Abstract [en]: This paper is about culture-sensitive leadership in non-profit organizations with special focus on the German children and youth welfare system. The underlying research question investigates the personal traits, competencies and abilities that team leaders of that sector need in dealing with employees which do not have the same cultural background they have, the challenges among their social interaction and the support needed by employers in this regard. In the theoretical part, the sector and its human resource management practice are portrayed. Moreover, employee management and leadership styles are presented with special emphasis on the non-profit sector. The main parts of the theoretical basis are ethics and culture models. The methodological research approach is compound by two distinct qualitative methods. First, a literature review summarizes scientific paper’s findings regarding leader’s traits, competencies and abilities in general and with regard to the non-profit sector. In a second step, 11 problem-centered interviews are conducted among team leaders and superiors of children and youth welfare establishments in Northern Germany. The main findings are as follows: Overall, being interested in other cultures and their inherent norms and values, self-reflection, sensitivity and being able to take over a mediating role are crucial abilities and competencies for culture-sensitive team leadership in the considered sector. Most interviewees would need more training, preferably with a focus on culture in general and not only special cultures. The topic’s relevance has been underlined by the interview partners.

Abstract [de]: Die dem nachfolgenden Artikel zugrunde liegende wissenschaftliche Arbeit beschäftigt sich mit kultursensibler Führung in Non-Profit-Organisationen mit einem besonderen Fokus auf den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Die darin zugrunde gelegte Forschungsfrage untersucht die persönlichen Eigenschaften, Kompetenzen sowie Fähigkeiten, die Teamleitungen dieses Sektors im Umgang mit Mitarbeitenden benötigen, die nicht demselben Kulturhintergrund wie sie selbst entstammen, die Herausforderungen, denen sie im Umgang miteinander begegnen und die Unterstützung, die sie von ihren Arbeitgebern hierfür benötigen. Dazu wurde im theoretischen Grundlagenteil auf den Sektor und die dort vorherrschende Praxis der Personalarbeit eingegangen, es wurden Mitarbeitermanagement und Führungsstile vorgestellt und dabei ein besonderer Fokus auf den Non-Profit-Sektor gelegt. Zudem wurde im Besonderen auf Ethik und Kulturmodelle eingegangen. Ein Literatur-Review sowie elf darauf aufbauende problem-zentrierte Experteninterviews mit Teamleitungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie Führungskräften auf höheren Ebenen aus Norddeutschland wurden zu diesem Zwecke durchgeführt. Die Hauptergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Interesse an anderen Kulturen sowie an deren Werten und Normen, Selbstreflektion, Sensibilität und die Fähigkeit, eine Mediator-Rollen einzunehmen, sind grundlegend wichtige Fähigkeiten für kultursensible Teamführung im betrachteten Sektor. Die meisten Interviewten bräuchten noch mehr Training zu interkultureller Kompetenz, wobei ein generalistischer Ansatz im Gegensatz zu einer Betrachtung bestimmter Kulturen bevorzugt wird. Die Relevanz des Themas wurde von den Befragten unterstrichen.


August 2022

Kultursensible Führung in Non-Profit-Organisationen

Es gehört in Wirtschaftsunternehmen zum Standard, Fach- und Führungskräfte zu interkulturellen Themen zu schulen, um deren Kompetenzen in der Zusammenarbeit mit Menschen anderer Kulturen zu stärken: Kultur ist nach Schein (2003) „[…] die Summe aller gemeinsamen und selbstverständlichen Annahmen, die eine Gruppe im Laufe ihrer Geschichte erlernt hat.“ Heute sind Multikulturalität und transnationale Migration gesellschaftlich hochrelevante Themen. Zahlreiche Fachpublikationen beschäftigen sich explizit mit dem interkulturellen Management, vorrangig in wirtschaftlichen Kontexten. Relevant ist dieses Thema in Wirtschaftsunternehmen vor allem aufgrund einer zunehmenden Verflechtung der Leistungserstellung und Leistungserbringung mit ausländischen Partnern. Diversität hat aus Sicht von Unternehmen bei der Auswahl von Mitarbeitern in vielen Organisationen eine hohe Priorität, um spezifische Kenntnisse im Geschäftsverkehr mit ausländischen Kooperationspartnern vorzuhalten. Interkulturelle Kompetenztrainings sollen insbesondere dazu beitragen, die Kommunikationsfähigkeit zu erhalten, auch über Sprachen und Kulturen hinweg, denn Interaktionen und arbeitsbezogene Prozesse können durch Missverständnisse gekennzeichnet sein, wenn Differenzen zwischen den Sprachen, Normen und Werten sowie Religionen innerhalb von Teams bestehen.

