenmerk auch auf Frauen und deren Rechte. Sexuelle und Reproduktive Rechte wurden dabei immer wieder und immer mehr Thema. Verschiedene internationale Konventionen wurden in diesem Rahmen unterzeichnet und in Gesetze übernommen, so die Richtlinien gegen Gewalt gegen Frauen.[250] Das Gesundheitsministerium verfasste 1992 ein Konzept integrativer Gesundheit, welches sich insbesondere gegen die Diskriminierung von Frauen im Gesundheitssektor wendete. Es firmierte unter dem Titel Salud para las Mujeres, Mujeres para la Salud. Dieses suchte vor allem spezifisch weiblich konnotierte Gesundheitsthemen wie Menstruation und Menopause zu normalisieren und zugleich in den Fokus zu stellen. Ziel war eine weitreichende Integrativität unterschiedlichster verbundener Thematiken. Zugleich zeugte dieses Politikkonzept von einer gewissen Gender-Sensibilität, einer deutlicheren als die Verfassung. Es konnte somit gewissermaßen als Ausgangspunkt herhalten für weiter reichende Konzepte und Rechte, Fokusse wie Ansprüche. So wurde in der Folge immer wieder an dieses angeknüpft in den Bemühungen um weit reichende Sexuelle und Reproduktive Rechte. Nach und nach wurden vom Gesundheitsministerium auch Männer in die entsprechenden Bemühungen einbezogen, aber beispielsweise auch das Thema mentale Gesundheit, durchaus im Sinne eines Rechtes auf die eigene sexuelle Identität zum Erhalt der mentalen Gesundheit. Zugleich wurde jugendliche Sexualität zunehmend im Gesundheitsbereich thematisiert. So war dieser Bereich einer der zentralen Ausgangspunkte für die Etablierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten als Grund- und Menschenrechte in Kolumbien. Über die Etablierung eines Rechtes auf eine Gesundheitsversorgung gemäß dem Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte, wenn auch die Reproduktion betont wurde, und dem verbundenen Gleichheitsgrundsatz der Geschlechter, wenn initial auch nur zwei gemeint waren, konnte ein umfassenderes Recht angegangen werden – die Konzeption des Gesundheitssektors war eine ausbaufähige Grundlage.[251]

Wichtig in diesem Zusammenhang war auch das Ley 100 von 1993, welches das Sistema General de Seguridad Social en Salud (SGSSS) etablierte und so Gesundheit zu einem Service werden ließ, der jedem und jeder Kolumbianer*in zustand und eingefordert werden konnte.[252] Insgesamt wurde in den 1990er Jahre im hier untersuchten thematischen Kontext unterschiedliche neue Rechte thematisiert und auf verschiedenem Wege eingeführt, nicht nur als Gesetze, sondern auch über Programme oder Urteile. Im Fokus stand dabei weiterhin die Familie als fokaler Bezugspunkt. Gerade zivilgesellschaftliche Frauenbewegungen und feministische Bewegungen taten sich dabei hervor und wirkten nicht nur auf die Verfassung, sondern in der Folge auch über Gerichte oder durch die Verknüpfung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten mit Gesundheit. Erst breite Aktivitäten wie diese führten zur großen Menge an auf die Verfassung folgenden Programmen, Plänen, Urteilen und Gesetzen. Zugleich wurde die von einigen Akteur*innen ausgemachte mangelnde Reichweite vieler Programme mit der Zeit immer deutlicher zum Thema und darauf zu reagieren gesucht, so die begrenzte Reichweite der Dirección Nacional de Equidad para las Mujeres oder von sexueller und reproduktiver Selbstbestimmung in Gesundheitsprogrammen.[253] Über die Wirksamkeit und Reichweite aller Programme und Ansätze entbrannte immer wieder Streit, wie auch über den Fokus auf Familien respektive den Umsetzungsweg von Rechten über Familien und dessen Reichweite und Möglichkeiten:

„Surgen nuevos derechos (…) [:] Los derechos de la infancia y la juventud, los derechos de la tercera edad, los derechos de la familia. Derechos hoy [2002] amenazados y debilitados por esa condición de dependencia y por la imposibilidad de muchas de las familias para cumplirlos o garantizarlos. La familia, agobiada por la creciente monetización, penalización y medicalización de las relaciones familiares, se limitada, impedida, debilitada en su función de garante de los derechos y devolver a la familia las capacidades y medios para hacerlos efectivos es una tarea urgente que no puede cumplirse sin un pacto de corresponsabilidad entre El Estado, la familia y la comunidad.”[254]

Ein anderer zentraler Bereich nach 1991 zur Etablierung Sexueller und Reproduktiver Rechte war die Bildung. 1993 startete das Proyecto Nacional de Educación Sexual, aufgelegt vom Ministerio de Educación, welches die Educación Sexual zum Teil der obligatorischen Bildung zu machen suchte – ein lange schon existentes, bis dato aber nicht vollwertig umgesetztes Anliegen in Kolumbien. In diesem Sinne wurde 1995 an der Universidad Distrital Francisco José de Caldas in Bogotáein Programa Regional en Educación Sexual ins Leben gerufen um die dafür notwendigen Spezialist*innen auszubilden – möglichst für und aus ganz Kolumbien.[255]

Auch bezüglich Frauenrechten wurde einiges zu bewegen gesucht. So wurde 1994 eine Beratungskommission der Regierung für die Herstellung von Gleichheit und einer Verbesserung der Teilhabe von Frauen ins Leben gerufen. Daraus entstand ein nationaler Aktionsplan. Dieser sah unter anderem die Nutzung von Massenmedien vor um ein Bewusstsein für die Bedeutung von Frauenrechten und Gleichheit zu verbreiten, sowie die (männliche) Solidarität mit den Anliegen von Frauen zu fördern. Auch sollten Bildungsmaßnahmen genutzt werden, um in einer bipolaren Denkweise das Bild zweier konstruierter Geschlechter voneinander zu verbessern und neue Werte zu etablieren, so das Ziel der kolumbianischen Regierung. Schließlich wurde im Vorfeld von Beijing festgehalten, dass die Regierung sich verpflichtete ein nationales Reproduktives Gesundheitsprogramm zu implementieren, welches den freien und verantwortungsvollen Zugang zu entsprechenden Rechten gewährleisten sollte, so expressis verbis zu einem erfüllten Sexualleben, der freien Wahl von Mutter- und Vaterschaft sowie der freiwilligen und verantwortungsvollen Familienplanung. Entsprechende Ziele konnte dabei auch weiter ausgelegt werden, gerade das Herausheben eines erfüllten Sexuallebens als Recht und Programmziel ging in Richtung weit gehender Sexueller Rechte. Sie konnten zugleich aber auch sehr eng ausgelegt werden, gerade durch die Unterstreichung der Dimension Verantwortung. In diesem Spannungsfeld bewegte sich Kolumbien 1995 auch in Beijing. So wurde für Kolumbien die Notwendigkeit festgehalten, weiblicher Diskriminierung zu begegnen und mehr mit zivilgesellschaftlichen Kräften zusammen zu wirken. Der Status Quo wurde deutlich als keineswegs ausreichend markiert, vielmehr gelte es, so die Empfehlung von und durch Beijing, mit zivilgesellschaftlichen Kräften zusammen, statt parallel zu diesen, für das Wohlergehen der gesamten Gesellschaft zu wirken; dies meinte explizit Frauenbewegungen konsequent zu unterstützen. Aber sowohl staatliche Akteur*innen wie zivilgesellschaftliche schreckten davor zurück, insbesondere aus Sorge vor der ausgemachten Gefahr einer Vereinnahmung durch die jeweils andere Seite. Dennoch waren die 1990er Jahre insgesamt geprägt von einer deutlicheren Zusammenarbeit beider Seiten als die Jahre zuvor.[256]

„En los años noventa, (…) [algunos] fenómenos afectaron la configuración del movimiento de mujeres en Colombia: en primer lugar, se crearon diversas divisiones dentro de la burocracia del Estado para atender temas como el género y cuestiones de mujeres: una división para encargarse de las mujeres campesinas en el Ministerio de Agricultura; una división de salud reproductiva en el Ministerio de Salud; una unidad de género en el Ministerio de Medio Ambiente; una división de planificación de género en el Departamento de Planeación Nacional, y una Consejería para la Mujer, la Juventud y la Familia, adscrita a la Presidencia, que fue reemplazada por la Dirección de Equidad para la Mujer.“[257]

Wichtig in dieser Zeit war auch die zugehörige Forschung, gerade im Rahmen gesamtkolumbianischer Erfassungen, wie die Encuesta Nacional de Demografía y Saludaus dem Jahre 1995. Erstmals wurden dabei auch die Wirksamkeiten legaler Mittel und Rechte, die aus der Verfassung von 1991 herauswuchsen, untersucht. Dabei zeigte sich beispielsweise ein verbreitetes Wissen, dass Gewalt ein Verbrechen sei und diverse Formen annehmen könnte.[258]

Auch in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre wurden weitere Fortschritte im Sinne breit konzipierter Sexueller und Reproduktiver Rechte in Kolumbien erreicht. 1996 wurde zum zweiten Mal eine Pride-Parade in Kolumbien abgehalten, zum Thema Menschenrechte und Sexuelle Rechte von Homosexuellen. Das erstmals hatte es eine solch eine Parade öffentlich 1982 gegeben. Zugleich wurde ein Informationszentrum für Homosexuelle geschaffen, welches die Koordination entsprechender zivilgesellschaftlicher Akteur*innen erleichtern und darüber hinaus sich der Thematik HIV / AIDS annehmen sollte.[259] Darüber hinaus wurden 1997 weitere Themen in die curriculare Sexualerziehung aufgenommen, etwa HIV / AIDS, und damit deutlicher noch sich Sexuellen und Reproduktiven Rechten angenähert. Im selben Jahr wurde zudem ein neues Jugendschutzgesetz verabschiedet, im Rahmen dessen die Frage diskutiert wurde, wie weit Sexuelle und Reproduktive Rechte für Jugendliche zu garantieren und umzusetzen seien. Derweil wurde Bogotá gen Ende der Dekade zunehmend zu einem Zentrum gerade auch lesbischen Lebens in Kolumbien.[260]

1996 vereinigten sich hinter dem Fall von Alba Lucía unterschiedlichste NGOs. Alba Lucía, damals 19 Jahre alt, hatte ein Todgeburt, der Vorwurf war allerdings eine Kindstötung ihrerseits. Verurteilt wurde sie wegen letzterem zu mehr als 42 Jahren Haft. 1997 stellte in Reaktion darauf das Red Colombiano de Mujeres por los Derechos Sexuales y Reproductivos, welches auf Gesundheit ausgerichtete Gruppen und Akteur*innen vereinigt(e),[261] die Kampagne por el Derecho al Derecho Alba Lucía Libre vor. Die Situation von Alba Lucía wurde dabei als sinnbildlich für multiple Formen von Gewalt gegen Frauen präsentiert – sie konnte beispielsweise über ihre sexuellen Kontakte nicht sprechen, wurde vermutlich missbraucht, eine Abtreibung wäre illegal gewesen, ihre fehlten eine entsprechende Bildung und entsprechende Informationen. Die Kampagne wurde über Medien und Events verbreitet. Gleichfalls das Internet nahm eine bedeutende Rolle ein, unter anderem für Meldungen von vergleichbaren Gewalterlebnissen und die Organisation von Solidarität. Nach fünf Jahren erhielt Alba Lucía wieder ihre Freiheit, im Jahre 2002. Daran hatten diverse Organisationen Anteil, insbesondere PROMUJER aus Bogotá neben dem Red, aber auch diverse nationale, transnationale, regionale und lokale Gruppen wie die Corporación para la Vida – Mujeres que Crean, die Dirección Nacional de Equidad para las Mujeres, das Centro Internacional por la Justicia y elDerecho, die Corporación Vamos Mujer, das Centro Interdisciplinario de Estudios enGéner oder Universidad de Antioquia, die Asociación Mujeres del Oriente Antioqueño, die Corporación Amig@s Comunes, Mujeres Afrocolombianas oder die Corporación Simón Bolívar. Am exemplarischen Fall wurden in diesen Jahren öffentliche Diskussionen zu Sexuellen und Reproduktiven Rechten festgemacht. Zugleich half dieser unterschiedlichsten zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sich hinter einem gemeinsamen Ziel und Fall zu vereinen und über Jahre geschlossen zu wirken. Dies muss als zentral für die große zivilgesellschaftliche Wirkungsmacht zu diesem Thema in diesen Jahren bewertet werden.[262]

In den Jahren 1999/2000 wurde schließlich eine effektive und adäquate Teilhabe von Frauen in Gesetzesrang gehoben. Eine solche Quote ist kein eigentlicher Teil einer Politik Sexueller und Reproduktiver Rechte, aber doch zeigen sich darin deutlich inhärente Geschlechterbilder. Das Gesetz inkludierte eine Frauenquote für Vorstände. Die Gründe und Wege, die zu diesem Gesetz führten, sind nicht deutlich und reichen von Interessenspolitik bis hin zu Druck von innen und außen; zentral ist aber festzuhalten, dass diese Quote in der Folge zu einem deutlichen Unterschied in den Zusammensetzungen von Unternehmen und Organisationen in Kolumbien führte.[263] Verbunden mit diesem Vorhaben war das Bild einer „Reinigung“ der Politik, einer neuen „weiblichen“ Politik, die ehrlicher und gerechter sei beziehungsweise sein sollte, auch um den kriegsähnlichen Zuständen in Politik und Gesellschaft zu begegnen. Letztlich wurden dabei Gender-Klischees verwendet und vorgebracht, wie eine honestidad femenina, die die angegangenen Veränderungen öffentlich zu rechtfertigen halfen. Es zeigte sich, dass Fortschritte im Sinne einer gesicherten Beteiligung von Frauen nicht mit gesicherten Sexuellen und Reproduktiven Rechten einhergehen mussten, wie der freien Wahl der eigenen sexuellen Identität außerhalb von Stereotypen.[264] Doch das vorhergehende zivilgesellschaftliche Wirken für ein entsprechendes Gesetz war Teil breiterer Aktivitäten für Gesetze beispielsweise gegen häusliche Gewalt oder zur mindestens Teillegalisierung von Abtreibungen, durchaus mindestens zum Teil unter dem Dach des Konzepts Sexueller und Reproduktiver Rechte. Abtreibungen unter nicht adäquaten Umständen waren und sind in Kolumbien eine der zentralen Todesursachen gerade junger Frauen. Solche Abtreibungen als nicht existent zu zeichnen trifft deutlich nicht zu – gegen solche Bilder wurde durch Zahlen und die Publizität exemplarischer Fälle vorzugehen gesucht.[265] Eine zentrale Rolle diese Themen voranzubringen spielte das Red Nacional de Mujeres de Colombia, welches bereits zur Verfassungsgebung 1991 deutlich aktiv war.[266] Frühe Veränderungen im Sinne von Verbesserungen für Frauen, wie das Recht auf Lohn oder ein Wahlrecht, waren noch durch wenige Kräfte und zentrale Akteur*innen erreicht worden. Dies lag durchaus auch an der damals noch verbreiteten Ruralität und dem Mangel an Alphabetisierung. Nun, in den 1990er Jahren, wurden mehr und auch unterschiedlichere Akteur*innen aktiv. Doch nicht wenige dieser Akteur*innen wurden dabei als besonders radikal perzipiert und dargestellt, gerade wenn sie für sexuelle Freiheiten im Sinne Sexueller Rechte eintraten. Verbreitet wahrgenommen und dargestellt wurden sie als abnormal, und so auch nicht notwendigerweise für etwas von allgemeinem Interesse kämpfend und wirkend.[267] Auch zu dieser Zeit wurden Sexuelle und Reproduktive Rechte in einer weiten Fassung noch nicht von der kolumbianischen Mehrheit getragen, und wenn sie unterstützt wurden, dann wurden sie zumeist auf Frauen und Reproduktive Rechte beschränkt.

In den frühen 2000er Jahren prägte die LGBTIQ*-Akteur*innen Kolumbiens deren Teilhabe am Projekt Planeta Pazüber die Corporación Derechos para la Paz– einem Projekt zur Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Bemühungen zum Erreichen von Frieden in Kolumbien. Damit sollte auf den Dialog zwischen der Regierung und Guerillas eingewirkt werden.[268] Dabei gab es stets in diesem Kontext Hoffnungen, das ein Frieden in diesem Feld auch Veränderungen der Geschlechterkonzeptionen in ganz Kolumbien zur Folge haben könnte oder würde, gewissermaßen eine Disruption von Gewalt, sowohl der kriegsähnlichen in Teilen Kolumbiens, wie jener gegen Frauen oder gar LGBTIQ*-Menschen.[269] Dies führte auch im Bereich Sexueller und Reproduktiver Rechte zu Fortschritten, wobei deutlich die zunehmende Verfestigung entsprechender Rechte, vor allem durch Gerichtsurteile, weniger durch formale Gesetzgebung, von der maximal bedingten Umsetzung abzugrenzen ist. Im Rahmen von Planeta Paz wurden auch die Themen Freiheit und Identität neu besetzt. Entsprechende Allianzen von Akteur*innen bildeten sich und zugehörige Diskurse wurden geführt. Verwiesen wurde dabei beispielsweise auf bereits vorherige Bemühungen die Thematik Frieden mit den Thematiken Freiheit und Körperlichkeit zu verbinden. Dass Motto von Anfang der 1990er Jahre lautete dabei: Cuerpo, primer territorio de paz. Frieden wurde in diesem Rahmen sowohl körperlich eingeschrieben als auch gebunden. Dies hieß, nur wenn der jeweils individuelle Körper Frieden habe – im Sinne Sexueller und Reproduktiver Rechte und beispielsweise einer freien Wahl der eigenen sexuellen Identität – könne auch Frieden im Land erreicht werden. Doch blieb dies eine eher radikale und so eher randständige Position.[270] Die Rechte von LGBTIQ* wurden im Rahmen von Planeta Paz auch thematisiert und durch das Zusammenwirken zivilgesellschaftlicher Akteur*innen vorangebracht unter dem Diskursdach des Friedens. Dieses Thematisieren erlaubte zugleich eine bedingte Enttabuisierung der Thematik.[271]

„A lo largo de la década del 2000, tuvo lugar un giro significativo en las organizaciones de personas homosexuales y transgeneristas en el país: su conexión con los movimientos de participación de la sociedad civil por la paz. Esto giro se dio no sólo en el contexto de la amplia participación de los movimientos sociales en aquellos que buscaban la paz, sino, también, a través de una mayor integración de las iniciativas de los movimientos y organizaciones de personas homosexuales y transgeneristas, en otras iniciativas organizadas por la sociedad civil y los movimientos por los derechos humanos. De hecho, en este contexto en el que, hacia el año 2002 (…) se empieza a usar el acrónimo „LGBT“ (…) como estrategia de visibilización en el contexto nacional y como una forma de integrarse a las discusiones más generales a nivel internacional, en torno al lobby por los derechos de personas homosexuales y trangeneristas.“[272]

In diesem Kontext gab es auch in der nationalen Politik Fortschritte. 2002 wurde erstmals eine Política Nacional de Salud Sexual y Reproductiva para el periodo 2002 a 2006 in die Wege geleitet. Es begann in dieser Zeit die Verfestigung einer staatlichen kolumbianischen Politik zur Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte, wobei zu bemerken ist, dass der Fokus dabei Frauen im gebärfähigen Alter waren, weniger Männer, die im politischen Rahmenplan jedoch Erwähnung fanden, geschweige denn weitere sexuelle Identitäten. Kolumbien hatte 2002 immer noch keine expressive Anerkennung Sexueller und Reproduktiver Rechte, die entsprechenden Gesundheitsideale waren jedoch Teil diverser Programme. Zugleich gab es Fortschritte in der entsprechenden Bildung und bezüglich der Gesetzeslage zu Vergewaltigungen. Besonders Vergewaltigungen in bewaffneten Konflikten waren dabei ein Thema und wurden seit 2000 besonders geahndet.[273]Bevor sich nun der folgenden Zeit gewidmet wird, gilt es die Hintergründe dieser Entwicklungen genauer zu betrachten.

 

8.2. Hintergründe

Die Verfassung von 1991 kam nicht aus dem Nichts. Tatsächlich stehen hinter dieser langjährige Diskurse und auch zivilgesellschaftliche Bemühungen. So ist die besondere Unterstreichung von Familienplanung und eines Rechtes auf diese auch mit der langen Vorgeschichte entsprechender, vor allem zivilgesellschaftlicher Bemühungen in diesem Feld verbunden. In diesem Sinne wurde Kolumbien immer wieder als Vorbild oder Vorreiter*in in Südamerika ausgemacht, bezüglich der Bevölkerungspolitik und -entwicklung. Dies war die Selbst- wie Fremdsicht. Doch gibt es auch eine kritische Sicht dazu.[274] Die verbreitete kolumbianische Selbstdarstellung betonte dabei sowohl das Positive von Familienplanungsprogrammen – so sei der konstatierten Herausforderung begegnet worden, das Bevölkerungswachstum habe ab-und die Quote der Verhütungsmittelnutzung deutlich zugenommen –[275] als auch die zentrale Rolle unterstützender Medien und beteiligter Politiker*innen dabei. Im Rahmen der Umsetzung entsprechender Maßnahmen begann der Anteil jüngerer Bevölkerung prozentual ab- und der älterer absolut wie prozentual zuzunehmen. Auch die Lebenserwartung begann zuzunehmen.[276] Von Befürworter*innen außerdem gelobt wurde, es sei nicht singulär auf Bevölkerungspolitik gesetzt worden. Vielmehr gäbe es durch verbundene Programme eine hohe weibliche Alphabetisierung und eine deutliche Einbeziehung von Frauen in „moderne Ökonomie“. Zugleich jedoch muss konstatiert werden, dass dabei Fertilitätskontrolle und -beeinflussung stets zentral waren. Gerade die Erhöhung der Zugänglichkeit von Verhütungsmitteln habe dabei weitreichende Folgen gehabt, so Befürworter*innen der Maßnahmen. Gerade durch die Aktivitäten von Profamilia verbreiteten und verbilligten sich Verhütungsmittel, die Fertilitätsraten sanken deutlich. Dabei spielte und spielt männliche Verhütung in Kolumbien effektiv keine Rolle.[277] Nicht wenige erklärten die Familienplanungspolitik in Kolumbien wurde vor allem oder zumindest deutlich auch durch die Aktivitäten von Profamilia von den 1960er Jahren an geprägt.[278] In Kolumbien wurde dabei eine entsprechende Politik vor allem zivilgesellschaftlich etabliert. Eine offizielle entsprechende Politik gab es hingegen nicht. Vielmehr ging es darum die Rahmen zivilgesellschaftlich zu verändern. Immer wieder, und so auch später, gerade in den 1990er Jahren, wurden jedoch die Rufe lauter, die eine tatsächliche staatliche Bevölkerungspolitik forderten. Profamilia etwa leiste viel, aber um noch mehr zu erreichen bedurfte es nun staatlichem Handeln, so die Argumentation.[279]

Im Rahmen des Erreichten im Bereich Bevölkerungspolitik und Familienplanung wurde auch die Rolle der Privatwirtschaft von manchen hervorgehoben, gerade auch deren Weg stetiger Überprüfungen und Verbesserungen des eingeschlagenen Weges. Deren Rolle wurde jedoch vor allem im distributiven Bereich verortet. Insgesamt wurde spätestens in den 1980er Jahren ein zunehmender Fokus entsprechender, stark zivilgesellschaftlich getragener Aktivitäten auf Frauen, Frauenrechte und Gesundheit gelegt. Wichtig im Vorantreiben dieser Themen waren zivilgesellschaftliche Akteur*innen, die sich auch dem entstehenden Rechtskonstrukt Sexueller und Reproduktiver Rechte widmeten. Am Anfang waren so in Kolumbien, wie international, Sexuelle und Reproduktive Rechte primär ein Anliegen der Frauen(rechts)bewegung, die sich in Kolumbien international verband. Diese richtete sich Mitte der 1970er Jahre in Opposition zum patriarchal und unterdrückend wahrgenommen Staat aus und fokussierte auf Themen wie Selbstbestimmung und Solidarität. Das Konzept war jenes der doble militancia und eines feminismo autónomo. Dabei wurde vor allem über Zeitschriften über neue Formen von Macht und Politik debattiert.[280] Insgesamt entstanden in den 1970er und 1980er Jahren in Kolumbien bedeutende zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für Frauenrechte einsetzen, Informationen und Bildung zu verbreiten suchten, über Verhütung, sexuelle Gesundheit oder Gewaltprävention.[281] In den 1980er Jahren wurden vor allem die Themenkomplexe Rechte und Autonomie fokussiert. Neben Forschenden, die die Thematik voranbrachten, waren beispielsweise auch vorherige Akteur*innen der Verbreitung von Familienplanung daran beteiligt.

„Otro de los ejes para la conformación de las políticas en torno a los DSR [Derechos Sexuales y Reproductivos] proviene de organizaciones privadas. Originadas en las iniciativas por la planificación familiar, dichas políticas fueron desarrolladas posteriormente hacia nociones más amplias de salud sexual y reproductiva. Tal es el caso de Profamilia, una organización privada que desde la década del sesenta presta servicios de atención en salud sexual y reproductiva a la población joven y adulta, además de realizar investigaciones relacionadas con el comportamiento sexual de la población en Colombia.“[282]

In dieser Dekade nahmen die Verbindungen zu diversen Themen zu. Ein sozialer Wandel und NGO-Gründungen standen im Vordergrund der teilweise koordinierten Bemühungen. Es entstanden Allianzen für einen Wandel in Kolumbien und neue Organisationen mit Fokus auf Frauen, die durchaus auch Verbindung zu vorherigen Diskursen hatte, aber sich klar auch im Kontext der Themen Reproduktive Rechte und Frauenrechten verorteten, wie das Centro de Atención a la Mujer y el Infante.[283] 1982 kam es zu einer Versammlung entsprechender Akteur*innen, aus dem das Red Colombiana de Mujeres por los Derechos Sexuales y Reproductivos (RCMDSR) hervorging, welches in der Folge mehrere Regionalgruppen bildete. Gesucht wurde in diesem Kontext deutlich auch wieder eine Vernetzung über Kolumbien hinaus, so wurden beispielsweise Verbindungen zur Ford Foundation aufgebaut. 1984 kam es zu einem Regionaltreffen zu Frauengesundheit in Kolumbien, dem Primer Encuentro Regional de Salud de las Mujeres, und das Red de Salud de Mujeres Latinoamericanas y del Caribe entstand.[284] Anfang der 1990er Jahre wurde schließlich die Chance gesehen, entsprechende Anliegen in der Verfassung zu verankern. Die Anliegen reichten vom Ansatz Sexueller und Reproduktiver Rechte in einer Reduktion auf Familie und Frauenrechte zu einer Ausweitung dieser auf andere gefährdete Gruppen respektive die gesamte Gesellschaft. Hinter den unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen standen auch strategische Erwägungen. Zentral gründete sich das Red Nacional de Mujeres de Colombia zur Koordination der Einwirkungen unterschiedlicher Frauenrechtsorganisationen und entsprechender Akteur*innen auf die entstehende Verfassung.[285] Dieses Red pflegte auch deutliche Verbindungen zu Profamilia. Wer jedoch wie an der Verfassungsgebung mitwirken sollte von den entsprechenden Akteur*innen war keineswegs unumstritten. Umstritten war beispielsweise wie sehr eine feministische Agenda Leitbild sein sollte. Am Ende wurde für eine breite und offene Agenda für „Frauen“ optiert, im Sinne von Inklusion und Reichweite. Dies schwächte jedoch zugleich die Bedeutung breit gefasster Sexueller und Reproduktiver Rechte. Im Red Nacional waren viele starke und international gut eingebundene Akteur*innen organisiert, gerade Verbindungen zu Universitäten gab es viele. Nicht wenige betrieben eigene Betreuungszentren. Im selben Jahr nahmen kolumbianische Akteur*innen der Frauenrechtsbewegung auch am Encuentro del Movimiento Feminista de Latinoamérica y el Caribe teil, im Sinne einer zugleich internationalen Anbindung und Koordinierung.[286] Insgesamt kann die erste Hälfte der 1990er Jahre als Phase der Partizipation zivilgesellschaftlicher Akteur*innen mit staatlichen Akteur*innen beschrieben werden. Dazu gehörten große nationale Mobilisierungen von Frauen aber auch mehr regionale Teilhabe, so etwa in Cali, um geteilte Anliegen voran zu bringen und Politik werden zu lassen. Es war eine Phase vieler Projekte, des Einbringens und des Voranbringens von Konzepten der Gleichheit, jedoch vor allem in einer binäre Geschlechterlogik. Dies zeigte sich an der Teilhabe an der Verfassungsgebung genauso wie an internationalen Konferenzen.[287] Dahinter steckte auch die Einsicht, dass die Durchsetzung Sexueller und Reproduktiver der gesamten Gesellschaft bedurfte, um Wirksamkeit zu entfalten, und so auch Kompromissen. Zugleich wurde deutlich davon ausgegangen, dass starke und weitreichende Sexuelle und Reproduktive Rechte die kolumbianische Gesellschaft voranbringen würden.

„El campo de los derechos sexuales y reproductivos constituye un espacio que debe favorecer la humanización de individuos y de colectivos sociales, con impacto en la vida social, política y económica de hombres y mujeres. Indudablemente, esta es una acción impostergable que requiere grandes compromisos de los distintos sectores de la sociedad, en el que es necesario seguir haciendo aportes importantes, promoviendo el debate conjunto entre hombres y mujeres sobre cómo lograr una sociedad más igualitaria y más justa, en donde mujeres y hombres puedan gozar de un bienestar físico, mental, social, y puedan disfrutar de una vida sexual y reproductiva en libertad y autonomía.“[288]

Eine wichtige Frage im Rahmen der Debatten zu Frauenrechten sowie Sexuellen und Reproduktiven Rechten und ihrer Berücksichtigung in der neuen Verfassung war die Frage eines Rechts auf Abtreibungen, welches hochkontrovers war, auch unter entsprechenden Akteur*innen für die generelle Verbreitung und Verankerung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten. Während bezüglich dieser Frage die Durchsetzungserfolge gering blieben, konnten entsprechende im Rahmen der neuen Verfassung bezüglich Partizipationsmöglichkeiten erreicht werden, gerade für Frauen und ethnische Minderheiten, beides Gruppen, die besonders auch unter der damals grassierenden Gewalt in Kolumbien litten. Auch beispielsweise bezüglich der klaren Trennung von Staat und Kirche wurde die neue Verfassung als Fortschritt gewertet. Aber mit Fokus auf Sexuelle und Reproduktive Rechte waren die Fortschritte begrenzt. Insgesamt nahm in dieser Zeit der transnationale Austausch zu, die Teilhabe an internationalen Dialogen. Zugleich wurden spezifische Frauenpolitiken in Kolumbien begonnen, so bezüglich Gleichheit und Partizipation 1994 oder zu Frauen auf dem Lande 1993. Ziel war es die Reichweite der bisherigen Politiken zu erweitern und reale Verbesserungen vor Ort zu erreichen. Zudem war eine verbundene Hoffnung, realisierte Gleichheit würde auch gesellschaftliche Dynamiken fördern und zugleich die Wirtschaft stärken.[289] In diesem Rahmen entstand auch ein Studienzentrum zu Gender in Kolumbien. Diverse Akteur*innen profitierten dabei multipel, besonders auch das Casa de la Mujer, durch zunehmende Sichtbarkeit, Ressourcenzugangssteigerung sowie teilweise öffentliche Ämter. Die zunehmende Institutionalisierung entsprechender Anliegen und Akteur*innen in diesen Jahren stützte zugehörige Akteur*innen deutlich, die Koordination nahm zu, gerade über Profamilia, aber auch die Integration vieler kleiner NGOs – die kolombianische Zivilgesellschaft wurde globalisiert in diesem Themenfeld und zugleich deutlich schlagkräftiger durch Vernetzung und Koordinierung.[290] So konnten auch zunehmend mehr gesellschaftliche Schichten angesprochen und einbezogen werden. War die Agenda Sexueller und Reproduktiver Rechte lange ein eher elitäres Vorhaben gewesen, verbreiterte sich der Kreis der Akteur*innen nun deutlich. Dies machte die gemeinsame Agenda aber auch zunehmend weniger radikal, sondern anschlussfähig, eine Tendenz, die auch auf Widerstand und Widerspruch stieß.[291]

Zugleich führte dies zu gewissermaßen unerwarteten Akteur*innengruppen. Ein Beispiel dafür sind Católicas por el Derecho a Decidir (CDD), ein Frauenbewegung aus dem Inneren der katholischen Kirche, die in ganz Lateinamerika seit 1994 aktiv ist, deutlich gerade auch in Kolumbien. Aus einer christlich-ethischen kritischen Perspektive wird für mehr Menschenrechte und insbesondere verwirklichte Sexuelle und Reproduktive Rechte gewirkt. Wie die katholische Kirche traditionell öffentlich Wirkung zu erzielen sucht in Lateinamerika, so versuchten und versuchen dies auch die beteiligten Akteur*innen im Sinn ihrer Agenda. Gerade bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten spielt(e) die katholische Kirche in ihren Beziehungen zu Staaten und Politik eine bedeutende Rolle, dabei wurde und wird insbesondere auf symbolische und andere nicht-sichtbare Sphären gewirkt. CDD versucht(e) auch deshalb nicht nur in die Gesellschaft hinein, sondern auch in die Kirche hinein zu wirken, damit in und von dieser deutlicher Heterogenität in Lebensentwürfen und Ansichten berücksichtigt wird respektive wurde. Dahinter steckt(e) die Einsicht, dass verbreitet keineswegs katholischen Leitbilder vollkommen gefolgt wird und wurde, auch nicht bezüglich Themenfelder wie Sexualität, diese aber nichtdestotrotz großen Einfluss haben beziehungsweise hatten, gerade im Prägen von Denken und Moralvorstellungen. Die Mitwirkenden des CDD definier(t)en sich dabei selbst als Feministinnen mit katholischer Ethik. Sie wirk(t)en auf eine striktere Trennung von Staat und Kirche, um eine plurale Gesellschaft zu ermöglichen auf der Basis von Diversität und Toleranz, so die Selbstdarstellung der beteiligten Akteur*innen.[292] Sie setz(t)en sich beispielsweise auch für ein Recht auf Abtreibungen ein und lehn(t)en eine Abwägung des Lebens des Fötus gegenüber jenem der Frau ab. Vielmehr folg(t)en laut CDD Abtreibungsverboten Zwang und Gewalt, eine freiwillige Mutterschaft bedürf(t)e daher Abtreibungen als letzte Möglichkeit und Lösung. Diese Argumentation brachte CDD auch im Parlament Kolumbiens vor im Sinne von freier und freiwilliger Mutterschaft.[293]

Die Frauenbewegung war nicht die einzige Bewegung in Kolumbien, die sich für Wandlungsprozesse einsetzte in Richtung Sexueller und Reproduktiver Rechte. So gab es in Kolumbien seit den 1930er Jahren eine durchaus sichtbare homosexuelle Bewegung, trotz der und durchaus auch gegen die damalige Kriminalisierung von homosexueller Sexualität.[294] Homosexualität war in Kolumbien zwischen 1936 und 1980 ein Straftatbestand.[295] Bei den entsprechenden Bemühungen ging es nicht nur darum, diesem Straftatbestand zu begegnen, sondern auch der zu Grunde liegenden Kultur von Homophobie. Ersteres prägte dennoch deutlich die Aktivitäten bis Ende der 1970er Jahre. Und selbst als der Straftatbestand bereits angegangen wurde, bedeutete dies noch lange keinen kulturellen Wandel – Erfolge dabei zu erzielen erwiesen sich als langwieriges Anliegen.[296] „Entonces, al lado de la tolerancia legal hacia el homosexualismo – se aclara que sólo en el ámbito penal -, subsiste la intolerancia social, pues las personas que se atreven a vivir abiertamente su sexualidad homoerótica son señaladas, excluidas, discriminadas y hasta amedrentadas con actos de violencia.”[297] Die Aktivitäten waren dabei nicht auf Bogotá beschränkt, wenn sie dort auch besonders stark waren. Beispielsweise gab es in den 1970er Jahren dasMovimiento para la Liberación Homosexual de Colombia aus Medellín, welches sich für entsprechende Rechte einsetzte und sich als Sprachrohr tausender gerierte, bei real deutlich weniger Reichweite und Mitgliedern. Es wurde geleitet von León Zuleta in Medellín und von Manuel Antonio Velandia in Bogotá und suchte sich mit weiteren zivilgesellschaftlichen Akteur*innen zu verbinden und zu koordinieren, um nicht isoliert oder einzeln dazustehen. Durchaus deutlich wurden Anlagen in globalen Bewegungen der 1960er Jahre gesucht im Rahmen der Infragestellung von Autorität. Auf diese Weise konnte auch eine Verbindung zu feministischen Akteur*innen gesucht und lose gefunden werden. Eine Grundlage war dabei die Thematik der Infragestellung von festen Gender-Konzepten im Sinne einer Binarität.[298] Dies war auch die Zeit, in der erstmals eine tatsächlich weit reichende Sichtbarkeit dieser Bewegung zustande kam. So gab es eigene Publikationen mit Distribution in weiten Teilen Kolumbiens, aber weiterhin auch deutliche Gegenwehr.

„Ya desde finales de la década de los setentas y principios de los ochentas, en ciudades como Cali, Medellín y Bogotá, se inició el trabajo de varios tipos de organizaciones en torno a temas de orientaciones sexuales e identidades de género, en el marco de los debates del momento a nivel nacional e internacional. Estas organizaciones se debatían entre manifestaciones más o menos públicas y más o menos permanentes; eran convocadas ya sea por intereses culturales, fraternales o claramente políticos, en un momento en que la homosexualidad estaba penalizada. Mientras tanto, los gobiernos de turno se caracterizaban por sus políticas represivas y por la presencia de mecanismos de asesinato selectivo hacia todos aquellos considerados “indeseables“ por el orden establecido.“[299]

Ein prägender Einschnitt für organisierte homosexuelle Akteur*innen wurde das Auftreten von HIV / AIDS in den 1980er Jahren.[300] 1982 entstand auch in diesem Kontext das Instituto Lambda Colombiano, welches Forschung zu Homosexualität in Kolumbien betrieb und noch betreibt.[301] Zunehmend breitete sich in dieser Zeit die Reichweite aus – sowohl was die Adressierten betraf, als auch die Inkludierten. So wurde aus primär homosexuellen Akteur*innen eine tendenzielle LGBTIQ*-Bewegung, jedoch mit deutlich unterschiedlicher Reichweite und Sichtbarkeit. Aus vor allem männlichen Homosexuellen wurden LGBTIQ*-Akteur*innen, jedoch gerade Transvestiten und Transsexuelle standen weiterhin vor dem Problem der Eigengefährdung durch Sichtbarkeit.[302] Als Hintergrund all dieser Aktivitäten ist daher ein durchaus starker gesellschaftlicher Widerstand zu beachten, basierend unter anderem auf verankerter katholischer Moral, der LGBTIQ*-Akteur*innen noch kritischer gegenüber stand als Sexuellen Rechten in Ehen. Dazu kam die weite Verbreitung von Gewalt in Kolumbien, so das manche Autor*innen diese als de facto strukturell bewerte(te)n. Beides erschwerte LGBTIQ*-Aktivitäten, unterband diese aber nicht. Doch muss bezüglich vor allem männlichen Homosexuellen von deutlichen Diskriminierungen in Kolumbien auf der Basis tradierter Genderbilder in dieser Zeit geschrieben werden. Besonders in den 1980er Jahren kam es durch Schwadrone zu sogenannten „sozialen Säuberungen“ unter denen gerade auch Homosexuelle litten – sowohl Guerillagruppen wie Paramilitärs stilisierten sich dabei als Hüter*innen einer vorgebrachten Moral. Aber auch außerhalb der von diesen kontrollierten Gebiete wurden gerade männliche Homosexuelle immer wieder massiv eingeschränkt und in ihren Rechten begrenzt, sie wurden diskriminiert und stigmatisiert, so durch die Kriminalisierung bekannter Treffpunkte. Und in diese Sinne finden Diskriminierungen in Kolumbien vielerorts immer noch statt, trotz aller legalen Fortschritte. So darf beispielsweise in Kolumbien bei intersexuellen Kindern keine geschlechtsbestimmende OP mehr vorgenommen werden. Intersexuelle müssen laut Corte Suprema de Justiciaals grupo minoritaria besonders geschützt werden in ihrem Recht ihre eigene sexuelle Identität zu definieren. Verschiedene NGOs wie die Acción de Tutela mobilisier(t)en, gerade unter dem Dach von Menschenrechten, für eine reale Umsetzung und eine Verbreitung der entsprechenden Rechte, aber auch für kollektive Rechte für LGBTIQ* wie sie heterosexuelle Paare haben. Gesellschaftliche Wirkung wurde schließlich gerade in den großen Städten erreicht, darüber hinaus jedoch bis heute nur sehr begrenzt, wenn die Gesetzeslage auch für ganz Kolumbien gilt.[303] Erfolge wurden dabei immer wieder vor allem dann erzielt, wenn unterschiedliche zivilgesellschaftliche Akteur*innen und Gruppen sich hinter einer Person oder einem konkreten Anliegen vereinen konnten. So wurde zwar ab den 1960er Jahren im Rahmen der Homosexuellenbewegung in ganz Lateinamerika für Frieden und Freiheit gekämpft, so wie ab den 1980er Jahren für das Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte,[304] aber die größten Erfolge und entsprechende auch mediale Aufmerksamkeit bedurften oft eines konkreten Falles oder Anliegens. Ein Beispiel dafür in Kolumbien ist der Kampf von Marta Álvarez 1994 auf Besuche intimas oder conyugales im Gefängnis, die ihr auf Grund ihrer Homosexualität negiert wurden. Der Konflikt ging bis vor den Corte Interamericana de Derechos Humanos. Kolumbien negierte dabei ein solches Recht unter Verweis auf die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz homosexueller Sexualität und die daraus resultierenden Sorge um die Moral aber auch Sicherheit und Disziplin in den Gefängnissen. Die Folge war eine breite gesellschaftliche Kampagne unter Beteiligung der Comisión Internacional de los Derechos Humanos de Gays y Lesbianas und des Red Nacional de Mujeres. Diese verwirklichte globale Zivilgesellschaft konnte schließlich entsprechende Erfolge erreichen. So bestätigte das höchste Gericht Kolumbiens schließlich ein Rechte auf intime Besuche auf für Homosexuelle 2001, nachdem bereits 1996 der Corte Interamericana de Derechos Humanos entsprechend entschieden hatte. Hier schritten die Gerichte voran, nicht die Gesetzgebung. 2003 kam Marta Álvarez schließlich frei.[305] Doch waren die 1990er Jahre nicht nur Jahre des Voranschreitens bei Sexuellen und Reproduktiven Rechten für Homosexuelle, es gab auch deutliche Rückschritte.Dazu gehörte die Ermordung von Zuleta vom Movimiento para la Liberación Homosexual de Colombia1993. Seine Mörder*innen wurden nie identifiziert, dabei wurde auf die Verbreitung von Gewalt in diesen Jahren in Medellín hingewiesen als Hindernis der Täter*innenidentifikation. Doch wurde vermutet, dass es eine deutliche Verbindung zu Tendenzen von limpieza social in diesen Jahren in Medellín gab, der nicht nur Homosexuelle und zugehörige Akteur*innen, sondern auch Prostituierte, soziale Aktivist*innen oder linke Akteur*innen zum Opfer fielen.[306]