Das Thema „interkulturelle Kompetenz und Diversität“ ist dagegen bislang in der Fachliteratur zur Führung in Non-Profit-Organisationen weitgehend unerforscht. Es wird bei der Unterscheidung zwischen Mitarbeitern vielmehr zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern oder zwischen verschiedenen Arbeitsverträgen differenziert. Tatsache ist jedoch, dass die Bevölkerung in Deutschland bereits 2019 zu 26 % aus Menschen mit Migrationshintergrund bestand (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2021), die zum Teil noch in den Arbeitsmarkt integriert werden müssen. Gemeint ist, hinausgehend über den Migrationsbegriff, eine Sozialisation, die jeweils andersartig ist. 

Es herrscht vor allem auch in sozialen Berufen ein Fachkräftemangel (vgl. Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe, 2011), der es notwendig macht, alle Bevölkerungsgruppen als Arbeitskräfte einzubeziehen. Ein immer größerer Anteil der Fach- und Führungskräfte auch des sozialen Sektors, der zum Non-Profit-Sektor gezählt wird, besteht aufgrund der diversen Gesellschaft in Deutschland aus Gruppen, die einer anderen als den deutschen Kulturhintergrund haben. Vor diesem Hintergrund ist es für Arbeitgeber wichtig, auch diese Arbeitskräfte zu motivieren und weiterzuentwickeln. Gerade die dem Non-Profit-Sektor inhärenten Arbeitsbedingungen, wie unregelmäßige Arbeitszeiten, eine vergleichsweise niedrige Bezahlung etc., machen es trotz einer starken intrinsischen Arbeitsmotivation auch bei ihnen notwendig, die Arbeitszufriedenheit zu stärken.

Das Sozialwesen in Deutschland ist in vielfältige Arbeitsbereiche aufgeteilt. Der Fokus liegt dabei auf der Kinder- und Jugendhilfe, da sie einen der größten Arbeitsbereiche im Rahmen der sozialen Dienstleistungen von bundesweit agierenden Non-Profit-Organisationen darstellt (Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V., 2021) und daher als zentraler Bereich für die Untersuchung, deren Ergebnisse in dieser Veröffentlichung dargestellt werden, naheliegt.

In Beziehungen zwischen Führungskräften auf Teamleiterebene und ihren Mitarbeitern müssen interkulturelle Besonderheiten beachtet werden, um kultursensibel führen zu können. Mitarbeiter, auch im Non-Profit-Sektor, benötigen eine Führungskraft, die im Idealfall ihre individuellen Situationen, Problemlagen und Interessen wichtig nimmt und die ihre Arbeitsmotivation und ihren Ausbildungshintergrund anerkennt. Es besteht aus Mitarbeiter- und Vorgesetztenperspektive ein Interesse an der Anwendung einer Führung, welche die kulturellen Hintergründe der Mitarbeiter mitberücksichtigt, denn diese bestimmen in vielen Facetten ihr tägliches Handeln und Erleben. Ein wichtiger Führungsaspekt ist dabei vor allem die interne Kommunikation. Neben kulturell bedingten Herausforderungen in der Kommunikation können hinsichtlich Rollen- und Verhaltenserwartungen an Führungskräfte zusätzlich potentiell Konflikte mit Mitarbeitern anderer kultureller Herkunft entstehen. Dies geht einher damit, dass Mitarbeiterführung auch stets eine ethische Komponente hat und dass soziale Verantwortung ein Teil von Führungsverhalten sein sollte (Bruton, 2017: 123ff.). Für eine Führungskraft ist es bestenfalls selbstverständlich, im Umgang mit Mitarbeitern Gleichbehandlung anzustreben, indem auf individuelle Mitarbeiterbelange weitestmöglich eingegangen wird. Eine Führungskraft sollte den „guten Willen“ haben, ihren Mitarbeitern mit einem anderen kulturellen Hintergrund, ebenso wie denen, die ihr kulturell näherstehen, bedürfnisorientiert zu begegnen. Hinter dieser grundlegenden Forderung steht die prinzipienorientierte, Pflichtenethik. Es ist für Führungskräfte wichtig anzuerkennen, dass ihre Mitarbeiter aufgrund verschiedener Kulturen von unterschiedlichen Werteansichten geprägt sind, was wiederum deren Entscheidung über ihr Handeln beeinflusst.