Viele Bereiche der Sexualität in Kolumbien sind und waren geprägt von Moralvorstellungen und Tabus – Moral und Sexualität sollten daher aus Sicht von Befürworter*innen Sexueller und Reproduktiver Rechte deutlicher getrennt, Dogmen sollten behoben, Sexualität aus dem Panoptikum religiöser Moral befreit werden, in welchem Sexualität zentral mit Zensur, Disziplinierung und mortificación verbunden würde. Nur so könnten Sexuelle und Reproduktive Rechte Realität werden. Als Zeichen der Emanzipation von einer solchen Moral galt das Umsetzen von Sexualerziehung. Gerade die Kommunikation musste in diesem Rahmen beeinflusst werden, die Thematik eine ansprechbare und angesprochene Thematik werden. [307] Es wurde dabei der Einsicht gefolgt, eine Veränderung von Moral in Bezug auf Sexualität bedürfe einer anderer Sexualerziehung, einer Erziehung zur subjektiven und sozialen Selbstbefähigung.[308] Denn eine freie Entscheidung, eine tatsächliche Wahlfreiheit, etwa bei der eigenen sexuellen Identität, bedurfte und bedarf einer entsprechenden Bildung – es galt entsprechenden Akteur*innen daher Konzeptionen zu öffnen, überhaupt die Möglichkeit zu vermitteln, aus Jahrhunderten von Prägung durch Kultur, Moral und Ideologie auszubrechen. Doch zugleich war verbreitet stets bewusst, dass Bildung dabei nur ein Weg sein könnte, Bildung alleine reichte aus Sicht der meisten entsprechenden Akteur*innen nicht aus, eine tatsächlich freie Entscheidung zu ermöglichen – und doch, Bildung bedurfte es mindestens auch, sie war sogar zentral.[309] Zugleich ist und war zu beachten, dass es bezüglich Moralvorstellungen aber auch praktizierter Sexualität in Kolumbien deutliche Diversität gibt und gab, sehr unterschiedliche kulturelle Weitergaben. Beeinflussend als Rahmen gehör(t)en dazu auch soziale und kulturelle Machtbeziehungen. Dogmen und Moral ordne(te)n in diesem Kontext und schaff(t)en ein „richtig“ und „falsch“ – dies alles musste hinterfragt werden, wurden Änderungen im Sinne umfassender Sexueller und Reproduktiver Rechte angestrebt. Denn auch die Ungleichheit der Geschlechter, selbst in binärer Konzeption, war und ist dabei verbreitet immer noch eine gewisse Konstante. Dem beizukommen bedurfte es, so die Einsicht vieler Akteur*innen für weitreichende Sexuelle und Reproduktive Rechte, einer verbreiteten Sexualerziehung. Der Staat müsste dafür die Ausbildung der Lehrenden anpassen und ausrichten. Vor allem müsste aber, neben dem schulischen, noch zentraler im familiären Umfeld ein Wandel eintreten.[310] Gerade dort würden „alte“ Konzepte verbreitet, Machismo und anderes weiter gegeben und perpetuiert. Dies führe unter anderem, so die Argumentation einer notwendigen Beeinflussung, zu formas de maltrato. Dabei überhaupt Fortschritte zu erreichen galt es zunächst die verbundene Tabuisierung entsprechender Themen, gerade von Sexualität, anzugehen. Insbesondere die verbreitete Abnormalisierung vieler Sexualität, so von älteren Menschen, wurde als ein deutliches Problem ausgemacht. Diese Thematik müsste erst von Tabus und der Verschleierung als nicht-existent befreit werden, so die zugehörigen Akteur*innen. Entsprechenden Tabus wurde das Konzept lebenslanger Sexualität entgegengesetzt. Aber auch bezüglich Masturbation, Menstruation oder auch Homosexualität gab es mehr Vorurteile als Wissen.[311] Dies verhinderte nicht die Entwicklung eines LGBTIQ*-Lebens und das Aktivwerden entsprechender Akteur*innen in Kolumbien – es prägte aber deren Agieren und Möglichkeiten:

„La vida del MDS [Movimiento de Disidencia Sexual = más o menos LGBTIQ*] colombiano inicia formalmente hace ya cuatro décadas, en los años setentas, sin embargo, desde entonces hasta nuestros días [2010] ha debido pasar por distintas etapas de organización, trabajo y reflujo. Para entender estas etapas es importante considerar tanto la violencia estructural que ha marcado la vida colombiano desde muy temprano en el siglo XX y la influencia de la moral católica en la vida pública del país.“[312]

Waren alle inhaltlichen Einflussversuche unterschiedlicher Akteur*innen für die Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte auf die neue Verfassung auch im Ergebnis begrenzt, hatten die Einflussversuche auf die neue Verfassung doch dazu geführt, dass sich die entsprechenden Akteur*innen koordiniert und teilweise auch mit anderen Akteur*innen, die für spezifische Rechte eintraten, wie Vertreter*innen indigener Gruppen, vernetzt hatten. Dies ermöglichte eine deutlichere Einflussausübung auf das Wirken Kolumbiens auf den folgenden internationalen Konferenzen von Wien, Kairo und Beijing, aber auch in Kolumbien selber. So wurde 1993 die Gesundheitsversorgung zum Recht erhoben und im selben Jahr Indigene Rechte konkretisiert, beispielsweise ein Recht auf kulturelle Identität. 1994 wurde die Asociación Colombiana de Lesbianas y Homosexuales gegründet und gleichfalls die Grupo de Mujeres Lesbianas y Solidaridad Lésbica. Damit wurde über Partikularinteressen wie jene männlicher Homosexualität auch institutionell deutlich hinausgegangen. Es war ein Schritt im Sinne der Aneignung Sexueller und Reproduktiver Rechte und deren Ausweitung in Richtung LGBTIQ*.[313] 1994 schließlich wurden Änderung im Bildungsbereich erreicht. Als Ziel wurde formuliert, durch Bildung sollte es ermöglicht werden eine eigene Personalichkeit zu bilden, Verantwortung zu übernehmen, Autonomie zu leben, aber auch Moralvorstellungen zu formen. Beispielsweise das erst langsam in den Aufmerksamkeitsfokus tretende Thema von Sexualität im Alter sollte so auch in die breiteren Vermittlungsbemühungen aufgenommen werden. Vor allem aber die gewissermaßen allgemeine Sexualerziehung wurde in diesem Kontext gefestigt und als Ziel formuliert „desarrollar una sana sexualidad que promueva el conocimiento de sí mismo y la autoestima la construcción de la identidad sexual dentro del respeto por la equidad de los sexos, la afectividad, el respeto mutuo y prepararse para una vida familiar armónica y responsable“.[314] Bereits zuvor gab es erste Pilotprojekte, jedoch im Rahmen der Secundaria, nicht der allgemeinen und grundständigen Schulbildung, und eher auf Entwicklung und weniger auf Sexualität zielend. In den 1980er Jahren entstand in einigen Universitäten die cátedra de educación sexual. Aber erst in den 1990er Jahren wurde es ein nationales Projekt, ausgehend vom Ministerio de Educación Nacional, Sexualerziehung im Sinne der freien Persönlichkeitsbildung zu etablieren.[315] Sexualerziehung war auch in Kolumbien ein Thema seit Dekaden, aber erst 1993 wurde vom Gobierno Nacional das Proyecto Nacional de Educación Sexual verabschiedet. Erst dadurch wurde Sexualerziehung Teil der obligatorischen Bildung. Zuvor mangelte es auch an der entsprechenden Bildung der Dozent*innen, der Eltern und Schüler*innen.[316] Dieser neue Ansatz umfasste weite Teile einer bipolaren Konzeption Sexueller und Reproduktiver Rechte und inkludierte ebenfalls die Möglichkeit der Betonung des Ziels der Formung einer eigenen sexuellen Identität. So wurden hier erste formale Schritte erreicht, das Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte auszubauen und über den Fokus auf Reproduktion hinaus auch in einem staatlichen Rahmen zu etablieren. In Kolumbien gehörte in diesen Kontext das Programa Regional de Educación Sexual derUniversidad Distrital Francisco José de Caldas mit Sitz in Bogotá, welches 1995 gestartet wurde. Danach wurde das Programm in diversen weiteren Munizipien umgesetzt. Dazu wurde ein entsprechend spezialisiertes Forschungsteam aufgestellt, eine Bibliothek geschaffen und es wurde an diversen internationalen und lokalen Konferenzen zur Thematik teilgenommen.[317] Kontext waren unterschiedliche verbundene Thematiken, die politisch in den Fokus rückten. Dazu gehörten gehäuft wahrgenommene Fälle von Teenager-Schwangerschaften, aber auch illegaler Abtreibungen. Zugleich wurde eine Veränderung der gesellschaftlichen Moral konstatiert. Die Struktur von familiär gefestigter Moral erodierte beispielsweise durch Migration, Gewaltphänomene und Urbanisierungen. In diesem Kontext sollte die Schule eine ausgleichende und auffangende Funktion übernehmen. Zugleich war so die Vermittlung neuer Ideale und Konzepte möglich. Etwa, dass Selbstwert- und Sicherheitsgefühle eher männlich zugeordneten Personen vermittelt wurden, konnte so aufgefangen, respektive ein entsprechender Versuch unternommen werden, beides allen Kolumbianer*innen zukommen zu lassen. In Schulen kann beziehungsweise konnte, so die Idee, Gleichheit im Umgang hergestellt und gelebt werden. Die Schule sollte ein Raum der Diskussion und der Perspektiven werden. Verbunden damit war eine Verantwortung der Massenmedien, die Bilder und Images verbreite(te)n. Auch die vermittelte Körperlichkeit müsste vorsichtiger, differenzierter und distanzierter werden, Werte der Repression und zugehörige Bilder müssten abgelöst werden, so zugehörige Forderungen. Neue Räume seien dazu notwendig, so in neuartigen Schulen. Auch eine neue Ethik gehörte dahinter – dies waren die Konzepte, Vorstellungen und Argumente zentraler Akteur*innen der Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte über schulische Bildung in Kolumbien.[318] Diese Ziele zu erreichen wurde auch die Bedeutung zugehöriger Forschung betont, etwa zu Vorstellungen oder kulturellen Kontexten, sowie die angebundene Ausbildung etwa von Forscher*innen und Lehrer*innen.[319] Zentrale Akteur*innen in Kolumbien in diesem Kontext waren das Centro Latinoamericano de Sexualidad y Derechos Humanos (CLAM), das Centro de Estudios Sociales (CES) und allgemein die Universidad Nacional de Colombia, die beispielsweise alle zu diesem Thema Arbeitenden und Forschenden sowie Aktivist*innen im März 2004 zum Seminar Hacia una agenda sobre sexualidad y derechos humanos en Colombia lud. Gerade durch die Integration dieses Rechtskonzeptes in den Kanon der Menschenrechte war es notwendig neue Akteur*innen und Themen einzubeziehen, mehr und diversere Stimmen zu hören; die Berücksichtigung und Erfassung der Heterogenität der Stimmen zu und Herangehensweisen an Sexualität wurde als zentral für die tatsächliche Etablierung und Realisierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten ausgemacht. Bildung war dabei nur ein Zugang, wenn auch ein zentraler, der von primärer Bildung bis zu wissenschaftlicher Forschung reichte.[320] Die neue nationale Sexualerziehung ab 1994 sollte Gender-, sozio-kulturelle und historische Hintergründe berücksichtigen. Doch eine Studie der Universidad del Valle zeigte 1997 vielmehr, dass der zugehörige Unterricht vor allem biologistisch und moralisch war. Die Studie kritisierte den verfolgten Bildungsansatz scharf, gerade Beziehungen und gelebte Sexualität würden nicht thematisiert, nur anatomisches Wissen. Dazu kämen deutliche regionale Unterschiede. Eine weit reichende und breite nationale Sexualerziehung wurde demnach im Sinne Sexueller und Reproduktiver Rechte nicht umgesetzt.[321]

Ein in Kolumbien, wie auch in anderen Ländern Südamerikas, zentraler Hintergrund der Bemühungen zur Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte waren Gewalterfahrungen, gerade von Frauen und Menschen, die sich unter LGBTIQ* fassten oder so verortet wurden. Im Rahmen der Verfassungsgebung wurde diese Verbreitung von Gewalt nochmals durch die Encuesta Nacional de Prevalencia, Demografía y Salud erfasst und aufgezeigt.[322] Allerdings gilt es dabei Spezifika Kolumbiens zu beachten. Auch in Kolumbien gab es verbreitete deutliche Gewalterfahrungen, sowohl heimischer wie auch öffentlicher Gewalt. Diese war oft sexuell konnotiert, inklusive verbaler sexueller Gewalt. Unter solcher kann allgemein, in einer binären Geschlechtskonzeption und mit Fokus auf Frauen, aber auch darüber hinaus erweiterbar, folgendes verstanden werden:

„Violencia contra la mujer “es cualquier acción o conducta, basada en su género, que causa muerte, daño o sufrimiento físico, sexual o psicológica a la mujer, tanto en el ámbito público como en el privado.“ Incluye la violencia: a. Que tenga lugar dentro de la familia o unidad doméstica o en cualquier relación interpersonal (…) que comprenda, entre otros, violación, maltrato y abuso sexual. B. Que tenga lugar en la comunidad y sea perpetrada por cualquier persona y que comprenda, entre otros, violación, abuso sexual, tortura, trata de personas. Prostitución forzada, secuestro y acoso sexual en el lugar de trabajo, así como en instituciones educativas, establecimientos de salud o cualquier otro lugar. C. Que se perpetrada o tolerada por el Estado o sus agentes, dondequiera que ocurra.“[323]

Auch in Kolumbien stellt(e) sich dabei die Durchsetzung der Verfolgung heimischer sexueller Gewalt schwierig da, trotz legalem Verbot. Es fehlt und fehlte an Statistiken, gerade zu innerfamiliärer Gewalt, doch gilt und galt diese als sehr hoch.[324] Gegen innerfamiliäre und Gewalt in Gemeinden sollte mit Bewusstseinsschärfung vorgegangen werden, sowie dadurch, dass Gewalt gegen Frauen, auch innerfamiliäre, als Verbrechen geahndet wurde.[325] Eine Schwierigkeit von weiblicher oder LGBTIQ*-Gewalterfahrungen in Kolumbien und darüber hinaus war es jedoch zunächst einmal eine Stimme zu finden, spezifische Gender-Erfahrungen deutlich und aussprechbar zu machen. Dazu wurden diverse Projekte unternommen, das sonst nicht erfasste, übersehene zentral zu setzen. Ein zentrales erstes Werk dazu, welches auch die Protagonist*innen zu Wort kommen lassen suchte, war Las guerras de la paz von Olga Behar aus dem Jahr 1985.[326] Schon dieses Werk zeigte deutliche regionale Unterschiede bezüglich Gewalterfahrungen in Kolumbien auf.

Spezifisch für Kolumbien kam zu den beschrieben Herausforderungen und Gewalterfahrungen jedoch sexuelle Gewalt in militärischen, militarisierten oder Guerilla-Kontexten hinzu – wobei beide sich gegenseitig beeinfluss(t)en. Noch dieEncuesta de Demografía y Salud aus dem Jahre 2000 unterstrich deutlich die Zusammenhänge und Parallelität von innerfamiliärer Gewalt und gewaltsamen Auseinandersetzungen im Land, 41 Prozent der Befragt*innen bezeugten Opfer von Gewalt geworden zu sein.[327] Diese militärische oder militarisierte Gewalt ist noch deutlicher regional zu unterscheiden. Beispielsweise Cali wurde dabei lange als Zentrum von Gewalt ausgemacht. Dabei wurde sexuelle Gewalt auch als Waffe eingesetzt. Menschenrechte und insbesondere Minderheitenrechte waren in den entsprechenden Gebieten einer besonderen Belastung ausgesetzt, und dazu gehörten deutlich auch Sexuelle und Reproduktive Rechte. Dies galt für die Zeit vor der neuen Verfassung, aber auch noch danach. So kann für die Zeit nach 1991 festgehalten werden: „En Colombia el conflicto armado persiste y se reduce al mismo tiempo que se intensifican las múltiples expresiones de violencia en los espacios privados y públicos. El desplazamiento forzado de amplios sectores de población ha puesto en evidencia, una vez más, las reiteradas violaciones de los derechos humanos y de manera específica de los derechos sexuales y reproductivos.”[328] 

Versuche diese Rechte als Maßnahmen der Modernisierung oder der normativen Entwicklung zu verbreiteten hatten dabei in Gebieten gewaltsamer Auseinandersetzung noch weniger Chancen als in den anderen Teilen Kolumbiens. Auch Argumente, die Sexuelle und Reproduktive Rechte als Betonung des Lebens über den Tod deklarierten, hatten dort wenig Verbreitungschancen, wie auch ein Frauenbild, welches die Zunahme von Arbeit durch Frauen mit mehr Rechten für diese zu verbinden suchte. Dies stand aus der Sicht mancher Beobachter*innen dafür, dass Kolumbien noch weite Entwicklungswege gehen musste.[329] Zudem gab es in Krisengebieten tatsächliche „Säuberungswellen“ gegen Menschen, die mit LGBTIQ* verbunden wurden. Deklariert ging es dabei um limpiezas sociales, etwa den Kampf gegen die Ausbreitung von HIV / AIDS, doch waren es tatsächlich Morde an oder körperliche Gewalt gegen Straftäter*innen, Drogensüchtigen, Sexarbeiter*innen oder andere „unerwünschte“ Menschen, es waren „hostigamientos contra personas homosexuales por parte de miembros de grupos armados”.[330] Dafür boten die Paramilitärs oder Guerillas Sicherheit, so ihre verbreitete Selbstsicht, und banden so de facto die nicht verfolgten Einwohner*innen an sich. Auch die Informations- und Wirtschaftskontrolle war so möglich.[331] Gerade der Schutz in diesem Rahmen verfolgter LGBTIQ* war schon auf Basis der Verfassung von 1991 äußerst gering und konnten in solchen Gebieten noch dazu kaum durchgesetzt werden. Insbesondere in Gebieten unter Kontrolle von Paramilitärs kam es zu solchen Phänomenen, aber auch in Gebieten unter Guerillakontrolle. Unter Paramilitärs wurden starke hierarchische Strukturen durchgesetzt und Kontrolle verstetigt. Auch das Nichtwissen über ihre existenten Rechte machte dabei die Gefährdung von LGBTIQ*-Menschen schlimmer. Dazu kamen Vorurteile, Morde und Selbstmorde. Diese Tendenzen gab es in ganz Kolumbien, allerdings potenzierten sich diese in Kampfgebieten, die tägliche Gewalt erfuhr dort noch eine Steigerung.

„A pesar de los avances enunciados en materia de reconocimiento de derechos a los sectores LGBT en el país, los estereotipos y estigmas sobre personas con orientaciones sexuales e identidades de género no normativas, sumado al contexto general de conflicto armado en el país, han expuesto a estos grupos a situaciones de persecución y riesgo particular generados por los actores armados ilegales. La violencia ejercida contra estas personas está marcada por la invisibilidad y, al igual que en el caso de las mujeres, es una continuidad de la violencia, la discriminación y la estigmatización que se manifiestan en la vida cotidiana.“[332]

Insbesondere die NGO Colombia Diversa recherchiert dazu und erfasst entsprechende Vorkommnisse. Aber auch internationale Beobachter*innen kamen zu vergleichbaren Schlüssen:[333]

„En un informe de la U.S. Office en Colombia, preparado por Jeffery y Carr (2004), se reiteró el recurso a la “limpieza social“ como una forma de control territorial, moral y social por parte de los actores armados, en la que uno de los blancos es la población LGBT. Tanto las fuerzas paramilitares como las de la guerrilla han recurrido al miedo al VIH, a la supuesta amenaza moral de las personas LGBT contra la niñez y la juventud y a otros tipos de pánico para justificar sus actos de violencia contra estas personas. En algunas de las zonas controladas por la guerrilla, se ha obligado a poblaciones enteras a tomarse la prueba de VIH, quienes se reportaron positivos tras la prueba, fueron obligados a abandonar sus hogares o han sido desaparecidos.“[334]

Gerade Paramilitärs folgten in ihrer Normdurchsetzung schematischen aber deutlichen Rollenvorstellungen und lehnten beispielweise kurze Röcke genauso ab wie Prostitution. Leichte Strafen für Frauen waren ebenso an Rollenklischees gebunden und umfassten Wäschewaschen oder kochen. Systematisch wurden nicht nur gegen Homosexuelle oder Transsexuelle vorgegangen, sondern beispielsweise auch gegen Sexarbeiter*innen. Paramilitärs führten ein System sozialer Kontrolle ein, auch in ländlichen Gebieten um Bogotá. Dazu gehörte eine Kontrolle des Transportes, der Einsatz Vermummter, aber auch die Ausweisung derer, die der Kollaboration mit den „anderen“ bezichtigt wurden, wenn nicht deren Tötung.[335] Das Agieren von Paramilitärs war nicht nur ein Bruch Sexueller und Reproduktiver Rechte, sondern kann mit ethnischen respektive sozialen Säuberungen gleichgesetzt werden. Bedingt vergleichbares lässt sich für mache Gebiete unter Einfluss von Guerillagruppen schreiben.

Gewalt und von Gewalt gezeichnete Gebiete stellten somit eine besondere Herausforderung auch für Sexuelle und Reproduktive Rechte in Kolumbien dar. Zu unterscheiden ist dabei sexuelle Gewalt gegen Personengruppen, die abgelehnt wurden, wie Sexarbeiter*innen oder Homosexuelle, und sexuelle Gewalt vor allem gegen Frauen, die als Machtinstrument eingesetzt wurde. Dies negiert nicht die Teilhabe von Frauen an Gewaltakten, gerade in den Reihen der Guerillas waren auch Frauen als Kämpferinnen, aber auch als unterstützende Menschen zu finden, als Ehefrauen, Mütter oder Versorgende. So zeigten sich in diesen Gebieten sowohl deutliche Brüche bipolarer Geschlechtskonzeptionen, Frauen kämpften aktiv neben oder gar manchmal statt Männern, wie deren Stabilisierung durch klare Rollenzuweisungen, sowohl auf Seiten der Guerilla wie der Paramilitärs.[336] Sexuelle Gewalt war eine gezielte Waffen in diesem Konflikt. „La violencia sexual es una forma de amedrentamiento, intimidación y castigo contra las mujeres ejercida por los actores armados en Colombia como un acto simbólico contra el bando contrario. “Es una batalla entre hombre que se libra en los cuerpos de las mujeres.“[337] In Krisengebieten galt, die falschen zu grüßen konnte bereits als Kollaboration gelten und zum Tode führen. Zumeist wurden und werden Tote aber nur als Tode registriert, postmortale oder vorherige Vergewaltigungen fallen so aus der Statistik. Auch die Entführung als Sex- und Haussklavinnen wurde kaum erfasst, war aber nicht unüblich. Die (weiblichen) Körper waren dabei etwas zu eroberndes, letztlich eine Kriegstrophäe. Frauen wurden aber auch entführt oder vergewaltigt um die Kontrolle über die lokale Bevölkerung zu erleichtern, den Schrecken vor Ort zu sehen sollte die Menschen beispielsweise zwingen in ihren Häusern zu bleiben. Sexuelle Gewalt reicht dabei im Sinne von Rechtsverletzungen von eingeforderter Nacktheit, erzwungener Schwangerschaft, erzwungenen Abtreibungen, Verhütungen oder Sterilisationen bis zu Drohungen oder auch Vergewaltigungen.[338]Gerade vertriebene Frauen wurden dabei zu Opfern von sexueller Gewalt; Männer wurden eher getötet, Frauen eher missbraucht von ihren Feinden. Dies führte auch dazu, dass mehr Frauen als Männer Opfer der Binnenvertreibung wurden.[339]

„Si bien es cierto que las víctimas de la violación del derecho a la vida, mediante ejecuciones extrajudiciales y masacres, son mayoritariamente hombres, la violencia contra las mujeres y, en particular, la violencia sexual por parte de actores armados, es práctica habitual en un contexto de degradación del conflicto y falta de respeto por el derecho internacional humanitario. La retención o secuestro temporal de mujeres para abusar sexualmente de ellas y la exigencia de trabajo doméstico sin contraprestación, han sido también denunciadas en muchas ocasiones. El conflicto armado incrementa la violencia en contra las mujeres. Sus estragos se expresan específicamente en las condiciones concretas de vida. La encuesta publicada por Profamilia en agosto de 2001, indica que una de cada dos mujeres en situación de desplazamiento ha sido agredida físicamente por su cónyuge y que, entre las mujeres embarazadas, el 20% fue objeto de violencia física durante el embarazo. Según la Encuesta Nacional de Salud Sexual y Reproductiva, en Colombia el porcentaje de violencia intrafamiliar es del 47,2%, mientras que entre las desplazadas y los desplazados alcanza al 62%. Los actores armados también suelen amenazar y ultraja a las mujeres por ser solidarias con sus esposos o compañeros y por defender a sus hijos e hijas del recelamiento forzoso.“[340]

Dem zu begegnen ging es zunächst darum, die Effekte des bewaffneten Konflikts auf Frauen erstmal differenziert zu erforschen. Dies wurde zu einem Studienthema unterschiedlicher Forschungsprojekte und zu einem Fokus unterschiedlicher kolumbianischer und transnational agierender zivilgesellschaftlicher Akteur*innen wie Oxfam.[341] Gerade unterschiedliche Gender-Effekte sollten dabei Aufmerksamkeit und Berücksichtigung erfahren, unter Gender-Perspektive die Folgen erzwungener Migration, politische, soziale oder psychologische Folgen erfasst werden. Viele Zwangsmigrierte waren in der Folge vor allem hilflos und bedurften Frieden und Rehabilitierung um wieder leben zu können – so Forschungserkenntnisse. Dem genüge zu tun galt es die Basisversorgungen zu sichern, Notfall-Maßnahmen zu ergreifen, aber auch Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Bei all diesem sollte Gender leitendes Kriterium sein, so die zugehörige Forschung in ihren Empfehlungen.[342] In diesem Kontext wurde ebenfalls festgestellt, dass in Konfliktgebieten das Risiko der Infektion mit sexuell übertragbarer Krankheiten deutlich erhöht war, auch auf Grund der desolaten Gesundheitsversorgung. Zudem nahmen Jugendschwangerschaften in Konfliktgebieten und vertriebenen Situationen deutlich zu. Die gesetzlich kostenlosen Zugänge zu prä- und postnatalen Untersuchungen waren in solchen Gebieten kaum möglich, es fehlten Papiere und Informationen, vor allem aber herrschte Angst und das medizinische Personal befand sich in einer deutlichen Risikoposition.[343] Doch die Schwierigkeit Rechte auf Gesundheit oder Bildung durchzusetzen galten nicht nur in Krisengebieten, wo es für Frauen auch besonders erschwert war Anspruchs- und Besitzrechte durchzusetzen, vielmehr führte die verbreitete Gewalt auch zu vergleichbaren, und vor allem weiblich konnotierten Problemen außerhalb dieser Gebiete. So nahm beispielsweise die innerfamiliäre Gewalt außerhalb dieser Gebiete nach Kriegseinsätzen zu, so die zugehörigen Männer an diesen beteiligt waren. Jedoch gerade in Krisengebieten Kolumbiens war sexuelle Gewalt de facto unsichtbar. Aussagen zu dieser hielten sich deutlich in Grenzen, aus Angst, aber auch aus Scham – so gibt und gab es vor allem Schätzungen, weniger entsprechende Zahlen.

Verbunden mit all diesem ist das Phänomen von Zwangsprostitution, die es gleichfalls in Konfliktgebieten überproportional, aber letztlich in ganz Kolumbien gab. Auch gab es sexuelle und sexualisierte Gewaltphänome nicht nur in Krisengebieten oder im privaten Bereich. Vielmehr wurden gerade auch Gefängnisse als Orte sexueller und sexualisierter Gewalt ausgemacht. Insbesondere Männern zugeordnete Personen, die mit LGBTIQ* verbunden wurden, hatten darunter zu leiden. Einige Autor*innen diskutier(t)en in diesem Kontext die Frage einer violencia cultural in Kolumbien, die sich sowohl in der Sprache wie im Handeln manifestiere. Gewalt manifestierte nach dieser Sichtweise auch Genderrollen – jene Gewaltausübenden wurden so männlich-nicht-homosexuell, jene Gewalt erfahrenden weiblich, und dies hieß bei als Männern gefassten Personen homosexuell oder anderweitig LGBTIQ* zugehörig konzipiert. Gewalt wurde so auch zur Absicherung der eigenen Gender-Identität genutzt, gerade in Kontexten, wo heteronormative Männlichkeit besondere Bedeutung hatte, wie bei Paramilitärs. Des Weiteren war, und ist nach mancher Sichtweise, Gewalt in Kolumbien auch in vielen Fällen als politisch zu bewerten. Unkontrollierte Gewalt gefährdet(e) Politiken und Rechte, negiert(e) diese aber auch aktiv. Es galt zur Rechtsdurchsetzung also auch gegenläufiger Gewalt zu begegnen. Einige setzten dabei auf deren Lenkung, andere auf deren Diskreditierung als politisches Mittel. Es dauerte jedoch bis in die 1990er Jahre bis der Zusammenhang der conflictos armados mit Frauen- und Menschenrechten in den Fokus der Aufmerksamkeit rückte. Dazu gab es 2000 einen mesa de trabajo, der sich spezifisch mit den Auswirkungen des bewaffneten Konfliktes in Kolumbien auf Frauen und Mädchen befasste. Es wurde ein Bericht erstellt, eine „Bestandsaufnahme“ gemacht, und diese dann im Rahmen der UN vorgestellt.[344] Die Dokumentierung von Gewalt war und ist durchaus risikoreich in den betroffen Gebieten. Wichtig war es dabei vor allem die Sicherheit der zeugnisablegenden Person zu gewährleisten und die der vor Ort wirkenden Organisationen oder Akteur*innen. Deshalb mussten stets lokale Akteur*innen beteiligt werden, die die Bedingungen vor Ort kannten und emotionale Hilfe und Stützung sowie medizinische und legale Hilfe über einen längeren Zeitraum gewährleisten konnten.[345]Dies unterstreicht die Bedeutung lokaler Vernetzung und Verankerung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten zur Begegnung von Gewalt in entsprechenden Gebieten. Aus all diesen Bemühungen entstand ein guía, der auf Grund der Zeugnisse und Daten, die Realitäten darstellen sollten, gerade zur Nutzung durch lokale Akteur*innen, und dies meinte ausdrücklich líderes comunitarias y organizaciones sociales de mujeres y derechos humanos. So waren und sind das Informieren und das Dokumentieren in Kolumbien verbunden.[346]

Hinter dieser Bedeutung von Gewalt für die Entwicklungen in Kolumbien steckt zumindest bedingt eine für diese Jahre von einigen Autor*innen als prägend ausgemachte Militarisierung der kolumbianischen Gesellschaft, auch dies mit deutlich regionalen Unterschieden. Ein andauernder gewaltsamer Konflikt wie in Kolumbien führt zu bleibenden Veränderungen, quasi Aspekten deren Summe wieder Gewalt ist oder erzeugt. Dazu gehört eine Kultur der Gewalt, die sich in Sprech-, Denk- und Paradigmengewohnheiten zeigt, die Handlungen beeinflussen. Eine solche Kultur drückt sich in der Rhetorik aus, aber auch in der politischen Handlungslogik. Die Strukturen werden gewissermaßen gewalttätig, bestehen aus Repression und Ausnutzung. Dazu kommen skrupelloser werdende Menschen.[347] Gewalt führt allgemein zu Simplifizierungen. Unschuldigkeit oder Unbeteiligtheit fallen als Kategorie gewissermaßen aus – aus den überhöhten Kategorien Gut und Böse werden Wir und Sie. Auch die Reflexion nimmt ab, Ereignisse werden weniger als temporär bewertet denn als symptomatisch. Das Ziel der Gleichheit der Menschen geht verloren, die „Anderen“ werden auch als qualitativ anders bewertet – dies erlaubt quasi deren Andersbehandlung.[348] Zur Verbreitung einer Kultur der Gewalt gehört auch eine Militarisierung der Gesellschaft, etwa durch die verbundene Dynamik der Konfrontation. Zivile und bewaffnete Akteur*innen stehen dabei quasi nebeneinander, Prozesse wie die soziale Ordnung und Gerechtigkeit wandeln sich dramatisch. Und auch Rationalitätsentscheidungen verändern sich, durch die stetige Referenz auf den bewaffneten Konflikt. All diese Phänomene wurden von einigen Autor*innen als Kolumbien zumindest mitprägend ausgemacht. Diese Kultur der Gewalt verschärfte auch bereits zuvor virulente Gegensätze, so zwischen kollektivistischen Sichtweisen und Ansätzen sowie Einzelinteressen oder personengebundenen Rechten. Dabei stellten sich Vertreter*innen kollektiver Rechte, etwa viele Akteur*innen für Indigene Rechte, aber auch Vertreter*innen der Rechte von Landarbeiter*innen immer wieder auch gegen (individuell gebundene) Menschenrechte oder zugehörige kollektive Schutzpflichten – aus konzeptionellen und weniger inhaltlichen Gründen, im Sinne der allgemeinen Polarisierung der Gesellschaft. Dies erschwerte den Menschenrechtsdiskurs allgemein, aber besonders den Einsatz für noch umstrittenere Teile dieses, und dazu gehörten und gehören Sexuelle und Reproduktive Rechte. Dabei wurden in der simplifizierenden Polarisierung immer wieder Kategorien vermischt oder auch umgedeutet. Die Zusammenhänge, aber auch Utnerschiede zwischen Persönlichkeit und Individualität verschwammen dabei wie jene zwischen Rechtssicherheit und Humanismus – je nach Position wurden solche Begriffe frei zur Rechtfertigung der eigenen Position genutzt. Eine Herausforderung des Diskurses und zugehöriger Akteur*innen war es daher zunächst neutrale oder deskriptive Kategorien zu etablieren und mit Inhalt zu füllen – so etwa Gender und Race. Andere Akteur*innen wiesen hingegen in ihrem Vorgehen zur Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte auf größere Zusammenhänge hin und erklärten kollektive und individuelle Sicherheiten, genauso wie demokratische Sicherheiten, als aufeinander bezogen und eben nicht im Wettstreit stehend. Demnach seien beispielsweise kollektiver Schutz und demokratische Sicherheit zugleich Grundvoraussetzung für auch durchgesetzte Sexuelle und Reproduktive Rechte. All dies war aber auch eine Frage der Zuordnung von Verantwortung. Es gab gewissermaßen einen Konsens über die Bedeutung individueller Verantwortung, beispielsweise für Reproduktion oder Sexuelle Gesundheit, doch betonten nicht wenige, dass es dazu eben auch einer kollektiven Verantwortung, einer Verantwortung der Gesellschaft bedürfe. Nur so könnte aus Anpassungsdruck ein Respekt vor existenter Unterschiedlichkeit werden.[349]

Doch inkludierten entsprechende Diskurse auch ganz grundsätzliche Fragen, so nach dem zugehörigen Rechtssubjekt. Wurden Frauen klar als Rechtssubjekte gesehen, war es doch umstritten, wie weit beispielsweise Transsexuelle als solche ein Rechtssubjekt sein sollten beziehungsweise sein konnten oder einer Kategorie zugehörten. Dahinter steckten wiederum unterschiedliche Betonungen bei Sexuellen und Reproduktiven Rechten. Umso deutlicher dabei Reproduktion betont wurde, desto weniger wurde auf LGBTIQ* als Rechtssubjekte referiert. So blieben die meisten Kampagnen lange bei einer Betonung von Reproduktion als Thematik, weniger Sexuellen Rechten. Es wurde zwar dazu aufgefordert mehr auch den „Beitrag der Frauen“ zu beachten, dieser aber in Kampagnen oder Verlautbarungen immer wieder auf eine Rolle in der Familie und der Reproduktion verkürzt. Diese wurde auch nicht in dem Sinne hinterfragt, dass beispielsweise die massiv ungleiche Arbeit in Haushalten angegangen wurde, sondern Frauen vor allem Respekt für ihr Wirken als stilisierte Frau entgegen gebracht werden sollte. In dieser Zeit bis Anfang der 2000er Jahre war weibliche Sichtbarkeit vor allem eine auf die Mutterrolle bezogene, wurde insbesondere diese Rolle populär verklärt, aber der Schritt in Richtung eines Rechtes auf selbstbestimmte Sexualität und die Wahl der eigenen sexuellen Identität nur sehr bedingt unternommen. Befürworter*innen breiter Sexueller und Reproduktiver Rechte hofften mit Hilfe dieses Konzepts dem entgegen zu wirken und Mutterschaft zu einer tatsächlichen Option werden zu lassen, eine Folge einer bewussten Wahl, statt von gesellschaftlichem Zwang und Normalitätserwartungen. Dies sollte durch die Realisierung der entsprechenden Rechte und den Zugang zu Verhütungsmitteln ermöglicht werden. Doch gab es auch eine andere Perspektive, jene die betonte, die männlich deklarierte Seite von Sexuellen und Reproduktiven Rechten gelte es zu stärken, um diesen Rechten eine umfassende Wirksamkeit zukommen zu lassen, statt diese Seite mehr oder minder zu ignorieren oder hinten an zu stellen. Denn selbst wenn nur Reproduktive Rechte betont wurden, wurde als virulentes Problem ausgemacht, dass Männer vor allem als Rechtsverletzer in Erscheinung traten. Nicht selten führte dies dazu, heterosexuelle Männer in Kampagnen und Diskursen nicht auch zentral zu setzen, und wenn, nur als Herausforderung oder Problem. Es wurde daher nach Ansätzen gesucht heterosexuelle Männer positiv zu inkludieren und eben nicht nur zu regulieren und zu reglementieren. So bedürfte es der Förderung von männlicher Teilhabe, aber auch eines Diskurses über sexuelle Freiheit von Männern, diese Felder seien neu zu besetzen, dies die zugehörige Argumentation. Auch die Einbeziehung von deklarierten Männern in Entscheidungen wurde gesucht. Zudem würde es, so Kritik am bis dato erfolgten Vorgehen, an Gesundheitsfür- und -vorsorge für deklarierte Männer fehlen, diese Thematik jenen nicht ausreichend zentral vermittelt werden. Viele Akteur*innen dieses Feldes würden sich, so die verallgemeinerte Kritik, zu wenig auf konzipierte Männer konzentrieren, beispielsweise Profamilia. Die Tendenz sei vielmehr Maskulinität negativ zu besetzen, um die „feminine Seite“ zu stärken. Nur bezüglich HIV / AIDS waren homosexuelle Männer Speerspitze, sowohl als Ziel von Kampagnen und Aktivitäten, aber auch als Akteure der Mobilisierung. Doch betonten zivilgesellschaftliche Akteur*innen darauf reagierend und dem entgegnend, dass Einbeziehung und Gleichheit nicht identisch seien. Eine gleichwertige Einbeziehung von konzipierten Männern begegne beispielsweise nicht realer Ungleichheit im Sozialen oder Gesundheitlichen. Gleichheit und das zulassen von Heterogenität müssten demnach anders angegangen werden als durch schlichte gleichwertige Adressierung und Einbeziehung. Zugleich jedoch war auch den meisten zivilgesellschaftlichen Akteur*innen bewusst, dass nur über die tatsächliche Thematisierung und mindestens bedingte Einbeziehung männlich deklarierter Akteur*innen ein Wandel hin zu realisierten Sexuellen und Reproduktiven Rechten zu erreichen sei, dies war eine wichtiger werdende kritische Meinung.[350]

„En general, los temas de los DSR [Derechos Sexuales y Reproductivos] de los hombres, así como su participación en tales temáticas o en los desarrollos con perspectiva de género, recién ahora comienzan a ser considerados en las políticas públicas, en las reflexiones académicas y en las prácticas de intervención y transformación social. A diferencia del tema familia (que operaría como límite o “techo“ para los desarrollos en cuanto a los DSR, como se dije antes), el tema de la masculinidad operaría como el „referente invisible“ sobre el cual se definen los derechos. Como ya fuera señalado, la condición de invisibilidad de las masculinidades no implica que lo masculino no siga siendo la norma sobre la cual operan los derechos. La cuestión de fondo es, más bien, que la invisibilidad que mantiene lo masculino en un registro de no-enunciación constriñe el potencial de cambio que sobre los hombres pueden imprimir los desarrollos legislativos.“[351]

Auch in diesem Kontext blieb der Zusammenhang zwischen zivilgesellschaftlichen Widerstandsrechten und Partizipation umstritten, auch in der Normenprägung. Jene die die Notwendigkeit von Widerstand oder Ungehorsam betonten, argumentierten, dass eine „unnahbare“ oder auch „nicht-mitfühlende“ Justiz und beziehungsweise oder eine „langsame“ Politik, die von vorherrschenden Normen bestimmt seien, nur durch eine andersartige Praxis verändert werden könnten. Ein gelebter anderer Weg – der für manche Homosexualität umfasste, für andere auch Abtreibungen – wurde als Auftrag an die Zivilgesellschaft gesehen, im Sinne der praktizierten Veränderung von Politik und legalem Rahmen. Wie weit eine möglichst breite (zivil)gesellschaftliche Inklusion zur Generierung effektiver Rechte notwendig oder möglich sei, war Diskursgegenstand, auch weil damit auf Diskurse zur Inklusion reflektiert wurde, die beispielsweise Guerillabewegungen vorbrachten. Die Frage der Inklusion prägte dabei Kolumbien de facto in allen politischen Feldern. Sexuelle und Reproduktive Rechte wurden dabei von Befürworter*innen als ein Weg der Inklusion ausgemacht, so für Menschen, die sich LGBTIQ* zurechneten, aber auch für Frauen. Dabei wurden Rechtssicherheit und Rechtsgewährung als zentraler Rahmen markiert. Allerdings wurde eine solche Art der Inklusion in Kolumbien auch offen abgelehnt. Insbesondere paramilitärische Gruppen und Akteur*innen stellten sich gegen dieses Rechtskonstrukt und wirkten diesem aktiv entgegen – durchaus unter Berufung auf ein anderes Verständnis von Inklusion.[352]

Auch in Kolumbien wurde ein Diskurs über den Charakter Sexueller und Reproduktiver Rechte geführt, beispielsweise als Menschenrechte der dritten Generation. Gerade Befürworter*innen dieser Rechte hoben dabei ihr Verständnis dieser als allgemeine Rechte, gewissermaßen als Bürger*innenrechte hervor. Dem folgend galt es auch als Notwendigkeit, möglichst alle mit diesem Rechtskonstrukt zu erreichen. Durchaus wurde es dabei als Chance wahrgenommen konzipierte Frauen über die Grenzen von Hautfarben, sozialen Schichten oder anderen Destinktionsmerkmale mit diesem Rechtskonstrukt zu erreichen, aber eben auch Menschen anderer Gender-Kategorien, von Intersexuellen zu heterosexuellen deklarierten Männern. Positiv konnotiert wurden Sexuelle und Reproduktive Rechte als inklusiv verstanden. Doch wurde das „Wir“ der Befürworter*innen durchaus auch kritisch hinterfragt; wer dabei für solche Rechte sprach, und dabei stets auch eine Interpretation dieser abgab, war politisch brisant. Gerade Gegner*innen einer umfassenden Interpretation dieser Rechte warfen den Befürworter*innen vor im Namen anderer zu sprechen, die jenes Konstrukt gar nicht befürworteten. Die Legitimation der Vertretung war umstritten. Gerade solche Kritik führte aber immer wieder auch dazu, dass das Konzept deutlich verkürzt wurde, auch von Befürworter*innen, und sich beispielsweise auf Frauen als Hauptzielgruppe beschränkt wurde. Jedoch gingen Befürworter*innen selten so weit, sich dabei nur auf Reproduktion zu beschränken. Vielmehr wurde auch die Bedeutung von Sexualität thematisiert, etwa als Weg der Entfaltung und Bestimmung der eigenen sexuellen Identität, wofür beispielsweise Verhütungsmöglichkeiten notwendig seien. Zugleich wurde dabei die verbreitete Objektivierung von Frauen kritisiert, gerade mit Bezug auf Sexualität. Und nicht wenige Befürworter*innen des Rechtskonstrukts sahen durchaus die Gefahr, dass Sexuelle und Reproduktive Rechte in einer verkürzten Interpretation dazu genutzt werden könnten, nur neue Machtstrukturen aufzubauen, eine alte Art der Kontrolle über Reproduktion und Sexualität nur in ein neues Gewand zu verpacken. Dem wurden Konzepte wie eine Trennung von Liebe und Sexualität oder auch die Offenlegung gesellschaftlicher und persönlicher Zwänge entgegengestellt, die Unterstreichung auch Sexueller Rechte im Rechtskonstrukt.[353] Auch wurde von beiden Seiten hinterfragt, was für Frauen- und Männerbilder hinter der jeweiligen Argumentation steckten und die jeweils anderen immer wieder auch abgelehnt. So warfen Gegner*innen einer weiten Interpretation Sexueller und Reproduktiver Rechte den entsprechenden Befürworter*innen vor, konzipierte Männer zu deutlich als gewaltbereit zu zeichnen, im Gegenzug gab es den Vorwurf konzipierte Männer zu deutlich als Beschützer zu zeichnen. Gegner*innen einer breiten Interpretation Sexueller und Reproduktiver Rechte brachten in diesem Kontext immer wieder den Vorwurf der Überzeichnung von Problemen vor. So sei die Sexualisierung und Objektivierung von Frauen keineswegs im gleichen Maße problematisch, wie von jenen Befürworter*innen der Notwendigkeit breiter Sexueller und Reproduktiver Rechte vorgebracht. Die Frage was „zu viel“ sei, stand dabei im Fokus – und dies galt durchaus auch für die Frage der Gewalt. Einige setzten dabei sexuelle Freizügigkeit beispielsweise mit einer ausgemachten medialen Sexualisierung gleich, und zeichneten beides als „zu viel“. Dem wurde die ausgemachte de facto Tabuisierung von sexuellen Identitäten entgegengehalten und die Rechtmäßigkeit der freien Entfaltung gemäß Sexuellen und Reproduktiven Rechten stattdessen betont. Keineswegs standen dabei konzipierte Frauen auf der einen Seite des Diskurses und konzipierte Männer auf der anderen – sondern die Konfliktlinien waren variabel, temporal geprägt und immer wieder auch diffus. Hinter diesen polarisierten Sichtweisen und Argumentationen steckten auch kulturelle Konstruktionen, die gerade in populären Kontexten erst eine Aufdeckung erfahren mussten. So wurden ethnisch unterschiedlich ausgemachte Kolumbianer*innen mit divergierenden Sexualitätsvorstellungen verbunden – etwa die „heißen afrokolumbianischen Liebhaberinnen“ – und so auch mit unterschiedlichen Moralvorstellungen und Konstrukten etwa von Weiblichkeit oder Sexualität. Solche Bilder als Vorfestlegung und Korsett für die eigene auch sexuelle Identität zu benennen und als unrechtmäßig im Sinne Sexueller und Reproduktiver Rechte zu markieren, war, und ist immer noch, ein zentrales Anliegen der Befürworter*innen breit interpretierter Sexueller und Reproduktiver Rechte. In diesem Kontext wurden auch Normalitätsvorstellungen hinterfragt und kritisch beleuchtet. Die Auseinandersetzungen um die Durchsetzung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Kolumbien waren auch ein Konflikt über Interpretationshoheiten und Geltungen. Die hinter Begriffen und Konzepten stehende Autorität sollte offenbart und zugleich hinterfragt werden. Dazu gehörte es auch Bipolarität im Denken und in Konzepten aufzudecken sowie die Dominanz reproduktiven Denkens über Sexualität.[354] Bestehende Autorität sucht(e) Hierarchien zu bewahren, nicht nur in Kolumbien, etwa durch die Zeichnung von Normalität und Anormalität, von Akzeptabilität und Grenzen, bei einer Nichtakzeptanz von Gegenpositionen. Dies war ein Kern verbreiteter und bewahrter Homophobie.[355] Diese hintergründigen Prozesse mussten in Kolumbien angegangen werden um Sexuelle und Reproduktive Rechte zu etablieren. Zugleich wurde von vielen Befürworter*innen Sexueller und Reproduktiver Rechte eine Verbindung der Interpretations- und Wertungskategorien Gender und Ethnizität gesucht. Dabei sollten beide in ihrem verallgemeinerten Gebrauch eine Änderung erfahren.[356] Das Anliegen Ethnizität im Rahmen von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Kolumbien mehr zu beachten ergab und ergibt sich unter anderem durch generell schlechtere Gesundheits- und Versorgungswerte gerade auch von Afrokolumbianer*innen, verbunden mit der Nicht-Anerkennung traditioneller oder alternativer Medizin, sowie einem ethnisch gebundenen unterdurchschnittlichen Lebensstandard.[357] Diese Problematik war und ist bereits länger bekannt und wurde breit erforscht, dauert aber an. In Kolumbien hängt die medizinische Versorgung nachwievor deutlich von regionalen, ethnischen, sozioökonomischen aber auch Gender-Gesichtspunkten ab. Rechte als universale Rechte sind damit oftmals nicht gesichert, wie es hier beispielsweise am Sexuellen und Reproduktiven Recht auf prä- und postnatale Gesundheitsversorgung nachvollzogen wurde.[358] Dazu kamen und kommen eine Dominanz „westlicher“ Medizin und ein Wissensfokus über die Gesundheit bestimmter Bevölkerungsgruppen. Dies wurde gerade auch in Hinblick auf Indigene kritisiert und kritisch hinterfragt.[359] Organisierte zivilgesellschaftliche Akteur*innen wie NGOs versuch(t)en in ihren Kampagnen Heterogenität durchaus zu erfassen. Verschiedene Gruppen und Personen sollten erreicht werden – und dazu bedürfe es, so die gefolgte Einsicht, unterschiedlicher Ansätze. Um die Diversität in der Kommunikation zu gewährleisten wurden zumeist lokale Akteur*innen in Diversität einbezogen. Und doch – und hier zeigten sich die Grenzen positiv konnotierter Heterogenität auch im Rahmen zivilgesellschaftlicher Aktivitäten – sollten am Ende alle die gleiche Rechte verwirklichen oder auch Kondome nutzen können. Trotz der allgemeinen Positivbewertung kultureller Unterschiede sollte von Heterogenität ausgehend doch Homogenität konstruiert und zu erzielen gesucht werden. Und doch wurden und werden dabei immer wieder beispielsweise „Typen“ von Frauen gezeigt, vorgebracht und auch so stabilisiert. Eine Gefahr dabei war und ist, das Zuschauende bestimmte „Frauentypen“ als aus bestimmten Gründen angesprochen wahrnehmen – bezüglich HIV / AIDS beispielsweise Afrokolumbianer*innen.[360] Bezüglich Afrokolumbianer*innen, aber beispielsweise auch indigenen Kolumbianer*innen, zeigte sich diese Herausforderung immer wieder, dass auf eine ausgemachte generell schlechtere Versorgung durch deren Verbesserung zu reagieren gesucht wurde, sowohl bezüglich der Sicherung der Menschenrechte als auch beispielsweise der Gesundheitsversorgung, aber sich so Gruppenidentitätszuschreibungen und Stereotypisierungen immer wieder erst stabilisierten und perpetuierten.[361] Dies zeigt(e) die realen Grenzen und Schwierigkeiten Heterogenität zu betonen ohne das allgemeine Rechtskonstrukt Sexueller und Reproduktiver Rechte zu relativieren respektive mit Stereotypen zu manifestieren. „En resumen, aunque el discurso publicitario en cuestión pretende presentar las diferencias como atributos axiológicamente neutros, las interpretaciones y lecturas expresadas evidencian que las diferencias tienen connotaciones valorativas, construyen jerarquías y están relacionadas con desigualdades sociales.“[362]

Ganz deutlich sind im Kontext Kolumbiens Menschenrechtsdiskurse als Element sozialer Veränderungen zu benennen. Zugleich aber wirkten soziale Gegebenheiten auch auf die Diskurse wie die Rechtskonstrukte zurück. Dies zeigte sich in Kolumbien wie auch global anderswo. Die juristische Handhabung war stets nur eine Herangehensweise, die sowohl die sozialen Bedingungen beeinflusste als auch von diesen beeinflusst wurde. Jene gewählte diskursive Herangehensweise, etwa die Betonung von Problemen oder aber Möglichkeiten, veränderte die Sichtweise auf beides, das Rechtskonstrukt wie die sozialen Gegebenheiten. Genau hier setzen die Befürworter*innen Sexueller und Reproduktiver Rechte in Kolumbien an. Beispielsweise musste dabei zunächst die Unaussprechlichkeit überwunden werden. Erst wenn beispielsweise die Sexualisierung oder Setzung von sexuellen Identitäten durch Sprache wie Tabuisierungen offengelegt und hinterfragt wurden, konnten diese im Sinne einer Freiheit zur Selbstbestimmung angegangen werden. Dies meint(e) nicht nur das Sprechen über Sexualität, sondern auch sexuelle Gewalt. Die Fragilität Sexueller und Reproduktiver Rechte in Kolumbien musste sowohl zunächst beleuchtet und offenbar werden als auch Rechtswerten wie dem Recht auf Unversehrtheit oder Intimität gegenüber gestellt werden, damit sowohl im sozialen Kontext als auch im juristischen Rahmen Veränderungen erreicht werden konnten. Dies kann durchaus als Durchsetzungs- und Verbreitungsstrategie gewertet werden. In diesem Kontext ist die diskursive Verbindung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten mit Frieden in Kolumbien zu unterstreichen. Zivilgesellschaftliche Teilhabe wurde dem Zustand von Konflikt und Kriegsähnlichkeit diskursiv entgegen gesetzt, aber auch als Kontrapunkt praktiziert. In diesem Kontext und Sinne wurden Sexuelle und Reproduktive Rechte zu Teilhaberechten. Dies folgte auch der Logik, dass Menschenrechte nie einen Istzustand beschriben, sondern vielmehr ein anzustrebendes Ideal seien, ein Streben markieren, hier für Frieden und Freiheit und gegen Gewalt, im Sinne einer stetigen Annäherung und Orientierung am Ideal. Dies meinte zugleich die tägliche Gewalterfahrung, die tägliche Negation von Rechten, von Frauen, aber gerade auch von LGBTIQ*-Menschen, wie sie sich besonders in Gewaltkontexten zeigten, als Spiegelbild gesellschaftlicher Realitäten zu begreifen und darzustellen. Diesen gewissermaßen Extremfällen zu begegnen erlaubte es demnach zugleich allgemeine gesellschaftliche Missstände wie die Nichtrealisierung von Rechten anzugehen. Kritiker*innen hingegen betonten, dass Menschenrechte nie mehr sein könnten als ein unerreichbares Ideal.[363]

Am Beispiel von HIV / AIDS zeigt sich eine weitere Problematik der Durchsetzung eines entsprechenden Menschenrechtes. So stehen sich in diesem Kontext oftmals Rechte gegenüber, beispielsweise ein Recht auf Intimität, aber auch ein Recht auf eine freie reproduktive Entscheidung und auf sexuelle Entfaltung. Dabei kann eine konstruierte salud pública individuellen Rechten gegenüber stehen. Eine solche binäre Entweder-oder Entscheidung steht jedoch gegen das Konstrukt Sexueller und Reproduktiver Rechte, wie Kritiker*innen anmerkten. Befürworter*innen dieses Rechtskonzept unterstreichen in diesem Sinne die vermittelnde Funktion des komplexen Rechtskonstrukts, Kritiker*innen jedoch bezichtigen dieses Konstrukt zu individuell ausgerichtet zu sein. So nutzten auch Paramilitärs als Argument dafür gegen Menschen mit HIV / AIDS vorzugehen und deren Rechte einzuschränken im Sinne der Gesellschaft zu handeln, also das gemeinschaftliche Wohl höher zu stellen als das individuelle Sexuelle und Reproduktive Recht. Verbunden ist dieser Diskurs mit unterschiedlichen Sichtweisen auf Menschenrechte und deren Charakter.[364]

1997 wurde die Verletzung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten erstmals als Verbrechen in Kolumbien bewertet, sogar als delito contra la dignidad humana. Aber erst in den 2000er Jahren wurde diese Problematik zu einem breiteren juristischen Thema, immer wieder verbunden mit ausgemachter Gewalt gegen desplacidos. Doch auch wenn dies langsam zum Thema wurde, aktiv dagegen vorgegangen wurde kaum. 2002 entstand aus der Zusammenarbeit von Profamilia und der WHO eine Studie zu La Percepción del Riesgo y los procesos de negociación relativos a la prevención de embarazos no planeados y las Enfermedades de Transmisión Sexual entre adolescentes sexualmente activos. Diese Studie zeigte deutlich das Fortbestehen von bipolaren Geschlechterbildern und -konstrukten bei Jugendlichen auf, so das Bild von „leichten Frauen“. Zugleich gab es aber, so wurde aufgezeigt, eine durchaus verbreitete Risikokonzeption von sexuell übertragbaren Krankheiten, zumindest bei temporären oder nur kurzzeitigen Partner*innen. Doch sahen die meisten männlich gefassten Jugendlichen dafür die Verantwortung auf Seite von Frauen, die sich zu schützen hätten. Noch erschreckender aus Sicht der Studienverfassenden war, dass ein Sprechen über Sexualität, Verhütung oder sexuell übertragbare Krankheiten verbreitet eher gemieden wurde. Als Grund wurde festgehalten, dass damit die Angst verbunden wurde, sexuelle Kontakte durch Verbalisierungen zu verhindern. Gerade erste sexuelle Kontakte sollten aus Sicht der erfassten Jugendlichen ohne ein Darübersprechen stattfinden.[365] Die Studie zeigte deutlich, es war noch viel zu tun auf dem Weg Sexuellen und Reproduktiven Rechten Gültigkeit in Kolumbien zu verschaffen.

 

8.3. Entwicklungen ab 2002

2003 wurde in Bogotá das Red Nosotros LBTgegründet.[366] Doch war dies nicht die einzige Gruppe, die sich in diesen Jahren in Kolumbien für LGBTIQ* einsetzte. Im selben Jahr entstand auch Colombia Diversa, eine NGO die sich für die Rechte von LGBTIQ* einsetzte und auf den Kongress einzuwirken suchte. Ein zentraler Weg dabei war über den Corte Constitucionalauf Gesetzte zu wirken, so wurden immer wieder Gerichtsverfahren angestrengt.[367] Das Ziel dabei war folgendes mit den eigen Ressourcen und mittels professioneller Akteur*innen zu erreichen:

„a) el pleno reconocimiento de los derechos de las personas LGBT para que sean realidad en la vida cotidiana de las personas; b) un cambio cultural que propenda por la transformación de los imaginarios sociales sobre las personas LGBT; c) la cohesión y la movilización de las personas LGBT alrededor de sus intereses y necesidades, y d) el fortalecimiento de la capacidad política de la comunidad LGBT.”[368] Zunehmend etablierte sich in dieser Zeit Bogotá als Zentrum von LGBTIQ*-Aktivitäten in Kolumbien. „En esta primera década del siglo los temas de diversidad sexual y de género han cobrado en Colombia, y particularmente en la ciudad de Bogotá, una visibilidad inusitada y por demás rara. Los cambios legales vividos en este tiempo colocan a Colombia como uno de las países en la región con más medidas protectoras al respecto (…). Sin embargo, dichos cambios no se han dado sin acalorados debates en los medios de comunicación y en la cultura popular.“[369] Zugleich wurden in dieser Zeit also auch national deutliche Fortschritte erreicht. In Kolumbien ging dabei weniger die Politik voran als Gerichte, oftmals auf Ansinnen zivilgesellschaftlicher Akteur*innen, die mit ihren Urteilen das Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte schärften und mit Inhalt füllten. „No obstante el nivel de avance en el reconocimiento de derechos, es importante no perder de vista que las políticas establecidos provienen de fallos de la Corte Constitucional y de Fallos de Tutela, no así de Leyes aprobadas por el Congreso, pues en materia legislativa han sido poco los avances.“[370] So wurde beispielsweise Anfang 2007 die Ehe von Homosexuellen mit einer heteronormativen Ehe gleichgestellt, durch den Corte Constitucional.[371]

Weiter noch als Kolumbien als ganzes gingen die Gerichte und die Verwaltung in Bogotá in beziehungsweise ab dieser Dekade, durchaus auch im Bewusstsein Vorbilder zu erschaffen. „El reconocimiento de derechos en Bogotá es significativo y coloca a la ciudad (y al país) como pionera en materia de reconocimiento de derechos relacionados con la disidencia sexual.”[372] So wurden beispielsweise Adoptionsrechte unabhängig von jeglicher sexuellen Orientierung.[373] All dies änderte jedoch nichts daran, dass in bestimmten Kontexten Diskriminationserfahrungen deutlich blieben. Gerade im Kontext der Arbeit wurde so auch über die 2000er Jahre hinaus in die 2010er Jahre hinein von Diskriminationserfahrungen von LGBTIQ* berichtet, in Bogotá, aber auch anderswo in Kolumbien. Dies widersprach der offiziellen Politik und den Bemühungen zivilgesellschaftlicher Akteur*innen, muss aber als realer Gegentrend festgehalten werden. Unter anderem führte dies zu Disziplinierungen statt freier Entfaltung und Schweigen wie Verdeckung im Gegensatz zu Bemühungen der Sichtbarmachung von LGBTIQ*.[374] Allerdings muss bemerkt werden, dass diese Problematik global nachzuzeichnen ist, dass selbst bei breiter gesellschaftlicher Anerkennung von Multiplität und Heterogenität funktionale System, wie der Arbeitsmarkt, welcher immer wieder stereotype Rollen sucht, dies weniger zulassen beziehungsweise vielmehr dem entgegen stehen. Dies führt(e) beispielsweise vielerorts, und so auch in Kolumbien, zu vermehrter Selbstständigkeit von LGBTIQ*, aber immer wieder auch dem Abdrängen in non-formale oder gar illegale Beschäftigungsverhältnisse.[375]

Die Bedeutung der Gerichte und Verwaltung bei dieser neuen Normsetzung von Bogotá ausgehend wird nicht nur in Komparation zu Kolumbien, sondern zu ganz Lateinamerika herausgehoben. Insbesondere die Nicht-Unterscheidung zwischen Genderausprägungen, sexuellen Identitäten und Orientierung, sondern die völlige Gleichsetzung aller Menschen in dieser Zeit von Gerichten in Bogotá wird dabei als exzeptionell herausgestellt.[376] Der Grundstein dafür wurde ab dem Jahre 2003 unter dem neuen Stadtoberhaupt Luis Eduardo Garzón gelegt, zunächst durch lokale Regulierungen und Aktivitäten, später auch durch Kontrollmechanismen, damit diese Fortschritte auch unter neuer Administration ab 2012 erhalten blieben. 2003 wurde dabei erstmals zwischen der Verwaltung und LGBTIQ*-Akteur*innen kollaboriert um den jährlichen Aufmarsch zur Einforderung von LGBTIQ*-Rechten zu sichern und zu kontextualisieren. 2006 schließlich wurden die Verbindungen deutlich vertieft.[377] Entscheidend in diesen Jahren war die Mitarbeit von Akteur*innen, die sich selbst LGBTIQ* zurechneten oder für deren Interessen zu sprechen suchten, an Dekreten und Entwicklungsplänen, etwa über Planeta Paz oder den Mesa LGBT, der sich 2003 in Bogotá etablierte. Doch bildeten sich auch weitere Plattformen wie die Alianza por la Ciudadanía Plena LGBT oder La Mesa Joven por la Diversidad Sexual in diesem Kontext, teilweise erst mit fortschreitender Zeit. Die beteiligten LGBTIQ*-Akteur*innen hatten dabei keine Position als Bittsteller*innen inne, sondern als wichtige und vollwertige soziale Akteur*innen, sie wurden auch offiziell anerkannt. Nur durch die tatsächliche zivilgesellschaftliche Teilhabe wurden entsprechende Rechte in dieser Zeit in Bogotá nicht nur de jure fixiert, sondern zuvorderst de facto realisiert. Dies meint(e) eine breite gesellschaftliche Teilhabe, jedoch war respektive ist dabei die Bedeutung von LGBTIQ-Akteur*innen besonders zu betonen. Diese überwanden damit zugleich eine eher abwehrende und verdeckende Haltung, die auch zur Eigensicherung eingenommen worden war, und kämpften hingegen nun offensiver für die eigenen Rechte, auch durch staatliche Anerkennung und Unterstützung darin bestärkt. Und zugleich bedurfte es der lokalen Umsetzung, die erst aus den offenen Forderungen und de jure Rechten de facto Politik machen konnte.[378] „Muchas veces ni las normas ni los esfuerzos de los agentes que las promueven (…) llevan a la solución de los problemas que pretenden atenuar. Por ende, las políticas públicas, como herramientas para alcanzar la calidad de vida de la población, deben poder analizarse y revisarse. En este sentido (…) la Gestión Urbana juega un rol privilegiado.“[379] Dieser Logik folgend wurden die entsprechenden Rechte ausgestaltet. Es galt erkannter Diskriminierung und Ungleichbehandlung zu begegnen und entsprechende Personen in ihre Rechte einzusetzen. Dies meinte nicht nur umfassende Sexuelle und Reproduktive Rechte zu realisieren, wenn diese auch zentral dahinter standen, sondern ein umfassendes Gleichheits- und Menschenkonzept, welches Kategorien wie Gender oder sexuelle Identität freistellte und zugleich nicht mehr zum Ordnen nutzte.

„Las características del Decreto 608 de 2007 son las siguientes: Tras considerar que gays, lesbianas, bisexuales y transexuales conforman sectores sociales de gran valor para la sociedad, sobre los cuales se han concentrado diferentes formas de discriminación y tratos desiguales e inequitativos, el Decreto considera que dichas formas de discriminación se dan tanto en los ámbitos cotidianos y familiares como en los públicos e institucionales y se expresan desde actos sutiles de segregación hasta crímenes y actos de violencia física causados por el odio y la intolerancia y que por tanto se hace necesario establecer lineamientos de Política Pública que garanticen plenamente los derechos de las personas del sector.“[380]

Zusammenfassend kann über Bogotá in dieser Zeit im hier untersuchten Politikfeld tatsächlich von der voranschreitenden Stadt im Kontext von Kolumbien geschrieben werden, da nicht nur einige Akteur*innen, sondern umfassende und breite zivilgesellschaftliche Aktivitäten dahinter standen.

„En un país con grandes problemáticas sociales y económicas como Colombia, el LGBT ha vivido durante muchos años a la sombra de la sociedad (…). Víctimas de agresiones y rechazo sistemático, por parte de la ciudadanía, las personas LGBT han iniciado en la última década un movimiento colectivo para luchar por el reconocimiento y por la defensa de sus derechos más fundamentales, así como la movilización de estas personas en diferentes ámbitos de índole económica, política, social y cultural con el fin de construir una sociedad plenamente democrática, moderna y con justicia social. A pesar de que existían pequeños grupos de personas homosexuales asociados en los años setenta y ochenta (…), no fue hasta medianos de los noventa [de facto: principios de los noventa / fin de los ochenta] que aparecieron asociaciones y colectivos diversas para reclamar los derechos de estas minorías. La esfera pública se había mantenido al margen de todo este proceso hasta la llegada de Garzón a la alcaldía de la ciudad en 2003.“[381]

Die Bedeutung von Bogotá zu dieser Zeit im Sinne der Etablierung und Konsolidierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Kolumbien erstreckte sich jedoch nicht nur auf den eigentlichen Kampf für entsprechende Rechte. Die deutlich erhöhte Öffentlichkeit eines LGBTIQ*-Lebens erhöhte auch das zugehörige Bewusstsein und lies eine entsprechende Forschung sich entfalten. So fanden im Rahmen öffentlicher Märsche zugleich umfassende Umfragen statt, die erstmals einen tieferen und differenzierteren Einblick in das ganze Spektrum von LGBTIQ* in Kolumbien am Beispiel Bogotás erlauben sollten. Auf dieser Grundlage konnten wieder Mängel bei der Rechtsdurchsetzung, Herausforderungen aber auch Notwendigkeiten aufgezeigt und unterstrichen werden.[382] So wurde beispielsweise nach einer solchen Studie auch eine spezifische Kulturpolitik für LGBTIQ* zu etablieren gesucht, die sowohl deren realer Bedeutung gerecht werden sollte, aber zugleich spezifisch auf entsprechende Menschen und ihre prägenden Thematiken zugeschnitten zu sein suchte, etwa indem Stigmata, Stereotypen oder auch Tendenzen der Verdeckung und des Verschweigens thematisiert und zu begegnen gesucht wurde. Kultur wurde dabei sowohl als Zugang zum urbanen Raum für LBGTIQ*-Menschen verstanden als auch als Ausdruck und Umgangsweg mit der Eigenidentität.[383] Entsprechende Studien lassen sich als Produktion von Wissen zur Einflussgewinnung beschreiben, die in den 2000er Jahren bezüglich LGBTIQ* in Bogotá für Kolumbien einen Höhepunkt erreichte. Dies erlaubte es eine tatsächliche politische Agenda zu etablieren und über losere Forderungen hinauszugehen.[384]

Diese lokal etablierte Neufassung, und im nationalen kolumbianischen Rahmen gesehene durchaus radikale Politik bezüglich LGBTIQ* basierte und folgte zivilgesellschaftlichen Aktivitäten, bedurfte aber auch einer sensiblen und offenen Administration, wie sie sich zu dieser Zeit in Bogotá fand. Dabei war das Ziel, zumindest administrativ, nicht eine neue LGBTIQ*-Politik zu etablieren. Vielmehr wurden mehrere kleine Schritte gegangen respektive Felder angegangen, oftmals sogar isoliert voneinander, aber stets im Sinne der Rechtsgewährung der Bevölkerung, insbesondere jener Teiler dieser, die ihre Rechte bis dato nicht hätten durchsetzen können. Dabei war die Etablierung gemeinsamer Ziele und Rahmen zivilgesellschaftlicher und lokalpolitischer Akteur*innen genauso zentral wie die dahinter stehende Koordinierung zivilgesellschaftlicher Akteur*innen. In diesen Jahren wirkten nicht mehr Homosexuellen-Akteur*innen neben Transgender-Akteur*innen, sondern zusammen mit diesen, koordiniert und zielgerichtet, ohne die eigene Agenda aufgeben zu müssen. Den Abschluss fanden diese Maßnahmen in ihrer legalen Anerkennung, so durch Gerichte und Verwaltung. Zugleich war dieser Weg auch deshalb fragil und angreifbar, beruhte er doch nicht auf nationalen Gesetzen oder gar Grundrechten, sondern vor allem auf lokalen Verwaltungsakten. Um der Gefahr einer umgehenden Beendigung dieser Politik bei einem Wechsel der politischen Führung von Bogotá zu begegnen, wurde ein Dekret erlassen, das Dekret 608, um das Rückgängigmachen zu unterbinden.[385] Tatsächlich führte jedoch auch die nächste Verwaltung nach Garzón die entsprechende Politik fort und vertiefte diese sogar noch.[386] So gibt es auch 2018 noch den Consejo Consultativo LGBT in Bogotá und eine LGBTIQ* sehr gewogene Politik, allerdings weiterhin in stetiger Gefahr eines Politikwandels auf Grund mangelnder nationaler (Grundrechts)Absicherung.[387] „Como resultado claro en este tipo de instrumentos, el problema de la Política LGBT de Bogotá está en su viabilidad, tanto política como económica. Si bien la medida fue institucionalizada a partir del Acuerdo 371 del Consejo de la Ciudad, que la reconoce como programa permanente, su viabilidad depende de la voluntad política de la persona que ocupe la Alcaldía Mayor para la gestión de recursos y operatividad.“[388]

Zudem ist Kolumbien nicht nur Bogotá. Die Veränderungen und Fortschritte in Kolumbien außerhalb Bogotás stellen sich in den 2000er Jahren anders dar als die Entwicklungen in Bogotá selber. Doch der Diskurs in ganz Kolumbien über Sexualität veränderte sich spätestens ab den 2000er Jahren deutlich. Diskurse öffneten sich und neue begannen, neue Konzepte und Terminologien gingen damit einher. Sexualität würde von vielen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen in diesem Rahmen positiv zu besetzten gesucht, Erotik und gelebte Sexualität diskutierbar. Dies lag auch einer zunehmenden Öffentlichkeit des zuvor verdeckten, als intim nicht besprechbaren. Entsprechende Erfahrungen sollten besser, ja geradezu „optimiert“ werden, so das Ziel sonst höchst unterschiedlicher Akteur*innen. Dazu kamen Konzepte physischer und emotionaler Gesundheit, die entsprechende Ideen und Ziele stützten. Das Verständnis von Normalität wurde dabei immer wieder geöffnet und hinterfragt. Viele sich dabei einbringende selbst so deklarierte Expert*innen agierten aber durchaus so, dass sie nur oder vor allem ihre Perspektive unterstrichen und der alten Moral eine gewisse neue Moral entgegensetzten – dieser Vorwurf kam immer wieder von den unterschiedlichsten Seiten auf zur Diskreditierung anderer, gleichfalls unter Befürworter*innen Sexueller und Reproduktiver Rechte. Dennoch nahm insgesamt der Stellenwert von Konzepten wie Selbstbestimmung oder einem individuellem Wohl zu, was Gegenbewegungen und -tendenzen nicht ausschloss. Als weiterhin besonders herausfordernd erwies es sich jedoch, jugendliche Sexualität zu normalisieren und Aufklärung zu leisten. Zeitschriften spielten dabei eine deutliche Rolle, so Luna. Statt Moral wurde dabei Selbstrespekt als Regulationsankerpunkt gesetzt und kommuniziert.[389] Mindestens ebenso wichtig waren Telenovelas, die Homosexualität und andere Formen von LGBTIQ* normalisierten, sichtbar machten und als existent in Kolumbien zeichneten. Dies veränderte nach und nach den Diskurs, die Kommunikation und schließlich auch die verbundenen Vorstellungen.[390] Ein Beispiel in diesem Kontext war und ist auch der Ciclo Rosa, eine kulturelle Veranstaltung seit 2001 die sich für die Rechte von LGBTIQ* einsetzt. Dabei ging und geht es auch darum, die verbreitete Verbindung von HIV / AIDS mit männlicher Homosexualität zu differenzieren. Erreicht werden soll(t)en damit sowohl die Politik wie die Öffentlichkeit. Über Sprache und deren Problematisierung soll(t)en LGBTIQ*-Rechte als noch nicht ausreichend, sowohl de jure als gerade auch de facto offenbar werden.[391] Insgesamt ist die Bedeutung der Kultur für die Entwicklung in den 2000er Jahren in Bogotá, aber auch darüber hinaus in Kolumbien bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten und LGBTIQ*-Rechten hervorzuheben. In diesem Rahmen verbanden sich entsprechende zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, immer wieder konnte erst so eine weite Sichtbarkeit und starke Artikulation zentraler Anliegen erreicht werden.[392]

Die zunehmende Thematisierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten erlaubte es auch immer wieder neue Themenfelder in den Fokus zu bekommen. Viele Bereiche jugendlicher Sexualität wurden beispielsweise lange verbreitet nicht erfasst, nicht gesehen, tabuisiert und zur Nicht-Existenz gedeutet. Erst mittels der zunehmenden Thematisierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten konnten diese Themenbereiche gewissermaßen entstehen und in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Dazu gehörte auch, dass neue Bildungsziele und -inhalte definiert werden sollten und mussten. In diesem Kontext waren wissenschaftliche Studien ab 2002 zentral, beispielsweise eine Studie unter Erstsemestern über ihr Wissen, ihre sexuelle Praktiken, Konzepte und Vorstellungen an der Universidad del Valle.[393] Konstatiert wurde dabei, dass sich Sexualität in einem Wandlungsprozess in Kolumbien befand. Dennoch gab es weiterhin verbreitet bipolar gegenderte Erfahrungswelten, die voneinander getrennt wurden und LGBTIQ* völlig ausschlossen. Während männliche Sexualität durch frühe Erfahrungen und wechselnde Partnerinnen gezeichnet war, beides männlich konzipiert legitim war, so war weibliche Sexualität weiterhin mit Warten verknüpft. Es wurde zwar normaler, beiden bipolar getrennten Geschlechtern voreheliche Erfahrungen zuzuschreiben, dennoch blieben diese deutlicher männlich konnotiert und auch männlich legitimer. Die vorher so dominante Doppelmoral und das doppelte sexuelle Kriterium nahmen ab, so zeigten es Studien dieser Zeit, sie waren aber noch nicht verschwunden. Konstruierte Frauen setzen weiterhin statistisch dargestellt in Beziehungen und bezüglich Sexualität mehr auf Liebe und feste Partner, Männer weniger. Doch zugleich zeigte sich, dass konstruierte Frauen Treuebruch zunehmend seltener tolerierten, entgegen alter gesellschaftlicher Normen nach denen konstruierte Frauen diese akzeptieren müssten – ein klarer Wandel. Auch deshalb wurde die Notwendigkeit betont, diese erst beginnenden Tendenzen zu verstärken, etwa eine nicht nur auf Sexualität bezogene Sexualerziehung einzurichten, die unter anderem auch Genderkonzepte hinterfragen sollte.[394] Es konnte also ein Wandel in Kolumbien in diesen Jahren verzeichnet werden, jedoch ein langsamer. Diesen voranzubringen wurde in Kolumbien vor allem auf eine Verbreitung Sexueller und Reproduktiver Rechte über das Themenfeld Gesundheit gesetzt. In diesem Rahmen entstand 2002, und terminiert bis 2006, die Política Nacional de Salud Sexual y Reproductiva para el periodo 2002 a 2006.[395] Dem folgend wurden sowohl die Zentralität von Gleichheit, Gesundheit als Recht und als Service, Sexuelle und Reproduktive Rechte als zentrales Menschenrecht, der Kampf gegen Ungleichheit sowie um und für soziale Gerechtigkeit zur Politik. Das deklamatorische Dach dieser Politik waren Sexuelle und Reproduktive Gesundheit sowie die Bemühungen, diese zu stärken und zu verbreiten. Daraus ableitbar waren jedoch Sexuelle und Reproduktive Rechte.[396] „Aunque la Política Nacional en Salud Sexual y Reproductiva no describe taxativamente los derechos sexuales y reproductivos, éstos se deducen de la lectura del documento. Por ejemplo, al mencionar el derecho a disfrutar de una vida sexual satisfactoria, se contempla el derecho a procreas o no“.[397] Dabei blieb die Politik allerdings primär im Gesundheitssektor verhaftet, es fehlten in dieser Zeit die Möglichkeiten oder auch der politische Wille diese deutlich auch in andere Bereiche zu verbreiten, das Konzept klar auszudehnen, weniger inhaltlich, so doch im Sinne der thematischen Anbindung.[398]

Doch zeigten sich gleichfalls weitere Grenzen, gerade außerhalb der großen Städte. Diese müssen jedoch im lateinamerikanischen Vergleich als eher begrenzt angesehen werden. So hielten manche Autor*innen hingegen fest:

„En materia de derechos sexuales, la legislación colombiana es considerada una de las más avanzadas de América Latina. En temas relacionadas con la salud, la autonomía del individuo, el libre desarrollo de la personalidad y la orientación y identidad sexual y de género, el sistema legal colombiano tiene avances sin precedentes en otros países latinoamericanos […]. Sin embargo, aún permanecen reglamentos que restringen los derechos de la mujer en el campo reproductivo, como la penalización del aborto“.[399]

In letzterem Bereich gab es jedoch Fortschritte, wenn auch mit klaren Grenzen. 2006 wurden durch den Corte Constitucional Abtreibung nach Vergewaltigungen, in Gefahr für das Leben der Mutter und bei tödlichen Deformationen des Fötus straffrei gestellt. 2009 wurde dies Gesetz.[400] Doch ist die zitierte nur eine Sichtweise. Gerade mit Fokus auf LGBTIQ* gibt und gab es auch eine andere. So gab es zwar auch bei LGBTIQ*-Rechten, vor allem regional, rechtliche Fortschritte, doch standen und stehen diese weiterhin eine ausgemachte Kultur entgegen, die de jure Rechte de facto wenig weit reichen lässt. Dem entsprechend wurde noch 2008 zusammengefasst:

„En Colombia la situación de las personas homosexuales, lesbianas y transgeneristas se caracteriza, de un lado, por la vulneración de sus Derechos Humanos, y de otro, por los avances en su reconocimiento social como sujetos de derechos. La vulneración de derechos se explica por el predominio de una cultura que no reconoce la diversidad y que legitima un modelo homogéneo de ser humano, con base en la idea de un solo tipo de orientación sexual válida – la heterosexualidad – y una única forma de ser hombres y de ser mujeres. Mientras que el reconocimiento social de las personas homosexuales como sujetos de derechos es parte del surgimiento de una cultura ciudadana capaz de reconocer la diversidad. Un estudio realizado en Bogotá sobre los derechos de las personas homosexuales y lesbianas, ha demostrado, que el heterosexismo y las concepciones de género ortodoxas son aspectos de la cultura directamente vinculados con la vulneración de varios derechos, entre ellos: el derecho a estar libre de toda forma de violencia, el derecho al libre desarrollo de la personalidad, el derecho a la igualdad y a esta libre de toda forma de discriminación y el derecho de conformar una familia.“[401]

So sind Menschen, die sich LGBTIQ* zurechnen oder zugerechnet werden, weiterhin in Kolumbien besondere durch Gewalterfahrungen bedroht, aber auch durch Versuche unterschiedlicher Gruppen auf diese einzuwirken, um ihre als bloß temporär markierte sexuelle Orientierung, unter Negation eines Konzeptes sexueller Identität, zu ändern. Dies wird immer wieder als „Hilfestellung“ deklariert, führt aber zu massiven Diskriminierungen und Rechtsverletzungen. Tatsächlich gab 2008 eine Mehrheit der Kolumbianer*innen an, sie würden bei einem homosexuellen Kind versuchen die „Orientierung“ zu ändern.[402] Die erfahrene Gewalt ist dabei sowohl physisch als auch psychisch. Verbale Gewalt drückt dabei Sichtweisen aus, die gegen internationale Menschenrechtskonventionen stehen. Zugehörige Ausdrücke für männliche Homosexuelle sind in diesem Kontext in Kolumbien nicht nur gay sondern auch marimacha, raraoder marica.[403] Was dahinter steckt sind weiterhin existente massive Ausgrenzungen, insbesondere gegenüber gesellschaftlich männlich gefassten Menschen im Rahmen von LGBTIQ*. Deutlich wird und wurde dies vor allem unter Jugendlichen. „Asumir actitudes como no hablarle o evitar a alguien por su orientación sexual derivan en situaciones de exclusión y aislamiento hacia los homosexuales y las lesbianas. Tales actitudes se explican, en parte, por el temor de los jóvenes y las jóvenes a que el resto de la sociedad piense que ellos y ellas también son así.”[404]

Auch auf Grund solcher Erkenntnisse wurde nochmals und wird weiterhin die Bedeutung der Bildung und der Pädagogik unterstrichen weiterhin existenter Ablehnung gegenüber LGBTIQ* zu begegnen. Nur über Bildung wurde und wird die Möglichkeit ausgemacht eine Gesellschaft von Differenzen und Toleranz zu gestalten, letztlich eine Gesellschaft, in der Menschenrechte Realität werden können respektive werden konnten, und damit eben auch Sexuelle und Reproduktive Rechte. Dies war auch in den 2000er Jahren kein neuer Ansatz, doch wurde nochmals und wieder verstärkt auf die Bildung von Lehrer*innen und Dozent*innen gesetzt. Hervor tat sich dabei die Organisation Promover Ciudadanía, die damit auch auf die ausgemachte Position von Lehrer*innen zu reagieren suchte, es fehle an den nötigen Materialien und Unterrichtskonzepten um LGBTIQ*, Toleranz sowie Sexuelle und Reproduktive Rechte zu verbreiten.[405] Die konzipierte Toleranz kannte dabei jedoch klare Grenzen, sie sollte keine Toleranz gegenüber jenen umfassen, die anderen Rechte und Toleranz negierten, Toleranz war also nicht grundlegend und allumfassend. Auch dies wurde als elementar zu Realisierung Sexueller und Reproduktiver Rechte gesehen.[406] Gerade aber auch bei Lehrer*innen zeigten sich bei solchen Gelegenheiten immer wieder Ängste, entsprechenden Themen zu begegnen. Darauf zu reagieren wurde gleichfalls auf Sexualerziehung gesetzt, im Sinne von Erwachsenbildung, beginnend, aber nicht endend beim pädagogischen Personal. Zugleich bedurfte es, dies zeigte sich in den 2000er Jahren deutlich, einer anderen Sexualerziehung als sie bis dato in Kolumbien erkämpft worden war. War es auch ein langer Weg gewesen bis überhaupt zur Etablierung von Sexualerziehung in Kolumbien, war diese doch deutlich zu beschränkt, so die Erkenntnis dieser Jahre, um der verbreiteten Sicht auf Homosexualität und andere Ausprägungen von LGBTIQ* als negativ bewertete Abweichung zu begegnen. Untersuchungen in Schulen zeigten immer wieder, dass de facto Homosexualität mit Drogensucht oder anderem negativ konnotierten, aber behandelbar konzipiertem Verhalten gleichgesetzt wurde. Gerade die Frage von sexueller Identität war aus der etablierten Sexualerziehung ausgeschlossen, es fehlte jede Gender-Perspektive. Sexuelle Identität als konstituierender Faktor menschlicher Sexualität wurde nicht vermittelt und teilweise gar negiert. Dem sollte durch neue Sexualerziehung begegnet werden.[407]

„En este contexto, la Corporación Promover Ciudadanía propone un enfoque de educación sexual desde la perspectiva de la diversidad y de los derechos. Esta propuesta es fruto de la reflexión y la experiencia de trabajo en educación sexual desarrollada desde noviembre del 2005 hasta junio de 2007 con más de 12.000 jóvenes escolarizados de los estratos 1, 2 y 3 de Bogotá, con jóvenes internos de la Cárcel Distrital, con reincorporados del conflicto armado, con agentes de policía y con docentes de primaria y secundaria.”[408]

Der neue Ansatz von Sexualerziehung sollte ein integraler sein, der sowohl reproduktive Aspekte umfasste, aber auch emotionale und kommunikative, und zugleich Thematiken wie Lust und Erotik. All dies wurde als integral für das Menschsein an sich gefasst. Nur so seien eine Gender-Perspektive und die Thematik sexueller Identität zu vermitteln, letztlich nur so Sexuelle und Reproduktive Rechte auch de facto zu etablieren. Zugleich sei so die kulturelle Prägung von Genderkonzepten vermittelbar sowie die Denaturalisierung von Gender und sexueller Identität auch in der pädagogischen Vermittlung möglich.[409] „A la vez es importante comprender que la sexualidad, lejos de ser un mero hecho natural está atravesada por una complejidad de sentidos culturales que la regulan y sobre los cuales es necesario reflexionar, entre ellos los significados del cuerpo, de lo masculino y lo femenino, de lo moral y lo ético, entre otras.”[410] In diesem Sinne sollte Sexualerziehung fest an die Förderung und den Schutz von Menschenrechten gebunden werden, als Überbau, der auch Sexuelle und Reproduktive Rechte umfasste. Dies meinte das Konzept der Diversität sowohl unter Lehrer*innen, aber letztlich auch unter sowohl erwachsenen wie heranwachsenden Kolumbianer*innen zu vermitteln, die Bedeutung dessen Schutzes, aber auch die stetige und verbreitete Gefährdungen dieses Konzeptes und entsprechender Rechte. Ausgehend von einer Rechtsperspektive sollten die Möglichkeiten und Notwendigkeiten Sexueller und Reproduktiver Rechte vermittelt werden sowie die diversen Perspektiven auf existente Diversität in Kolumbien. Im Sinne einer Minimalethik sollten so Rechte, Rechtsschutz und Partizipation vermittelt und ermöglicht werden.[411] Dies sollte auch deutlich die Problemperspektive wandeln, statt LGBTIQ* als problematische Herausforderung wurden Homophobie und andere Ablehnungen von LGBTIQ* als anzugehendes Problem markiert, welches die integrale Menschlichkeit jener Person negierte und stattdessen Menschen auf ihre sexuelle Orientierung oder Identität reduzierte. Zudem stecke dahinter einer massive Gefährdung des Privaten, indem Aspekte der eigenen Identität zum Thema einer Öffentlichkeit wurden. Dies wertete zugleich die Identität von Menschen, die sich LGBTIQ* zuordneten oder zugeordnet wurden ab, wurde diese doch diskutabel oder gar behandelbar, zudem wurde sie aus dem Zustimmungsvorbehalt einer Person entfernt. Diesem wurde durch die Umdrehung der Problematisierung, so von Homosexualität zu Homophobie, begegnet. Dadurch wiederum sollte die integrale Bedeutung sexueller Identität und der eigenen Genderzuschreibung verdeutlicht werden.[412]

So weitreichend diese Pläne waren, so gravierend wurde doch der Status Quo Ende der 2000er Jahre gesehen. Dazu gehörten nachgewiesene Auswirkungen der konstanten Verletzung Sexueller und Reproduktiver Rechte, wie Depressionen. Verschlimmert wurde dies noch durch die Negation dieser Problematik, was deren Realität und Auswirkungen noch steigerte.[413] Zugleich zeigten sich deutliche Unterschiede der Reichweite von Diskriminierungen und der de facto Negation Sexueller und Reproduktiver Rechte, beispielsweise je nach Schulstufe. Umso höher eine Schule stand, umso geringer wurde das Problem ausgemacht. So galt es vor allem an primarias dem entgegen zu wirken. Zudem zeigte sich, dass Menschen, die sich selbst LGBTIQ* zurechneten, sehr wohl über ihre sowie Sexuelle und Reproduktive Rechte Bescheid wussten. Schon dies könnte als Wandel weg von Heteronormativität angesehen werden, von orthodoxen Gender-Konzepten. Einige hatten damit bereits deutlich Stereotypen überwunden, nur galt es nun diese Veränderung zu verbreiten und zu verstetigen.[414] Doch staatlich blieb der zentrale Fokus bezüglich der Begegnung von Gewalt, der Herstellung von Gleichheit oder auch der Gewährung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten eine Stärkung von Frauen in einem binären Geschlechtsschema, noch dazu unter Betonung von Gesundheitsaspekten. Dies meinte nicht mehr die hauptsächliche Betonung Reproduktiver Rechte, doch eine weiterhin starke Verortung Sexueller Rechte im Bereich Gesundheit und deren generelle Limitierung. Dies blieb die Linie zentralstaatlicher Politik.[415] Die Chancen für Veränderungen, die unterschiedliche zivilgesellschaftliche Akteur*innen gerade im Bildungsbereich sahen, beruhten auf einem entsprechenden Menschenbild, dem Ideal, dass Menschen nicht intolerant geboren, sondern Intoleranz erst durch Bildung und Erziehung etabliert würde, oder dies verhindert werden könnte.[416] Die Grundlagen in Kolumbien wurden dabei als eher förderlich ausgemacht, denn als Hindernis. Auch wenn die Verfassung Sexuelle und Reproduktive Rechte nicht expressis verbis kannte und kennt, so wurde das Rechtskonzept, und zugehörig die Schutzbedürftigkeit der Wahl der eigenen sexuellen Identität, doch durch Gerichtsurteile und zivilgesellschaftliche Aktivitäten verbreitet und weiträumig etabliert. Nun galt es dies auch in kulturelle Praktiken zu übertragen, etwa durch das Hochhalten der Bedeutung von Toleranz. Dies meinte nicht primär entsprechendes politisch durchzusetzen, etwa das Rechtskonzept expressis verbis in die Verfassung zu übernehmen, dies hing immer noch von politischen Mehrheiten ab, die nicht in Aussicht standen, sondern viel mehr die bestehende Rechtslage zivilgesellschaftlich zu realisieren und ausweitend zu interpretieren.[417] Dies wurde durchaus als basisdemokratische Bemühung verstanden, deren Grundlage das Selbstbestimmen über den eigenen Körper sei.