Aus mit Teamleitungen und Führungskräften auf höheren Ebenen aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe geführten Interviews konnten folgende Kernaussagen formuliert werden:

Eine Abwehr gegenüber Autoritäten in sozialen Berufsfeldern hat sich in den Aussagen der Befragten zu ihren Mitarbeitern verschiedener Kulturherkünfte nicht gezeigt. Vielmehr gab es eine zum Teil sogar zu ausgeprägte Hierarchieakzeptanz bei Mitarbeitern, mit der umgegangen werden will. Der hohe Stellenwert von Offenheit und Toleranz bei der Führung in NPOs wurde in den Aussagen deutlich widergespiegelt. Hieraus geht auch hervor, dass die Mitarbeiter, ganz im Sinne der Deontologie, nicht als Mittel zum Zweck missbraucht werden, sondern grundsätzlich nur einem Selbstzweck dienen.

Die in der Gerechtigkeitsethik postulierte Unverletzlichkeit des Einzelnen und die Gleichverteilung der sozialen Werte gebietet eine Gleichbehandlung von Mitarbeitern sämtlicher kultureller Herkünfte. Aus den Aussagen der in den Experteninterviews Befragten wurde deutlich, dass durch ihr Interesse und ihre Offenheit gegenüber anderen Kulturen ein großes Bemühen stattfindet, dieses auch praktisch umzusetzen. Auch durch die Unterstützungsmaßnahmen bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen zeigt sich dieses. 

Die Fürsorgeethik nach Martha C. Nussbaum bietet einen noch weitergehenden Deutungsansatz für den Umgang der Führungskräfte der Kinder- und Jugendhilfe mit ihren Mitarbeitern verschiedener kultureller Herkunft: Mitgefühl zeigen die Teamleitungen durch ihr Interesse, ihre Geduld und ihre Versuche, ein Verständnis für die Mitarbeiter zu entwickeln. Ebenfalls wurde deutlich, dass die Fürsorge, d.h. die Sorge um das Wohlergehen der anvertrauten Kinder und Jugendlichen, ein wichtiger Faktor der Arbeit in diesem Sektor ist und dabei Vorurteilsfreiheit eine Zielsetzung der pädagogischen Arbeit ist. Aus den Interviews ergab sich, dass diese Haltung von oben herab getragen werden muss, auch im Umgang mit den verschiedenen Mitarbeitern. Die in der Feministischen Ethik postulierten Werte von Fürsorge, Mitgefühl und Beziehung schienen in den Experteninterviews durchgehend in den Aussagen darüber ausgedrückt zu werden, Interesse für die Mitarbeiter zu zeigen, sich über ihre Kultur zu informieren, persönliche Gespräche zu führen und Offenheit zu signalisieren. Es wurde dabei kein wesentlicher Unterschied zwischen den Aussagen von männlichen bzw. weiblichen Befragten deutlich, sodass eher hier eher von allgemein in der Branche vorherrschenden Werten ausgegangen werden kann, zumal mehr als ein Drittel der Befragten männlich waren. Die in der Relationalen Ethik durch Verbundenheit und Reaktionsbereitschaft ausgedrückte Fürsorge spiegelt sich ebenfalls in den Aussagen dazu wider, Verständnis für andere Kulturen zu entwickeln, um den Umgang miteinander von sich aus im Arbeitsalltag zu erleichtern. Es wurde deutlich, dass kaum eine Anpassung von den Mitarbeitern erwartet wird, außer in Fällen von verschiedenen Zeitverständnissen, z.B. in Form von Unpünktlichkeit. Vielmehr versuchen die Teamleitungen, auf die Mitarbeiter einzugehen und geduldig im Umgang zu sein sowie Bereitschaft zu zeigen, situationsspezifisch mit Gesprächen und Offenheit zu reagieren. 