„La igualdad, para ser democrática, debe significar el derecho de cada uno a escoger y gobernar su propia existencia, el derecho a la individuación contra todas las presiones que se ejercen a favor de la “moralización” y la “normalización” (…), y por eso resalta que debe ser un sistema democrático para combinar la unidad con la diversidad, la libertad con la integración, en donde no sólo se garanticen los derechos fundamentales de los individuos, sino que se diseñen mecanismos de participación ciudadana para la construcción de la vida colectiva del país y, además, se fomente el sentimiento ciudadano.”[418]

Genau diesem Verständnis von Demokratie wurde zivilgesellschaftlich gefolgt, dieses wurde hochgehalten und propagiert um Sexuelle und Reproduktive Rechte nach und nach in ganz Kolumbien Realität werden zu lassen. Grundlage dafür wiederum war die Konzeption Demokratie bedeute, dass die Mehrheit die Rechte von Minderheiten anerkenne und aller Rechte in einem juristisch gefassten System geschützt und abgewogen würden.[419] Zentraler Hintergrund blieben dabei jedoch die de facto Negation entsprechender Rechte und letztlich der Demokratie durch das Fortdauern von Gewalt durch paramilitärische und Guerillagruppen sowie organisiertes Verbrechen in Kolumbien, die dort Freiheit, Gleichheit und Toleranz als Rechte und Grundlagen durch ihre Taten negierten. Zudem führte dies zu einer Korruption des juristischen Systems und dessen Funktionieren. All dies stand der Realisierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten auch in den 2000er Jahren entgegen, zeigte jedoch zugleich für die entsprechenden Akteur*innen die Notwendigkeit auf, Sexuelle und Reproduktive Rechte zivilgesellschaftlich durchzusetzen und zu etablieren, statt auf die Verfassung oder die Rechtssetzung als Weg der Realisierung zu setzen. Dies meinte nicht, dass darauf gar kein Einfluss genommen werden sollte, aber dass die Prioritätensetzung eine andere war.[420] Und so konnte Ende der 2000er Jahre tatsächlich ein deutlicher Fortschritt bezüglich der Rechtssetzung von LGBTIQ*-Rechten in Kolumbien erreicht werden. Dafür verantwortlich zeigte sich jedoch nicht die Politik, sondern das Verfassungsgericht Kolumbiens. Dieses erweiterte 2009 die expliziten LGBTIQ*-Rechte deutlich, nachdem 2007 und 2008 entsprechende politische Bemühungen gescheitert waren, es aber eine starke zivilgesellschaftliche Bewegung dafür gegeben hatte. Schon 2007 wurden LGBTIQ*-Menschen in Kolumbien bezüglich Gesundheit und sozialer Sicherheit durch das Gericht gleichgesetzt, nach entsprechenden zivilgesellschaftlichen Bemühungen, die Umsetzung allerdings scheiterte. Nun wurden 2009 die Gleichstellungen noch deutlich erweitert, auch und erneut auf Grund zivilgesellschaftlicher Bemühungen.[421] Für den Beginn des Prozesses 2007 spielte auch der internationale Rahmen eine deutliche Rolle: Ein kolumbianischer Fall wurde auch von der UN-Menschenrechtskommission behandelt und Kolumbien zur Herstellung von Gleichheit für gleichgeschlechtliche Partner*innen ermahnt. Auch dies trieb das Handeln in Kolumbien voran.[422] 2011 konnten erneut Erfolge erzielt werden, wieder durch zivilgesellschaftliche Aktivitäten die an das Verfassungsgericht getragen wurden: Jenes urteilte, dass eine nach der Verfassung geschützte Familie nicht auf Mann-Frau-Familienkonzepte begrenzt sei. In diesen Jahren zeigte sich, deutlich mussten und konnten LGBTIQ*-Rechte in Kolumbien durch zivilgesellschaftliche Aktivitäten und den Weg über Gerichte, sowie auf lokaler Ebene, nicht jedoch über die nationale Politik, durchgesetzt werden.[423] Doch war dies ein weiter Weg, denn bis 2007 hatte zumindest das Verfassungsgericht zwar individuelle Rechte von LGBTIQ*-Menschen anerkannt, aber keine Gleichstellung mit heteronormativ geprägten Konzepten wie der Ehe oder Familie vorgenommen. Dies änderte sich erst ab 2007 – durch deutliche zivilgesellschaftliche Aktivitäten.[424] Aber dennoch: „Despite the victories, political battles remain to ensure compliance with the court decisions, and homophobia in Colombian culture and in government persists, despite the more liberal court decisions. But it is clear that the legal process pushed policy beyond what was possible in the political arena – (…) scholars have noted Colombia as one of the countries with a significantly judicialized politics.“[425]

Dieser Weg der Etablierung und Durchsetzung Sexueller und Reproduktiver Rechte, wie er in Kolumbien in den 2000er und Anfang der 2010er Jahren verfolgt wurde, muss als konsequentes Fortschreiten etablierter Wege in Kolumbien gekennzeichnet werden. Dabei wurde durchaus der staatliche Rahmen zu beeinflussen gesucht, dies war aber nicht der zentrale Weg der Rechtsdurchsetzung. Auch in den 2000er Jahren gab es noch eine Reihe an Gesetzesinitiativen.[426] Doch fielen diese an Bedeutung ab gegenüber koordinierten und auch global eingebundenen zivilgesellschaftlichen Aktivitäten. Vielmehr war die Priorität zivilgesellschaftliche Aktivitäten zu etablieren, zu koordinieren und voran zu bringen, und auf diesem Weg hin zu Toleranz, Rechten und Gleichheit zu wirken. Grundlage war dabei zunächst die Sichtbarkeit der existenten Diversität zu erhöhen, und so die kulturelle Fassung der „Normalität“ eines binären Genderkonzeptes und von Heterosexualität anzugehen, durchaus ab den 1980er Jahren. Zunächst wurde dabei die zivilgesellschaftliche Koordination angegangen, um schließlich auch staatlich Wirkung erzielen zu können, so bei der Arbeit an der Verfassung, aber auch der Beeinflussung von Programmen in den 1990er Jahren. Die Fortschritte dabei waren jedoch begrenzt, wenn auch vorhanden. Auch deshalb wurde in der Folge wieder mehr auf primär zivilgesellschaftliche Aktivitäten gesetzt, dem Staat nicht die Aktivität und Agenda überlassen. Dies ermöglichte regional spezifisch zu wirken, ziel- und zielgruppenspezifisch zu agieren, und so letztlich Fokusse der Umsetzung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten wie Bildung oder Gesundheit zu etablieren. Gerade auch dadurch schritt Kolumbien immer weiter voran im Sinne der Realisierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten, nicht überall gleichermaßen, sondern deutlich mit regionalen Unterschieden. Ebenfalls bedeutsam war dabei der Weg über Gerichte und Gerichtsurteile sowie über städtische oder regionale Verordnungen. Dies ließ Kolumbien insgesamt am Ende weiter reichen bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten als der Vergleichsfall Ecuador, nicht im formal-juristischen Sinne, sondern im Sinne und Rahmen der de facto Durchsetzung der Ideale von und des Konzeptes Sexueller und Reproduktiver Rechte. Kolumbien zeigt(e) deutlich die Reichweite entsprechender koordinierter zivilgesellschaftlicher Aktivitäten.

 

9. Exkurs – Zur Kontextualisierung: Venezuela
9.1 Entwicklungen bis 1999

Venezuela ist ein Land, in welchem früh Frauenrechtsbewegungen aktiv waren und Sexuelle und Reproduktive Rechte früh thematisiert wurden. Zugleich ist Venezuela ein Land deutlichen Verfassungsveränderungen in den letzten 50 Jahren – weniger wie Kolumbien, eher vergleichbar mit Ecuador. 1973 gab es eine neue Verfassung. Auch diese kannte bereits das Ziel Gleichheit zu verwirklichen. So hieß es als formuliertes Ziel in dieser: „Mantener la igualdad social y jurídica, sin discriminaciones derivadas de raza, sexo, credo o condición social“[427]. Dieses Ziel wurde auch nochmals in Artikel 61 unterstrichen. Als Diskrimination wurde dabei jene auf Grund der raza, des Glaubens, der sozialen Verhältnisse und des Geschlechts explizit ausgeschlossen. Dies meinte noch nicht explizit ein Verbot der Diskrimination auf Grund der sexuelle Identität oder Gender-Zuordnung, sondern folgte einem klar binären Geschlechterbild.[428] Diese Zielrichtung zeigt sich auch in den anderen Verfassungsartikeln. Der Fokus war nicht die freie sexuelle Entfaltung und Identitätswahl, sondern der Schutz der Familie, wozu eben auch die Nicht-Diskriminierung von Frauen gezählt wurde. So hieß es in Artikel 73: „El Estado protegerá la familia como célula fundamental de la sociedad y velará por el mejoramiento de su situación moral y económica.“[429] Frauenschutz hieß dabei jedoch vor allem Schutz von Müttern. Ganz deutlich wurde dies nochmals im direkt folgenden Artikel ausgedrückt: „La maternidad será protegida, sea cual fuere el estado civil de la madre.“[430] Doch gab es auch in der Verfassung von 1973 Artikel, an die angeknüpft werden konnte im Folgenden, zur Entwicklung und Etablierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten. So wurde beispielsweise ein allgemeiner Gesundheitsschutz in Verfassungsrang gehoben, der zugleich den Staat in die Pflicht nahm, und argumentatorisch mit Sexuellen und Reproduktiven Rechten als Maßnahme des Gesundheitsschutzes verbunden werden konnte. In Artikel 76 hieß es dazu: „Todos tienen derecho a la protección de la salud. Las autoridades velarán por el mantenimiento de la salud pública y proveerán los medios de prevención y asistencia a quienes carezcan de ellos.“[431]

Gerade Frauenrechtsaktivist*innen zeigten sich mit diesem Status, der noch dazu nur die verfassungsmäßigen Rechte abbildete, aber keinesfalls für die reale Situation sinnbildlich stehen kann, keineswegs zufrieden. Dabei nahmen im Laufe der 1970er Jahre deren Aktivitäten zu genauso wie die Koordinierung entsprechender Akteur*innen. 1974 bildete sich beispielsweise in Venezuela die Primera Comisión Femenina Asesora de la Presidencia de la República, die den Primer Congreso Venezolano de la Mujer organisierte.[432] Zu dieser Zeit war Venezuela auch für lateinamerikaweite Aktivitäten und Initiativen immer wieder ein wichtiger Anlauf- und Bezugspunkt. Beispielsweise fand 1979 die Segunda Conferencia Regional sobre la Integración de la Mujer en el Desarrollo Económico y Social de América Latina in Macutoin Venezuela statt. Dabei ging es einerseits darum den entsprechenden regionalen Aktionsplan für Lateinamerika zu evaluieren, aber auch darum, welche Maßnahmen in der Zukunft angegangen werden sollten. Dazu kamen Empfehlungen, Prioritäten und Strategien für die Konferenz zur UN-Dekade für Frauen in Kopenhagen 1980. Dabei wurde klar festgehalten, dass es mehr bedürfe als lediglich Diagnosen und Zielen. Eine Bündelung der Bemühungen und auch der zivilgesellschaftlichen Akteur*innen wurde empfohlen.[433] Zur gleichen Zeit änderten sich bereits die Fertilitätswerte in Venezuela. Nahmen diese in den 1960er Jahren noch sehr moderat ab, wurde für die 1970er Jahre ein deutlicher Rückgang ausgemacht, gerade bezüglich älteren Frauen. Allerdings blieben die Werte in einer Bevölkerungsgruppe hoch – bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Frühzeitige und ungewollte Schwangerschaften sollten eine Herausforderung für Venezuela auch in den kommenden Dekaden darstellen, mit deutlich höheren Werten als etwa Kolumbien oder Ecuador, regional übertroffen nur durch die Werte einiger mittelamerikanischer und karibischer Länder.[434] Grundlage für die generell sinkenden Werte in Venezuela waren auch Bemühungen um eine Bevölkerungspolitik ab den 1960er Jahren, die vor allem zivilgesellschaftlich getragen wurde, zugleich aber stets als nicht ausreichend markiert wurden und auch daher immer wieder Modifizierungen erfuhren.[435]

Ab den späten 1970er Jahren, und deutlich dann in den 1980er Jahren, nahmen auch die staatlichen Aktivitäten in diesem Feld, generell unter dem Banner der Frauenförderung, deutlich zu. In den Jahren 1979 bis 1984 wurde ein Ministerio de Estado para la Participación de la Mujer en el Desarrollo geschaffen. Damit sollten gesellschaftliche Veränderungen angeregt werden und ein entsprechendes Bewusstsein geschaffen werden. 1984 jedoch wurde das Kabinett verkleinert und das Ministerium wieder aufgelöst.[436] Zur gleichen Zeit intensivierten sich wiederum zivilgesellschaftliche Aktivitäten in diesem Feld in Venezuela, staatliches wie zivilgesellschaftliches Agieren ergänzte sich dabei immer wieder eher als dass beides gegen einander stand. Im Rahmen zivilgesellschaftlicher Aktivitäten, gerade auch über eine singuläre Frauenförderung hinaus, sondern im Sinne des Fortbringens Sexueller und Reproduktiver Rechte, muss insbesondere die Gründung der Asociación Venezolana para una Educación Sexual Alternativa (AVESA) 1984 unterstrichen werden. Die AVESA richtete ab 1985 auch Serviceangebote für Opfer von Gewalt oder Missbrauch ein; gerade Frauenhäuser entstanden. 1985 ging gleichfalls die zivilgesellschaftliche Koordination von Akteur*innen in eine neue Phase über mit der Gründung der Coordinadora de Organizaciones no Gubernamentales de Mujeres (CONG). In dieser konnten widerstreitende Tendenzen vereint werden; unter anderem Gewerkschaftler*innen, Universitäten, Ärzt*innen, Anwält*innen oder auch Akteur*innen mit Parteinähe oder gar Parteizugehörigkeit fanden sich in der und koordinierten sich über die CONG. 1989 wurde darüber hinaus das Centro de Investigación Social, Formación y Estudios de la Mujer (CISFEM) ins Leben gerufen, das auch juristischen Beistand leistet(e) und Gender als Kategorie und Herausforderung zu verbreiten sucht(e). Zugleich zeigten sich auch wieder beziehungsweise weiterhin die parallelen staatlichen Aktivitäten und Bemühungen, auch ein neues Ministerium zum Themenkomplex entstand, das Ministerio de Estado para la Promoción de la Mujer.[437] In den 1980er Jahren entstand auch eine erste venezolanische Bewegung für die Rechte von Homosexuellen, das Movimiento Ambiente Venezuela (MAV). Dieses wirkte jedoch zunächst kaum politisch, sondern beschränkte sich auf Sozialarbeit und Gesundheitsangebote. Erst Ende der 1990er Jahre, im Zuge der Erarbeitung einer neuen Verfassung suchte diese Organisation auch deutlicher politisch aktiv zu werden.[438]

Ein zentrales Themen bei vielen zivilgesellschaftlichen Bemühungen im breiteren Themenfeld war Gewalt gegen Frauen oder allgemeiner Gender based Violence – eine Verbindung in diesen Jahren zu anderen lateinamerikanischen Ländern, so auch zu Ecuador und Kolumbien. Dabei wurden höchst unterschiedliche Arten von Gewalt ausgemacht, die sich sowohl sozial als beispielsweise auch ökonomisch zeigen konnten. In diesem Kontext wurden von vielen Akteur*innen immer wieder nicht ausreichende Gesetze kritisiert oder der Fortbestand bipolarer Geschlechterrollen, die beide Gewalt und Unterdrückung befördern würden. International wurde bereits in den 1970er Jahren breit darüber diskutiert und eine Konvention ausgearbeitet, die dem Schutz von Frauen vor Gewalt dienen sollte. Entsprechende Bemühungen für umfassende Ansätze zur Etablierung von Schutz wurden auch in den 1980er Jahren in Venezuela deutlich, mit Fokus auf Frauengruppen, die als besonders gefährdet ausgemacht wurden, so indigene Frauen, flüchtende und migrierende, aber auch Frauen mit Behinderungen oder Sexarbeiter*innen. Dabei wurde zivilgesellschaftlich sowohl auf Gesetzesänderungen hingearbeitet, aber auch auf Aufklärung sowie das Aufzeigen und Anprangern von Gewalt zum Erreichen von gesellschaftlichen Veränderungen gesetzt. Gerade auch wissenschaftliche Studien wurden dabei ein Mittel der Wahl. Voraussetzung zur breiten Wirkungsentfaltung war eine transnationale Vernetzung von und mit Akteur*innen. Venezolanische Akteur*innen suchten dabei insbesondere nach Anschluss an UN Organisationen als autoritative Stelle.[439] Dabei wurden in Venezuela sehr unterschiedliche Formen von (sexueller) Gewalt gegen Frauen ausgemacht, von psychischer über physische Gewalt bis hin zu erzwungener Prostitution oder Sterilisation. Dazu kommen und kamen aber auch mediale Gewalt, die Ausnutzung und Perpetuierung von Frauenbildern sowie negative Frauendarstellung in den Medien, institutionelle Gewalt, beispielsweise die nicht Verarbeitung von Gewaltanzeigen oder Gewalt gegen inhaftierte Frauen, genauso aber symbolische Gewalt, die Verbreitung von Stereotypen und Klassifikationen, beispielsweise weinen als weiblich, von Nachrichten, Werten und Darstellungen, die Dominanz, Ungleichheit und Diskrimination perpetuieren und perpetuierten.[440] Auch in Venezuela wird und wurde Gewalt gegen Frauen als violencia social estructural erfasst und zugleich begründet. Dahinter stecken und steckten diverse, oftmals historische Effekte und Wirkungsweisen, mehr als der immer wieder vorgebrachte Machismo, die Gewalt rechtfertig(t)en und zugleich perpetuier(t)en. Die Trennung eines privat deklarierten und der Frau zugerechneten Bereichs und eines öffentlich-männlichen verdeckt(e) und legitimiert(e) mindestens bedingt beispielsweise auch männliche-private Gewalt. Ungleichheit und Unterordnung begründe(te)n sich so gleichermaßen als strukturell gegeben. Gewalt wird und wurde oft heruntergespielt, genauso wie Unterordnung, oder umgedeutet als Liebesbeweis. Sie wird und wurde naturalisiert, Opfer hingegen stigmatisiert. All diesem zu begegnen war das Ziel diverser Akteur*innen, die dem durch Aufdecken, Problematisieren und Artikulieren zu begegnen suchten. Der Fokus, welches ausgemachte Problem angegangen werden sollte, war dabei höchst unterschiedlich. Während einige Akteur*innen sich deklariert gegen den Machismo stellten, betonten andere ihren Kampf gegen Lesbophobie, Transphobie oder Homophobie und nahmen so bereits deutlicher Bezug auf LGBTIQ*, bewegten sich von Frauenrechten und Gewalt gegen Frauen hin zu einem Konzept von struktureller Gewalt gegen Frauen, aber auch LGBTIQ* und andere Minderheiten, sowie die Betonung ihrer Rechte. Andere blieben einem Fokus auf Frauen treu und fokussierten auf Phänomene wie Misogynie oder auch Ginopia, die Unmöglichkeit Weiblichkeit wahrzunehmen oder eine autonome Existenz von Frauen zu akzeptieren, die in Venezuela als verbreitet ausgemacht wurden.[441]

Die 1980er Jahre waren zugleich ein Jahrzehnt der ökonomischen Krise Venezuelas, und verbunden damit auch ein Jahrzehnt staatlicher Krise. Um auf die zunehmende Unbezahlbarkeit des Staates zu reagieren wurden unter dem seit 1989, und noch bis 1993 amtierenden Präsidenten Carlos Andrés Pérez neoliberale Reformen eingeleitet, die staatliche Aktivitäten beschränken und zugleich Venezuela für internationale Akteur*innen und zu dieser Zeit verbreitete Reformen öffnen sollten. Dies widersprach zum Teil Erwartungen, die der Wahlkampf geweckt hatte. Doch wurde dabei zugleich Vorgaben des Internationalen Währungsfonds gefolgt. Bekannt wurde das Programm als El Gran Viraje. Sozial wurde vor allem auf Armutsbekämpfung gesetzt mittels direkter Unterstützungsmaßnahmen. Kritiker*innen wiesen diesbezüglich darauf hin, dass so nur auf Symptome reagiert würde, während die Gründe für die Symptome durch die Reformen nur schlimmer werden würden.[442] Im Februar und März 1989 kam es auf die Verkündung dieser Reformmaßnahmen hin zum Caracazo, einem gewalttätigen Aufstand in Protest gegen massive Preisanstiege. Diese gewaltsamen Proteste hatten weitreichende, auch psychologische Folgen, und führten mehr oder minder zu einem Verlust der Regierungsfähigkeit. Zur Politikdurchsetzung wurde stattdessen auf militärische Gewalt gesetzt.[443] Damit endeten die gewaltsamen Proteste, aber nicht die Krise des Staates. Diese dauerte auch in den folgenden Jahren an. Zwar gab es Versuche mittels sozialer Maßnahmen, deklariert als participación social, auf die Krise zu regieren, unter anderem wurden dafür der Consejo Nacional de la Mujer (CONAMU) und das Ministerio de la Familia geschaffen, dies scheiterte jedoch in der Durchsetzung. Pérez zeigte in seiner Regierungszeit sowohl neoliberale Tendenzen wie in anderen Bereichen solche zu einem stärkeren Staat, die aber in Summe deutlich in Richtung weniger Staatlichkeit tendierten und so gesellschaftliche Fortschritte durch staatliche Programme erschwerten, auch bezüglich Frauenrechten.[444] In der Folge dieser Politik kam es 1992 zu zwei Staatsstreichversuchen, am ersten nahm Hugo Chávez teil, unter Verweis auf die hohe Unzufriedenheit der Bevölkerung. Beide verschlimmerten die Staatskrise eher noch, scheiterten aber letztlich. 1993 schließlich wurde Pérez abgesetzt und durch einen provisorischen Präsidenten ersetzt.[445] Neuer provisorischer Präsident wurde Ramón J. Velásquez, der bis 1994 regierte. Auch dieser versuchte den Staat zu reformieren. Dies führte jedoch keineswegs zu einer Stabilisierung der Situation in Venezuela. Vielmehr wurde das Land in Folge auch noch von einer Finanzkrise erschüttert, die Regierung Venezuelas war in dieser Zeit de facto handlungsunfähig.[446]

1994 wurde Rafael Caldera zum Präsidenten Venezuelas gewählt, er propagierte im Wahlkampf eine dezidiert anti-neoliberale Politik und wurde auch deshalb gewählt – dies unterschied Venezuela in dieser Zeit von südamerikanischen Ländern wie Argentinien oder Peru, wo neoliberale Politiker*innen Wahlerfolge oder gar Wiederwahlen erfuhren. Doch zeigten sich auch bei ihm in Folge seines Wahlsieges Unterschiede zwischen der propagierten Stärkung des Staates, von Zentralismus und Interventionismus, und der tatsächlich umgesetzten Politik.[447] Caldera wurde als erster Präsident Lateinamerikas vor Chávez mit einer explizit anti-neoliberalen Agenda gewählt. Die ersten eineinhalb Regierungsjahre war es tatsächlich eine zentral linke Agenda, die er umzusetzen suchte. Es wurde gegen Privatisierungen vorgegangen und staatlich interveniert. Die Grenzen seiner Politik zeigten sich aber bereits durch und in der Bankenkrise gleich nach seiner Wahl. Deregulierungen unter Pérez hatten zu einem aufgeblähten Bankensektor und der folgenden Krise geführt.[448] Caldera trat auch daher ein schweres Erbe an. Demonstrationen blieben auch in seiner Amtszeit bedeutsam, und an der Grenze zu Kolumbien kam es zu Konflikten und Instabilität. Ein Besuch von Papst Johannes Paul II stand jedoch für eine gewisse Entspannung der Lage. Caldera konnte die Probleme Venezuelas nicht bewältigen, hielt aber immerhin seine volle Amtszeit durch.[449] 1998 gewann Hugo Chávez die Wahlen in Venezuela und fand schnell deutliche Beachtung über Venezuela hinaus; ebenso schnell begannen die Eindrücke von und Meinungen zu ihm und seiner Politik zwischen Populismusfurcht und der Idee einer Befreiung Lateinamerikas zu schwanken.[450]

Nichtdestotrotz nahmen in dieser Zeit Bemühungen um Frauenrechte nicht ab, sogar staatliche Akteur*innen blieben dabei zentral eingebunden. So fand 1991 der Segundo Congreso Venezolano de la Mujer statt. Viele wichtige öffentliche Koordinationsstellen und Organe entstanden in der Folge, beispielsweise der Consejo Nacional de la Mujer.[451] Zugleich nahmen die transnationalen zivilgesellschaftlichen Verbindungen zu, insbesondere kolumbianische, feministisch sich deklarierende Akteur*innen wurden dabei in Venezuela aktiv und halfen deutlich mit 1991 den Primer Encuentro del Movimiento Feminista de Latinoamérica y el Caribe abzuhalten. Eine Schwierigkeit dabei war, dass sehr unterschiedliche Hauptinteressen dazu führten, dass so manche thematische Verbindung durch unterschiedliche Oberziele bedingt nicht zu Koordinationen führte. Insbesondere der Gegensatz zwischen einer sozial-gesellschaftlichen Agenda, die zumeist etwas klassenkämpferisches hatte, und der Betonung einer „Frauenagenda“ führte zu Reibungen, auch zwischen kolumbianischen und venezolanischen Akteur*innen. Doch auch darüber hinaus gab es eine verstärkte Einbindung venezolanischer Akteur*innen, gerade in lateinamerikanische Initiativen und Aktivitäten der Betonung Reproduktiver Rechte. So fand auf dem Weg zur Deklaration von Belém do Pará, die Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung markierte, ein vorbereitendes Expert*innentreffen der Comisión Interamericana de Mujeres (CIM) in Venezuela statt. Weitere, auch unter venezolanischer Beteiligung, folgten.[452]

Im breiteren Feld mit Fokus auf Gesundheit, und deklariert auch Reproduktiven Rechte, gerieten in dieser Zeit Jugendschwangerschaften zunehmend in den Aufmerksamkeitsfokus von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen. Auch staatlich wurde diese Thematik betont, es entwickelten sich gemeinsame staatlich-zivilgesellschaftliche Bemühungen. Ende der 1980er Jahre wurde dazu die Comisión Nacional para la Prevención del Embarazo Precoz (CONAPEP) gegründet, die die Misterios de la Familia, de Sanidad y Asistencia Social und de Educación, den Consejo Nacional de la Mujerund dieFundación del Niño vereinte. 1992 wurde ein erster entsprechender Plan ausgerufen. Gerade Aufklärung und die Verbreitung von Informationen wurden dabei als zentral markiert, um Verantwortung und neue (Ideal)Bilder verbreitet zu etablieren. Auch der Zugang zu so gefassten Familienplanungsangeboten sollte erleichtert werden. Doch erst 1999 wurde Jugendlichen ab 14 Jahren in Venezuela das Recht auf Zugang zu entsprechenden Angeboten, und so auch zu Verhütungsmitteln zugesprochen. Insgesamt zeigten die Bemühungen in diesem Feld kaum Kontinuität und immer wieder auch Brüche.[453] Seit 1990 war der Kinderschutz, nach internationalen Vorgaben, auch in Venezuela gesetzlich verankert. Dies war durchaus umstritten, genauso, was darunter gefasst wurde respektive werden sollte, etwa bezüglich der Frage jugendlicher Schwangerschaften. Zugleich wurde der gesetzlich verankerte Kinderschutz zivilgesellschaftlich auch als Grundlage für den Zugang zu Fertilitätsregulierung ausgemacht und mit dem Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte verbunden, so einem abgeleiteten Recht auf sexuelle Aufklärung und Sexualerziehung. Das Ziel Kinderschutz gesetzlich zu verankern und inhaltlich mit Sexuellen und Reproduktiven Rechten zu verbinden war das Anliegen unterschiedlicher, aber gemeinsam für das Ziel agierender zivilgesellschaftlicher Akteur*innen in Venezuela, unter anderem der AVESA, des CISFEM, des Programa Venezolano de Educación Acción en Derechos Humanos (PROVEA) und der Asociación de Planificación Familiar (PLAFAM). Dazu kamen noch universitäre Institute wie beispielsweise das Instituto de Investigaciones de la Comunicación de la Universidad Central de Venezuela (ININCO). Weitere in diesem Rahmen aktive Akteur*innen waren die CIM und die CONG.[454]

Bezüglich der Umsetzung der Beschlüsse von Kairo wirkte in Venezuela als zivilgesellschaftliche Kraft zentral das Red de Población (REDPOB). In diesem vereint waren sehr unterschiedliche NGOs und zivilgesellschaftliche Akteur*innen. So fanden sich in diesem eher klassische Familienplanungsakteur*innen wie die PLAFAM oder die Asociación Larense de Planificación Familiar, aber auch Akteur*innen mit unterschiedlichem Fokus auf Familien wie die Asociación Civil para el Desarrollo de la Familia oder die Fundación de Apoyo a la Familia y a la Infancia, solche mit Fokus auf Frauen und Frauenrechte wie das CISFEM, die Círculos Femeninos Popularesoder die CONG, solche mit Fokus auf die soziale Entwicklung, wie die Proyectos de Desarrollo Social, aber gleichfalls solche mit deutlicherem Fokus auf Sexuelle und Reproduktive Rechte, insbesondere unter dem Gesichtspunkt deren Verbreitung über Bildung, wie die AVESA, aber auch die Asociación Para la Capacitación en Educación Sexual y Orientación.[455] Das REDPOB musste somit als Sammlungsbewegung bewertet werden, die nur zu begrenzten Teilen Sexuelle und Reproduktive Rechte weit auslegte und dem entsprechend oftmals und immer wieder andere Schwerpunkte deutlicher setzte. Ziel des REDPOB war es einen offenen Raum für Dialoge zu erzeugen, für plurale Diskussionen, die Diversität respektieren, Konsens zustreben und eine gemeinsame Entwicklung suchen sollten. Dabei wurde nach außen vor allem durch Aufklärung und Sensibilisierung zu wirken gesucht. Sowohl das Ley sobre la Violencia contra la Mujer y la Familiaals auch das Ley de Protección del Niño y de Adolescente dieser Jahre wurden zivilgesellschaftlich mitbewirkt, deutlich vom REDPOB.[456] Deutlicher als zuvor geriet so Mitte der 1990er Jahre auch der Themenkomplex Sexueller und Reproduktiver Rechte in den Fokus zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in Venezuela. Dies wirkte auch auf die staatlichen Schwerpunktsetzungen; der 1995 beginnende IX. Plan de la Naciónbefasste sich mit Frauenförderung, der Verhinderung ungewollter Jugendschwangerschaften, aber auch salud sexual y reproductiva.[457] In diesem Kontext wurde Diversität betont, und dies teilweise auch mit LGBTIQ* verbunden, der verbreitete Fokus allerdings blieb heteronormativ und binär in der Geschlechtskonzeption. Das neue Rechtskonzept veränderte den Duktus  der Forderungen von Frauenrechten, erweiterte aber kaum den Raum hin zu Thematiken wie multiplen sexuellen Identitäten oder LGBTIQ*. Staatlich lag dies auch an dem Fortschreiben bestehender Programme in diesen Jahren. So wurden weiterhin vor allem Sozialprogramme durchgeführt, die auf Krisensymptome reagierten; beispielsweise wurde die Essensförderung ausgebaut trotz finanzieller Krise und der notwendigen Einbeziehung des Internationalen Währungsfonds. Genannt wurden diese Maßnahmen ab 1994 gemeinsam Agenda Venezuela, aber zugrundeliegende Probleme wurden dabei genauso wenig angegangen wie unter Pérez. Dies meinte mit Bezug auf Sexuelle und Reproduktive Rechte, dass diese gewissermaßen nur in einer Basisauslegung angegangen wurden, mit Bezug auf Frauen in einem binären Geschlechterkonzept und unter singulärer Berücksichtigung heteronormativer Beziehungskonzepte.[458] In diesem Rahmen allerdings wurde unter Caldera ein Voranschreiten gesucht, und beispielsweise Programme entwickelt zur Sexualerziehung, zum Verhindern etwa von Jugendschwangerschaften, aber auch zur Prävention vor HIV / AIDS und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten.[459] Weitere Programme in diesem Kontext befassten sich mit der Prävention und Sanktion von innerfamiliärer und Gewalt gegen Frauen, aber auch der Verbreitung der Sensibilisierung gegenüber Gender und der Entwicklung gendersensibler Konzepte. Allerdings meinte dies vor allem so gefasste Frauen als Gender zu berücksichtigen, weniger das Genderkonzept in Richtung multipler sexueller Identitäten zu öffnen.[460]

Auch auf Grund dieser begrenzten Entwicklungen bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten wurden von entsprechenden zivilgesellschaftlichen Akteur*innen große Hoffnungen in die Regierung Chávez gelegt. Diese Hoffnungen voran zu bringen war eine Strategie entwickelt worden, die Agenda Política de las Mujeres Venezolanas para el próximo Gobierno Nacional 1998. Zugleich gab es Bemühungen wissenschaftliche Grundlagen zu schaffen und der neuen Regierung an die Hand zu geben, um entsprechende Politiken anzumahnen und diese in ihrer Ausgestaltung zu lenken. Dazu gehörte der1er Encuentro sobre Salud y Derechos Sexuales y Reproductivas de los / las Adolescentes1998. Nicht nur dessen Ergebnisse wurden deutlich verbreitet, medial, aber auch gezielt an die neue Regierung herangetragen, sondern auch diverse Bildungsmaterialien dazu produziert.[461] Entsprechende Hoffnungen auf die neue Regierung kamen nicht von ungefähr, sondern beruhten auf der von Chávez versprochenen Revolución Bolivariana. Was diese meinen und umfassen sollte war dabei eher diffus, dies erhöhte jedoch zugleich die Anschlussfähigkeit für die unterschiedlichsten Gruppen an das gemeinsam gedachte Ziel – es handelte sich gewissermaßen um eine breite und offene soziale Bewegung, und so wurde auch die neue Politik nach der Amtsübernahme durch Chávez stilisiert. Generell stand dahinter ein alternatives Gesellschaftskonzept für Venezuela.[462] „La Revolución Bolivariana se presenta como un fenómeno con más características de movimiento social que de partido político.“[463] Nach dem Wahlsieg gab es auf Grund der sehr unterschiedlichen Erwartungen zwar durchaus Spannungen, aber eine tatsächliche Opposition war sehr begrenzt und kaum organisiert. Chávez konnte zunächst als charismatisch führender Staatspräsident agieren.[464] Zentrales Standbein der Revoluciónwar stets das Soziale, der Kampf um Teilhabe und gegen Exklusion. Gerade am Ölreichtum Venezuelas sollten die Armen beteiligt werden. Dies begründete die „humanistische Perspektive“ der Revolución, die immer wieder betont wurde. Es ging nicht (nur) um Politik, sondern um einen Wandel der Gesellschaft und einen Bruch mit der Vergangenheit. Die angegangene Sozialpolitik sollte Serviceangebote bieten, aber auch die Preise niedrig halten und allgemein die gesellschaftliche Solidarität zentral stellen. Gleichheit sollte verbessert und die Ausübung von Rechten garantiert werden. Dem folgend wurde 1999 auch der Fondo Único Social gegründet. Mit diesem sollten die staatlichen Mittel und die Bemühungen gebündelt werden um die soziale Politik und entsprechende Maßnahmen zu erhöhen. Darauf folgte im Rahmen der Gesamt- und insbesondere der Sozialpolitik der Plan Bolívar 2000. Dieser war deutlich auf Chávez als Leitfigur zugeschnitten, es war aber auch eine symbolische Antwort auf 10 Jahre Caracazo; am Jahrestag wurde der Plan lanciert. Erstmals spielte das Militär dabei eine besondere Rolle, was durchaus auf Kritik traf.[465] All dies hatte wenig Bezug auf Sexuelle und Reproduktive Rechte, noch weniger auf die Rechte von LGBTIQ* oder ein Recht auf die freie Wahl der eigenen sexuellen Identität. Ein Erfolg in diese Richtung war jedoch der 1998 erstmals für die präsidiale Amtszeit bis 2003 initiierte Plan Nacional de la Mujer, dessen Umsetzung vor allem durch das autonome, aber auf gesetzlicher Grundlage 1993 geschaffenen Instituto Nacional de la Mujer erfolgte.[466] Ein Schritt in Richtung breit gedeuteter Sexueller und Reproduktiver Rechte war dies allerdings nicht, nur im Sinne einer Engdeutung dieser. Auch entsprechende zivilgesellschaftliche Akteur*innen konnten diese Themen nicht hoch auf die Agenda bringen. Doch gab es in dieser Zeit eine anderen Weg der mit Hoffnungen verbunden wurde dies zu erreichen, denn nach dem Wahlsieg wurde umgehend, und unterstützt von zivilgesellschaftlichen Kräften, die in den Prozess eingebunden wurden, an einer neuen Verfassung gearbeitet. Das Ziel war mehr als nur eine bedingte Änderung der Verfassung von 1961. Das Staatsbild und das Verhältnis von Staat zu den Bürger*innen sollten sich deutlich ändern.[467] Am Prozess der Verfassungsgebung sowie der Rechtmäßigkeit dieser gab es allerdings auch Kritik.[468]

Die Verfassung von 1999 fixierte Venezuela als demokratischen und sozialen Staat, als Staat des Rechts und der Justiz, als föderalen Staat der Koordinationen und Abstimmungen.[469] Die Verfassung war ein deutlicher Erfolg für unterschiedliche Rechtskonzepte, so für Indigene Rechte. Zuvor waren Indigene nur in einem Paragraph der Verfassung erwähnt worden. Nun wurden ihre Existenz und ihre Kultur deutlich anerkannt. Dies lag auch an mehr politischen Aktivitäten indigener Akteur*innen zuvor, mehr Dynamik und Schlagkraft im Einbringen der eigenen Interessen und Agenda in politische und andere gesellschaftliche Diskurse sowie einer neuen Sicht auf Plurikulturalität. Auch territoriale Rechte sowie die Anerkennung indigener Gesundheitspraktiken waren Teil der Agenda. Eigene indigene kulturelle Identitäten und andere Rechte wurden mit der neuen Verfassung fixiert und sollten auch medial umgesetzt werden, genauso durch Bildungsbemühungen.[470] Bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten konnte in geringem Maße, und oftmals eher indirekt, auf begrenzte vorherige Rechte und Gesetze aufgebaut werden, so das Ley de Igualdad de Oportunidades para la Mujer von 1993.[471] Doch musste eher Neuland betreten werden, um außerhalb internationaler Konventionen und Deklarationen Sexuelle und Reproduktive Rechte als Rechte in Venezuela zu verankern. Dies jedoch war klares Ziel entsprechender zivilgesellschaftlicher Akteur*innen und wurde im Rahmen des Prozesses der Verfassungsgebung als erreichbar angesehen. Deutlich unterstrich die Verfassung schließlich erneut die Garantie von Gleichheit, so in Artikel 19: „El Estado garantizará a toda persona, conforme al principio de progresividad y sin discriminación alguna, el goce y ejercicio irrenunciable, indivisible interdependiente de los derechos humanos.“[472] Die Bezugnahme auf Menschenrechte öffnete dabei zugleich Gleichheit hin zu Gleichheit auch angesichts der jeweiligen sexuellen Identität, und damit Grundlegend hin zu Sexuellen und Reproduktiven Rechten in einer weiten Auslegung, ohne dies jedoch auch entsprechend zu verbalisieren. Dies blieb ein möglicher Anschluss, eine Interpretation, kein explizites Recht auf Gleichheit bezüglich sexueller Identität. Deutlicher ausgeführt, was Gleichheit konkret bedeuten sollte, wurde dies in der Verfassung in Artikel 21. Darin hieß und heißt es: „No se permitirán discriminaciones fundadas en la raza, el sexo, el credo, la condición social o aquellas que, en general, tengan por objeto o por resultado anular o menoscabar el reconocimiento, goce o ejercicio en condiciones de igualdad, de los derechos y libertades de toda persona.”[473]

Auch wenn in der Folge nochmals in der Verfassung betont wurde und wird, dass die Nicht-Diskrimination auch durch entsprechende juristische und administrative Maßnahmen zu schützen sei, zeigt(e) die Aufzählung doch Grenzen. So durfte respektive darf nicht auf Grund des sexodiskriminiert werden, dies hat aber eher eine biologistische Konnotation und heißt nicht explizit, dass Diskriminierung auf Grund einer eigens gewählten sexuellen Identität nicht anders zu bewerten sei. Dass die Verfassung in einem binären Geschlechtsverständnis verharrt(e), und daher auch kein Recht auf eine eigene sexuelle Identität kannte und kennt, zeigt(e) sich auch bei späteren Artikeln. So hieß und heißt es in Artikel 88: „El Estado garantizará la igualdad y equidad de hombres y mujeres en el ejercicio del derecho al trabajo.”[474] Und in Artikel 89 wird respektive wurde nochmals betont, dass eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, binär geformt, verboten sei: „Se prohíbe todo tipo de discriminación por razones de política, edad, raza, sexo o credo o por cualquier otra condición.”[475] Eingefangen wird beziehungsweise wurde diese Limitierung auf ein binäres Geschlechtskonzept jedoch bedingt mit Artikel 22. In diesem heißt und hieß es: „La enunciación de los derechos y garantías contenidos en esta Constitución y en los instrumentos internacionales sobre derechos humanos no debe entenderse como negación de otros que, siendo inherentes a la persona, no figuren expresamente en ellos. La falta de ley reglamentaria de estos derechos no menoscaba el ejercicio de los mismos.”[476] Durch den Verweis auch auf internationale instrumentos, ergo Abkommen oder Deklarationen, wurden und werden auch Sexuelle und Reproduktive Rechte, die international 1999 als Menschenrechte anerkannt wurden, in den Schutz der Verfassung einbezogen. Mehr noch, durch die explizite Ausführung, dass der reine Mangel eines entsprechenden Gesetzes keineswegs die Nichtigkeit der Rechte bedeute(te), wurden automatisch Sexuelle und Reproduktive Rechte durch indirekten Bezug auf internationale Abkommen verfassungsmäßige Rechte in Venezuela, trotz weiterhin fehlendem entsprechendem Gesetz. Darüber hinaus kennt und kannte die Verfassung auch explizite Rechte aus dem Kontext Sexueller und Reproduktiver Rechte, so den Schutz vor wissenschaftlichen Experimenten oder medizinischen Untersuchungen ohne Einverständnis in Artikel 46.[477] Sehr viel deutlicher noch im Sinne von Sexuellen und Reproduktiven Rechten, und auch als Recht auf eine eigene sexuelle Identität kann und konnte Artikel 60 gedeutet werden. In diesem heißt respektive hieß es: „Toda persona tiene derecho a la protección de su honor, vida privada, intimidad, propia imagen, confidencialidad y reputación.La ley limitará el uso de la informática para garantizar el honor y la intimidad personal y familiar de los ciudadanos y ciudadanas y el pleno ejercicio de sus derechos.”[478] Gerade der expressive Schutz am eigenen Bild, des Privatlebens und der Intimität erlaubt(e) es daraus auch einen Schutz der eigenen sexuellen Identität, eben als Teil des eigenen Privatlebens und der eigenen Intimität abzuleiten. Dabei wird und wurde Bezug nicht nur auf das Individuum genommen, sondern auch auf die Familie, deren Intimität ebenfalls zu schützen sei. Dies erlaubt(e) es, ein Recht auf eine selbstgewählte sexuelle Identität weit und umfassen durch Artikel 60 geschützt zu deuten. Einschränkend anzumerken ist jedoch, dass der Artikel Intimität keineswegs normativ ausführt(e), und durchaus auch konfligierende Konzepte wie die Reputation, Ehre und Intimität verband sowie verbindet, die in spezifischen Fällen gegeneinander stehen und die Freiheit einer eigenen sexueller Identität beschränken können. Dass die neue Verfassung Sexuelle und Reproduktive Rechte letztlich jedoch maximal bedingt thematisierte und vor allem eher eng fasste, zeig(t)en die Artikel zum Schutz der Familie, deren Intimität, Ehre und Reputation auch schon Artikel 60 schützt(e). Dies meint(e) nicht, dass nicht, wie hier erfolgt, solche weit gefassten Rechte in die Verfassung hineingelesen werden können und konnten, dies unternahmen insbesondere einige zivilgesellschaftliche Akteur*innen nach 1999, sondern dass die herauslesbare zentrale Intention eine andere war, durchaus im Sinne des Schutzes vor Diskrimination, doch im Rahmen eines bipolar konzipierten Geschlechterbildes, und eben nicht explizit auf Grund der sexuellen Identität oder Orientierung, wie es andere Verfassungen kennen und kannten. Zur Familie hält respektive hielt die Verfassung in Artikel 75 fest:

„El Estado protegerá a las familias como asociación natural de la sociedad y como el espacio fundamental para el desarrollo integral de las personas. Las relaciones familiares se basan en la igualdad de derechos y deberes, la solidaridad, el esfuerzo común, la compresión mutual y el respeto recíproco entre sus integrantes. El Estado garantizará protección a la madre, al padre o a quienes ejerzan la jefatura de la familia.”[479]

Damit wird und wurde durchaus unterschiedlichen Familienmodellen Rechnung getragen, so unterschiedlichen Modellen eines Familienvorstandes. Dennoch bleibt und blieb das Familienbild auf Mutterschaft und Vaterschaft fixiert, und so heteronormativ reproduktiv verhaftet. Ganz deutlich standen und stehen Reproduktive Rechte, auch im Sinne des Familienschutzes, in der venezolanischen Verfassung von 1999 im Fokus, keine Sexuellen Rechte. So geht und ging es der Verfassung um das Recht frei über die Anzahl und den Abstand der eigenen Kinder zu entscheiden, oder auch von einer Heirat als Basis einer Familie abzusehen, aber keineswegs darum, Familie als Konzept von Fortpflanzung, Heterosexualität und einem bipolaren Geschlechtskonzept zu trennen. Es gibt und gab kein explizites Sexuelles Recht im Sinne eines Rechtes die eigene sexuelle Identität oder Orientierung frei zu wählen in der Verfassung, keine Rechte von LGBTIQ*, Reproduktive Rechte jedoch ganz eindeutig. Deutlich wird und wurde dies auch nochmals in Artikel 76:

„La maternidad y la paternidad son protegidas integralmente, sea cual fuere el estado civil de la madre o del padre. Las parejas tienen derecho a decidir libre y responsablemente el número de hijos o hijas que deseen concebir y a disponer de la información y de los medios que les aseguren el ejercicio de este derecho. El Estado garantizará asistencia y protección integral a la maternidad, en general a partir del momento de la concepción, durante el embarazo, el parto y el puerperio, y asegurará servicios de planificación familiar integral basados en valores éticos y científicos.”[480]

Zugleich jedoch gab beziehungsweise gibt es auch immer wieder Verfassungsartikel, die mehr Interpretationsspielraum lassen respektive ließen, etwa bezüglich des Schutzes der Gesundheit, konzipiert als Recht aller, ohne einschränkenden Verweis auf Geschlechter oder Rollen. So erklärt(e) Artikel 83:

„La salud es un derecho social fundamental, obligación del Estado, que lo garantizará como parte del derecho a la vida. El Estado promoverá y desarrollará políticas orientadas a elevar la calidad de vida, el bienestar colectivo y el acceso a los servicios. Todas las personas tienen derecho a la protección de la salud, así como el deber de participar activamente en su promoción y defensa, y el de cumplir con las medidas sanitarias y de saneamiento que establezca la ley.”[481]

Letztlich kann so die Verfassung von 1999 als Fortschritt im Sinne Sexueller und Reproduktiver Rechte in Venezuela gedeutet werden, jedoch in einem engen Rahmen. Explizit fanden und finden sich de facto Reproduktive Rechte, Sexuelle Rechte hingegen eher interpretatorisch. Eine weite Auslegung Sexueller und Reproduktiver Rechte kennt beziehungsweise kannte die Verfassung gar nicht. Zwar gibt und gab es Artikel, die in diesem Sinne interpretiert werden können, etwa Artikel 22, 60 oder auch 83, aber jene Artikel klarer Ausführungen zeig(t)en die faktische Limitierung der Verfassung auf eine binäre Geschlechterkonstruktion und Heteronormativität. Es gibt diesbezüglich Berichte, dass es durchaus Bemühungen im Rahmen der Verfassungsgebung gegeben habe, Diskriminierungen auf Grund der sexuellen Orientierung in der Verfassung zu verbieten, eine Intervention der Kirche habe dies jedoch verhindert. Doch bleibt der Faktor, dass auf andere Rechte in der Verfassung verwiesen werden konnte, ein Tor hin zu LGBTIQ*-Rechten oder Sexuellen und Reproduktiven Rechten in weiter Form also offen blieb. Dies nahmen Gerichte in der Folge allerdings nicht auf, sondern blieben der limitierten Version der Verfassung treu.[482] Die Verfassung ließ es somit offen, wie sich Sexuelle und Reproduktive Rechte in der Folge in Venezuela entwickeln sollten, durchaus vergleichbar mit der Verfassung Kolumbiens von 1991. An die Verfassung konnte angeknüpft werden, jedoch sowohl um Sexuelle und Reproduktive Rechte in einer weiten Fassung zu etablieren, als auch diese zu limitieren und vor allem auf heterosexuelle Reproduktion zu beschränken. In der Darstellung von Chávez selbst war es allerdings die beste Verfassung der Welt – la mejor Constitución del mundo-, sie sollte eine neue Zeit in Venezuela beginnen lassen. Angenommen wurde sie in einem Referendum und Chávez 2000 auf neuer Verfassungsgrundlage wiedergewählt.[483]

 
9.2 Entwicklungen nach 1999

Für das Jahr 2000 wurde die Bevölkerung Venezuelas auf 24,17 Millionen prognostiziert, mit 22 Prozent Jugendlichen zwischen 10 und 19 Jahren. Vielen fehlte es an Bildung, weniger als die Hälfte der Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren waren ins Bildungssystem eingebunden. 24 Prozent der Venezolaner*innen zwischen 15 und 24 Jahren arbeiten nicht, waren aber auch nicht mehr Teil des Bildungssystems. Seit 1992 war der Human Development Index Venezuelas gesunken, bis zu 80 Prozent der Bevölkerung lebten zu diesem Zeitpunkt in Armut – all dies ist auch als Kontext des Aufstiegs von Chávez und Hintergrund seiner Politik zu beachten.[484] Bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten wurde sich dabei zu dieser Zeit nicht auch LGBTIQ* oder ein Recht auf eine eigene sexuelle Identität fokussiert, sondern insbesondere auf jugendliche Sexualität und jugendliche Schwangerschaften. Das Durchschnittsalter des ersten sexuellen Verkehrs lag zu dieser Zeit bei 15 Jahren, mehr als ein Sechstel der Geburten wurde von Jugendlichen unter 18 Jahren ausgetragen. Auch die Ansteckungsrate mit HIV / AIDS war besonders hoch unter den 15- bis 24-jährigen, gleichfalls wurde die Verbreitung von Drogensucht unter Jugendlichen konstatiert.[485] Die Folgerungen aus diesen Zahlen reichten weit: So wurde ausgemacht, dass Jugendschwangerschaften die Entwicklung gefährdeten, sowohl die individuelle wie die gesamtgesellschaftliche, aber auch Misshandlungsrisiken bei ungeplanten Schwangerschaften zunahmen. Frühe Schwangerschaften führten öfter zu alleinerziehenden Eltern und verallgemeinert der ausgemachten Unmöglichkeiten, die Bedürfnisse des Kindes zu befriedigen, Bildungsmängeln und Risikoschwangerschaften. Aber auch die Kinder- und Müttersterblichkeit wurde als durch Jugendschwangerschaften steigend ausgemacht, gleichfalls die Belastung des Arbeitsmarktes. Familien würden eher dysfunktional und das Armutsrisiko steige, genauso wie das Gewaltrisiko. Dem galt es zu begegnen, sowohl aus Sicht zentraler zivilgesellschaftlicher Akteur*innen der Verbreitung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten als auch der neuen Regierung, es bedürfte insgesamt mehr gesundheitlicher und sozialer Fürsorge. Zivilgesellschaftliche Akteur*innen betonten dabei, Jugendschwangerschaften seien nicht nur persönliche Schicksale, sondern auch eine staatliche Last, ökonomisch und sozial. Es bedürfte für Venezuela Jugendlichen mit guter Bildung und Versorgung, und dies würde durch die hohe Zahl an Jugendschwangerschaften konterkariert, so die Argumentation.[486] So war eine wichtige Thematik dieser Zeit im Kontext von Sexuellen und Reproduktiven Rechten wie dieser Situation begegnet werden sollte und wie Jugendliche zu erreichen wären. Dabei wurde ein zentraler Ansatzpunkt die deutliche Mediennutzung von Venezolaner*innen. Mit durchschnittlich sieben Stunden Fernsehnutzung pro Tag wurde die Einflusswirkung dieses Mediums als groß eingeschätzt. Zunächst meinte dies negativ, dass sexualisierte Bilder und Inhalte sich deutlich über das Fernsehen verbreiteten. Dem wurden allerdings Regierungsnormen entgegengesetzt, die zwar nicht unmittelbare Wirkung hatten, aber doch auf eine längerfristige Beeinflussung setzten.[487] Denn zunehmend wurde im Fernsehen und anderen Medien eben auch ein von der Regierung und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen nutzbares Beeinflussungspotential von Verhalten, Wissen aber auch Bildern ausgemacht. Dies sollte es ermöglichen, gesetzliche Vorschriften auch praktisch zu realisieren.[488]

Dies hatte bedingten Erfolg. So nahm in dieser Zeit die Verhütungsprävalenz zu. Doch blieben auch weiterhin deutliche Beschränkungen bei der Realisierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Venezuela bestehen. Zwar wurde nominell auf einen integralen Gesundheitsansatz gesetzt, der auch Sexuelle und Reproduktive Gesundheit umfasste, aber dessen Wirkung war äußerst beschränkt:[489]

„Conocer hasta dónde se está cumpliendo ese marco normativo y hasta dónde se están garantizando los derechos reproductivos en Venezuela no es posible ya que no se hacen encuestas demográficas con la periodicidad necesaria para hacer seguimiento al funcionamiento de los diferentes programas, incluido el Programa Nacional de Salud Sexual y Reproductiva (PNSSR) (…). Una nueva evaluación de los servicios (…) y específicamente de la logística de suministro de anticonceptivos fue llevada a cabo por el MSDS [Ministerio de Salud y Desarrollo Social] con el apoyo del UNFPA en el 2002. Ese trabajó reveló, entre otras aspectos, que persiste un bajo registro de información en planificación familiar, los servicios están centrados en la mujer, la elección del método la realiza el personal de salud y poco se reconocen las necesidades de las usuarias, y la oferta de anticonceptivos poco se relaciona con la demanda. Se ha buscado atender esos problemas a través del diseño e implementación de un Sistema Logístico de Insumos Anticonceptivos (SILOGIA)“.[490]

Es kann der Regierung Chávez nicht abgesprochen werden, viele und höchst unterschiedliche Initiativen zur Verbreitung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten gestartet zu haben. Dabei wurde gleichfalls sehr diversen Fassungen dieses Rechtskonzept gefolgt, aber in einem heteronormativen, Reproduktive Rechte und Gesundheit betonenden Bereich verblieben. Die Möglichkeit dieser vielen Initiativen war auch Ausweis deutlicher bis umfassender Zustimmung für die Regierung Chávez. Eine Opposition begann sich erst ab 2001 deutlicher zu bilden.[491] Doch auch als die Zustimmungswerte sich abzusenken begannen wurden weiterhin immer wieder neue Initiativen, auch in diesem Feld begonnen. Mitte der 2000er Jahre wurde das Programa Nacional de Salud Sexual y Reproductiva ins Leben gerufen. Es entsprach der generellen Betonung bei Sexuellen und Reproduktiven Rechten von Seiten der Regierung mit seinem Fokus auf Gesundheit, Reproduktion und ein klassisches Familienbild. Verbunden wurde dieses mit dem Programa de Salud del Niño y Adolescente sowie dem 2003 begründeten Programa Nacional de Promoción de la Salud y el Desarrollo de los y las Adolescentes. Hier zeigte sich wieder der starke venezolanische Fokus bei Sexuellen und Reproduktiven Rechten auf Jugendlich und insbesondere Jugendschwangerschaften, die vor allem in niederen Bildungsschichten auch in den 2000er Jahren hoch blieben. Dies lag nicht zuletzt daran, so wurde deutlich gemacht, auch von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, dass Mutterschaft weiterhin als weibliches Ideal unter weniger gebildeten Jugendlichen hochgehalten wurde. Diesem sollte zwar bereits mittels des Bildungssystems begegnet werden, etwa durch die Verbreitung des entgegengesetzten Idealbildes späterer Mutterschaft, doch die als besonders gefährdet angesehen Jugendlichen waren eher bildungsfern, und somit auf diesem Wege maximal bedingt zu erreichen. So wurde sich einerseits bemüht, den Schulbesuch zu verbreiten und zu verlängern, auch im Sinne der Entwicklung Venezuelas, zugleich aber Jugendliche auf anderem Wege zu erreichen. Dafür wurde auf Medienkampagnen gesetzt, auf zivilgesellschaftliche Informations- und Servicekampagnen, gerade durch NGOs, aber auch einen Fokus bei Sexuellen und Reproduktiven Rechten auf Reproduktive Rechte und vor allem Gesundheit.[492] Die staatlichen Bemühungen sind dabei für diese Zeit nicht gering zu schätzen, doch fehlte es sowohl an gleichfalls deutlichen und koordinatorisch verbundenen zivilgesellschaftlichen Aktivitäten als auch einer tatsächlichen umfassenden Strategie. So gab es weiterhin Zugangshindernisse zu Informationen, Verhütungsmitteln und Gesundheitsdienstleistungen im Rahmen Reproduktiver Rechte, die vor allem monetärer Natur waren. Für die entsprechenden Bevölkerungsschichten waren Sexuelle und Reproduktive Rechte keineswegs garantiert respektive nur nominell in Programmen, aber nicht in der Umsetzungspraxis.[493]

„En materia de atención en salud sexual y reproductiva de los y las adolescentes se han identificado que en Venezuela se han adelantado algunos cambios pero fundamentalmente en el plano normativo, ya que en la práctica son escasas las experiencias que pueden mostrase de servicios que brinden atención integral a este segmento de la población garantizando sus derechos a una plena salud sexual y reproductiva.“[494]

Positiv dargestellt gab es ein Verfassungsrecht auf Familienplanung seit 1999, ein Recht auf den Zugang zu Verhütungsmitteln und entsprechenden Informationen. Des Weiteren gab es Sexualerziehung für Jugendliche und weitere Angebote im Rahmen Sexueller und Reproduktiver Rechte. Doch kann dies lediglich als Fortschreiten in Richtung Sexueller und Reproduktiver Rechte gedeutet werden, die nachwievor in Venezuela verbreitet gefährdet und selbst normativ nur bedingt fixiert waren.[495]

Im formaljuristischen Rahmen waren die Entwicklungen dabei deutlicher als in der Umsetzungspraxis. Nachdem Sexuelle und Reproduktive Rechte es 1999 nicht in die Verfassung geschafft hatten, wurden Normen und Gesetze erlassen, die Sexuelle und Reproduktive Rechte in Venezuela erstmals etablierten. Doch war dabei der Fokus weiterhin Gesundheit und blieb einem bipolaren Geschlechterverständnis verhaftet, so bei der Norma Oficial para la Atención Integral en Salud Sexual y Reproductiva von 2004 und dem Ley Orgánico sobre el Derecho de las Mujeres a una Vida Libre de Violenciavon 2007. In der zweiten Hälfte der 2000er Jahre wurde langsam darüber hinausgegangen und beispielsweise 2009 mit dem Protocolo de Atención Integral a Personas en Situación de Violencia Intrafamiliar y de Género auch Gewalt nicht nur gegen Frauen, sondern potentiell auch auf Grund anderer Geschlechteridentitäten ein Thema. Bis dahin war es jedoch ein langer Prozess.[496] Und so positiv diese Auflistung gedeutet werden mag, blieben die Lücken doch groß, nicht nur in der praktischen Umsetzung. Eine Strafbefreiung für Vergewaltiger bei Eheschließung mit den Opfern blieb beispielsweise erhalten.[497] Doch nahmen die Erkenntnisse weiterhin vorhandener Herausforderungen und zugehöriger Zusammenhänge zu. So wurde immer deutlicher, dass physischer und psychischer Gewalt zu begegnen auch bedeuten musste symbolischer Gewalt zu begegnen, die reale Gewalt normalisieren oder gar legitimieren konnte.[498] Dies mündete ihn Programmen, die Gewalt und anderen Rechtsverletzungen durch mehr als nur zugehörige Serviceangebote und Gesetze zu begegnen suchten, so auch durch Bildung und Präventionsangebote.[499] Bezüglich Gewalt muss dabei das Gesetz von 2007 als zentraler Wendepunkt unterstrichen werden, ein Gesetz, welches auch im Kontext Lateinamerikas als vorbildlich galt. Möglich wurde es erst durch konzentriert-koordiniertes Wirken von Frauenrechtsaktivist*innen, die über ihre Arbeit mit Opfern daraufhin wirkten das vorhergehende Gesetz Ley sobre la Violencia contra la Mujer y la Familia von 1998, welches als unzureichend und sehr beschränkt angesehen wurde, abzulösen. Dieser Weg der Gesetzesmodifikation steht exemplarisch für entsprechende zivilgesellschaftliche Einflusswege in anderen Bereichen in dieser Zeit. Zwar startete die Regierung Chávez immer wieder Programme, immer wieder auch möglichst symbolträchtige, doch gesetzliche Veränderungen, und dabei zudem die Beachtung von Details zur Steigerung der Reichweite und Wirksamkeit, bedurften zumeist erst zivilgesellschaftlicher Aktivitäten, die beispielsweise gegen Gender-Ungerechtigkeiten oder eben Gewalt kämpften.[500] Und selbst dabei waren und sind der erreichten Reichweite deutliche Grenzen gesetzt. So wird Gewalt gegen Frauen nachwievor als verbreitet und zugleich eine der zentralen Herausforderungen für Venezuela markiert, auch weil zugrundeliegende Strukturen, wie Stereotype oder verbale Gewalt, nicht angegangen würden respektive wurden, sondern nur entsprechende Vereinbarungen, auch internationale, möglichst symbolträchtig gesetzt würden oder wurden.[501]

Dies gilt auch für die Anliegen von Menschen, die LGBTIQ* zugerechnet wurden beziehungsweise werden. In Venezuela gab es lange entsprechende Akteur*innen, die sich für diese Anliegen einsetzten, doch war deren Wirksamkeit insgesamt beschränkt. Unter anderem im Mangel einer breiten Auslegung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten, im juristischen wie im faktischen Bereich, zeigte sich deren begrenzte Reichweite. Unter Chávez versuchten sie erneut Einfluss zu gewinnen und bestimmte Anliegen von LGBTIQ* unter dem Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte voranzubringen. In diesem Rahmen begannen ab 2001 jährliche Pride-Paraden in Caracas. In deren Rahmen nahm beispielsweise auch die Sichtbarkeit von anderen Formen von LGBTIQ* außerhalb männlicher Homosexualität zu.[502] Die Teilnahme von Minister*innen und Parteirepräsentant*innen an der jährlichen Parade ab 2005 wurde dabei als großer Erfolg angesehen. Außerdem gründete sich das Movimiento Gay Revolucionario (MGR), welches versuchte durch eine Zusammenwirken mit Chávez gerade homosexuelle Anliegen voranzubringen.[503] Für weitere Anliegen engagierte sich vor allem das Kollektiv Letra S, welches beispielsweise 2007 eine Verfassungsänderung erreichte, die es fortan auch Menschen des formal gleichen Geschlechts erlaubte zu heiraten. Dafür wurden die Verfassungsartikel 75 bis 79 modifiziert. Doch dauerte es bis zu einer faktischen Gleichstellung mit der heteronormativen Ehe noch weitere zwei Jahre. Das Ziel von Letra S war allerdings noch breiter gewesen, so ging es unter anderem auch um ein Recht auf Abtreibungen und zivile Rechte für LGBTIQ*. Somit gab es Erfolge in diesem Bereich, aber in beschränktem Umfang. Wenn es zu Modifikationen im Sinne von breiter ausgelegten Sexuellen und Reproduktiven Rechten sowie LGBTIQ*-Rechten kam, war jedoch stets das Kollektiv Letra S beteiligt, welches die zentralen Akteur*innen Venezuelas im Kampf um Sexuelle und Reproduktive sowie Minderheitenrechte von LGBTIQ* vorantrieb.[504] „En Venezuela, las ONG que trabajan a favor de los derechos de la comunidad LGBT, se concentran en el colectivo Letra S, que agrupa a organizaciones como Fundación Reflejos, Unión Afirmativa y el Movimiento Gay Revolucionario de Venezuela.“[505] Schon zuvor hatte es immer wieder Versuche gegeben, jene Verfassungsartikel zu nutzen und auf diese zu verweisen, die potentiell mehr und weiter reichende Sexuelle und Reproduktive Rechte garantieren konnten. Doch die Gerichte schlossen sich diesen Versuchen stets nicht an, sondern fuhren gegenüber LGBTIQ*-Rechten eine deutlich restriktive Linie.[506] Ein großes Problem bezüglich der realen Reichweite entsprechender Bemühungen für umfassende Sexuelle und Reproduktive Rechte sowie LGBTIQ*-Rechte war, dass zwar Gesetze zum Schutz oder der Herstellung von Gleichheit für LGBTIQ* diskutiert wurden, so 2009 in der Nationalversammlung, allerdings entsprechende zivilgesellschaftliche Akteur*innen daran keinen Anteil hatten. Gleichfalls in der Opposition konnten entsprechende Akteur*innen keine gewichtige Stimme entwickeln.[507] So wurde zivilgesellschaftlich in den Jahren unter Chávez in Venezuela zunächst und primär für eine Sichtbarkeit von LGBTIQ* gekämpft, auf der Straße, aber beispielsweise auch in der Literatur, um Veränderungen der Gesellschaft, und schließlich auch der Politik zu erreichen.[508] Dabei gab es durchaus Erfolge. So äußerte Chávez 2002 in seinem wöchentlichen Fernsehprogramm Bedauern, dass die Rechte von Homosexuellen es 1999 nicht in die Verfassung geschafft hätten. Zugleich gab es aber immer wieder Gewaltakte und weitere Aktivitäten gegen LGBTIQ*, inklusive willkürlicher Verhaftungen oder polizeilicher Gewalt. Gerade außerhalb der großen Städte zeigten sich diese Probleme, die auch immer wieder zu Morden führten, etwa 2000 an José Luís Nieves, bekannt als Dayana, die sich für Transgender-Rechte einsetzte.[509]

Zum Ende der 2000er Jahre wurde die Thematik Sexueller und Reproduktiver Rechte in Venezuela bedeutsamer. So entstand eine Organisation, die sich neben anderen Menschenrechten auch für diese einsetzte, die Fundación Juan Vives Suriá. Diese zeigte ein durchaus differenziertes Gender-Konzept und erkannte die soziokulturelle Konstruktion von Gender an. Dennoch verblieb diese in einem binären Geschlechterverständnis.[510] In diesem Rahmen allerdings zeigte sie ein deutliches Bewusstsein für die Notwendigkeit der tatsächlichen Durchsetzung von Frauenrechten, und dabei auch von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Venezuela. Und anders als andere Akteur*innen in Venezuela zu dieser Zeit blieb diese Organisation auch nicht beim beinahe singulären Fokus auf Reproduktion, Reproduktiven Rechten oder Reproduktiver Gesundheit stehen, sondern erweiterte das Konzept unter der Betonung der Bedeutung von Sexualität und eben auch Sexuellen Rechten. Damit und dabei ging diese NGO deutlich weiter als die meisten anderen Akteur*innen für Sexuelle und Reproduktive Rechte in Venezuela zu dieser Zeit. So wurde ausdrücklich auch ein Recht auf keine sexuelle Aktivität propagiert, gleichfalls wie den umfassenden Zugang zu Maßnahmen der sexuellen Gesundheit und sexuellen Bildung.[511] Dieser weitreichenden Konzeption von Sexuellen und Reproduktiven Rechten wurden ausgemachte vorhandene Herausforderungen gegenübergestellt, gewissermaßen die Herausforderungen, denen sich die Umsetzung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Venezuela gegenüber sah. Dazu wurden Jugendschwangerschaften gezählt, Muttersterblichkeit, sexuell übertragbare Krankheiten, insbesondere HIV / AIDS, aber auch Gewalt gegen Frauen und sexuelle Dysfunktionen.[512] Allerdings wurde dabei keinerlei Bewusstsein für die Möglichkeit nicht-heterosexueller sexueller Orientierungen oder nicht binärer sexueller Identitäten gezeigt. Ohne die Gründe dafür eindeutig rekonstruieren zu können, wurde zur Durchsetzung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten auch von den zentralsten zivilgesellschaftlichen Akteur*innen in Venezuela doch auf deren Engfassung und Beschränkung gesetzt. Wohl auch angesichts einer kaum unterstützenden Regierung in diesem Feld wurde sich gewissermaßen auf das Wesentliche, auf ausgemachte zentrale Herausforderungen beschränkt. Der Fokus der Fundación Juan Vives Suriá war dem folgend sich zunächst auf eine eher enge Fassung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten und ein neues, selbstdeklariert „gesundes“ Verständnis von Sexualität zu beschränken, um einen politischen wie gesellschaftlichen Wandel zu erreichen – wobei dies stets nur heteronormative Sexualität meinte, unabhängig davon wie viele zugehörige Praktiken anerkannt und diskutiert wurden.[513] Bezüglich der ausgemachten Herausforderung Gewalt gegen Frauen wurde diese ebenfalls nur selten hin zu Gender based Violence erweitert. Die entsprechenden zivilgesellschaftlichen Aktivitäten meinten verbreitet zunächst entsprechende Gewalt sichtbar zu machen, war diese doch oft verborgen, tabuisiert und unbeachtet.[514] Als besondere Form fand dabei auch der Femizid respektive Feminizid Beachtung, sowohl innerhalb von Beziehungen, als auch in organisierter Form. Beides fand sich in Venezuela.[515] Insbesondere sahen sich in Venezuela bestimmte Frauengruppen einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Gewalterfahrungen ausgesetzt. Angesichts der ohnehin hohen Quote von Gewalt gegen Frauen, bedeutete dies ein höchst wahrscheinliche Gewalterfahrung, so bei Frauen mit HIV / AIDS.[516] Doch neben der aktiven physischen Gewalterfahrung gab es weitere Arten der Gewalt, die teilweise kaum Beachtung fanden, so wurde es nach und nach in den 2000er Jahren zunehmend realisiert. So kann respektive konnte eine hohe Müttersterblichkeit auf Grund fehlender ärztlicher Versorgung oder auch Aufklärung durchaus als Gewalt erfasst werden. Dies erlaubte es zugleich sowohl dieses Thema mit dem Menschenrecht Sexueller und Reproduktiver Rechte zu verbinden als auch auf venezolanische Gesetze gegen Gewalt gegen Frauen zu rekurrieren. Aus einer Versorgungs- oder Bildungslücke wurde so eine Menschenrechtsverletzung. Dieses Potential Sexueller und Reproduktiver Rechte auf Themen zu wirken und diese zu beeinflussen wurde in Venezuela in dieser Zeit immer deutlicher erkannt und genutzt.[517]

So wenig Aufmerksamkeit Sexuelle und Reproduktive Rechte auch in einer breiten Auslegung in Venezuela erfuhren, so wenig ein Recht auf die eigene sexuelle Identität breit vertreten wurde, die Anliegen von LGBTIQ* gab es doch in Venezuela. Diese wurden jedoch oftmals eher singulär vertreten, so die Rechte und Interessen von männlichen Homosexuellen. Doch gerade bezüglich der Thematik Gewalt fand die gesamte Komplexität langsam dennoch Beachtung, zumindest in den 2010er Jahren. Verbunden war dies mit der Forderung, Gender based Violence zu erfassen statt nur Gewalt gegen Frauen. Dafür musste jedoch zunächst die Gender-Kategorie in ihrer Verwendung und Verbreitung in Venezuela über ihre Bipolarität erweitert werden.[518] Zugleich machte erst dies deutlich, dass auch hinter verfochtener Heteronormativität Gewalt steckte, ein Topos der erst sehr langsam Verbreitung und Bewusstsein fand, wie andere Gewaltkonzepte gegenüber Frauen. Es handelte sich um eine parallele Entwicklung der Erweiterung des Konzeptes von Gewalt sowie der Kategorie Gender in Venezuela.[519] Erst dadurch konnte auch Gewalt innerhalb von LGBTIQ*-Beziehungen zu einer Thematik werden. War Gewalt in heteronormativen Beziehungen in den 2010er Jahren ein verbreitet bewusstes Problem geworden, war Gewalt innerhalb von LGBTIQ*-Beziehungen de facto kein Thema, wurden diese Beziehungen an sich schon kaum als solche gesehen oder anerkannt.[520] Tatsächlich lässt sich bis Mitte der 2010er Jahre für Venezuela weitestgehend festhalten:

„El género como categoría de análisis ha sido vaciado de su contenido político y crítico para reducirse a “problemas de las mujeres“, lo cual resulta peligroso y limita notablemente su potencial. Por otro lado, la problemática de la subordinación de lo femenino afecta a otros cuerpos distintos de las mujeres, pero que de alguna manera encarnan la feminidad, como es el caso de los hombres gays (…). La violencia contra personas LGBT es prácticamente inexistente a los ojos del Estado venezolano (…) y por lo tanto tampoco existen programas de atención y acogida para las personas violentadas.“[521]

Dem begannen sich zum Ende des Untersuchungszeitraums Akteur*innen entgegen zu stellen. Doch während das zivilgesellschaftliche Engagement in diesem Bereich gerade in Kolumbien, aber bedingt auch in Ecuador, zu dieser Zeit bereits deutlich weiter reichte, waren es in Venezuela begrenzte und vor allem aufklärerisch wirkende Anfänge.

Hintergrund der staatlichen Programme in den 2000er Jahren, aber auch zugehöriger zivilgesellschaftlicher Aktivitäten, war die sich revolutionär gebende Regierung Chávez. Mit Chávez kam eine neue linke Welle in Lateinamerika in Gang, ein neues „Links“ sollte verwirklicht werden. Gekennzeichnet war dieses selbststilisiert durch eine Gegnerschaft zum Kapitalismus in seiner neoliberalen Form. Getragen wurde diese „neue Linke“ vor allem durch ärmere Bevölkerungsschichten, oftmals mit keinem Zugang zu höherer Bildung. Aber auch Ideen einer „nationalen Entwicklung“ und einer starken Nation mischten sich in die neue verkündete Konzeption von Entwicklung, gerade in Venezuela mit seiner durch die Erdölförderung geprägten Gesellschaft. Nach der Wahl von Chávez steigerte sich die Führungszentrierung auf Chávez nach und nach. Auch die Rolle des Militärs nahm in diesem Kontext an Bedeutung zu, Militärs wurden unter Chávez zu Gouverneuren oder Teil der Regierung. All diese Entwicklungstendenzen nahmen an Deutlichkeit nochmal mit den Ereignissen von 2001 und 2002 zu.[522] In diesen Jahren wuchsen die Gegensätze zwischen der Regierung Chávez und der sich formierenden Opposition immer weiter an. Dies kulminierte in einem Staatsstreich im April 2002, der tatsächlich von einigen Ländern und Institutionen anerkannt wurde. Dagegen gingen Chávez treue Militärs vor, aber auch Massenversammlungen und Streiks großer Teile der Bevölkerungen stellten sich gegen die Putschenden. So endete der Putschversuch bereits nach wenigen Tagen mit der Rückkehr Chávez an die Macht. In der Folgezeit suchte Chávez zunächst den Dialog zu Oppositionellen, doch blieben Streiks gegen die Regierung Chávez verbreitet, insbesondere in der Erdölförderung und -industrie, welche sich mit am deutlichsten gegen die Politik von Chávez positionierte. So wurde bald statt auf Dialoge auf die Verstaatlichung dieser Industrie und Konfrontationen sowie Kontrolle gesetzt. Dennoch verschlechterten sich zunächst die Werte bei der Arbeitslosigkeit oder der Armut in Venezuela.[523] War die Bewegung, die Chávez an die Macht brachte, noch eine breite und diverse mit einem progressiven aber auch nationalistischen Programm gewesen, gegen Neoliberalismus und Eliten ausgerichtet, verschob sich deren Ausrichtung und Zusammensetzung mit der Regierungszeit immer mehr. So ging es ab 2001 zunehmend um Verstaatlichungen und Zentralismus, so im Plan de la Nación 2001 – 2007. Widerstände in den ersten Regierungsjahren führten aber auch zu einer stärkeren Einbindung des Militärs und einem Fokus dieses auf die Person Chávez, der als Garant des Zusammenhalts der venezolanischen Heterogenität stilisiert wurde. Diese Heterogenität im Sinne einer ungeeinten Opposition zeigte sich im gescheiterten Referendum gegen Chávez 2004. Die steigenden Weltmarktpreise für Öl von 2003 bis 2008 erleichterten dabei zusätzlich die zunehmende nicht nur inhaltliche Radikalisierung der Regierung. Doch stets gab es auch als Konstante die Suche nach Legitimität und Legitimierung.[524] Venezuela erlebte zwischen 2003 und 2008 einen enormen Wirtschaftsboom. Dieser basierte zwar primär auf Öleinnahmen, doch das Wachstum erfolgte auch in anderen Sektoren, gerade im Bereich Kommunikation und Transport. Baumaßnahmen nahmen ebenso zu wie die Sozialmaßnahmen und -ausgaben. Die 1990er Jahre hingegen waren noch von einer kriselnden Wirtschaft und hoher Inflation gekennzeichnet gewesen. Als Garant des Erfolges unter Chávez ausgemacht wurde nun neben dem steigenden Rohölpreis die Etablierung eines Systems eines festen Wechselkurses, welches seit 2003 in Kraft war.[525]

Diese Erfolge ließen die Zustimmung zu Chávez nicht abnehmen, wenn die Opposition auch deutlich blieb. Ein weiterer Einschnitt bei den Entwicklungen Venezuelas war der erneute Wahlsieg von Chávez im Jahr 2006. Nun wurden die Bemühungen verstärkt einen so formulierten Sozialismus des 21. Jahrhunderts zu etablieren. In diesem Rahmen schlossen sich unterschiedliche Chávez unterstützende Parteien zur Partido Socialista Unido de Venezuela zusammen und unterschiedliche Reformen wurden angegangen um in Venezuela ein „sozialistisches“ Modell zu verwirklichen.[526] Wie sehr Chávez aber als ’links’ bezeichnet werden konnte, war deutlich umstritten. So wies er für einige Autor*innen eher stalinistische, autoritative oder gar faschistische Züge auf. Demnach sei er eher „links“, wie Fidel Castro zu dieser Zeit links sei, aber nicht im generell darunter enger subsumierten Sinne. Doch müsse, so eine Gegenposition, die Heterogenität „der Linken“ Beachtung finden, in eine Strömung dieser ist Chávez durchaus einordbar.[527] Seine ökonomischen Reformen beinhalteten einige Experimente. Die Resultate waren aber teilweise hochproblematisch, und Reformen dieser Art wurden so eher diskreditiert als weiter verbreitet. Dies führte auch zu Kritik sich selbst ’links’ verortender Kräfte. „Die Linke“ in Venezuela war und ist keineswegs nur pro-Chávez, doch sich von Chávez in den 2000er Jahren abzusetzen war kaum möglich. Gerade seine deutliche Zeichnung seiner Politik als antiimperialistisch ließ ihn international oft als „izquierda tout court[528] erscheinen; für viele reichte eine Rhetorik gegen „das Imperium / das Imperiale“ um als klar ’links’ zu erscheinen, entgegen aller gegen eine solche Verortung sprechender Aspekte. Doch Konzepte eines sozialen Wandels und so gefasste ’linke’ Ideen wurden so, in Venezuela und darüber hinaus, eher verbreitet diskreditiert, auch für sich selbst ’links’ verortende Akteur*innen, wenn sie in diesem Topf eines ’links’ nach Chávez landeten.[529] Diese Polarisierungen, was als ’links’ zu verorten und zu akzeptieren sei, was zu Chávez „gehör(t)e“, erklären schließlich die Herausforderungen, denen sich Sexuelle und Reproduktive Rechte in Venezuela in den 2000er Jahren gegenüber sahen. Diese gelten für die Zeit unter Chávez, aber auch jene nach seinem Tod 2013. So fehlten diesen Rechten die starke Position nach Verfassung und Gesetzen, wie sie in Ecuador zu finden war in dieser Zeit, aber gleichfalls oder ersatzweise fehlte auch ein starkes zivilgesellschaftliches Fundament, welches dieses Rechtskonzept hätte vorantragen können, und so über den Mangel an rechtlicher Fundierung hätte hinweghelfen können, wie in Kolumbien. Die Regierungen Venezuelas vor, unter und nach Chávez hatten andere Schwerpunkte, wenn überhaupt auf Sexuelle und Reproduktive Rechte rekurriert wurde so mit Fokus auf Gesundheit und Reproduktion, über heteronormative Konstrukte wurde dabei kaum hinausgegangen. Aber auch in der Zivilgesellschaft fand dieses Thema kaum statt. Dies lag nicht zuletzt an der deutlichen gesellschaftlichen Polarisierung ab spätestens 2001 in Venezuela. Wenn entsprechende Akteur*innen sich für Sexuelle und Reproduktive Rechte einsetzten und von oppositionellen Kräften im „Lager“ Chávez verortet wurden, waren diese oppositionellen Kräfte schon deshalb gegen das Anliegen. Dies zeigt(e) sich exemplarisch bei der Fundación Juan Vives Suría, die 2008 gegründet wurde und sich für Menschrechtsbildung und entsprechende Forschung in Venezuela, aber auch darüber hinaus einsetzt(e). So soll auch ein kultureller Wandel hin zu einer Gesellschaft der Menschenrechte erreicht werden.[530] Doch durch ihre Nähe zur und ihr Zusammenwirken mit der Regierung Chávez wurde ihr Anliegen als solches immer wieder diskreditiert. Koordiniertes, lagerübergreifendes Agieren war in dieser Zeit erschwert, und wurde mit zunehmender Regierungszeit von Chávez nicht leichter. Dieses Kapitel stellt Venezuela als Kontrastfolie zu Ecuador und Kolumbien dar. Tatsächlich kannte und kennt Venezuela einen de facto starken Zentralstaat wie Ecuador. Aber anders als in Ecuador sind sexuelle Identität, Gender oder auch nur Sexuelle und Reproduktive Rechte dabei kein zentrales Thema für diesen Zentralstaat. Doch es gibt auch Überschneidungen zu Kolumbien, beispielsweise eine lange aktive und lange Zeit starke Zivilgesellschaft, aber mit abnehmender Reichweite unter Chávez, und heute eher vergleichbar mit Ecuador. Zugleich waren sexuelle Identitäten und Sexuelle und Reproduktive Rechte über Reproduktion oder ein binäres Geschlechterverständnis hinaus auch vor der Machtübernahme von Chávez kaum Thema dieser zivilgesellschaftlichen Akteur*innen gewesen, und wurden es auch danach nur bedingt. Sexuelle und Reproduktive Rechte wurden so in Venezuela kaum vorangetrieben, gerade nicht in einer breiteren Auslegung, weder vom Staat noch der Zivilgesellschaft. Kontextualisierend und kontrastierend zeigt sich so exemplarisch die Bedeutung der bei Kolumbien und Ecuador nachvollzogenen Wege zur Verbreitung und Etablierung Sexueller und Reproduktiver Rechte.