Aus den Aussagen der befragten Geschäftsführer und Bereichsleiter wurde, wie oben erwähnt, deutlich, dass sie im Vergleich zu den Teamleitungen verstärkt die betriebswirtschaftliche Seite der Arbeit im Blickfeld haben, was auch finanzielle Ressourcenengpässe miteinschließt. Hieraus geht auch hervor, dass für sie die realistischen Umsetzungsmöglichkeiten von zusätzlichen Zeitressourcen für die Beschäftigung mit interkulturellen Themen deutlicher sind, als für Teamleitungen. Es gab aus den Befragungen jedoch kein Anzeichen dafür, dass es ihnen an Verständnis für die Belange ihrer jeweiligen Teamleitungen mangelt, da sie die Bedeutung eines grundlegenden pädagogischen Verständnisses verinnerlicht haben und auch Berufserfahrung auf unteren Ebenen hatten. Ein Fürsorgebestreben ihrerseits für die Belange der ihnen unterstellten Teamleitungen wurde somit deutlich.

Die individuelle Verantwortung des Einzelnen und Integrität im Sinne der Führungsethik ist ein Aspekt, der auch durch die Aussage verdeutlicht wird, dass eine Kongruenz in den Handlungsweisen von oben herab vorherrschen muss. Die Kernpunkte menschenwürdiger Personalführung – Autonomie, Selbstzwecklichkeit und Gleichheit – werden bereits teilweise berücksichtigt, wie aus den Interviews deutlich geworden ist: Der Schutz einer umfassenden Gesundheit der Mitarbeiter wurde als Führungskompetenz genannt. Ebenso verdeutlichen die Unterstützungsbemühungen bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen Engagement zur Gewährung von Chancengleichheit. Auch die hohe Relevanz einer Führung auf Augenhöhe wurde mehrfach in den Interviews angesprochen.

Nach Aussagen der Befragten erscheint man durch die gegenseitige Achtung der Normen und Werte der Mitarbeiter aus anderen Kulturkreisen nach einem Vorgehen nach der Deontologie bestrebt zu sein. Die Frage nach der Gleichbehandlung aller Mitarbeiter fällt unter diesen Grundsatz. In einigen Fällen ist dies jedoch dahingehend wohl nicht möglich, als dass Teamleitungen für Mitarbeiter anderer kultureller Herkünfte verstärkt Strukturen vorgeben sowie mehr und deutlicher kommunizieren müssen. Dieses schließt eine in diesen Momenten andere Behandlung mit ein, indem mehr Zeit aufgewendet wird als für den Umgang mit Mitarbeitern aus der eigenen Kultur. Der Umgang kann daher in diesen Situationen anders sein als mit Mitarbeitern derselben kulturellen Herkunft. Hintergrund dieses Handelns ist hier jedoch offensichtlich der gute Wille, die Mitarbeiter mit anderen Kulturhintergründen zu integrieren, ihre Perspektiven einzunehmen, Verständnis für sie zu entwickeln und ihnen gegenüber offen zu sein, wie vielfach in den Interviews herausgestellt wurde. Dass Menschen nicht bloß als Mittel dienen dürfen, kann allerdings auch hinsichtlich der Aussage fraglich sein, dass jeder Mitarbeiter für den Sektor gebraucht werden würde und man einen Fachkräftemangel zu beklagen habe. Umso relevanter ist der gute Wille im Umgang mit ihnen. Hierdurch kann auch die intrinsische Mitarbeitermotivation aufrecht erhalten werden.

Der Konsequentialismus scheint weniger bedeutsam zu sein, da ein Fernziel mit Blick auf den Ausbau umfassender Fähigkeiten in kultursensibler Führung, vor dem Hintergrund des ständigen Fachkräftemangels, den es zunächst auszugleichen gilt, nicht angestrebt werden kann.