 

10. Zusammenführung der Ergebnisse und Anknüpfung an globale Diskurse und Umsetzungen

Die mindestens bedingte Stellung von Kolumbien und Ecuador als südamerikanische Avantgarde in der Anerkennung Sexueller und Reproduktiver Rechte in einer breiten Auslegung wurde früh anerkannt. So wurde bereits 2011 festgehalten, dass nur in vier Gebieten Lateinamerikas homosexuelle Paare die gleichen Rechte hätten wie heterosexuelle Paare nach einer Eheschließung, neben Coahuila in Mexiko und Uruguay waren dies Ecuador und Kolumbien.[531] Venezuela wurde dabei als klares Gegenteil gezeichnet, während andere Länder sich zumindest in diese Richtung bewegen würden. So hieß es zu Venezuela:

„Desgraciadamente éste no ha sido el caso en Venezuela y de algunos otros pocos países. En Venezuela se contrasta profundamente el contenido de las leyes de protección de los derechos de la mujer – que han sido de las más avanzadas de la región – respecto de la ausencia casi absoluta de derechos plenos, iguales y equivalentes para las personas LGBTTI. Inclusive se han reformado algunas leyes con la finalidad de cerrar puertas al desarrollo de tales derechos. Por ejemplo, en la Reforma de 2008 de la Ley Orgánica para la Protección de Niños, Niñas y Adolescentes (…) se estableció que la adopción conjunto sólo puede ser realizada por un hombre y una mujer, mención que antes no existía.“[532]

Dies verweist zugleich darauf, dass LGBTIQ*-Rechte sich in Lateinamerika nicht mit einer politischen Ausrichtung in einem links-rechts-Schema singulär verbinden lassen. Vielmehr konnten entsprechende Akteur*innen auf beiden Seiten des politischen Spektrums Erfolge erzielen, so auch im politisch eher rechts-konservativ regierten Kolumbien und im eher links regierten Ecuador, während im nominell ’linken’ Venezuela die Erfolge ausblieben oder gar hinter diese zurückgetreten wurde. Die Reichweite bei LGBTIQ*-Rechten hing vielerorts mehr mit zivilgesellschaftlichen Aktivitäten und Akteur*innen zusammen denn mit der politischen Ausrichtung der Regierung.[533] Dieser Sussage steht Ecuador nicht entgegen, auch dort waren zivilgesellschaftliche Aktivitäten zentral, bis Sexuelle und Reproduktive Rechte in einer weiten Auslegung Verfassungsrang erhielten. Dabei zeigen sich deutliche zeitliche Parallelen. So wurden LGBTIQ*-Rechte vielerorts in Lateinamerika in den 1990er Jahren zu einem Thema und schließlich deutlicher in den 2000er Jahren zu realisieren gesucht. Sinnbildlich stehen dafür die beiden Verfassungen Ecuadors aus dieser Zeit: in der ersten wurde das Thema aufgegriffen und zu einem politischen Ziel gemacht, doch noch sehr begrenzt in seiner Tragweite. Dies ändert sich mit der Verfassung von 2008 deutlich.[534]

Der Zugang zu Reproduktiver Gesundheit ist ein international anerkanntes (Entwicklungs)Ziel, es handelt sich um einen Teil der Millennium-Entwicklungsziele, wie sie im Jahr 2000 festgelegt wurden. Genauer geschrieben sollte bis 2015 ein allgemeiner Zugang zur Reproduktiver Gesundheit erreicht werden, als Teil des Milleniumziels Nummer 5, der Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern.[535] Doch wurde dieses Ziel nirgends in Lateinamerika erreicht, wie auch sonst kaum auf der Welt, deutlich dagegen stand und steht weiterhin eine verbreitete Ungleichheit die sozioökonomisch einige Menschen, beziehungsweise, je nach Zielkonzeption, Frauen davon ausschließt und ausschloss oder auch verbreitet Indigene. Zudem wird eine weiterhin verbreitete Gender-Ungleichheit konstatiert, in ganz Lateinamerika, und so auch in Kolumbien und Ecuador; dies steht einer umgesetzten gleichen Reproduktiven Gesundheit ebenfalls entgegen. Programmatisch wird aber auch als zugehörige Herausforderung mangelhaft erreichter Reproduktiver Gesundheit darauf verwiesen, dass Männer in entsprechende Programme nicht einbezogen und Jugendschwangerschaft nicht ausreichend begegnet wurde und würde. Schon zum Erreichen der Zielkoordinate dieser engen Fassung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten, deren Begrenzung auf heterosexuelle Reproduktive Rechte, war und ist der Weg zur realen Rechtsdurchsetzung für Südamerika als weit zu markieren.[536] Noch deutlicher zeigt sich diese mangelhafte Reichweite der Rechtsdurchsetzung bei deren weiterer Fassung im Sinne der Inklusion von LGBTIQ*-Rechten oder dem Recht auf eine eigene sexuelle Identität. Sexuelle und Reproduktive Rechte als Kombinationskonzept unterschiedlichster Rechte entwickelten sich in den 1980er Jahren, und hatten seitdem immer wieder in den verschiedenen Ländern Lateinamerikas eine durchaus auch prägende Bedeutung für Forderungen und Debatten. Doch die Stufe zur allgemeingültigen Empfehlung der Umsetzung eines entsprechenden Rechtes wurde erst in den 1990er Jahren international genommen. Als tatsächliches und explizites Menschenrecht, welches eine weite Fassung im Sinne eines Rechtes auf die eigene sexuelle Identität umfasste, wurde das Konzept nochmals über eine Dekade später international anerkannt. Es war also ein langsamer Prozess, der Etappen und Zwischenschritte kannte hin zu Sexuellen und Reproduktiven Rechten auch als LGBTIQ*-Rechten. Vergleichbares lässt sich auch für Ecuador und Kolumbien konstatieren, es dauerte bis das entsprechende Rechtskonzept mit Verweis auch auf Sexuelle Rechte Anerkennung fand, noch länger, bis dies auch zu einem Recht beispielsweise auf die eigene sexuelle Identitäten erweitert wurde. Doch ist dies nur die eine Seite, die Rechtssetzung, diese ist mit der Rechtsdurchsetzung keineswegs gleichzusetzen.

Diese Problematik der Unterscheidung zwischen Rechtssetzung und Rechtsdurchsetzung prägte auch international immer wieder die zugehörigen Diskurse, es wurde nicht nur für die Rechtssetzung, sondern auch die Rechtsdurchsetzung gekämpft und geworben. Die Fassung und Anempfehlung bestimmter Rechte und entsprechender Konzepte konnten in diesem Sinne immer nur Zwischenschritte sein, nie jedoch endgültige Zielkoordinaten. Dennoch, und dies gilt global wie für die exemplarisch hier untersuchten Länder, war das erste Ziel, oder zumindest eins der ersten Ziele, die Rechtssetzung, um überhaupt einen legalen Rahmen für Handlungen und Forderungen zu schaffen. Erst auf dieser Grundlage wurden verengte Vorstellungen, Bilder, Normen oder Rollenvorstellungen als angehbar angesehen. Dies erklärt die Popularisierung des Rechtskonzepts Sexueller und Reproduktiver Rechte, international wie in Kolumbien oder Ecuador. Dieses offene, durchaus diffuse Konzept ermöglichte es zudem sehr unterschiedliche Kernforderungen unterzubringen, es konnte Akteur*innen verbinden im Ziel ein gemeinsames und geteiltes Konzept als Rechtsrahmen voranzubringen, um diesen dann entlang eigener Schwerpunkte zu füllen. Diese Feststellung bot zu Beginn der Studie und Analyse das Konzept des Policynetzwerks als Analysegrundlage an. Das Vorhandensein von Policynetzwerken war damit eine gewisse Ausgangsthese. Erst im Rahmen der Studie jedoch wurde die tatsächliche und breite Verbindung unter einem Konzept, global, regional, national oder auch lokal deutlich, erst durch eine entsprechende Analyse mit Fokus auf Policyebenen. Denn keineswegs wirkten beispielsweise Abtreibungsgegner*innen bewusst und direkt neben Abtreibungsbefürworter*innen, aber doch fanden sich beide Akteur*innen(gruppen) unter jenen, die Sexuelle und Reproduktive Rechte zu befördern suchten. Die bloße Feststellung, in einem Land seien Sexuelle und Reproduktive Rechte vorangebracht oder befürwortet worden, hat auch deshalb einen begrenzten Aussagewert. Sexuelle und Reproduktive Rechte waren und sind ein Schirm, ein Dachkonzept, welches unterschiedliche Füllungen ermöglichte. In der Verfassung Ecuadors steht folgerichtig auch nicht alle Menschen Ecuadors hätten Sexuelle und Reproduktive Rechte, sondern beispielsweise ein Recht auf eine eigene sexuelle Identität oder Orientierung. Vielmehr galt und gilt es daher die konkreten Inhalte zu betrachten, wie das durchaus offene und möglich kontradiktionäre Konzept gefüllt wurde und noch wird. Hier wurde dabei stets nach einer breiten Auslegung des Konzepts geschaut, im Sinne eines breiten Verständnisses eines Rechts-zu respektive von Rechten-zu. Dies inkludiert(e) jene Akteur*innen, die ein Recht auf Abtreibung unter diesem Konzept fass(t)en, nicht jedoch jene, die dies negier(t)en. Diese Scheidung respektive Identifikation eines breiten Rechtsverständnisses kann beziehungsweise konnte einerseits durch den konkreten Blick auf Inhalte und Formulierungen von Verfassungen, Gesetzen, Verordnungen oder Urteilen geschehen – dies zeigt die Breite der Inhalte und Verständnisse – andererseits aber galt und gilt es auch die Rechtspraxis in den Blick zu nehmen, denn erst diese zeigt die umgesetzten Inhalte und deren Weite. Genau diese Unterschiede in Vorstellungen und inhaltlichen Zielen im Rahmen der jeweiligen lokalen, nationalen, regionalen oder globalen Akteur*innen lassen und ließen sich mittels des Konzepts von Policynetzwerken einfangen. Zugleich war es so möglich die Ebene der Zivilgesellschaft insofern zu öffnen, dass Verbindungen zu staatlichen Akteur*innen im Rahmen eines Policynetzwerkes kein Ausschlusskriterium für zivilgesellschaftliches Agieren darstell(t)en. Solche Verbindungen waren sowohl für Ecuador, mit einem zunehmend handlungsgewichtigen Staat ab Ende der 1990er Jahre, als auch für Kolumbien, wo es immer wieder der Verbindung zu staatlichen Akteur*innen zur Rechtssetzung und -umsetzung bedurfte, wichtige und immer wieder auch strategische Momente zivilgesellschaftlichen Agierens. Policynetzwerke erlaub(t)en dabei jedoch nicht nur machtpolitische Verbindungen, sondern auch Legitimität, Repräsentativität oder auch Sprachgewalt zu erlangen. Es galt und gilt, auch dafür mussten respektive müssen sie geschaffen und genutzt werden. Dies zeigte sich im Rahmen entscheidender globaler Veränderungen, so bei den Konferenzen in der ersten Hälfte der 1990er Jahre, aber beispielsweise auch bei der Schaffung der Yogyakarta Principles. Gleiches galt für Ecuador, so im Rahmen der Verfassungsgebungen, oder für Kolumbien, beispielsweise in den 2000er Jahren in Bogotá. Reichweite, Öffentlichkeitswirksamkeit und Schlagkraft bedurften Policynetzwerken in Breite und Funktionalität. Jene Feststellung gilt und galt global wie auch in den untersuchten Beispielländern. Selbst in Venezuela, wo es letztlich oftmals an Reichweite und Schlagkraft mangelte, zeigte sich dies, jedoch im Scheitern und im Mangel, nicht im Erfolg.

Diese Studie hat sich zum Ziel gesetzt, kein Handeln zu „erklären“, und wenn doch bedingt, die deskriptive Ebene erst in der finalen Analyse zu verlassen. Dieser Punkt ist hier erreicht. Tatsächlich jedoch zeigte sich bereits im Deskriptiven vieles erklärende. So beschreiben Policynetzwerke nicht nur Wirken und Wirkungsmaximierung, sie „erklären“ auch gewissermaßen die Tendenz sich zu bestimmten Themen zu verbinden, zusammen zu wirken, selbst bei existenten und bewussten deutlichen Unterschieden in Sichtweisen und Interessen. Handeln zum Erreichen von Zielen hat zumeist strategische Momente, und diese zeig(t)en sich auch im Formen von Policynetzwerken, sie „erklären“ das Agieren. Und doch gilt es eine Einschränkung diesbezüglich zu machen. So wurde bereits darauf hingewiesen, dass manche Verbindungen keineswegs bewusst oder gesucht waren oder auch sind, etwa bei polar gegensätzlichen, und sich somit ausschließenden Interessen oder Sichtweisen. Es gab und gibt also auch Handeln im Rahmen und im Sinne von Policynetzwerken, das gewissermaßen „nicht-erklärbar“ ist. Doch ist dies eben nicht jenes Verbindungen-suchende-Handeln, sondern eine mehr oder minder unbewusste Folge dessen. Es waren keine direkten, sondern indirekte, und oftmals erst analytisch aufzeigbare Verbindungen. Dies nimmt dem strategischen Moment als Impetus in Policynetzwerken zu agieren nicht das Erklärpotential, verlangt aber innerhalb von Policynetzwerken zu differenzieren. Und dies zeigt(e) sich international, transnational, aber auch exemplarisch hier national umgrenzt.

Ziel dieser Studie war es nicht schematisch zu vergleichen. Vielmehr sollten Facetten erfasst und betrachtet werden. Genau dies erfolgte durch die Kontrastierung von drei nationalen Fällen. Zudem wurden diese mit internationalen Entwicklungen verbunden und so die Spezifität von Facetten nochmals verdeutlicht. Wichtig war dabei auch die Kontrastierung von Rechtssetzung und Rechtspraxis als gewissermaßen verbundene, aber nicht zwangsweise identische Ausprägungen. Der primäre, und von außen leichter und umgehender mögliche Blick war und ist jener auf die Rechtssetzung. Dabei zeigte sich international wie exemplarisch national eine bedeutende Rolle von einigen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, aber nicht losgelöst von staatlichen Akteur*innen oder von anderen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, sondern in Verbindung und Verbindungen suchend. Dass Ecuador sich ab 1998 als vorreitendes Land in Lateinamerika, aber auch darüber hinaus, bezüglich Sexuellen und Reproduktiven Rechten stilisieren konnte, als eines weniger Länder, das die internationale Menschenrechtswerdung des Konzeptes national vorwegnahm, war kein „Verdienst“ staatlicher Akteur*innen allein, sondern bedurfte starkem entsprechenden zivilgesellschaftlichen Wirken. Und dass es dabei in Ecuador bereits eine schlagkräftige zivilgesellschaftliche Bewegung für indigene Rechte gab beeinflusste das zugehörige zivilgesellschaftliche Wirken, indem von Erfahrungen ausgegangen und bestehende Einflusskanäle genutzt werden konnten. Vergleichbares galt für die zweite Verfassungsgebung 2008. Die Kontrastfolie Venezuela verdeutlicht den Prozess noch. Konservative Gegenkräfte schafften es dort erfolgreich eine breite Auslegung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in der Verfassungsgebung unter Chávez zu verhindern. Die Stärke der Zivilgesellschaft bezüglich bestimmter Inhalte, ihr Verbindungsgrad, in Verbindung mit der situativen staatlichen Ausrichtung bei Inhalten und Akteur*innen, bestimm(t)en über die Rechtssetzung und deren Entwicklung. Dies gilt respektive galt spezifisch, und wird wie wurde besonders deutlich bei Kulminationspunkten der Entwicklung wie Verfassungen. Dies zeigte sich international bei großen Konferenzen, bei manchen wurden Themen gesetzt und deutlich beeinflusst, so auf jenen Anfang der 1990er Jahre, bei anderen dies nur deutlich begrenzter erreicht, so bei mancher internationaler Konferenz der 1980er Jahre aber auch der 2000er Jahre. Diese Unterschiede der Reichweite zivilgesellschaftlicher Kräfte bei der Rechtssetzung zeigten sich aber auch in den drei hier untersuchten Ländern in aller Deutlichkeit. Doch erwies und erweist sich die Rechtssetzung nur als Facette begrenzter Aussagekraft. Sonst wäre das Ergebnis dieser Studie schnell deutlich gewesen, dem progressiven Ecuador hätte das weniger progressive Kolumbien gegenüber gestanden, zumindest auf nationaler Vergleichsebene. Vielmehr galt es daher zur Differenzierung und Kontrastierung auch die Rechtsdurchsetzung in den Blick zu bekommen. Bei einer Studie, die auf die Erfassung der Reichweite zivilgesellschaftlichen Handelns abzielt bietet sich der Blick auf diese Facette geradezu an, sind doch zivilgesellschaftliche Akteur*innen fast überall wichtige bis zentrale Akteur*innen der Rechtsdurchsetzung. Der zugehörige Blick auf die Um- und Durchsetzung zeigte beispielsweise, dass die gesuchten Verbindungen zu Akteur*innen Indigener und von Minderheitenrechten in Ecuador zwar durchaus strategischen Charakter hatten, aber außerhalb der Rechtssetzung, gerade in der Rechtsdurchsetzung, deutlich konfliktiv waren. Hier kämpften keineswegs zwei Akteur*innengruppen parallel und teilweise zusammen für die Rechtsdurchsetzung unterschiedlicher Rechtskonzepte. Vielmehr suchten zwei Akteur*innengruppen zivilgesellschaftlicher Verankerung, mit durchaus thematischen aber auch personalen Überschneidungen, ihr jeweils eigenes Konzept und Rechtsverständnis durch- und es vor allem primär zu setzen gegenüber dem jeweils anderen Rechtskonzept. Nahmen sich staatliche Akteur*innen dabei eines dieser Konzepte an, gewann dieses an Einfluss, aber auch an Beeinflussbarkeit bezüglich der Inhalte, gerade in der Durchsetzung – dies zeigte sich über die Jahre sowohl bezüglich Indigenen wie Sexuellen und Reproduktiven Rechten in Ecuador. So behinderten sich, wie die Analyse zeigte, unterschiedlich starke zivilgesellschaftliche Akteur*innen und Policynetzwerke in der Rechtsdurchsetzung ihrer spezifisch propagierten Rechte in Ecuador eher. Dies lag nicht zuletzt an einem starken Staat, um dessen Beeinflussung unterschiedliche zivilgesellschaftliche Akteur*innen konkurrierten.

In Kolumbien hingegen stellte sich die Situation anders dar. So begrenzt die Einflussmöglichkeiten auf die Rechtssetzung waren, auch durch die gesellschaftliche Zerrissenheit angesichts Jahren kriegsähnlicher Zustände, wie es sich bei der Verfassungsgebung 1991 zeigte, so deutlich war die Rolle einer aktiven Zivilgesellschaft, gerade lokal, bei der Rechtsdurchsetzung und praktischen Rechtsentwicklung. Dies galt sowohl in Gebieten begrenzter Staatlichkeit, in denen zivilgesellschaftliche Akteur*innen versuchten in Grenzen Rechtssicherheit zu schaffen, und dabei auch teilweise über bestehende Rechtssetzungen hinausgingen, dies zeigte sich beispielsweise in den 1980er Jahren in Städten wie Cali, vor allem aber in Gebieten, in denen eine aktive Zivilgesellschaft auf aktive und reformwillige staatliche Akteur*innen sowie gesellschaftliche Ansprüche und Anfragen traf, so in Bogotá in den 2000er Jahren. Bemühungen um Frieden und eine Befriedung Kolumbiens, als gemeinsam die unterschiedlichsten zivilgesellschaftlichen Anliegen Kolumbiens verbindet, erwiesen sich dabei als durchaus nutzbares Dach. Wie Policynetzwerke Gegensätze verdecken oder hintenanstellen können respektive konnten, konnte es auch die Suche nach Frieden in Kolumbien als verbindendes Thema. Es gab dabei keine potentielle Konkurrenz von Rechtskonzepten wie in Ecuador, sondern eine durchaus diffuse inhaltliche Füllung des Anliegens Friedens, aber im Sinne eines gemeinsamen Ziels. Dies erschwerte fundamentale Ablehnungen und förderte eher den inhaltlichen Diskurs. Zugleich wurden so erst Hörbarkeit und Legitimität des eigenen Handelns erreicht – das Ziel Frieden war schwerlich zu negieren –, und verbunden damit die Möglichkeit Tabus anzugehen. Gemeinsam konnte Durchschlagskraft erreicht, und zugleich unterschiedliches verbunden werden. Dies führte durchaus dazu, dass einige Themen und Anliegen unter dem Dach des Wirkens für Frieden temporal oder lokal hinten anstanden – so auch Sexuelle und Reproduktive Rechte in einer weiten Auslegung zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten –, aber dennoch kamen diese Anliegen so in den Bereich des Hörbaren, des Diskutierten, sie wurden Anliegen nicht nur weniger, sondern gesellschaftliche Anliegen für ein gemeinsames und größeres Ziel. Dies verschaffte entsprechenden Anliegen auch dann schon eine gewisse Reichweite und Hörbarkeit in Kolumbien, als sie noch entfernt davon waren, eine Durchsetzbarkeit zu erreichen. Standen Vergewaltigungen von Frauen genauso gegen Frieden wie die Entrechtung von LGBTIQ*, konnte beiden zu begegnen als zentrales Anliegen für Frieden firmieren. Der Friedensdiskurs in Kolumbien beförderte somit die Inhalte wie den Diskurs Sexueller und Reproduktiver Rechte. Die Bedeutung lokaler Aktivitäten angesichts eines nur begrenzt weit reichenden Zentralstaats erlaubte es zudem lokal jene Themen zu setzen und Rechte durchzusetzen, die national so nicht möglich waren. Dabei wirkten zentral Lokalpolitiker*innen mit, aber auch Gerichte. Wenn auch keine zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, muss deren Rolle bei der Rechtsdurchsetzung und -entwicklung gerade in Staaten markiert werden, die keine relativ schnelle Folge von Verfassungen als neuen Rechtsrahmen kennen oder kannten. In Kolumbien fand die Rechtsentwicklung deutlich auch über Gerichte statt, in Ecuador hingegen insbesondere durch Rechtssetzungen wie in neuen Verfassungen. Beide Wege ließen und lassen zivilgesellschaftliches Agieren zu, verlangen aber ein angepasstes jeweils anderes. Dies Bedeutung angepassten Agierens zeigte sich in der Gegenüberstellung von Kolumbien und Ecuador, aber auch auf globaler Ebene.

All diese Ergebnisse müssen hier als Tendenzergebnisse gefasst werden. Keineswegs führt ein Anschluss an einen Friedensdiskurs stets zu einer erfolgreichen Rechtsdurchsetzung, noch unterbindet ein starker Staat stets eine zivilgesellschaftliche Rechtsdurchsetzung. Dennoch zeigen und zeigten sich Tendenzen die über den Vergleich zweier respektive dreier Länder hinausreichen und verallgemeinerbarer sind, gerade in der Kontrastierung von Ecuador und Kolumbien. Beide Länder rein formal verglichen zeigen deutliche Unterschiede in der Rechtssetzung, Ecuador kennt ein Recht auf eine eigene sexuelle Identität sogar in der Verfassung, Kolumbien nur lokal. Doch gleichfalls mit Bezug auf die Rechtspraxis und verbundene Aktivitäten zeigt sich ein kontrastierendes Bild, jedoch mit anderen Vorzeichen. Dabei zeigt(e) sich ab den 2000er Jahren Kolumbien zumindest lokal deutlich voranschreitend. Dies lag und liegt mindestens mit an zugehörigen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sowie deren Vernetzung. Anliegen dieser Studie war es Akteur*innen zu folgen, um die Reichweite und Entwicklung Sexueller und Reproduktiver Rechte global und exemplarisch in drei Ländern nachzuvollziehen. Dabei zeigte sich schon global wie transnational die Bedeutung vernetzten zivilgesellschaftlichen Agierens um entsprechende Konzepte nicht nur zu verbreiten, sondern vor allem um diese zu öffnen, von einem Recht auf Familienplanung und Frauenrechten hin zu einem Konzept Sexueller und Reproduktiver Rechte, welches auch LGBTIQ* mindestens berücksichtigt(e). Vergleichbares zeigte sich in allen drei betrachteten Ländern bis zu den 1990er Jahren. In allen gab es eine aktive Bewegung für Frauenrechte, in allen wurden Sexuelle und Reproduktive Rechte vor den 1990er Jahren thematisiert, ausgehend von einer aktiven und vernetzten Zivilgesellschaft. Doch danach änderten sich die Vorzeichen und Entwicklungen. Venezuela, mit dem Schwenk hin zur Konzeption einer umfassenden Revolution unter Chávez, sah kaum noch eine Betonung Sexueller und Reproduktiver Rechte, mehr noch wurden diese weniger noch als zuvor betont, auch um des gesellschaftlichen Friedens willens. In Ecuador dauerte der Prozess länger, erst erfolgte eine Rechtssetzung in einem Ausmaß, die auch international Lob und Bewunderung erfuhr, bis zum Verfassungsrecht auf die eigene sexuelle Identität. Doch schon in diesem Moment steckten auch Gegentendenzen wie die weitere Fundierung eines eher „klassischen“ Familienbildes. Zudem ging diese Entwicklung mit einer zunehmenden Staatszentrierung und der Skepsis gegenüber zivilgesellschaftlichen Aktivitäten einher. Die Rechtsdurchsetzung fiel so zunehmend in die Hände des Staates; zivilgesellschaftliche Aktivitäten zur Rechtsdurchsetzung, oder deren Anmahnung, auch nur lokal, wurden zu unterbinden gesucht. Angesichts anderer, wenn nicht gar deutlich anderer staatlicher Fokusse in Ecuador ergab sich so ein klarer Unterschied zwischen der Rechtssetzung und der Rechtsdurchsetzung. Kolumbien ging im Rahmen der Rechtssetzung weiter als Venezuela, aber bei weitem nicht so weit wie Ecuador. Doch entwickelte sich eine deutlich starke Zivilgesellschaft mit inhaltlichem Fokus auf dieses Rechtskonzept, die sowohl vernetzt war und ist, national, lokal, aber auch transnational, als auch gerade lokale Durchsetzungen primär zu erreichen sucht(e), auch als Antwort auf begrenzte bis mangelnde nationale oder auch lokale Staatlichkeit, wie einen teilweise schwach ausgeprägten Zentralstaat, zumindest im Vergleich etwa mit Ecuador. So vergleichbar also die zumindest zivilgesellschaftlichen Startbedingungen waren, so unterschiedlich waren die Entwicklungen ab den 1990er Jahren, als mit den drei für das hier untersuchte Thema zentralen internationalen Konferenzen die zugehörigen globalen und transnationalen Bemühungen an Einfluss und Reichweite gewannen. In diesem Rahmen war symbolische Politik durchaus wichtig, dies erklärt das Spotlight auf Ecuador und seine Verfassung 2008. Aber in den 2000er Jahren wurde auch international zunehmend auf die Umsetzung von Politiken verwiesen und geschaut, auf die Rechtsdurchsetzung als Kontrast zur Rechtssetzung. Ehemalige oder potentielle Vorbilder zerschellten so quasi an der Umsetzungs- und Realitätsprüfung. Dies ermöglichte aber auch lokalen oder nationalen Fällen Aufmerksamkeit zu generieren, die sich spezifisch auf die Umsetzung des Rechtskonzepts fokussierten, wie Bogotá in den 2000er Jahren. Und Aufmerksamkeit hieß nicht nur Reichweite für die Inhalte, sondern auch eine gewisse Absicherung dieser, etwa durch internationale Aufmerksamkeit oder auch Supervision. Dies machte aus Ansätzen verstetigte Politiken, was der nicht nur initialen Rolle zugehöriger lokal vernetzter, aber auch darüber hinaus reichender zivilgesellschaftlicher Akteur*innen keineswegs deren Bedeutung nimmt respektive nahm. Diese eher abstrakten und theoretischen Folgerungen und Ableitungen folgen dabei einer genuin empirischen Untersuchung, wie sie in dieser Arbeit betrieben wurde. 

Zusammenfassend erklären und beding(t)en sich somit internationale Entwicklungen und Diskurse und Aktivitäten sowie die hier exemplarisch erfassten nationalen. Das national exemplarisch nachvollzogene Agieren bedurfte des internationalen Rahmens, als Referenzpunkt und zur Stärkung der eigenen Argumentationskraft. Aber der internationale Rahmen wurde auch deutlich von nationalen Exempeln (mit)geprägt. Dies meint(e) nicht nur die Strahlkraft von Rechtssetzungen wie jener in Ecuador, sondern auch den Lerneffekt aus erfolgreichen oder gescheiterten Bemühungen der Rechtssetzung und beziehungsweise oder der Rechtsdurchsetzung. So muss die staatlich-zivilgesellschaftliche Kooperation in Bogotá in den 2000er Jahren auch als Folge internationaler wie nationaler Erfahrungen gedeutet werden, zugleich aber auch auf die weiteren nationalen wie internationalen Entwicklungen zurückwirkend. Statt einem durchaus auch immer wieder stilisierten Gegeneinander wurde das Miteinander betont und unterstrichen. Dies kann dabei nicht als rein kolumbianisches Agieren gedeutet werden, schon nicht auf Grund der deutlichen Beteiligung transnationaler Akteur*innen, zumeist in Vernetzung, aber auch nicht, da sich hier praktisch umgesetztes Erfahrungswissen zeigte. Den Fokus mindestens ebenbürtig auf die Rechtsdurchsetzung neben der Rechtssetzung zu setzen resultierte auch aus Erfahrungen wie jenen Ecuadors, bei denen sich gezeigt hatte, dass eine progressive Rechtssetzung noch keineswegs eine progressive Rechtsdurchsetzung zur Folge hatte. Dies zeigt die Verbindung der hier untersuchten Ebenen, deutlich aber auch deren Unterschiede, die hier differenziert beschrieben wurden. Sollten diese auf wenige Aspekte zurückgeführt werden, müsste wohl auf die Rolle zivilgesellschaftlichen Agierens, aber auch entsprechenden vernetzten Handelns verwiesen werden.

Doch all diese Erkenntnisse sagen wenig aus bezüglich des spezifischen Bezugspunkts, Sexuellen und Reproduktiven Rechten, sondern sind vielmehr verallgemeinerbare Ergebnisse zu Fragen der Rechtssetzung und Rechtsdurchsetzung. Auch daher gilt es abschließend nochmals spezifischer auf das Rechtskonzept als solches zu fixieren, mit Rekurs auf die vier hier betrachteten Ebenen, eine globale, eine ecuadorianisch-nationale, eine kolumbianisch-nationale und eine venezolanisch-nationale.

 

 

 

11. Fazit: Mehr Rechte, ein neues Label oder eine neue Gesellschaft?

Der Diskurs über Sexuelle und Reproduktive Rechte verändert(e) nicht nur die Vorstellungen von Geschlechtern und Identitäten, er bot und bietet auch die Möglichkeit der Anknüpfung und Sichtbarmachung für diverse Gruppen. Nicht nur die Verankerung entsprechender Rechte war und ist dabei ein Ziel, sondern letztlich auch eine tatsächlich andere Gesellschaft mit deutlichen und umgesetzten Minderheitenrechten, gerade auch für sexuelle Minderheiten. So verknüpfen und verknüpften sich die Debatten über Sexuelle und Reproduktive Rechte und Menschen- und Minderheitenrechte immer wieder, aber auch Diskurse und Handlungsebenen multipler zivilgesellschaftlicher, gerade auch global agierender oder ausgerichteter zivilgesellschaftlicher Akteur*innen. All dies lässt und ließ sich im Rahmen des hier verfolgten exemplarischen und bedingt komparativen Ansatzes zeigen – dies trieb diese Studie an. Doch handelt es sich bei Sexuellen und Reproduktiven Rechten um keinen abgeschlossenen, quasi einmal erreichten Themenkomplex. Vielmehr wird weiter über und um Sexuelle und Reproduktive Rechte gerungen, sowohl um die Rechtssetzung, doch gerade auch um die Rechtsumsetzung und -interpretation. Nicht nur in Europa, sondern global, und deutlich auch in Latein- und Südamerika, zeigt sich dabei seit einigen Jahren ein Erstarken von so fassbaren Anti-Gender-Bewegungen, die eine Öffnung von Rechten, Normen, Vorstellungen oder Bildern für diverse statt binäre sexuelle und geschlechtliche Identitäten zu bekämpfen und einzudämmen suchen. In diesem Kontext erweist sich nochmals der deutliche und massive Unterschied zwischen der Rechtssetzung und der Rechtsdurchsetzung, denn oftmals wird unter demselben begrifflichen Dach, mit Referenz zu den gleichen gesetzten Rechten, und zivilgesellschaftlich organisiert vorgegangen. Dies eint und einte immer wieder jene, die für eine breite Interpretation Sexueller und Reproduktiver Rechte eintraten und jene, die diesen enge Grenzen zu geben suchten, ohne das Rechtskonzept an sich zu negieren. Dies konnte hier exemplarisch für den Untersuchungszeitraum nachvollzogen werden, zeigt sich aber auch heute vielerorts in Lateinamerika.[537]

Ziel dieser Arbeit war es, durch die Verbindung einer globalen Betrachtungsebene mit exemplarischen national basierten Untersuchungsfällen, Aussagen zu Einflusswegen auf Inhalte und Umsetzungen treffen zu können. Dies wurde bereits im letzten Kapitel an Hand von Policynetzwerken deutlich diskutiert. Gleichfalls sollten zentrale Akteur*innen identifiziert werden, was auch auf exemplarisch-nationaler Ebene in den zugehörigen Kapiteln vollzogen wurde. Dies bestätigte die Eingangsthese der zentralen Bedeutung zivilgesellschaftlicher Akteur*innen für die Verbreitung und Etablierung Sexueller und Reproduktiver Rechte in einer breiten Auslegung. Zuletzt jedoch sollten auch Diskursveränderungen erfasst werden und die These diskutiert werden, ob Sexuelle und Reproduktive Rechte das Vehikel der Wahl waren, um nicht nur eine rechtliche Anerkennung multipler sexueller Identitäten zu erreichen, sondern auch eine verbundene gesellschaftliche Anerkennung und letztlich einen gesellschaftlichen Wandel an sich. Diese Ziele wurden global verfolgt, durchaus im Sinne einer Elitenbeeinflussung, aber auch regional, national oder lokal. Tatsächlich konnte hier die Bedeutung dieses Vehikels, des Konzeptes Sexueller und Reproduktiver Rechte, immer wieder deutlich aufgezeigt werden. Dabei zeigte sich wie selektiv dieses Themenfeld besetzt und betont werden konnte, kann und wurde, wie offen das Konzept für eine spezifische Aneignung war und ist. Generell und primär handelt(e) es sich um ein Rechtskonzept mit deutlicher Verbindung zu Menschenrechten. So wurde das Konzept entwickelt und auch von vielen vorangebracht. Schon dies ließ einen großen Spielraum zu entlang von Fragen wie der Bedeutung, inhaltlichen Füllung, Reichweite oder Interpretierbarkeit der zugehörigen Rechten. Nicht nur entlang von Fragen wie der Betonung eines Rechts-zu oder eines Schutz-vor trennten sich die Sichtweisen und Agenden. Auch entwickelten sich bald weitere Inhalts- und Themenfelder unter dem Oberbegriff Sexuelle und Reproduktive Rechte. So wurde von nicht wenigen eine zugehörige Gesundheitskonzeption besonders betont, immer wieder selektiv als Reproduktive Gesundheit, oder auch eine zugehörige Bildungskonzeption. Beides durchaus auch aus strategischen Erwägungen, so dieses Rechtskonzept leichter oder widerstandsfreier etablieren zu können. Dies zeigt und zeigte, wie schwierig bis unmöglich es ist, von Sexuellen und Reproduktiven Rechten als klar begrenztem Korpus zu schreiben oder zu sprechen. Teilweise wurde bewusst dieses Dach gewählt, ein Ziel im Sinne von oder mit Verweis auf Sexuelle und Reproduktive Rechten durchzusetzen gesucht, beispielsweise ein Recht auf Abtreibungen, in anderen Fällen jedoch wurde sich deutlich davon distanziert oder wurden selektiv Sexuelle oder Reproduktive Rechte betont – das offene Dach bot strategische Anknüpfungen oder Distanzierungen de facto an, aber mit Grenzen. Ab den 1980er Jahren nämlich, und ganz deutlich dann nach den Konferenzen der ersten Hälfte der 1990er Jahre, konnte dieses Rechtskonzept nicht mehr umgangen werden, wenn es um Fragen von Familie, Sexualität, Reproduktion oder auch verbundener Identität ging. Dies negiert nicht Kritik an diesem Konzept beispielsweise als schlichtes neues Label für ältere Familienplanungsideale, deren Vertreter*innen der Kritik an diesen Idealen durch das neue Label und die neue Begrifflichkeit zu begegnen suchten. Denn tatsächlich nahmen vorherige Vertreter*innen von Familienplanungsidealen das neue Konzept breitwillig an und propagierten immer wieder ihre alten Konzepte unter dieser neuen Begrifflichkeit. Dies zeigte sich global, aber auch in allen hier exemplarisch untersuchten Ländern. Doch war dies nur eine Minderheit der im Kontext von Sexuellen und Reproduktiven Rechten aktiven Akteur*innen, noch dazu eine, die kleiner wurde und nicht größer. Denn selbst wenn Sexuelle und Reproduktive Rechte als neues Label für alte Konzepte gedacht worden sein sollten, so öffneten sie doch als Rechtskonzept Türen zu neuen Vorstellungen, Forderungen, aber auch Allianzen, unabhängig davon, wie intendiert dies war.

Ab Mitte der 1990er Jahre wurde zunehmend deutlich, dass Sexuelle und Reproduktive Rechte mehr waren und sein mussten als ein ’Recht auf Familienplanung Plus’, dafür stand schon die Verbindung zweier Begriffe. Es konnte unter dem Schirm Sexueller und Reproduktiver Rechte dauerhaft nicht nur für Reproduktive Rechte und Pflichten gekämpft werden, wie einige Akteur*innen es weiterhin versuchten. Dafür konnten zu viele andere Akteur*innen die darin mehr sahen oder sehen wollten ebenfalls auf dieses Rechtskonzept verweisen, und dafür wurde an manchen Orten und in manchen Kontexten zu deutlich darüber hinausgegangen, was zuvor unter Reproduktiven Rechten gefasst wurde. Im Kontext dieser Fortentwicklung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten zu tatsächlichen umfassenderen neuen Rechten sind mindestens drei prägende Aspekte zu nennen: Das eine waren internationale, aber auch regionale Rahmensetzungen, die deutlich machten, dass Sexuelle und Reproduktive Rechte mehr sein sollten beziehungsweise mehr waren als Reproduktive Rechte oder Gesundheit, die jenes neue Rechtskonzept mit den unterschiedlichsten Themen und Feldern verbanden. Dazu kamen zweitens nationale Fortschritte. In diesem Kontext sind die Verfassungen Ecuadors zu nennen, bereits jene von 1998, ganz deutlich dann jene von 2008, die eine eigene Interpretation von Sexuellen und Reproduktiven Rechten bot, durchaus mit einer gewissen Breite, aber auch teilweisen Begrenzungen, und eine Strahlkraft weit über Ecuador, aber auch über Lateinamerika hinaus hatte. Zuletzt und drittens ist jenes Zusammenwirken unterschiedlichster Akteur*innen zu nennen, wie es im Rahmen des letzten Kapitels nochmals hervorgehoben wurde. Das Wirken als Policynetzwerk erlaubte es Anliegen nach vorne zu bringen, die sonst kaum Reich- oder Hörweite hatten. Schon zuvor gab es beispielsweise aktive Homosexuellenbewegungen, global, aber auch in den drei hier exemplarisch betrachteten Ländern, aber aus ihrer begrenzten Nische kamen diese vor allem durch eine Verbindung mit anderen Akteur*innen. Diese wiederum war zumeist nur möglich, immer jedoch leichter möglich durch das gemeinsame Dach im Sinne eines offenen Konzeptes und verbindenden Begriffes als Referenzpunkt der Verbindung. Ganz praktisch führte dies zu tatsächlich neuen Rechten im Sinne der Rechtssetzung. Es kam nicht lediglich zu einer Erweiterung existenter Rechte, wie des Rechtes die Anzahl und den Abstand der eigenen Kinder festzulegen, nein, es gab genuin neue Rechte. Diese etablierten sich vor allem im Bereich von Rechten für Homosexuelle, aber auch Sexuellen Rechten spezifisch für als Frauen konzipierte Menschen. Dazu kamen aber immer wieder auch Rechte respektive Rechtssetzungen, die eine gewissen Offenheit erlaubten, eine Auslegung als Recht für die diversesten möglichen sexuellen Identitäten. International erfolgte dies durch die Etablierung Sexueller und Reproduktiver Rechte als genuines Menschenrecht sowie immer wieder verbundene Erweiterungen und Konkretisierungen, die zunehmend deutlich über binäre Geschlechtskonstruktionen hinaus gingen. National wurden diesbezüglich sehr unterschiedliche Wege eingeschlagen: Exemplarisch zeigte sich, Ecuador setzte auf eine massive und höchste Rechtssetzung, durch die Etablierung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in der Verfassung. Kolumbien hingegen entwickelte das Rechtskonzept durch lokale Erlasse und Gerichtsurteile. Venezuela zuletzt entwickelte dieses Rechtskonzept auch, begrenzte es dabei jedoch massiv, so dass ab Ende der 1990er Jahre eine zunehmend entgegengesetzte Tendenz der Auslegung Sexueller und Reproduktiver Rechte in Venezuela und global zu verzeichnen war und ist.

Konnte also hier gezeigt werden, dass Sexuelle und Reproduktive Rechte mehr als nur ein neues Label, sondern genuin neue Rechte waren und sind, ist eine entsprechende Feststellung bezüglich des dritten „Schritts“, wie ihn die Überschrift dieses Kapitels zur Frage stellt, eine resultierende ’neue Gesellschaft’, deutlich schwieriger. Es kann hervorgehoben werden, dass das Wirken in Policynetzwerken durchaus dazu führte, dass es vielerorts zu einer breiteren Akzeptanz und Sichtbarkeit unterschiedlicher sexueller Identitäten kam, global, aber auch in den drei hier untersuchten nationalen Fällen, dabei mehr oder weniger. Doch macht eine Pride-Parade noch keinen alltäglichen Wandel, und dies zeigte sich sowohl in Kolumbien wie in Ecuador und Venezuela immer wieder deutlich. Vielmehr ging es bei den Bemühungen um weitreichende gesellschaftliche Veränderungen zum einen darum, die Rechtsauslegung zu erweitern – war und ist es nicht auch ein Sexuelles und Reproduktives Recht, dass nicht heteronormative Paare Kinder adoptieren dürfen? –, zum anderen die tatsächliche Rechtsdurchsetzung zu beeinflussen. Gleiche Chancen oder ein Recht auf Nichtdiskriminierung auf dem Papier sind etwas anderes als eine entsprechende Umsetzung und Realisierung. Gerade in diesem Feld zeigte sich die notwendige Verbindung zu zivilgesellschaftlichen Akteur*innen. Eine staatliche Agenda Sexueller und Reproduktiver Rechte zeigte sich längerfristig immer wieder begrenzt, etwa durch neue Fokusse, fehlende gesellschaftliche Ver- und Anbindungen oder politische Generalisierungen. Exemplarisch zeigte sich dies in Ecuador. Jedoch eine entsprechende zivilgesellschaftliche Agenda konnte durchaus weiter reichen, zu einer tatsächlichen Rechtsdurchsetzung und einem zugehörigen Monitoring, auch nach einer entsprechenden Rechtssetzung. Tatsächlich zeigten sich zivilgesellschaftliche Akteur*innen gerade beim Agenda Setting als zentral, global, aber auch in allen drei hier exemplarisch betrachteten Ländern. Erst so entstand beispielsweise ein breiteres Bewusstsein möglicher nichtbinärer sexueller Identitäten in Breite, erst so wurde nicht nur aus LGBT nach und nach LGBTIQ*, sondern es wurden auch rechtliche Lücken deutlich und Rechtskollisionen wurden Diskursgegenstand. Dies galt und gilt exemplarisch aufgezählt für die Frage kollektiver Minderheitenrechte und deren Stellung zu Sexuellen und Reproduktiven Rechten genauso wie für die Rechtsdurchsetzung jener in Zonen begrenzter Staatlichkeit. Doch beeinflusst Agenda Setting vor allem die Rechtssetzung. Die Rechtsdurchsetzung hingegen wird oftmals staatlich monopolisiert, kann damit aber auch deutliche Begrenzungen erfahren, etwa mit Bezug auf die Berichtsmöglichkeit von Rechtsverletzungen sowie verbundene Konsequenten oder die Diskussion der Rechtsreichweite. Eine staatliche Rechtssetzung setzt auch Grenzen, die zivilgesellschaftlich diskutiert und übergangen werden können respektive konnten, gerade auch im Rahmen der Rechtsdurch- und -umsetzung. Dies führte erst zu immer weiter reichendem Agenda Setting. Aber zivilgesellschaftlich kann auch spezifisch auf die Durchsetzung gesetzter Rechte gedrungen werden, etwa indem Fälle vor Gerichte gebracht, Probleme publik gemacht und verbreitet werden, oder aber Präsenz gezeigt wird. Dies meint(e) und umfast(e) immer wieder auch die Stärkung von Betroffenen, etwa durch Rechtsberatungen. Ist einem solchen Agieren jedoch eine deutliche Grenze gesetzt, werden zivilgesellschaftliche Aktivitäten einer massiven Kontrolle und beziehungsweise oder Begrenzung unterworfen, dann muss die Reichweite der Rechtsdurchsetzung als sehr begrenzt markiert werden. Dies zeigte sich in Venezuela, schon bezüglich der Rechtserweiterung und des Agenda Setting, aber auch in Ecuador mit Bezug auf die Rechtsdurchsetzung. Eine wirklich ’neue Gesellschaft’ war so nicht zu erreichen. Zugleich gilt es vorsichtig mit entsprechenden Begrifflichkeiten und Konzepten zu sein, eine ’neue Gesellschaft’ entsteht weder in kurzer Zeit noch ist ein entsprechender Wandel vor Rückschlägen oder Gegenbewegungen gefeit, wofür jene eingangs des Fazits erwähnten erstarkenden Anti-Gender-Bewegungen in Lateinamerika stehen. Doch wenn es im hier untersuchten und national exemplarisch konkretisierten Feld zumindest Tendenzen zu einer ’neuen Gesellschaft’ gab, dann wohl am ehesten in Bogotá in respektive ab den 2000er Jahren. Dabei zeigte sich die zentrale Bedeutung staatlich-zivilgesellschaftlicher Zusammenarbeit für gemeinsame Anliegen sowie von strategischem und schrittweisem Voranschreiten, zur Etablierung, aber auch Festigung eines gesuchten Wandels. Es wurde dort in diesen Jahren keine einmalige Rechtssetzung wie in Ecuador vorgenommen, sondern schrittweise neue Rechte geschaffen, was zugleich die Akzeptanz und Sichtbarkeit jener dabei inkludierten in ihrer eigenen Breite und Diversität erhöhen sollte. Zudem blieb es nicht bei Rechtssetzungen, sondern dazu kamen im Sine der Rechtsdurch- und -umsetzung verbundene Aktivitäten wie kulturelle Veranstaltungen, Maßnahmen zur Steigerung der Sichtbarkeit, aber beispielswiese auch der Gender-Sensibilität bei öffentlichen Stellen. Dies alles kam nicht aus dem leeren Raum, sondern basierte auf deutlichen zuvor gehenden zivilgesellschaftlichen Aktivitäten, aber es konnte nur Erfolge zeigen im gemeinsamen verbundenen Wirken diverser zivilgesellschaftlicher und staatlicher Akteur*innen unter einem offenen konzeptionellen Dach, hin zu einer Rechtsdurchsetzung, und nicht nur einer Rechtssetzung. Die Offenheit des Konzeptes Sexueller und Reproduktiver Rechte war dabei letztlich eine Grundbedingung für die Möglichkeit dieser Wandlungsprozesse, so konnten sich durchaus unterschiedliche Akteur*innen für ein gemeinsames Ziel vereinen und in eine Diskussion über Inhalte und Maßnahmen treten, ohne umgehend in Opposition zueinander zu stehen. Es galt nicht des einen Erfolg war des anderen Misserfolg, sondern gemeinsam für Veränderungen zu wirken, die diskursiv entwickelt und weiter entwickelt wurden. Dabei zeigte sich zugleich auch die Bedeutung globaler Diskurse, Setzungen, aber auch Vernetzungen, die Bogotá als Fall der Umsetzung und Entwicklung Sexueller und Reproduktiver Rechte sowohl publik machten, als auch inhaltlich beeinflussten wie von diesem beeinflusst wurden. Dort zeigte sich, Sexuelle und Reproduktive Rechte können zu einer Art ’neuen Gesellschaft’ führen, wenn auch unklar bleiben muss im Rahmen dieser Studie, wie langfristig dieser Wandel ist. Und so zeigt sich als ein weiteres Fazit dieser Studie wie zentral eine tiefer gehende Analyse von Wandlungsprozessen ist, eine Kontrastierung von Rechtssetzung und -durchsetzung – denn erst dies zeigte hier exemplarisch die Bedeutung von lokalen oder auch nationalen, aber global vernetzten und beeinflussten wie beeinflussenden zivilgesellschaftlichen Aktivitäten, die durchaus eine Verbindung mit staatlichen Akteur*innen suchen, so im Rahmen von Policynetzwerken, ohne sich von diesen vereinnahmen zu lassen. Erst diese Zutaten machen und machten aus Sexuellen und Reproduktiven Rechten mehr als neue Rechte, sondern die Grundlage einer tatsächlich anderen, und so neuen Gesellschaft.

 

 

 

Literaturverzeichnis:

Adriana Serrano Murcia: Enfoque de género en los procesos de DDR, in: Centro Nacional de Memoria Histórica (Hrsg.): Desafíos para la reintegración. Enfoques de género, edad y etnia, Bogotá: Centro Nacional de Memoria Histórica 2013, S. 34-115.

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Sabine Kurtenbach: Zivilgesellschaft und zivile Konfliktregelung. Der Beitrag der Zivilgesellschaft zur Beendigung bewaffneter Konflikte, in: Peter Hengstenberg, Karl Kohut & Günther Maihold (Hrsg.): Zivilgesellschaft in Lateinamerika. Interessenvertretung und Regierbarkeit, Frankfurt (Main): Vervuert 2000, S. 221-236.

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Sirkku K. Hellsten: Beyond Europe: Rhetoric of Reproductive Rights in Global Population Policies, in: Heather Widdows, Itziar Alkorta Idiakez & Aitziber Emaldi Cirión (Hrsg.): Women’s Reproductive Rights, New York: Palgrave Macmillan 2006, S. 199-213.

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Sonia Santoro: Periodismo con G. Entrevistas en perspectiva, Buenos Aires: Editorial Biblos 2016.

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Tamara Adrián: Estereotipos de género, discriminación y protección legal en América Latina: Análisis comparativo, in: Daniel Balderston / Arturo Matute Castro (Hrsg.): Cartografías queer: sexualidades y activismo LGBT en América Latina, Pittsburgh: Instituto Internacional de Literatura Iberoamericana 2011, S. 19-58.

Tamara Adrián: Visibilizando las formas invisibles de violencia de género, in: Úrsula Straka (Hrsg.): Violencia de género, Caracas: Universidad Católica Andrés Bello 2015, S. 17- 36.

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Teresa Huhle: Bevölkerung, Fertilität und Familienplanung in Kolumbien. Eine transnationale Wissensgeschichte im Kalten Krieg, Bielefeld: transcript 2017.

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Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia: Un espacio para leer relaciones de poder, formación de actitudes y valores humanos, Bogotá: Universidad Distrital Francisco José de Caldas / COLCIENCIAS 1999.

 
Glossar:

ACEP: Asociación Colombiana para el Estudio de la Población

AVESA: Asociación Venezolana para una Educación Sexual Alternativa

CDD: Católicas para el Derecho a Decidir

CECIM: Comité Ecuatoriano con la Comisión Interamericana de Mujeres

CEPAL: Comisión Económica para América Latina y el Caribe

CEPAM: Centro Ecuatoriano de Promoción y Acción de la Mujer

CES: Centro de Estudios Sociales

CIM: Comisión Interamericana de Mujeres

CISFEM: Centro de Investigación Social, Formación y Estudios de la Mujer

CLADEM: Comité de América Latina y el Caribe Para la Defensa de los Derechos de la Mujer

CLAM: Centro Latinoamericano de Sexualidad y Derechos Humanos

CONAIE: Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador

CONAMU: Consejo Nacional de la Mujer

CONG: Coordinadora de Organizaciones no Gubernamentales de Mujeres

CPME: Coordinadora Política de Mujeres Ecuatorianas

ECOSOC: Economic and Social Council

ESAP: Escuela Superior de Administración Pública

FARC: Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia

FLASCO: Facultad Latinoamericana de Ciencias Sociales

ILDIS: Instituto Latinoamericano de Investigaciones Sociales

ININCO: Instituto de Investigaciones de la Comunicación de la Universidad Central de Venezuela

INNFA: Instituto Nacional del Niño y la Familia

MAV: Movimiento Ambiente Venezuela

MGR: Movimiento Gay Revolucionario

NGOs: Non-Governmental Organizations

OAS: Organization of American States

PAHO: Pan American Health Organization

PLAFAM: Asociación de Planificación Familiar

PLANESA: Plan Nacional para la Educación de la Sexualidad y el Amor

PNSSR: Programa Nacional de Salud Sexual y Reproductiva

PROVEA: Programa Venezolano de Educación Acción en Derechos Humanos

RCMDSR: Red Colombiana de Mujeres por los Derechos Sexuales y Reproductivos RSLAC: Red de Salud de Mujeres Latinoamericanas y del Caribe

REDFEM: Red Feminista Latinoamericana y del Caribe contra la Violencia Doméstica y Se- xual

REDPOB: Red de Población

REPED: Red de Educación Popular Entre Mujeres de América Latina y el Caribe

RIAS: Red Intersectorial de Adolescencia y Sexualidad

SILOGIA: Sistema Logístico de Insumos Anticonceptivos

UNDP: United Nations Development Programme

UNESCO: United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization

UNFPA: United Nations Population Fund

WHO: World Health Organization

 

 

[1] Vgl. Bonnie L. Shepard: Redes de ONGs reivindicativas en América Latina: lecciones de la experiencia de promover los derechos reproductivos y de la mujer, in: Carlos Cáceres u. a. (Hrsg.): La Salud como Derecho Ciudadano. Perspectivas y Propuestas desde América Latina, Lima: Facultad de Salud Pública y Administración de la Universidad Peruana Cayetano Heredia 2003, S. 111-134, S. 132 / 133.

[2] Vgl. Roxana Vásquez Sotelo: Justicia para nuestros cuerpos y nuestras vidas. Campaña por una Convención Interamericana por los derechos sexuales y reproductivos, in: Grupo Mujer y Sociedad (Universidad Nacional de Colombia) (Hrsg.): Mujeres, Géneros y Derechos Sexuales y Reproductivos (En otras palabras, 12), Bogotá: Universidad Nacional de Colombia 2003, S. 71-85, S. 71 – 74.

[3] Vgl. Sabine Kurtenbach: Zivilgesellschaft und zivile Konfliktregelung. Der Beitrag der Zivilgesellschaft zur Beendigung bewaffneter Konflikte, in: Peter Hengstenberg, Karl Kohut & Günther Maihold (Hrsg.): Zivilgesellschaft in Lateinamerika. Interessenvertretung und Regierbarkeit, Frankfurt (Main): Vervuert 2000, S. 221-236, S. 222.

[4] Vgl. Manuela Pahde: Die Unterschiede ausmerzen. Warum die Paramilitärs homo-, bi- und transsexuelle Menschen bekämpf(t)en, in: ila (419, 2018), S. 11-13.

[5] Mabel Londoño-Jaramillo: Tolerancia, democracia y elogio a la diferencia. Un análisis desde los derechos LGBTI, in: Andrés Botero Bernal (Hrsg.): Tolerancia y Derecho. Un análisis desde los derechos LGBTI, Medellín: Universidad de Medellín, S. 204.

[6] Vgl. Sabine Kurtenbach: Zivilgesellschaft und zivile Konfliktregelung, S. 223.

[7] Vgl. Instituto Interamericano de Derechos Humanos & Comité de América Latina y el Caribe para la Defensa de los Derechos Humanos de la Mujer: Memoria. I Curso Taller sobre Sistemas de Protección Internacional de los Derechos Humanos de las Mujeres. Realizado del 22 al 26 de julio de 1996, en San José, Costa Rica, San José: Instituto Interamericano de Derechos Humanos / Comité de América Latina y el Caribe para la Defensa de los Derechos Humanos de la Mujer 1997, S. 18.

[8] Instituto Interamericano de Derechos Humanos & Comité de América Latina y el Caribe para la Defensa de los Derechos Humanos de la Mujer: Memoria, S. 19.

[9] Vgl. Instituto Interamericano de Derechos Humanos & Comité de América Latina y el Caribe para la Defensa de los Derechos Humanos de la Mujer: Memoria, S. 18 / 19.

[10] Vgl. Erli Margarita Marín Aranguren: La sociedad civil: un tabú en Colombia, Bogotá: Universidad Externado de Colombia 2011, S. 48 / 49 & 57 / 58.

[11] Vgl. Erli Margarita Marín Aranguren: La sociedad civil, S. 60.

[12] Erli Margarita Marín Aranguren: La sociedad civil, S. 49.

[13] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart. Organizing around Sexual Orientation and Gender Identity Worldwide, New York u. a.: Human Rights Watch 2009, S. 41.

[14] Vgl. Erli Margarita Marín Aranguren: La sociedad civil, S. 51.

[15] Vgl. Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“. Las prácticas reparativas en Ecuador, Quito: Facultad Latinoamericana de Ciencias Sociales (FLASCO) (Sede Ecuador) 2013, S. 56.

[16] Vgl. F. Ferrándiz: Malandros, María Lionza and Masculinity in a Venezuelan Shantytown, in: M. C. Gutmann (Hrsg.): Changing Men and Masculinity in Latin America, Durham / London: Duke University Press 2003, S. 115-133, S. 116 / 117 & 129 / 130.

[17] F. Ferrándiz: Malandros, María Lionza and Masculinity, S. 117.

[18] Vgl. F. Ferrándiz: Malandros, María Lionza and Masculinity, S. 116 / 117 & 129 / 130.

[19] Vgl. X. Andrade: Pancho Jaime and the Political Uses of Masculinity in Ecuador, in: M. C. Gutmann (Hrsg.): Changing Men and Masculinity in Latin America, Durham / London: Duke University Press 2003, S. 281-306, S. 281 – 283.

[20] Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay. Al borde del destape y al margen de la ciudad, Quito: Ediciones Abya-Yala 2010, S. 13.

[21] Vgl. Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 14.

[22] Vgl. Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 61.

[23] Vgl. Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 48.

[24] Vgl. Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 105.

[25] Vgl. S. Dudek u. a. (Hrsg.): Das Recht, anders zu sein. Menschenrechtsverletzungen an Lesben, Schwulen und Transgender, Berlin: Querverlag 2007, S. 87.

[26] Vgl. S. Dudek u. a. (Hrsg.): Das Recht, anders zu sein, S. 90.

[27] Vgl. S. Dudek u. a. (Hrsg.): Das Recht, anders zu sein, S. 87 / 88.

[28] Vgl. S. Dudek u. a. (Hrsg.): Das Recht, anders zu sein, S. 88.

[29] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 02.

[30] Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 02.

[31] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 02 – 05.

[32] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 34.

[33] Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 34.

[34] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 34.

[35] Vgl. Sonia Corrêa, David Paternotte & Roman Kuhar: The globalisation of anti-gender campaigns. Transnational anti-gender movements in Europe and Latin America create unlikely alli- ances, online in: http://www.ips-journal.eu/topics/human-rights/article/show/the- globalisation-of-anti-gender-campaigns-2761/ (letzter Zugriff: 08.06.2018) & Mario Pecheny: Sociability, Secrets, and Identities: Key Issues in Sexual Politics in Latin America, in: Javier Corrales & Mario Pecheny (Hrsg.): The Politics of Sexuality in Latin America. A Reader on Lesbian, Gay, Bisexual, and Transgender Rights, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press 2010, S. 102-121, S. 105 – 107.

[36] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 35.

[37] Vgl. Magdalena Benavente Larios: Intersexualidad: algunos argumentos para la deconstrucción del sistema social y jurídico dicotómico de sexos, in: José María Valcuende del Río, María J. Marco Macarro & David Alarcón Rubio (Hrsg.): Diversidad Sexual en Iberoamérica, Sevilla: Aconcagua Libros 2013, S. 229-238, S. 229 – 238 & Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 35.

[38] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 36.

[39] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 36 / 37.

[40] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 37 / 38.

[41] Vgl. Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 39 / 40.

[42] Human Rights Watch (Hrsg.): Together, Apart, S. 39 / 40.

[43] Vgl. Art. 19 in: o. Hrsg.: Constitución Política de la República del Ecuador. Actualizada a octubre de 1995, Quito: Editorial Jurídica del Ecuador 1995, S. 11/12.

[44] O. Hrsg.: Constitución Política de la República del Ecuador, S. 11.

[45] O. Hrsg.: Constitución Política de la República del Ecuador, S. 12.

[46] Vgl. o. Hrsg.: Constitución Política de la República del Ecuador, S. 17.

[47] O. Hrsg.: Constitución Política de la República del Ecuador, S. 18.

[48] Vgl. Aleyda Quevedo Rojas (Hrsg.): Compromisos del Ecuador en las conferencias mundiales de Naciones Unidas, Quito: United Nations Development Programme (UNDP) 2000, S. 11.

[49] Aleyda Quevedo Rojas (Hrsg.): Compromisos del Ecuador, S. 14.

[50] Vgl. Carolina Páez Vacas: Travestismo urbano. Género, Sexualidad y Política, MA-Arbeit FLASCO Sede Ecuador, Quito: FLASCO (Sede Ecuador) 2009, S. 54 – 69.

[51] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo. Derechos sexuales en Ecuador, Quito: Abya-Yala u. a. 2008, S. 17 & 43.

[52] Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 43.

[53] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 44.

[54] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 45.

[55] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 60.

[56] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 46.

[57] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 57 – 60.

[58] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 46 – 48.

[59] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 51.

[60] Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 61.

[61] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 62.

[62] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 79 – 83.

[63] Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 100.

[64] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 83 / 84.

[65] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 85.

[66] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 92 – 95.

[67] Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 101.

[68] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 86 – 92.

[69] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 64 / 65.

[70] Vgl. CLADEM (Hrsg.): Diez años de avances legales después del Cairo, Lima: CLADEM 2004, S. 55 – 57.

[71] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador. Decreto Legislativo No. 000. RO/ 1, 11 de Agosto de 1998, Quito: Nuevo Arte 2001, S. 03.

[72] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador,S. 07.

[73] Vgl. Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador,S. 09.

[74] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador, S. 08.

[75] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador,S. 09.

[76] Vgl. Red Intersectorial de Adolescencia y Sexualidad (RIAS) (Hrsg.): Género, adolescencia y derechos sexuales y reproductivos, Quito: RIASo. J. (ca. 2002), S. 67.

[77] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador,S. 15.

[78] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador, S. 18.

[79] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador,S. 18

[80] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador, S. 19.

[81] Vgl. Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador, S. 19.

[82] Vgl. Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador,S. 19.

[83] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador, S. 20.

[84] Corporación Latinoamericana para el Desarrollo (Hrsg.): Constitución Política de la República del Ecuador,S. 30.

[85] Vgl. Consejo Nacional de Salud (Hrsg.): Plan de Acción de la Política de Salud y Derechos Sexuales y Reproductivos2006-2008, 4. Auflage, Quito: Consejo Nacional de Salud 2007, S. 12.

[86] Vgl. Edgar Tello: Movimiento indígena y sistema político en Ecuador. Una relación conflictiva, Quito: Abya Yalau. a. 2012, S. 61 – 78 & Raúl Llásag Fernández: Movimiento indígena del Ecuador a partir del siglo XX: visibilizando el resurgir, sus avances y retrocesos, in: Augustín Grijalva Jiménez & Boaventura de Sousa Santos (Hrsg.): Justicia indígena, plurinacionalidad e interculturalidad en Ecuador, Quito: Abya Yala2012, S. 83-156, S. 122 – 125.

[87] Vgl. Edgar Tello: Movimiento indígena y sistema político en Ecuador, S. 79 – 81 & Raúl Llásag Fernández: Movimiento indígena del Ecuador, S. 125 – 134.

[88] Vgl. Jennie Carrasco Molina: Silencios rotos: Historia de un camino. Un acercamiento a la vida de las mujeres en el Ecuador, in: Marisol Cárdenas Oñate & Cecilia Mena (Hrsg.): Mujeres en la Historia del Ecuador. Género y cultura, Quito: Ministerio de Cultura del Ecuadoro. J. (ca. 2011), S. 39-78, S. 66 – 69.

[89] Vgl. Consejo Nacional de las Mujeres (CONAMU) (Hrsg.): Indicadores de Género. Seguimiento y evaluación del Programa de Acción Regional para las Mujeres de América Latina y el Caribe, 1995-2001 y la Plataforma de Beijing. Propuesta de la CEPAL, Quito: CONAMU 2001, S. 95 – 97.

[90] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 67.

[91] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 68.

[92] Vgl. Judith Salgado: La reapropiación del cuerpo, S. 18.

[93] Vgl. K. A. Sloan: Women’s Roles in Latin America and the Caribbean (Women’s Roles through History), Santa Barbara: Greenwood 2011, S. 173.

[94] Vgl. RIAS (Hrsg.):Género, adolescencia y derechos sexuales, S. 60.

[95] Vgl. Claudia Cristina Cardona Montoya: Al otro lado del espejo: representación y homosexualidad en el festival de cine LGBT El lugar sin límites de Ecuador, MA-Arbeit FLASCO Sede Ecuador, Quito: FLASCO (Sede Ecuador) 2015, S. 18 – 21 & 53 – 57.

[96] Vgl. Jorge C. Ganzino: Historia del Ecuador actualizada, 2. Auflage, Santo Domingo (Ecuador): Print Arts 2004, S. 130 – 133.

[97] Vgl. Jorge C. Ganzino: Historia del Ecuador actualizada, S. 133 – 135.

[98] Vgl. Daniel Balderston & Donna Jay Guy: Introduction, in: Daniel Balderston & Donna Jay Guy (Hrsg.): Sex and Sexuality in Latin America, London / New York: New York University Press 1997, S. 01-08, S. 01 – 08.

[99] Vgl. Edgar Tello: Movimiento indígena y sistema político en Ecuador, S. 94.

[100] Vgl. Jorge C. Ganzino: Historia del Ecuador actualizada, S. 139 – 146.

[101] Vgl. Jorge C. Ganzino: Historia del Ecuador actualizada, S. 146 – 150.

[102] Vgl. Edgar Tello: Movimiento indígena y sistema político en Ecuador,S. 82 – 84 & 99 – 103; Jorge C. Ganzino: Historia del Ecuador actualizada, S. 156 / 157 & Raúl Llásag Fernández: Movimiento indígena del Ecuador,S. 138 – 147.

[103] Vgl. CONAMU / United Nations Population Fund (UNFPA) (Hrsg.): Ecuador 1994-2004. Evaluación del Cumplimiento de los Com- promisos del Ecuador en la Conferencia Internacional sobre Población y Desarrollo. El Cairo 1994, Quito: CONAMU / UNFPA 2004, S. 24 / 25.

[104] Vgl. Aleyda Quevedo Rojas (Hrsg.): Compromisos del Ecuador, S. 12.

[105] Vgl. Aleyda Quevedo Rojas (Hrsg.): Compromisos del Ecuador, S. 09.

[106] Vgl. Aleyda Quevedo Rojas (Hrsg.): Compromisos del Ecuador, S. 08.

[107] Vgl. Aleyda Quevedo Rojas (Hrsg.): Compromisos del Ecuador, S. 11.

[108] Vgl. Aleyda Quevedo Rojas (Hrsg.): Compromisos del Ecuador, S. 13.

[109] Vgl. Aleyda Quevedo Rojas (Hrsg.): Compromisos del Ecuador, S. 05.

[110] Vgl. Aleyda Quevedo Rojas (Hrsg.): Compromisos del Ecuador, S. 08 (Justicia y Derechos Humanos)

[111] Vgl. Edgar Tello: Movimiento indígena y sistema político en Ecuador,S. 82 – 84 & 94 / 95 & Raúl Llásag Fernández: Movimiento indígena del Ecuador,S. 138 – 147.

[112] Vgl. Claudia Cristina Cardona Montoya: Al otro lado del espejo, S. 21 – 23.

[113] Claudia Cristina Cardona Montoya: Al otro lado del espejo, S. 22.

[114] Vgl. Claudia Cristina Cardona Montoya: Al otro lado del espejo, S. 63.

[115] Vgl. CONAMU / UNFPA (Hrsg.): Ecuador 1994-2004, S. 21 – 23.

[116] Vgl. Edgar Tello: Movimiento indígena y sistema político en Ecuador, S. 95.

[117] Vgl. Edgar Tello: Movimiento indígena y sistema político en Ecuador, S. 85.

[118] Tatsächlich muss das Thema Abtreibungen als dauerhaft die ecuadorianische Gesellschaft spaltendes Thema festgehalten werden. Dies zeigt sich dabei nicht nur in Ecuador, sondern ist de facto überall in Lateinamerika, aber auch in vielen anderen Ländern zu konstatieren. Diese Thematik polarisierte in dieser Zeit massiv, hatte es aber auch bereits zuvor und fuhr fort es in Ecuador zu tun. Dies wird hier jedoch auf Grund einer anderen Schwerpunktsetzung dieser Studie nicht weiter vertieft. Vgl. für eine fundierte und differenzierte Darstellung María Soledad Varea Viteri: Actores del aborto: estado, iglesia católica y movimiento feminista, Diss. FLASCO Sede Ecuador, Quito: FLASCO (Sede Ecuador) 2015.

[119] Vgl. Consejo Nacional de Salud (Hrsg.): Plan de Acción, S. 12.

[120] Vgl. Consejo Nacional de Salud (Hrsg.): Plan de Acción, S. 13.

[121] Consejo Nacional de Salud (Hrsg.): Plan de Acción, S. 14.

[122] Vgl. Consejo Nacional de Salud (Hrsg.): Plan de Acción, S. 14.

[123] Consejo Nacional de Salud (Hrsg.): Plan de Acción,S. 16.

[124] Vgl. Consejo Nacional de Desarrollo (Hrsg.): Política de Población de la República del Ecuador, Quito: Consejo Nacional de Desarrollo 1988, S. 47 – 52.

[125] Vgl. Magdalena Sniadecka-Kotarska: Ser Mujer en Ecuador, Warschau: Universidad de Varsovia. Centro de Estudios Latinoamericanos 2006, S. 25 / 26.

[126] Vgl. Gladys Moscoso & Fabiola Solis de King: La Sexualidad Femenina en el Ecuador, Quito: Ed. El Conejo 1987, S. 265 – 267.

[127] Vgl. Magdalena Sniadecka-Kotarska: Ser Mujer en Ecuador, S. 44 – 46.

[128] Vgl. Magdalena Sniadecka-Kotarska: Ser Mujer en Ecuador,S. 46 – 48.

[129] Vgl. Magdalena Sniadecka-Kotarska: Ser Mujer en Ecuador, S. 48 – 50.

[130] Vgl. Gladys Moscoso & Fabiola Solis de King: La Sexualidad Femenina en el Ecuador, S. 348 / 349.

[131] Vgl. Magdalena Sniadecka-Kotarska: Ser Mujer en Ecuador,S. 76 – 78.

[132] Vgl. Gladys Moscoso & Fabiola Solis de King: La Sexualidad Femenina en el Ecuador, S. 347.

[133] Vgl. Gladys Moscoso & Fabiola Solis de King: La Sexualidad Femenina en el Ecuador, S. 341 / 342.

[134] Vgl. Rodrigo Tenorio Ambrossi: La intimidad desnuda. Sexualidad y cultura indígena, Quito: Abya-Yala 2000, S. 30 / 31.

[135] Vgl. Judith Salgado: El reto de la igualdad: género y justicia indígena, in: Augustín Grijalva Jiménez & Boaventura de Sousa Santos (Hrsg.): Justicia indígena, plurinacionalidad e interculturalidad en Ecuador, Quito: Abya Yala 2012, S. 243-278, S. 262.

[136] Vgl. Piedad Vásquez & Helen Maldonado: Trayectorias de vida de transexuales shuar en la ciudad de Cuenca (Ecuador), in: José María Valcuende del Río, María J. Marco Macarro & David Alarcón Rubio (Hrsg.): Diversidad Sexual en Iberoamérica, Sevilla: Aconcagua Libros 2013, S. 67-78, S. 71 – 77.

[137] Vgl. Rodrigo Tenorio Ambrossi: La intimidad desnuda, S. 148.

[138] Peggy Levitt, Sally Engle Merry, Rosa Alayza & Mercedes Crisóstomo Meza: Doing vernacularization. The encounter between global and local ideas about women’s rights in Peru, in: Gülay Caglar, Elisabet Prügl & Susanne Zwingel (Hrsg.): Feminist Strategies in International Governance, London / New York, NY: Routledge 2013, S. 127-142, S. 127.

[139] Vgl. Magdalena Sniadecka-Kotarska: Ser Mujer en Ecuador, S. 139 – 153.

[140] Allerdings blieben dabei Grenzen bestehen. Da das ecuadorianische Strafgesetz 1998 Vergewaltigung noch als lediglich von Männern möglich definierte, waren Vergewaltigungen von Personen anderer sexueller Identitäten durch Nicht-Männer unter diesem Topos nicht zu ahnden. Dies zu Problematisieren bedurfte der entsprechenden zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sowie einer rezeptiven Öffentlichkeit.

[141] Vgl. Selena Xie & Javier Corrales: LGBT Rights in Ecuador’s 2008 Constitution: Victories and Setbacks, in: Javier Corrales & Mario Pecheny (Hrsg.): The Politics of Sexuality in Latin America. A Reader on Lesbian, Gay, Bisexual, and Transgender Rights, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press 2010, S. 224-232, S. 225.

[142] CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008. Derechos de las Mujeres, Quito: CONAMU2008, S. 13.

[143] CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 26.

[144] CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 30.

[145] CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 16.

[146] CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 17.

[147] CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 20.

[148] CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 26.

[149] CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 26.

[150] Vgl. CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 27.

[151] Vgl. Selena Xie & Javier Corrales: LGBT Rights in Ecuador’s 2008 Constitution, S. 226 – 228.

[152] Vgl. CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 28.

[153] CONAMU (Hrsg.): Constitución de la República del Ecuador 2008, S. 28.

[154] Piedad Vásquez & Helen Maldonado: Trayectorias de vida de transexuales shuar en la ciudad de Cuenca, S. 77.

[155] Vgl. RIAS (Hrsg.): Género, adolescencia y derechos sexuales, S. 68 – 76. Ein*e zentrale*r Akteur*in dagegen und in diesem Rahmen ist nachwievor in Ecuador dasCentro Ecuatoriano de Promoción y Acción de la Mujer(CEPAM), welches 1983 gegründet wurde und vor allem für Frauenrechte und gegen intrafamiliäre und sexuelle Gewalt eintritt. Dabei gab und gibt es Programme unter der Fahne von Menschenrechten allgemein, aber auch speziell von Sexuellen und Reproduktiven Rechten oder Partizipation. Bereits 1986 wurde in Ecuador ein Grundrecht auf Gesundheit verankert. Dies bedeutete den Startschuss für entsprechende CEPAM-Aktivitäten. Besonders ging es dem CEPAM dabei darum, Gesundheit und Reproduktion bei Frauen in Ecuador zu trennen, zuvor wurde beides argumentativ stets verbunden. Seit der Konferenz in Kairo arbeitete CEPAM auch zu Sexuellen und Reproduktiven Rechten. Dabei ging es initial vor allem um die Verbreitung des Konzeptes, Ausbildungen verschiedener Akteur*innen zu diesem Thema, aber auch institutionelle Arbeit zum Voranbringen dieses. In diesem Kontext wurde für die Einführung der „Pille danach“ gekämpft und an der Entwicklung der normas de atención en salud reproductivadurch das Ministerio de Salud1998 mitgewirkt. CEPAM wirkte gleichfalls im Rahmen der Ausarbeitung der Verfassung von 1998 mit, in der Gruppe Salud y Género, und sorgte mit für den Beginn der Einbeziehung von Sexuellen und Reproduktiven Rechten in die Verfassung in Ecuador. Die Arbeit zu Jugendlichen war und ist stets zentraler Teil des Wirkens des CEPAM. Vgl. dazu RIAS (Hrsg.): Género, adolescencia y derechos sexuales, S. 76 – 79.

[156] Vgl. Consejo Nacional de Salud (Hrsg.): Plan de Acción, S. 11.

[157] Vgl. Jennie Carrasco Molina: Silencios rotos, S. 70 – 73.

[158] Vgl. Raúl Llásag Fernández: Movimiento indígena del Ecuador, S. 147 – 149.

[159] Vgl. Elizabeth Arauz Ortega: La interculturalidad en el marco de los derechos humanos de las mujeres indígenas y afroecuatorianas, in: Marisol Cárdenas Oñate & Cecilia Mena (Hrsg.): Mujeres en la Historia del Ecuador. Género y cultura, Quito: Ministerio de Cultura del Ecuador o. J. (ca. 2011), S. 89-106, S. 91 – 104 & Martha Cecilia Santillán Sinchico: Mujeres indígenas en los espacios públicos: roles, dificultades e incidencias políticas, in: Marisol Cárdenas Oñate & Cecilia Mena (Hrsg.): Mujeres en la Historia del Ecuador. Género y cultura, Quito: Ministerio de Cultura del Ecuador o. J. (ca. 2011),S. 131-172, 138 / 139 & 153 – 167.

[160] Vgl. Cecilia Mena Carrera: Aproximación al cruce entre la cultura y el género. Una mirada desde los derechos de las mujeres, in: Marisol Cárdenas Oñate & Cecilia Mena (Hrsg.): Mujeres en la Historia del Ecuador. Género y cultura, Quito: Ministerio de Cultura del Ecuador o. J. (ca. 2011), S. 107-130, S. 114 – 127.

[161] Vgl. Gloria Campos & Eurídice Salguero: Derechos de la Mujer Indígena, Quito: Centro de Documentación e Información de los Movimientos Sociales del Ecuador1987.

[162] Gloria Campos & Eurídice Salguero: Derechos de la Mujer Indígena, S. 54.

[163] Gloria Campos & Eurídice Salguero: Derechos de la Mujer Indígena, S. 148.

[164] Gloria Campos & Eurídice Salguero: Derechos de la Mujer Indígena, S. 152.

[165] Vgl. Sandra López Astudillo: Medios de comunicación, imaginario social y relaciones de género, in: Marisol Cárdenas Oñate & Cecilia Mena (Hrsg.): Mujeres en la Historia del Ecuador. Género y cultura, Quito: Ministerio de Cultura del Ecuador o. J. (ca. 2011),S. 233-258, S. 235 – 257.

[166] Vgl. CONAMU / UNFPA (Hrsg.): Ecuador 1994-2004, S. 62 – 65.

[167] Vgl. Plataforma nacional por los derechos de las mujeres (Hrsg.): Agenda Nacional por los derechos de las mujeres ecuatorianas, Quito: UN Mujeres u. a. 2012, S. 05 – 08.

[168] Vgl. CONAMU / UNFPA (Hrsg.): Ecuador 1994-2004, S. 64.

[169] Plataforma nacional por los derechos de las mujeres (Hrsg.): Agenda Nacional por los derechos de las mujeres ecuatorianas, S. 24 / 25.

[170] Vgl. CONAMU / UNFPA (Hrsg.): Ecuador 1994-2004, S. 66 / 67.

[171] Vgl. CONAMU / UNFPA (Hrsg.): Ecuador 1994-2004, S. 52.

[172] Vgl. CONAMU / UNFPA (Hrsg.): Ecuador 1994-2004, S. 91 – 93.

[173] Vgl. Rafael Correa Delgado: Decreto No. 16, online in: http://extwprlegs1.fao.org/docs/pdf/ecu140190.pdf(letzter Zugriff: 23.02.2018).

[174] Vgl. Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana en el laberinto de la Revolución Ciudadana, Quito: FLASCO (Sede Ecuador) 2013, S. 249 – 251.

[175] „Las organizaciones sociales han manifestado sus reservas en torno a este registro, al que han visto como un mecanismo de control político hacia la sociedad civil.” (Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana, S. 250)

[176] Vgl. Mario Faust-Scalisi: Staatliche Rahmen oder staatliche Grenzen zivilgesellschaftlichen Handelns? Eine Betrachtung der organiierten Zivilgesellschaft in Ecuador, in: IfS Analyse. Globale Zivilgesellschaft (2015).

[177] Vgl. Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana, S. 13.

[178] Vgl. Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana,S. 249 / 250.

[179] Vgl. Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana, S. 251.

[180] Vgl. Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana,S. 285 & 357 – 361.

[181] Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana, S. 367.

[182] Vgl. CONAMU / UNFPA (Hrsg.): Ecuador 1994-2004, S. 68 / 69.

[183] María Alexandra Costales Villarroel: Sexualidad Educada: Discursos de Educación Sexual desde el Colegio y el Estado, Quito: Abya-Yala 2011, S. 40.

[184] Vgl. María Alexandra Costales Villarroel: Sexualidad Educada, S. 35.

[185] Vgl. María Alexandra Costales Villarroel: Sexualidad Educada, S. 40 – 45.

[186] Vgl. María Alexandra Costales Villarroel: Sexualidad Educada, S. 93 – 96 & 180 / 181.

[187] Vgl. Comisión Interamericana de Mujeres (CIM) / Comité Ecuatoriano con la Comisión Interamericana de Mujeres (CECIM) (Hrsg.): Diagnóstico de la situación de la mujer en el Ecuador 1980 – 1994. Informe Nacional par la Cuarta Conferencia Mundial sobre la Mujer – Beijing 1995, Quito: CECIM 1994, S. 07.

[188] Boaventura de Sousa Santos: Cuando los excluidos tienen Derecho: justicia indígena, plurinacionalidad e interculturalidad, in: Augustín Grijalva Jiménez & Boaventura de Sousa Santos (Hrsg.): Justicia indígena, plurinacionalidad e interculturalidad en Ecuador, Quito: Abya Yala 2012, S. 13-50, S. 40.

[189] Vgl. Boaventura de Sousa Santos: Cuando los excluidos tienen Derecho,S. 39 – 45.

[190] Vgl. Raúl Llásag Fernández: Movimiento indígena del Ecuador, S. 121.

[191] Raúl Llásag Fernández: Movimiento indígena del Ecuador, S. 121.

[192] Vgl. Judith Salgado: El reto de la igualdad: género y justicia indígena, S. 254.

[193] Vgl. Judith Salgado: El reto de la igualdad: género y justicia indígena, S. 255 – 262.

[194] Vgl. Plataforma nacional por los derechos de las mujeres (Hrsg.): Agenda Nacional por los derechos de las mujeres ecuatorianas, S. 17 -23.

[195] Vgl. Praismel S. A.: Estudio de mapeo y análisis de actores sobre derechos sexuales y derechos reproductivos, in: Comisión de transición hacia el Consejo de las Mujeres y la igualdad de género (Hrsg.): Cómo se viven los derechos reproductivos en Ecuador: escenarios, contextos y circunstancias, Quito: Comisión de transición hacia el Consejo de las Mujeres y la igualdad de género 2011, S. 99-128, S. 123 / 124.

[196] Vgl. Judith Salgado: El reto de la igualdad: género y justicia indígena, S. 262 – 264.

[197] Vgl. Judith Salgado: El reto de la igualdad: género y justicia indígena, S. 264 – 269.

[198] Vgl. Augustín Grijlava Jiménez & José Exen Rodríguez: Coordinación entre justicias, ese desafío, in: Augustín Grijalva Jiménez & Boaventura de Sousa Santos (Hrsg.): Justicia indígena, plurinacionalidad e interculturalidad en Ecuador, Quito: Abya Yala 2012, S. 581-614, S. 599.

[199] Vgl. Marijke Velzeboer, Mary Ellsberg, Carmen Clavel Arcas & Claudia García-Moreno: Violence Against Women: The Health Sector Responds, Washington, DC: Pan American Health Organization (PAHO) 2003, S. 41.

[200] Vgl. S. Dudek u. a. (Hrsg.): Das Recht, anders zu sein, S. 96.

[201] Vgl. S. Dudek u. a. (Hrsg.): Das Recht, anders zu sein, S. 96 / 97.

[202] Vgl. S. Dudek u. a. (Hrsg.): Das Recht, anders zu sein, S. 97 / 98.

[203] Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 14.

[204] Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 47.

[205] Vgl. Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 61 – 63.

[206] Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 63.

[207] Vgl. Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 102 – 108.

[208] Patricio Aguirre Arauz: Quito Gay, S. 108.

[209] Vgl. Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“,S. 55.

[210] Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“,S. 58 / 59.

[211] Vgl. Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“,S. 59 / 60.

[212] Vgl. Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“,S. 60 – 71.

[213] Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“,S. 209.

[214] Vgl. Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“,S. 209 – 211.

[215] Vgl. Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“,S. 213 – 216.

[216] Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“,S. 217.

[217] Vgl. Annie Wilkinson: “Sin sanidad, no hay santidad“,S. 220 – 222.

[218] Vgl. Efraín Torres Chaves: ¿Matrimonios Homosexuales?, o. O.: Efraín Torres Chavez 2004,S. 11 – 16.

[219] Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana, S. 45.

[220] Vgl. Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana, S. 67 – 73.

[221] Vgl. Andrés Ortiz Lemos: La sociedad civil ecuatoriana, S. 87 / 88 & 147 / 148.

[222] Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina. Sujetos sociales, gobierno y mercado en México, Bogotá y Buenos Aires, México: Ediciones y Gráficos Eón 2010, S. 43.

[223] Vgl. Pedro Artieda Santacruz: El arcoíris ilumina el laberinto de la narrativa gay en Ecuador, in: Daniel Balderston / Arturo Matute Castro (Hrsg.): Cartografías queer: sexualidades y activismo LGBT en América Latina, Pittsburgh: Instituto Internacional de Literatura Iberoamericana 2011, S. 131-148, S. 131 – 147.

[224] Vgl. Ricardo Arias Trujillo: Historia de Colombia contemporánea (1920-2010), Bogotá: Universidad de los Andes 2011, S. 169 – 179.

[225] Vgl. Bonnie L. Shepard: Redes de ONGs reivindicativas en América Latina, S. 124.

[226] Escuela Superior de Administración Pública (ESAP) u. a. (Hrsg.): Constitución Política de Colombia 1991, 2. Auflage, Santafé de Bogotá: ESPA u. a. 1992, S. 04.

[227] ESAP u. a. (Hrsg.): Constitución Política de Colombia 1991, S. 04.

[228] ESAP u. a. (Hrsg.): Constitución Política de Colombia 1991, S. 05.

[229] ESAP u. a. (Hrsg.): Constitución Política de Colombia 1991, S. 06.

[230] Vgl. Ricardo Arias Trujillo: Historia de Colombia contemporánea, S. 179 – 181.

[231] ESAP u. a. (Hrsg.): Constitución Política de Colombia 1991, S. 07.

[232] ESAP u. a. (Hrsg.): Constitución Política de Colombia 1991, S. 13 / 14.

[233] ESAP u. a. (Hrsg.): Constitución Política de Colombia 1991, S. 14.

[234] Marco Julián Martínez Moreno u. a.:Panorama Sobre Derechos Sexuales y Reproductivos y Políticas Públicas en Colombia (Colección Documentos), Bogotá: Universidad Nacional de Colombia / Centro Latinoamericano de Sexualidad y Derechos Humanos (CLAM) 2010, S. 115.

[235] Vgl. Florence Thomas: Resignificando la maternidad a la luz de los derechos sexuales y reproductivos, in: Mara Viveros Vigoya, (Hrsg.): Saberes, Culturas y Derechos Sexuales en Colombia, Bogotá: Tercer Mundo 2006, S. 451-464, S. 458.

[236] Vgl. M. Htun: Sex and the State. Abortion, Divorce, and the Family Under Latin American Dictatorships and Democracies, Cambridge: Cambridge University Press 2003, S. 102.

[237] Vgl. Martha Cecilia Londoño López: Movimiento de Mujeres, Feminismo y Proyecto Político en Cali, in: Simone Accorsi & Gabriela Castellanos (Hrsg.): Género y sexualidad en Colombia y en Brasil, Santiago de Cali: La Manzana de la Discordia / Centro de Estudios de Género, Mujer y Sociedad. Universidad del Valle 2002, S. 127-172,S. 127 – 129.