Zur Implementierung einer Konzeption für kultursensibler Führung lassen sich aus den Ausführungen einige Maßnahmenvorschläge ableiten: Der transformationale Führungsstil könnte richtungsgebend sein und Führungskräfte der Kinder- und Jugendhilfe sollten dann hierin geschult werden. So kann, mit dem in NPOs vorherrschenden Gedanken der missions- und visionsgeleiteten Führung, eine individualisierte Leitungstätigkeit auch im Hinblick auf eine heterogene Mitarbeiterschaft konzeptionell untermauert werden, auch im Sinne einer „integrierten Personalführung“. Dabei sollten Mitarbeiter aus diversen Kulturen situationsspezifisch und individualisiert geführt werden, wie es in den theoretischen Ausführungen auch für ältere oder gesundheitsgefährdete Mitarbeiter vorgeschlagen wurde.

Das Führen von regelmäßigen Mitarbeitergesprächen wird im theoretischen Grundlagenteil für transformationale Führung in NPOs vorgeschlagen und häufig bereits von den Befragten praktiziert. Daher ist davon auszugehen, dass die Implementierung eines transformationalen Führungsstils ohne große Herausforderungen umgesetzt werden kann. Mitarbeiter mit heterogenen kulturellen Hintergründen sollten von der Teamleitung explizit dazu ermutigtwerden, eigenverantwortlich und eigeninitiativ zu handeln. Hierzu sollte regelmäßiges Feedback und Lob eingeflochten werden, sodass vor allem Mitarbeiter mit einem strengen Verständnis von Hierarchie den Mut haben, auf die Leitungskraft zuzugehen. Bei Unternehmensentscheidungen sollten insbesondere Mitarbeiter mit diversen Kulturhintergründen so weit wie möglich mit einbezogen werden, sodass ihnen verdeutlicht wird, dass ihre Ansichten bedeutsam sind und sie erfahren, dass flache Hierarchien in Deutschland und in besonderem Maße im Non-Profit-Sektor zunehmend dominant sind. Erleben Teamleitungen, dass ihre Mitarbeiter mit unterschiedlichen Kulturherkünften sich nicht trauen, offen auf sie zuzugehen und für sich und ihre Bedürfnisse zu sprechen, sollten sie Offenheit signalisieren und Unterstützung anbieten. Insbesondere sollte dies vor dem Hintergrund angestrebt werden, „gesundes Arbeiten“ zu ermöglichen und das allgemeine Burnout-Risiko zu vermeiden. Zur Steigerung der Zufriedenheit und Bindung von Mitarbeitern verschiedener kultureller Herkünfte sollten Arbeitgeberorganisationen den Anerkennungsprozess von in Heimatländern erworbenen Berufsabschlüssen grundsätzlich unterstützen und hierfür ein jeweils maßgeschneidertes Konzept erstellen. Auch Sprachkurse sollten zusätzlich angeboten werden.

Das langfristige Ziel der Integration aller Mitarbeiter sollte organisationsstrukturell angestrebt werden. Es könnte in allgemeine Inklusionsbemühungen eingebettet werden. In diesem Kontext sollten Teamleitungen von Führungskräften auf höheren Ebenen fordern, dass sie ein ausreichendes Zeitbudget für die Pflege von persönlichen Kontakten zu Mitarbeitern zur Verfügung haben. Dieses sollte für informelle Gespräche und das Kennenlernen der verschiedenen Kulturhintergründe der Mitarbeiter genutzt werden können, um einen Wissenstransfer zu ermöglichen, wie auch im Rahmen der theoretischen Grundlagen vorgeschlagen wurde. Führungskräfte sollten sich verstärkt darum bemühen, die Erfahrungen, die ihre Teams im Umgang mit Klienten verschiedenster Kulturhintergründe machen, mitzuerleben oder sich hierüber regelmäßig persönlich informieren, falls sie sonst im Arbeitsalltag eher nicht die Möglichkeit dazu haben. Das Erfahrungswissen aus dem Umgang mit den Klienten und deren Angehörigen sollte somit auch im Umgang mit Mitarbeitern aus verschiedenen Kulturen Anwendung finden können. Auch könnten (sozial)pädagogische Konzepte, wie die Lebensweltorientierung, hier einfließen.