[238] Vgl. Martha Cecilia Londoño López: Movimiento de Mujeres, S. 130.

[239] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 25.

[240] Vgl. Ricardo Arias Trujillo: Historia de Colombia contemporánea, S. 158 – 161.

[241] Vgl. Ricardo Arias Trujillo: Historia de Colombia contemporánea, S. 148 – 150.

[242] Vgl. Ricardo Arias Trujillo: Historia de Colombia contemporánea, S. 151.

[243] Vgl. Ricardo Arias Trujillo: Historia de Colombia contemporánea, S. 151.

[244] Vgl. Ricardo Arias Trujillo: Historia de Colombia contemporánea, S. 181 – 185.

[245] Vgl. Ricardo Arias Trujillo: Historia de Colombia contemporánea, S. 152 – 155.

[246] Vgl. Pachón Rocío: Plan Colombia: Explorando Algunos Mitos y Efectos sobre Política Exterior Colombiana 1998-2006, in: Análisis Político (22-65, 2009), S. 127-145, S. 127-135.

[247] Vgl. Roxana Vásquez Sotelo: Justicia para nuestros cuerpos y nuestras vidas, S. 71-85.

[248] Vgl. Pachón Rocío: Plan Colombia, S. 127-140.

[249] Olga Amparo Sánchez: Situación de los derechos sexuales y reproductivos. Colombia 1995-2000, in: Grupo Mujer y Sociedad (Universidad Nacional de Colombia) (Hrsg.): Mujeres, Géneros y Derechos Sexuales y Reproductivos (En otras palabras, 12), Bogotá: Universidad Nacional de Colombia 2003, S. 86-92, S. 88.

[250] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 104 – 108.

[251] Vgl. Piroska Östlin, Asha George & Gita Sen: Género, salud y equidad: las intersecciones, in: Timothy Evans, Margaret Whitehead, Finn Diderichsen, Abbas Bhuiya & Meg Wirth (Hrsg.): Desafío a la falta de Equidad en la Salud. De la ética a la acción, Washington, DC: Organización Panamericana de la Salud 2002, S. 188-205, S. 202.

[252] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 25 & 39.

[253] Vgl. Olga Amparo Sánchez: Situación de los derechos sexuales y reproductivos, S. 88 – 92.

[254] Norma Rubiano B.: Efectos de la transición demográfica en la familia colombiana, in: Ivette Coll de Pestaña u. a. (Hrsg.): Aspectos de Demografía y Política Social de la Familia, Bogotá: Universidad Externado de Colombia 2002, S. 269-282, S. 282

[255] Vgl. Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia: Un espacio para leer relaciones de poder, formación de actitudes y valores humanos, Bogotá: Universidad Distrital Francisco José de Caldas / COLCIENCIAS 1999, S. 25 – 28.

[256] Vgl. Isabel Cristina Jaramillo: Reforma legal, feminismo y patriarcado en Colombia: el caso de la Ley de Cuotas para mujeres en cargos de alto nivel de la Rama Ejecutiva, in: Cristina Motta Luisa Cabal (Hrsg.): Más allá del Derecho. Justicia y género en América Latina, Bogotá: Siglo del Hombreu. a. 2006, S. 59-155,S. 108 & Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 182.

[257] Isabel Cristina Jaramillo: Reforma legal, feminismo y patriarcado en Colombia,S. 108.

[258] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 88 / 89.

[259] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 183 & 187 / 188.

[260] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 184.

[261] Vgl. Martha Cecilia Londoño López: Movimiento de Mujeres, S. 130.

[262] Vgl. Gloria Estella Hernández Torres u. a.: ¡Alba Lucía Libre! Pro el derecho al derecho, Medellín: Red Colombiano de Mujeres por los Derechos Sexuales y Reproductivos Regional Medellín 2003, S. 209 – 210.

[263] Vgl. Isabel Cristina Jaramillo: Reforma legal, feminismo y patriarcado en Colombia, S. 59 – 63.

[264] Vgl. Isabel Cristina Jaramillo: Reforma legal, feminismo y patriarcado en Colombia,S. 78 / 79.

[265] Vgl. Gloria Stella Bejarano u. a.: Género y Sexualidad: Diagnóstico de las Prácticas, Concepciones y Conocimientos Sexuales de Estudiantes de Primer Semestre de la Universidad del Valle, in: Simone Accorsi & Gabriela Castellanos (Hrsg.): Género y sexualidad en Colombia y en Brasil, Santiago de Cali: La Manzana de la Discordia / Centro de Estudios de Género, Mujer y Sociedad. Universidad del Valle 2002, S. 291-330,S. 296.

[266] Vgl. Isabel Cristina Jaramillo: Reforma legal, feminismo y patriarcado en Colombia,S. 100 – 102.

[267] Vgl. Isabel Cristina Jaramillo: Reforma legal, feminismo y patriarcado en Colombia,S. 102 – 106.

[268] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 184 / 185.

[269] Vgl. Adriana Serrano Murcia: Perspectivas diferenciales en la justicia transicional en Colombia: avances y retos, in: Centro Nacional de Memoria Histórica (Hrsg.): Desafíos para la reintegración. Enfoques de género, edad y etnia, Bogotá: Centro Nacional de Memoria Histórica 2013, S. 20-32, S. 20 – 32.

[270] Vgl. José Fernando Serrano: ¿Es el discurso de los Derechos Humanos útil para la transformación social? Una discusión desde las luchas de los movimientos homosexuales, in: Mara Viveros Vigoya (Hrsg.): Saberes, Culturas y Derechos Sexuales en Colombia, Bogotá: Tercer Mundo 2006, S. 349-370,S. 363.

[271] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 198.

[272] Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 198.

[273] Vgl. CLADEM (Hrsg.): Diez años de avances legales después del Cairo, S. 42 – 46 & Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 25.

[274] Vgl. Teresa Huhle: Bevölkerung, Fertilität und Familienplanung in Kolumbien. Eine transnationale Wissensgeschichte im Kalten Krieg, Bielefeld: transcript 2017.

[275] Vgl. Gonzalo Echeverry: Contra Ciento y Marea. 25 años de Planificación Familiar en Colombia, Bogotá: Profamilia / Asociación Colombiana para el Estudio de la Población (ACEP) 1991, S. 241.

[276] Vgl. Norma Rubiano B.: Efectos de la transición demográfica en la familia colombiana, S. 269 – 271.

[277] Vgl. S. Correa: Population and Reproductive Rights: Feminist Perspectives from the South, London u. a.: Zed Books u. a. 1994, S. 37 – 39.

[278] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales,S. 55 / 56.

[279] Vgl. Gonzalo Echeverry: Contra Ciento y Marea, S. 246 – 250.

[280] Vgl. Martha Cecilia Londoño López: Movimiento de Mujeres, S. 131-140.

[281] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 22.

[282] Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 22.

[283] Vgl. Martha Cecilia Londoño López: Movimiento de Mujeres, S. 131 & 140 – 148.

[284] Vgl. Presidency of the Republic of Colombia (Hrsg.): Colombia Pays its social debt to women. Colombian Government National Report. Fourth World Conference on Women. Beijing, China. September, 1995, Bogotá: Presidency of the Republic of Colombia 1995, S. 16 / 17.

[285] Vgl. Martha Cecilia Londoño López: Movimiento de Mujeres, S. 130.

[286] Vgl. Isabel Cristina Jaramillo: Reforma legal, feminismo y patriarcado en Colombia,S. 106 – 108.

[287] Vgl. Martha Cecilia Londoño López: Movimiento de Mujeres, S. 131 & 148 – 152.

[288] Olga Amparo Sánchez: Situación de los derechos sexuales y reproductivos, S. 92.

[289] Vgl. Presidency of the Republic of Colombia (Hrsg.): Colombia Pays its social debt to women, S. 16 / 17.

[290] Vgl. Isabel Cristina Jaramillo: Reforma legal, feminismo y patriarcado en Colombia,S. 108 – 110.

[291] Vgl. Isabel Cristina Jaramillo: Reforma legal, feminismo y patriarcado en Colombia,S. 110 – 112.

[292] Vgl. Católicas por el Derecho a Decidir – Colombia: Cuerpos libres, estados laicos, in: Mara Viveros Vigoya (Hrsg.): Saberes, Culturas y Derechos Sexuales en Colombia, Bogotá: Tercer Mundo 2006, S. 497-503, S. 497 – 503.

[293] Vgl. Católicas por el Derecho a Decidir: Voces católicas sobre el aborto, in: Grupo Mujer y Sociedad (Universidad Nacional de Colombia) (Hrsg.): Mujeres, Géneros y Derechos Sexuales y Reproductivos (En otras palabras, 12), Bogotá: Universidad Nacional de Colombia 2003, S. 93-98,S. 93 – 97.

[294] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 172 / 173.

[295] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, Bogotá: Universidad Pedagógica Nacional / Cooperación Promover Ciudadanía 2008, S. 224.

[296] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 224 – 226.

[297] Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 226.

[298] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 226 & Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 173.

[299] Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 197.

[300] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 177 – 179.

[301] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 179.

[302] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 176.

[303] Vgl. José Fernando Serrano: ¿Es el discurso de los Derechos Humanos útil, S. 351 – 353.

[304] Vgl. José Fernando Serrano: ¿Es el discurso de los Derechos Humanos útil,S. 359.

[305] Vgl. Colombia Diversa: El caso de Martha, online in: http://colombiadiversa.org/caso-marta-alvarez/caso.html (letzter Zugriff: 23.03.2018) & José Fernando Serrano: ¿Es el discurso de los Derechos Humanos útil,S. 354 – 356.

[306] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 227.

[307] Vgl. Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia, S. 08 – 11.

[308] Vgl. Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia, S. 246 / 247.

[309] Vgl. Florence Thomas: Resignificando la maternidad, S. 459.

[310] „La familia, como Agencia de Control, juega un papel fundamental en la reproducción de la cultura patriarcal en todos los contextos del país“. (Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia: S. 252).

[311] Vgl. Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia: S. 249 – 254 & Mauro Brigeiro: La gerontología como un saber sobre la sexualidad y las nuevas configuraciones del curso de vida sexual, in: Mara Viveros Vigoya (Hrsg.): Saberes, Culturas y Derechos Sexuales en Colombia, Bogotá: Tercer Mundo 2006, S. 63-86, S. 83 – 85.

[312] Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 171.

[313] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 182.

[314] Ministerio de Educación Nacional: Ley 115 de Febrero 8 de 1994,online in: https://www.mineducacion.gov.co/1621/articles-85906_archivo_pdf.pdf (letzter Zugriff: 27.06.2018).

[315] Vgl. Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia, S. 26 / 27.

[316] Vgl. Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia, S. 25.

[317] Vgl. Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia, S. 25.

[318] Vgl. Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia, S. 249 – 254.

[319] Vgl. Yolanda Bodnar Contreras u. a.: Cultura y Sexualidad en Colombia, S. 28 / 29.

[320] Vgl. Mauro Brigeiro: La gerontología como un saber sobre la sexualidad, S. 69 / 70.

[321] Vgl. GabrielaCastellanos: ¿Son más felices las mujeres después de la revolución sexual? Alegato contra el “regreso al pudor, in: Mara Viveros Vigoya (Hrsg.): Saberes, Culturas y Derechos Sexuales en Colombia, Bogotá: Tercer Mundo 2006,S. 109-130, S. 125 / 126.

[322] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 87.

[323] Mesa de Trabajo “Mujer y Conflicto Armado“ (Hrsg.): Memoria de mujeres. Guía para documentar y hacer visible el impacto de la violencia contra mujeres, jóvenes y niñas, en contextos de conflicto armado, Bogotá: Mesa de Trabajo “Mujer y Conflicto Armado“ 2006, S. 17.

[324] Vgl. Presidency of the Republic of Colombia (Hrsg.): Colombia Pays its social debt to women, S. 23 / 24.

[325] Vgl. Presidency of the Republic of Colombia (Hrsg.): Colombia Pays its social debt to women, S. 35.

[326] Vgl. Carmiña Navia Velasco: Guerras y Paz en Colombia. Miradas de Mujer, in: Simone Accorsi & Gabriela Castellanos (Hrsg.): Género y sexualidad en Colombia y en Brasil, Santiago de Cali: La Manzana de la Discordia / Centro de Estudios de Género, Mujer y Sociedad. Universidad del Valle2002, S. 209-258, S. 209 – 215.

[327] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 91 – 93.

[328] o. A.: Editorial, in: Grupo Mujer y Sociedad (Universidad Nacional de Colombia) (Hrsg.): Mujeres, Géneros y Derechos Sexuales y Reproductivos (En otras palabras, 12), Bogotá: Universidad Nacional de Colombia 2003, S. 03-05, S. 03.

[329] Vgl. o. A.: Editorial, S. 03.

[330] Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales,S. 197.

[331] Vgl. Manuel E. Salamanca: Violencia Política y Modelos Dinámicos: Un Estudio sobre el Caso Colombiano, Bilbao u. a.: Universidad de Deusto2007, S. 99.

[332] Adriana Serrano Murcia: Enfoque de género en los procesos de DDR, in: Centro Nacional de Memoria Histórica (Hrsg.): Desafíos para la reintegración. Enfoques de género, edad y etnia, Bogotá: Centro Nacional de Memoria Histórica 2013, S. 34-115, S. 92.

[333] Vgl. Adriana Serrano Murcia: Enfoque de género en los procesos de DDR, S. 92 – 96.

[334] Marco Julián Martínez Moreno u. a.:Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 197.

[335] Vgl. Manuel E. Salamanca: Violencia Política y Modelos Dinámicos,S. 99.

[336] Vgl.Lorena Aristizábal Farah: Devenir civil / devenir mujer: una mirada a las subjetividades de mujeres excombatientes en proceso de reinserción, in: Centro Nacional de Memoria Histórica (Hrsg.): Desafíos para la reintegración. Enfoques de género, edad y etnia, Bogotá: Centro Nacional de Memoria Histórica 2013, S. 178-215, S. 195 – 207.

[337] Mesa de Trabajo “Mujer y Conflicto Armado“ (Hrsg.): Memoria de mujeres, S. 24.

[338] Vgl. Mesa de Trabajo “Mujer y Conflicto Armado“ (Hrsg.): Memoria de mujeres, S. 24 / 25.

[339] Vgl. Presidency of the Republic of Colombia (Hrsg.): Colombia Pays its social debt to women, S. 23 / 24.

[340] Corporación Casa de la Mujer: El impacto del conflicto armado en la vida de las mujeres, in: Grupo Mujer y Sociedad (Universidad Nacional de Colombia) (Hrsg.): Mujeres, Géneros y Derechos Sexuales y Reproductivos (En otras palabras, 12), Bogotá: Universidad Nacional de Colombia 2003, S. 113-117, S. 114.

[341] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 137 – 140.

[342] Vgl. Presidency of the Republic of Colombia (Hrsg.): Colombia Pays its social debt to women, S. 36.

[343] Vgl. Corporación Casa de la Mujer: El impacto del conflicto armado en la vida de las mujeres, S. 115 / 116.

[344] Vgl. Mesa de Trabajo “Mujer y Conflicto Armado“ (Hrsg.): Memoria de mujeres, S. 03.

[345] Vgl. Mesa de Trabajo “Mujer y Conflicto Armado“ (Hrsg.): Memoria de mujeres, S. 31.

[346] Vgl. Mesa de Trabajo “Mujer y Conflicto Armado“ (Hrsg.): Memoria de mujeres, S. 09.

[347] Vgl. Manuel E. Salamanca: Violencia Política y Modelos Dinámicos, S. 83.

[348] Vgl. Manuel E. Salamanca: Violencia Política y Modelos Dinámicos, S. 40 – 43.

[349] Vgl. Manuel E. Salamanca: Violencia Política y Modelos Dinámicos, S. 133 / 134.

[350] Vgl. Franklin Gil & Mara Viveros Vigoya: De las desigualdades sociales a las diferencias culturales. Género, “raza“ y etnicidad en la Salud Sexual y Reproductiva en Colombia, in: Mara Viveros Vigoya (Hrsg.): Saberes, Culturas y Derechos Sexuales en Colombia, Bogotá: Tercer Mundo 2006, S. 87-108, S. 105 & Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 228 – 230.

[351] Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. S. 230.

[352] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 27 – 53.

[353] Vgl. Gabriela Castellanos: ¿Son más felices las mujeres después de la revolución sexual?, S. 109-112.

[354] Vgl. Franklin Gil & Mara Viveros Vigoya: De las desigualdades sociales, S. 90 / 91.

[355] Vgl. Manuel Alejandro Rodriguéz Rondón: La lucha por el control de los significados de la existencia homosexual, in: Mara Viveros Vigoya (Hrsg.): Saberes, Culturas y Derechos Sexuales en Colombia, Bogotá: Tercer Mundo 2006, S. 197-214, S. 198 / 199.

[356] Vgl. Franklin Gil & Mara Viveros Vigoya: De las desigualdades sociales, S. 87 – 89.

[357] Vgl. Martha Cecilia Navarro Valencia: Cuerpos Afrocolombianos. Prácticas y representaciones sociales en torno a la maternidad, las uniones y la salud sexual y reproductiva en la costa Pacífica colombiana, Quito: Abya Yala 2012, S. 64 – 80 & 133 – 166.

[358] Vgl. Luz Angela Cardona Acuña: Los derechos sexuales y reproductivos: una aproximación a la medición de acceso al derecho a la salud materna en Colombia, MA-Arbeit FLASCO Sede México, México, D.F.: FLASCO (Sede México) 2010.

[359] Vgl. Franklin Gil & Mara Viveros Vigoya: De las desigualdades sociales, S. 94.

[360] Vgl.Franklin Gil & Mara Viveros Vigoya: De las desigualdades sociales, S. 97 – 102.

[361] Vgl. Martha Cecilia Navarro Valencia: Cuerpos Afrocolombianos, S. 11 – 22 & 71 – 80.

[362] Franklin Gil & Mara Viveros Vigoya: De las desigualdades sociales, S. 97 – 103.

[363] Vgl. Adriana Serrano Murcia: Enfoque de género en los procesos de DDR, S. 92 / 93 & Adriana Serrano Murcia: Perspectivas diferenciales, S. 20 – 32.

[364] Vgl. Manuel E. Salamanca: Violencia Política y Modelos Dinámicos, S. 99-134 & Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 27 – 53.

[365] Vgl. Marcela Sánchez: Entre la experimentación, el amor y el riesgo. El camino de la negación sexual entre adolescentes sexualmente activos, in: Grupo Mujer y Sociedad (Universidad Nacional de Colombia) (Hrsg.): Mujeres, Géneros y Derechos Sexuales y Reproductivos (En otras palabras, 12), Bogotá: Universidad Nacional de Colombia 2003, S. 99-111, S. 99 – 111.

[366] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 185.

[367] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 227 / 228.

[368] Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 227 / 228.

[369] José Fernando Serrano: Articulaciones entre academia, arte, movimientos sociales y políticas públicas: diez años de Ciclo Rosa en Colombia, in: Daniel Balderston / Arturo Matute Castro (Hrsg.): Cartografías queer: sexualidades y activismo LGBT en América Latina, Pittsburgh: Instituto Internacional de Literatura Iberoamericana 2011, S. 259-288, S. 259.

[370] Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 209.

[371] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 204.

[372] Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 208.

[373] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 208.

[374] Vgl. Alexander Pérez Álvarez: Entre el camuflaje y el autocontrol. Acciones de discriminación y exclusión en espacios laborales hacia la población LGBT en las ciudades de Bogotá, Medellín y Cartagena (Colombia), in: José María Valcuende del Río, María J. Marco Macarro & David Alarcón Rubio (Hrsg.): Diversidad Sexual en Iberoamérica, Sevilla: Aconcagua Libros 2013, S. 173-186, S. 173 – 185.

[375] Vgl. Alexander Pérez Álvarez: Entre el camuflaje y el autocontrol, S. 178 – 185.

[376] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 210.

[377] Vgl. Marta Repullo: Bogotá, Capital de la cultura Ciudadana, in: Roser Betran Coppini & Félix Manito (Hrsg.): Aprendiendo de Colombia. Cultura y educación para transformar la ciudad, 2. Auflage, Barcelona & Bogotá: Fundación Kreanta / Convenio Andrés Bello 2009, S. 35-146, S. 118 – 122 & Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 211.

[378] Vgl. Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 218; Gabriel Gastón Saravia: Política pública LGBT en Bogotá: participación y nuevas ciudadanías. Desafíos, voces y sentires de sus protagonistas, MA-Arbeit Universidad Piloto de Colombia, Bogotá: Universidad Piloto de Colombia 2012, S. 16- 21 & Secretaría de Cultura, Recreación y Deporte (Hrsg.): Estado del arte sobre las prácticas culturales de la población LGBT en Bogotá, D.C., Bogotá: Alcaldía Mayor de Bogotá, D.C. & Secretaria de Cultura, Recreación y Deporte 2011, S. 100 – 107.

[379] Gabriel Gastón Saravia: Política pública LGBT en Bogotá, S. 33.

[380] Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 219.

[381] Marta Repullo: Bogotá, Capital de la cultura Ciudadana, S. 119.

[382] Vgl. Mauro Brigeiro, Elizabeth Castillo & Rocío Murad: Encuesta LGBT: Sexualidad y Derechos. Participantes de la Marcha de la Ciudadanía LGBT Bogotá 2007, Bogotá: Universidad Nacional de Colombia, Profamilia & Centro Latinoamericano de Sexualidad y Derechos Humanos 2009, S. 17 – 129.

[383] Vgl. Secretaría de Cultura, Recreación y Deporte (Hrsg.): Estado del arte sobre las prácticas culturales de a población LGBT.

[384] Vgl. Oscar Efrén Guerrero & Helena Alexandra Sutachan: “En Colombia se puede ser…“: Indicaciones sobre la producción de lo LGBT desde la academia, in: Nómadas (37, 2012), S. 219-229, S. 219 – 227.

[385] Vgl. Oscar Efrén Guerrero & Helena Alexandra Sutachan: “En Colombia se puede ser…“, S. 219 – 227; Marta Repullo: Bogotá, Capital de la cultura Ciudadana, S. 118 – 122 & Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 224 / 225.

[386] Vgl. Gabriel Gastón Saravia: Política pública LGBT en Bogotá, S. 38 / 39.

[387] Vgl. Alcaldía Mayor de Bogotá: Política Pública: Garantía de Derechos LGBTI, online in: http://www.sdp.gov.co/portal/page/portal/PortalSDP/SeguimientoPoliticas/politicasLGBTI/Consejo_Consultivo (letzter Zugriff: 16.03.2018).

[388] Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 356.

[389] Vgl. Marco Alejandro Melo Moreno: Representaciones de la sexualidad en las revistas femeninas juveniles, in: Mara Viveros Vigoya (Hrsg.): Saberes, Culturas y Derechos Sexuales en Colombia, Bogotá: Tercer Mundo 2006, S. 215-232, S. 216 – 221.

[390] Vgl. José Fernando Serrano: Articulaciones entre academia, arte, movimientos sociales y políticas públicas, S. 259 -262.

[391] Vgl. Carmen Millán de Benavides: Políticas de inclusión ciudadana e intervenciones académicas en Colombia: el Ciclo Rosa, in: Daniel Balderston / Arturo Matute Castro (Hrsg.): Cartografías queer: sexualidades y activismo LGBT en América Latina, Pittsburgh: Instituto Internacional de Literatura Iberoamericana 2011, S. 289-300, S.289 – 299; Secretaría de Cultura, Recreación y Deporte (Hrsg.): Estado del arte sobre las prácticas culturales de a población LGBT: S. 68 – 70& José Fernando Serrano: Articulaciones entre academia, arte, movimientos sociales y políticas públicas, S. 262 – 268.

[392] Vgl. Oscar Efrén Guerrero & Helena Alexandra Sutachan: “En Colombia se puede ser…“,S. 221 – 225.

[393] Vgl. Gloria Stella Bejarano u. a.: Género y Sexualidad, S. 291 / 292.

[394] Vgl. Gloria Stella Bejarano u. a.: Género y Sexualidad, S. 320 / 321.

[395] Vgl. o. A.: Editorial, S. 04.

[396] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 43 – 47.

[397] Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 45.

[398] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 43 – 47.

[399] Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos Sexuales, S. 21.

[400] Vgl. Marco Julián Martínez Moreno u. a.: Panorama Sobre Derechos, Sexuales S. 18 / 19.

[401] Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 07 / 08.

[402] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 08 / 09.

[403] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 75 / 76.

[404] Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 78.

[405] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 119.

[406] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 218.

[407] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 120 – 126.

[408] Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 129 / 130.

[409] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 129 – 134 & 145.

[410] Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 145.

[411] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 129 – 134.

[412] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 139 / 140.

[413] Vgl.Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 141 – 143.

[414] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 143 / 144.

[415] Vgl. Presidencia de la República & Departamento Nacional de Planeación (Hrsg.): Lineamientos de la política pública nacional de equidad de género para las mujeres, Bogotá: Presidencia de la República & Departamento Nacional de Planeación o. J.[ca. 2013].

[416] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 205 / 206.

[417] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 208 / 209

[418] Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 210.

[419] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 210.

[420] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 214 / 215.

[421] Vgl. Jason Pierceson: Variations in the Judicialization of Same-Sex Marriage Politics in Latin America, in: Jason Pierceson, Adriana Piatti-Crocker & Shawn Schulenberg (Hrsg.): Same-Sex Marriage in Latin America. Promise and Resistance. Lanham u. a.: Lexington Books 2013, S. 53-72, S. 56 / 57.

[422] Vgl. Carlos Andrés Paredes Minango: The United Nations comes out!: The construction of sexual orientation in the UN human rights institutions / organs (1983-2011), MA-Arbeit FLASCO Sede Ecuador, Quito: FLASCO (Sede Ecuador) 2013, S. 65 / 66.

[423] Vgl. Jason Pierceson: Variations in the Judicialization of Same-Sex Marriage Politics in Latin America, S 57 / 58.

[424] Vgl. Daniel Bonilla: Same-Sex Couples in Colombia: three Models for their Legal and Political Recognition, in: Jason Pierceson, Adriana Piatti-Crocker & Shawn Schulenberg (Hrsg.): Same-Sex Marriage in Latin America. Promise and Resistance. Lanham u. a.: Lexington Books 2013, S. 111-130, S. 111 – 125.

[425] Jason Pierceson: Variations in the Judicialization of Same-Sex Marriage Politics in Latin America, S. 58.

[426] Vgl. Erik Werner Cantor: Homofobia y convivencia en la escuela, S. 228 / 229.

[427] O. Hrsg.: Constitución de la República de Venezuela. Con la Enmienda No. 1 (1961), Caracas: Ed. del Congreso de la República1973, S. 09.

[428] Vgl. o. Hrsg.: Constitución de la República de Venezuela(1961), S. 23.

[429] O. Hrsg.: Constitución de la República de Venezuela(1961), S. 25.

[430] O. Hrsg.: Constitución de la República de Venezuela(1961), S. 25.

[431] O. Hrsg.: Constitución de la República de Venezuela(1961), S. 26.

[432] Vgl. UNDP / Asociación Venezolana para una Educación Sexual Alternativa (AVESA) (Hrsg.): Violencia de Género contra las mujeres. Situación en Venezuela, Caracas: Nueva Sociedad 1999, S. 87.

[433] Vgl. Comisión Económica para América Latina y el Caribe (CEPAL) (Hrsg.): La Mujer Latinoamericana en el Desarrollo Económico y Social, Santiago de Chile: CEPAL 1980, S. 17 / 18.

[434] Vgl. Anitza Freitez Landaeta: Modernización de las pautas reproductivas a lo largo del siglo XX, in: Anitza Freitez Landaeta (Hrsg.): La población venezolana 200 años después, Caracas: Asociación Venezolana de Estudios de Población (AVEPO) 2011, S. 288-318, S. 292 – 295.

[435] Vgl. Anitza Freitez Landaeta: Modernización de las pautas reproductivas, S. 304 – 306.

[436] Vgl. UNDP / AVESA (Hrsg.): Violencia de Género contra las mujeres, S. 87 / 88.

[437] Vgl. UNDP / AVESA (Hrsg.): Violencia de Género contra las mujeres, S. 87 – 89.

[438] Vgl. Elizabeth Gackstetter Nichols & Kimberly J. Morse: Venezuela, Santa Barbara u a.: ABC-CLIO 2010, S. 223.

[439] Vgl. Fundación Juan vives Suriá (Hrsg.): Derecho de las Mujeres a vivir una vida libre de violencia, Caracas: Ed. El perro y la rana 2010, S. 60 – 65.

[440] Vgl. Fundación Juan vives Suriá (Hrsg.): Derecho de las Mujeres, S. 29 – 38.

[441] Vgl. Fundación Juan vives Suriá (Hrsg.): Derecho de las Mujeres, S. 20 – 24.

[442] Vgl. Steven Ellner: Las reformas neoliberales y la crisis política venezolana, 1989-1999: antecedentes de la llegada de Hugo Chávez al poder, in: Mario Ayala & Pablo Quintero (Hrsg.): Diez años de revolución en Venezuela: historia, balance y perspectivas (1999-2009), Ituzaingó: Maipue 2009, S. 21-44, S. 21 – 32 & Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, in: Thais Maingon (Hrsg.): Balance y perspectivas de la política social en Venezuela, Caracas: Instituto Latinoamericano de Investigaciones Sociales (ILDIS) u. a. 2006, S. 111-184, S. 146 – 153.

[443] Vgl. Miguel Bolívar Chollett: Sociopolítica y censos de población en Venezuela. Del censo “Guzmán Blanco“ al censo „Bolivariano”, Caracas: Academia Nacional de la Historia 2008, S. 280.

[444] Vgl. Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, S. 146 – 153.

[445] Vgl. Asdrúbal Aguiar: Otra vez el tiempo de los militares y los viejos guerrilleros, de los antipolíticos y los políticos de antes, entre bolivarianos neosocialistas y también de estudiantes (1989-2009), in: Asdrúbal Aguiar (Hrsg.): De la Revolución Restauradora a la Revolución Bolivariana. La historia, los ejes dominantes, los personajes, Caracas: Universidad Católica Andrés Bello 2009, S. 241-338, S. 252 / 253 & Miguel Bolívar Chollett: Sociopolítica y censos, S. 280 & Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, S. 146 – 153.

[446] Vgl. Asdrúbal Aguiar: Otra vez el tiempo de los militares y los viejos guerrilleros,S. 262 – 268.

[447] Vgl. Steven Ellner: Las reformas neoliberales y la crisis política venezolana, S. 21 – 32.

[448] Vgl. Steven Ellner: Las reformas neoliberales y la crisis política venezolana, S. 33.

[449] Vgl. Asdrúbal Aguiar: Otra vez el tiempo de los militares y los viejos guerrilleros, S. 271 – 285.

[450] Vgl. o. A.: Prefacio, in: Mario Ayala & Pablo Quintero (Hrsg.): Diez años de revolución en Venezuela: historia, balance y perspectivas (1999-2009), Ituzaingó: Maipue 2009, S. 07, S. 07.

[451] Vgl. UNDP / AVESA (Hrsg.): Violencia de Género contra las mujeres, S. 87 – 89.

[452] Vgl. Mercedes Jiménez de Vega: Participación del Ecuador en el Proyecto de Convención Inter- americana de Mujeres para Prevenir, Sancionar y Erradicar la Violencia contra la Mujer (Parte I), in: CECIM & Instituto Nacional del Niño y la Familia (INNFA) (Hrsg.): La Violencia contra la Mujer, Quito: CECIM / INNIFA 1994, S. 21-26, S. 24 / 25.

[453] Vgl. Anitza Freitez Landaeta: Modernización de las pautas reproductivas, S. 311 – 313.

[454] Vgl. UNDP / AVESA (Hrsg.): Violencia de Género contra las mujeres, S. 74 – 76.

[455] Vgl. REDPOB (Hrsg.): Propuestas de la REDPOB para mejorar la Calidad de Vida, S. 12 / 13.

[456] Vgl. REDPOB (Hrsg.): Propuestas de la REDPOB para mejorar la Calidad de Vida de la Población Adolescente en Venezuela. Los y Las Adolescentes en Venezuela. Su Salud Sexual y Reproductiva. Diagnóstico y Líneas de Acción a Emprender, Caracas: Ed. Ateproca1998, S. 04.

[457] Vgl. UNDP / AVESA (Hrsg.): Violencia de Género contra las mujeres, S. 89.

[458] Vgl. Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, S. 153 – 160.

[459] Vgl. UNDP / AVESA (Hrsg.): Violencia de Género contra las mujeres, S. 93.

[460] Vgl. UNDP / AVESA (Hrsg.): Violencia de Género contra las mujeres, S. 98.

[461] Vgl. REDPOB (Hrsg.): Propuestas de la REDPOB para mejorar la Calidad de Vida, S. 04.

[462] Vgl. Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, S. 160 – 163.

[463] Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, S. 162.

[464] Vgl. Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada,S. 160 – 163.

[465] Vgl. Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, S. 167 – 175.

[466] Vgl. UNDP / AVESA (Hrsg.): Violencia de Género contra las mujeres, S. 101 – 103.

[467] Vgl. Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, S. 163 – 167.

[468] Vgl. Miguel Bolívar Chollett: Sociopolítica y censos, S. 280 / 281.

[469] Vgl. Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, S. 163 – 167.

[470] Vgl. Johnny Alarcón Puentes u. a.: Las sociedades indígenas en Venezuela: balances y perspectivas, 1999-2009, in: Mario Ayala & Pablo Quintero, (Hrsg.): Diez años de revolución en Venezuela: historia, balance y perspectivas (1999-2009), Ituzaingó: Maipue 2009, S. 259-276, S. 259 – 275.

[471] Vgl. Fundación Juan vives Suriá (Hrsg.): Derecho de las Mujeres, S. 60 – 62.

[472] Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, Caracas: Asamblea Nacional Constituyente 2001, S. 93.

[473] Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, S. 93.

[474] Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, S. 113.

[475] Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, S. 114.

[476] Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, S. 94.

[477] Vgl. Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, S. 101.

[478] Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, S. 105.

[479] Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, S. 109.

[480] Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, S. 109 / 110.

[481] Asamblea Nacional Constituyente (Hrsg.): Constitución de la República Bolivariana de Venezuela 1999, S. 111.

[482] Vgl. José Ramón Merentes: Gay Rights in Venezuela under Hugo Chávez, 1999-2009, in: Javier Corrales & Mario Pecheny (Hrsg.): The Politics of Sexuality in Latin America. A Reader on Lesbian, Gay, Bisexual, and Transgender Rights, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press 2010, S. 220-223, S. 220 – 223.

[483] Vgl. Asdrúbal Aguiar: Otra vez el tiempo de los militares y los viejos guerrilleros, S. 296.

[484] Vgl. REDPOB (Hrsg.): Propuestas de la REDPOB para mejorar la Calidad de Vida, S. 05 / 06.

[485] Vgl. REDPOB (Hrsg.): Propuestas de la REDPOB para mejorar la Calidad de Vida, S. 06 – 08.

[486] Vgl. REDPOB (Hrsg.): Propuestas de la REDPOB para mejorar la Calidad de Vida, S. 08 / 09.

[487] Vgl. REDPOB (Hrsg.): Propuestas de la REDPOB para mejorar la Calidad de Vida, S. 08.

[488] Vgl. REDPOB (Hrsg.): Propuestas de la REDPOB para mejorar la Calidad de Vida, S. 12.

[489] Vgl. Anitza Freitez Landaeta: Modernización de las pautas reproductivas, S. 304 – 311.

[490] Anitza Freitez Landaeta: Modernización de las pautas reproductivas, S. 311.

[491]Vgl. Tito Lacruz: Balance Sociopolítica: Una Ciudadanía Social Inacabada, S. 160 – 163.

[492] Vgl. Anitza Freitez Landaeta: Modernización de las pautas reproductivas, S. 312 – 315.

[493] Vgl. Anitza Freitez Landaeta: Modernización de las pautas reproductivas, S. 314 / 315.

[494] Anitza Freitez Landaeta: Modernización de las pautas reproductivas, S. 315.

[495] Vgl. CLADEM (Hrsg.): Diez años de avances legales después del Cairo, S. 120 – 123.

[496] Vgl. Fundación Juan vives Suriá (Hrsg.): Derecho de las Mujeres, S. 61 – 65.

[497] Vgl. CLADEM (Hrsg.): Diez años de avances legales después del Cairo, S. 120 – 123.

[498] Vgl. Fundación Juan vives Suriá (Hrsg.): Derecho de las Mujeres, S. 14.

[499] Vgl. Fundación Juan vives Suriá (Hrsg.): Derecho de las Mujeres, S. 13.

[500] Vgl. Fundación Juan vives Suriá (Hrsg.): Derecho de las Mujeres, S. 15.

[501] Vgl. Sonia Santoro: Periodismo con G. Entrevistas en perspectiva, Buenos Aires: Editorial Biblos 2016, S. 131 – 138.

[502] Vgl. Gisela Kozak Rovero: Las múltiples formas de visibilidad-invisibilidad lésbica en Venezuela: activismo, feminismo, escrituras (1998-2010), in: Daniel Balderston / Arturo Matute Castro (Hrsg.): Cartografías queer: sexualidades y activismo LGBT en América Latina, Pittsburgh: Instituto Internacional de Literatura Iberoamericana 2011, S. 183-210, S. 183 / 184.

[503] Vgl. Elizabeth Gackstetter Nichols & Kimberly J. Morse: Venezuela, S. 224.

[504] Vgl. Gisela Kozak Rovero: Las múltiples formas de visibilidad-invisibilidad lésbica en Venezuela, S. 184 / 185 & Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 53.

[505] Héctor Miguel Salinas Hernández: Políticas de Disidencia Sexual en América Latina, S. 53.

[506] Vgl. José Ramón Merentes: Gay Rights in Venezuela under Hugo Chávez, S. 221- 223.

[507] Vgl. Gisela Kozak Rovero: Las múltiples formas de visibilidad-invisibilidad lésbica en Venezuela, S. 184 – 187.

[508] Vgl. Gisela Kozak Rovero: Las múltiples formas de visibilidad-invisibilidad lésbica en Venezuela, S. 187 – 204.

[509] Vgl. Elizabeth Gackstetter Nichols & Kimberly J. Morse: Venezuela, S. 224.

[510] Vgl. Luisa Gómez Rosado: Salud sexual y reproductiva. Los derechos sexuales y reproductivos son derechos humanos. Caraca: Defensoría del Pueblo / Fundación Juan Vives Suriá2012, S. 19 / 20.

[511] Vgl. Luisa Gómez Rosado: Salud sexual y reproductiva, S. 23 – 49.

[512] Vgl. Luisa Gómez Rosado: Salud sexual y reproductiva, S. 59 – 65.

[513] Vgl. Luisa Gómez Rosado: Salud sexual y reproductiva, S. 69 – 89.

[514] Vgl. Tamara Adrián: Visibilizando las formas invisibles de violencia de género, in: Úrsula Straka (Hrsg.): Violencia de género, Caracas: Universidad Católica Andrés Bello 2015, S. 17-36, S. 17 – 33.

[515] Vgl. Magaly Vásquez: Los delitos de género. Especial referencia al feminicidio, in: Úrsula Straka (Hrsg.): Violencia de género, Caracas: Universidad Católica Andrés Bello 2015, S. 37-56, S. 37 – 55.

[516] Vgl. Dhayana Carolina Fernández Matos: Mujeres con VIH y violencia basada en género, in: Úrsula Straka (Hrsg.): Violencia de género, Caracas: Universidad Católica Andrés Bello 2015, S. 57-76, S. 57 – 74.

[517] Vgl. Marianna Belalba Barreto: Prevención de la mortalidad materna a través de la garantía del derecho de acceso a la información en cumplimiento de los objetivos de desarrollo del milenio, in: Úrsula Straka (Hrsg.): Violencia de género, Caracas: Universidad Católica Andrés Bello 2015, S. 77-92, S. 77 – 91.

[518] Vgl. Rafael Garrido: Las otras víctimas: una mirada reflexiva sobre la violencia de género contra personas LGBT, in: Úrsula Straka (Hrsg.): Violencia de género, Caracas: Universidad Católica Andrés Bello 2015 , S. 93-110, S. 93 – 97.

[519] Vgl. Rafael Garrido: Las otras víctimas, S. 102 – 105.

[520] Vgl. Rafael Garrido: Las otras víctimas, S. 105 – 107.

[521] Rafael Garrido: Las otras víctimas, S. 107 / 108.

[522] Vgl. Margarita López-Maya: El movimiento bolivariano: ascenso al poder y gobierno hasta 2008, in: Mario Ayala & Pablo Quintero (Hrsg.): Diez años de revolución en Venezuela: historia, balance y perspectivas (1999-2009), Ituzaingó: Maipue 2009, S. 97-130, S. 97 – 102.

[523] Vgl. Asdrúbal Aguiar: Otra vez el tiempo de los militares y los viejos guerrilleros, S. 306 – 314 & Edgardo Lander & Pablo Navarrete: La política económica de la izquierda latinoamericana en el Gobierno: es caso de la República Bolivariana de Venezuela (1999-2006), in: Mario Ayala & Pablo Quintero (Hrsg.): Diez años de revolución en Venezuela: historia, balance y perspectivas (1999-2009), Ituzaingó: Maipue 2009, S. 45-96, S. 66 – 69.

[524] Vgl. Margarita López-Maya: El movimiento bolivariano, S. 124 – 127.

[525] Vgl. Anitza Freitez Landaeta: Venezuela 1981 – 2011. Tránsito de un país de inmigración a otro de emigración, in: Anitza Freitez Landaeta (Hrsg.): La población venezolana 200 años después, Caracas: AVEPO 2011, S. 147-180, S. 152 / 153.

[526] Vgl. Margarita López-Maya: El movimiento bolivariano, S. 102 / 103.

[527] Vgl. Teodoro Petkoff: Chávez y la izquierda, in: Asdrúbal Aguiar (Hrsg.): De la Revolución Restauradora a la Revolución Bolivariana. La historia, los ejes dominantes, los personajes, Caracas: Universidad Católica Andrés Bello 2009, S. 439-447, S. 439 – 444.

[528] Teodoro Petkoff: Chávez y la izquierda, S. 446.

[529] Vgl. Teodoro Petkoff: Chávez y la izquierda, S. 439 – 447.

[530] Vgl. Luisa Gómez Rosado: Salud sexual y reproductiva, S. 03.

[531] Vgl. Tamara Adrián: Estereotipos de género, discriminación y protección legal en América Latina: Análisis comparativo, in: Daniel Balderston / Arturo Matute Castro (Hrsg.): Cartografías queer: sexualidades y activismo LGBT en América Latina, Pittsburgh: Instituto Internacional de Literatura Iberoamericana 2011, S. 19-58, S. 26.

[532] Tamara Adrián: Estereotipos de género, S. 26 / 27.

[533] Vgl. Shawn Schulenberg: The Lavender Tide? LGBT Rights and the Latin American Left Today, in: Jason Pierceson, Adriana Piatti-Crocker & Shawn Schulenberg (Hrsg.): Same-Sex Marriage in Latin America. Promise and Resistance. Lanham u. a.: Lexington Books 2013, S. 23-40, S. 29 -37.

[534] Vgl. Javier Corrales & Mario Pecheny: Introduction: The Comparative Politics of Sexuality in Latin America, in: Javier Corrales & Mario Pecheny (Hrsg.): The Politics of Sexuality in Latin America. A Reader on Lesbian, Gay, Bisexual, and Transgender Rights, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press 2010, S. 01-32, S. 10 / 11.

[535] Vgl. Maren Andrea Jiménez, Lisette Aliaga & Jorge Rodríguez Vignoli: Una mirada desde América Latina y el Caribe al Objetivo de Desarrollo del Milenio de acceso universal a la salud reproductiva, Santiago de Chile: Centro Latinoamericano y Caribeño de Demografía 2011, S. 09 / 10.

[536] Vgl. Maren Andrea Jiménez, Lisette Aliaga & Jorge Rodríguez Vignoli: Una mirada desde América Latina y el Caribe, S. 55 / 56.

[537] Vgl. Sonia Corrêa, David Paternotte & Roman Kuhar: The globalisation of anti-gender campaigns.

 

 

 

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Posted by Mario Faust-Scalisi

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