Schulungen und Fortbildungen, die einen Bezug zum Thema interkulturelle Kompetenz haben (z.B. Inklusion), sollten entsprechend erweitert und inhaltlich damit verknüpft werden. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen noch kein Zugang zu Schulungsprogrammen zum Thema vorhanden ist. In Zusammenarbeit mit den Anbietern solcher interner und externer Schulungsangebote sollte ein Best-Practice-Austausch stattfinden, um Angebote maßgeschneidert zu konzipieren. In den Fortbildungen sollte auch eine Unterscheidung zwischen Religion und Kultur vorgenommen werden, da dies mehrfach in den Interviews vermischt wurde. Um das Verständnis für grundlegende Kulturunterschiede weiterzuentwickeln und zu strukturieren, sollten die Modelle von Schein und Hofstede et al. in Grundlagenschulungen eingebaut werden. Die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsverbänden, wie zum Beispiel den IHKs, sollte forciert werden, um Fortbildungsangebote zu interkultureller Kompetenz für Wirtschaftsunternehmen auf den Non-Profit-Sektor bzw. die Kinder- und Jugendhilfe anzupassen. Der Rückgriff auf und die Adaption von bestehenden Angeboten führt dann voraussichtlich zu geringen Kosten als die völlige Neukonzeption von Angeboten. Falls Sprach- und Kulturmittler oder Mediatoren in der Organisation tätig sind, sollte deren Expertenwissen für Schulungsangebote zu interkultureller Kompetenz genutzt werden. In Fällen, in denen diese Experten noch nicht in der Organisation eingesetzt werden, sollten sie akquiriert werden. Zur Senkung der finanziellen Belastung durch ihren Einsatz sollten sie dann auch für die Klientenarbeit eingesetzt werden, sodass die Kostenträger (Behörden) eher zu einer Finanzierung bereit sind. Im Rahmen der Personalentwicklung für Teamleitungen wird vorgeschlagen, zur Erweiterung der interkulturellen Kompetenzen, sich in flexibler Kommunikation und erweiterten Handlungsroutinen weiterzubilden. Für ein gelungenes interkulturelles Management sollte das Augenmerk vor allem auf dem Ausbau von mitarbeiter- und verhaltensorientierten Managementfunktionen liegen, da diese am ehesten anpassbar sind. Auch sollte im Zuge der aktuellen Digitalisierungstendenzen eine besondere Betrachtung der virtuellen interkulturellen Kommunikationsfähigkeit vorgenommen werden. Insbesondere die von den Befragten erwähnten Defizite einiger Mitarbeiter anderer Kulturherkunft hinsichtlich des Umgangs mit Computern sollten hier mitberücksichtigt werden.

Da einer NPO grundsätzlich ein positives Ansehen in der Öffentlichkeit als Grundbaustein ihrer Tätigkeit wichtig ist, sollte sie versuchen, einige Segmente in ihre Tätigkeit zu integrieren. Ein festgeschriebener Ethikkodex und eine Sozialbilanz im Kontext eines Integritätsprogramms (vgl. Ulrich, 2016) könnten als Instrumente konzipiert und eingesetzt werden, die stringentes kultursensibles Führungshandeln nach festzulegenden ethischen Grundsätzen in den einzelnen Organisationen festigen sollen. Ein solches Vorgehen könnte die von den Führungskräften vielfach genannte Relevanz der Thematik noch stärker und strukturierter in den Fokus der täglichen Arbeit nehmen. Integrität und Verantwortung sollte auf allen Organisationsebenen zu den Grundwerten gehören, die von Führungskräften vorgelebt werden und von den Teammitgliedern in ihrer Handlungsweise ebenso erwartet werden. Führungskräfte sollten ihren Teammitgliedern ein Vorbild darin sein, ihre Rolle kritisch zu hinterfragen. So könnte ein umfassendes Ethikprogramm eingeführt werden, in dem ausgehend von Geschäftsgrundsätzen die Rechte der Stakeholder, in diesem Falle vor allem der Mitarbeiter jeglicher kultureller Herkunft, festgeschrieben sind. Hierdurch können diese dazu ermutigt werden, offen für ihre Rechte einzustehen und andererseits verpflichtet dies die Organisation, die Grundsätze einzuhalten.


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Posted by Carolina Weyde